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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: II 943/06
Rechtsgebiete: EigZulG, BGB


Vorschriften:

EigZulG § 8
BGB § 426 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der II. Senat des Thüringer Finanzgerichts

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die richtige Bemessungsgrundlage für die Festsetzug der Eigenheimzulage, insbesondere darum, in welcher Höhe übernommene Darlehensverbindlichkeiten bei den Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind.

Der Kläger und seine damalige Ehefrau waren bis April 2000 hälftige Miteigentümer eines Grundstücks in L. Die Anschaffung des Grundstücks und dessen Bebauung finanzierten die Eheleute gemeinsam unter anderem mit Verträgen vom März 2000 über zwei Darlehen bei der Aachener & Münchener Lebensversicherung (A & M LV), für die die Eheleute gesamtschuldnerisch hafteten. Mit notariellem Vertrag vom April 2000 übertrug der Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf seine Ehefrau. Unter Nr. III. des Vertrages war vereinbart, dass die vom Kläger "für die Grundschulden mit übernommene persönliche Haftung" bestehen bleibe.

Auch nach der Eigentumsübertragung auf die Ehefrau bewohnten die Eheleute die Immobilie weiterhin gemeinsam und beide bedienten die Darlehensverbindlichkeiten. Im April 2003 trennten sich die Eheleute und die Ehefrau zog aus dem Haus aus. Seitdem zahlt der Kläger allein auf die Darlehensverbindlichkeiten.

Im Rahmen einer gütlichen Trennungsvereinbarung veräußerte die Ehefrau des Klägers das Hausgrundstück an den Kläger zu Alleineigentum mit notariellem Vertrag vom Juli 2005. In dem Vertrag wurde ein Kaufreis in Höhe von 85.951,90 EUR vereinbart. Dieser setzte sich nach den vertraglichen Vereinbarungen aus teilweise und vollständig übernommenen Darlehensverbindlichkeiten und einer Barzahlung wie folgt zusammen:

 1. Hälftige Übernahme Darlehen A & M LV 68.976,80 x 1/2 =.................34.488,40 EUR
2. Hälftige Übernahme Darlehen A & M LV 52.103,44 x 1/2 =.................26.051,72 EUR
3. Vollübernahme Darlehen Badenia 5.411,78..........................................5.411,78 EUR
4. Geldzahlung.........................................................................................20.000,00EUR
Kaufpreis gesamt.....................................................................................85.951,90 EUR

Überdies berücksichtigte der Beklagte Anschaffungsnebenkosten i.H.v. 3.088,68 EUR und legte Anschaffungskosten von insgesamt 89.040,58 EUR bei der Festsetzung der Eigenheimzulage ab 2005 zugrunde, und zwar mit verbösernder Einspruchsentscheidung vom Mai 2007.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, die Darlehensvaluta aus den Darlehensverträgen mit der A & M LV seien nicht nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe anzusetzen. Da die Immobilie vor der Anschaffung durch ihn im Alleineigentum der Ehefrau gestanden habe, sei auch allein die Ehefrau als Alleineigentümerin im (Innen-)Verhältnis zu ihm - trotz der nach außen bestehenden Gesamtschuldnerschaft beider Eheleute - aus den Darlehensverträgen verpflichtet gewesen. Hierdurch werde die gesetzliche Vermutung des § 426 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wonach die Gesamtschuldner im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichtet sind, verdrängt. Diese im Innenverhältnis bestehende Alleinschuldnerschaft der Ehefrau stelle eine andere Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, so dass der Kläger von seiner Ehefrau letztlich die insgesamt valutierenden Darlehensschulden übernommen hätte.

Der Kläger beantragt,

den Eigenheimzulagebescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung so abzuändern, dass als Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage ein Betrag i.H.v. 151.066,73 EUR zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Er ist der Ansicht, der Kläger habe von seiner Ehefrau nur Darlehensschulden i.H. der hälftigen Valuta übernommen. Die Eheleute hätten trotz Alleineigentums der Ehefrau die Darlehen im Innenverhältnis zu gleichen Teilen geschuldet. Eine von der Grundregel des § 426 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung, wonach die Ehefrau im Vergleich zu ihrem Mann mehr geschuldet habe, sei nicht zustande gekommen. Alleineigentum der Ehefrau reiche hierfür nicht. Vielmehr komme es auch darauf an, ob die Ehefrau das Haus alleine genutzt habe. Da dies unstreitig nicht der Fall war, sondern die Eheleute das Haus gemeinsam nutzten, hätten sie auch gemeinsam die Darlehen geschuldet.

Dies werde auch in dem notariellen Vertrag bestätigt, wonach in den Kaufpreis ausdrücklich nur die hälftigen Darlehensverbindlichkeiten eingeflossen seien.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über Eigenheimzulage ab 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

I.

Der Beklagte hat die Anschaffungskosten für die Festsetzung der Eigenheimzulage zutreffend bemessen. Die Anschaffungskosten betragen insgesamt 89.040,58 EUR. Sie setzen sich wie folgt zusammen:

 1. Darlehen Aachener & Münchener LV AG 68.976,80 x 1/2 = ................34.488,40 EUR
2. Darlehen Aachener & Münchener LV AG 52.103,44 x 1/2 = ................26.051,72 EUR
3. Darlehen Badenia Bausparkasse AG 100% von 5.411,78 ...................5.411,78 EUR
4. Darlehen Badenia Bausparkasse AG 0% von 1.486,08 .......................0,00 EUR
5. Barzahlung ..........................................................................................20.000,00 EUR
6. Anschaffungsnebenkosten ...................................................................3.088,68 EUR
Gesamt....................................................................................................89.040,58 EUR.

Gem. § 8 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) sind Bemessungsgrundlage für den Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 insbesondere die Anschaffungskosten der Wohnung zuzüglich der Anschaffungskosten für den dazugehörigen Grund und Boden. Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch - HGB -). Aufwendungen können auch in der Übernahme von Verbindlichkeiten bestehen.

II. Darlehen der A & M LV

Der Kläger hat bei dem Erwerb der Immobilie von seiner Ehefrau Verbindlichkeiten übernommen. Diese Übernahme erfolgte entgegen der Ansicht des Klägers nicht in voller Höhe der Darlehensvaluta. Vielmehr betrugen die übernommenen Darlehensschulden der Ehefrau lediglich die Hälfte der Darlehensvaluta. Eine darüber hinaus gehende Übernahme von Schulden im Innenverhältnis war ausgeschlossen, da die Ehefrau des Klägers auch im Innenverhältnis nicht mehr schuldete. Vielmehr waren der Kläger und seine Ehefrau im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet. Ein über die hälftige Übernahme der Darlehensverpflichtungen hinaus gehender Rückgriffsanspruch des Klägers, den er mit Erwerb verloren haben könnte, bestand nicht.

Der Kläger und seine damalige Ehefrau schuldeten die Darlehen als Gesamtschuldner. Nach der Vorschrift des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Die Haftung zu gleichen Teilen ist, obwohl sie im Gesetz als Grundregel angelegt ist, nur anzuwenden, wenn jeder andere Verteilungsmaßstab fehlt. Sie ist praktisch die Ausnahme. Gleichwohl ergibt sich aus ihr, dass der Gesamtschuldner, der eine von Abs. 1 Satz 1 abweichende Verteilung beruft, für deren Vorliegen die objektive Feststellungslast trifft (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, § 426, Rn. 7).

Entgegen der Ansicht des Klägers konnte nicht festgestellt werden, dass zwischen den Ehegatten (im Innenverhältnis) eine andere als die - auch in § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehene - hälftige Verteilung der Gesamtschulden getroffen wurde. Eine abweichende Vereinbarung kann sich bei Ehegatten aus ausdrücklicher oder konkludenter Vereinbarung der Ehegatten, aus der Natur der Sache oder aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben. Nach Scheitern der Ehe, d.h. nach endgültiger Trennung besteht für die gemeinsamen Lasten eines Hauses grundsätzlich eine Ausgleichspflicht im Verhältnis der Miteigentumsanteile.

Ist ein Ehegatte Alleineigentümer, hat er die Hauslasten grundsätzlich allein zu tragen, auch wenn der andere im Außenverhältnis mithaftet (Grüneberg in Palandt, BGB, § 426, Rn. 9 ff. m.w.N.). Dies hat der BGH für einen Fall entschieden, in dem der Ehegatte, in dessen Alleineigentum die Immobilie steht, diese auch alleine nutzt (BGH-Urteil vom 27.11.1996 XII ZR 43/95, FamRZ 1997, 487).

Dieser Grundsatz von der alleinigen Lastentragung des Alleineigentümers konnte jedoch im Streitfall keine Anwendung finden. Aus den Gesamtumständen des Falles ist ersichtlich, dass die Ehegatten gerade nicht nach dem Eigentumsübergang eine ausschließliche Belastung der Ehefrau (Alleineigentümerin) mit den Darlehensverbindlichkeiten vereinbart und praktiziert hatten. An der von Anfang an in den Darlehensverträgen vereinbarten Gesamtschuld und mindestens hälftigen Mitverpflichtung des Klägers neben seiner Ehefrau hat sich auch in deren Innenverhältnis nichts geändert.

Der Kläger hat mit notariellem Vertrag lediglich seinen hälftigen Grundstücksanteil übertragen, und zwar ohne eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass die Ehefrau die Darlehensmitverpflichtung des Klägers mit übernommen hätte. Dafür, dass der Kläger gerade nicht von allen Lasten frei gestellt werden sollte, spricht vielmehr zumindest indiziell, dass in dem Vertrag unter III. bestimmt war, dass die von dem Kläger übernommene persönliche Haftung für die Grundschulden weiter bestehen bleiben soll.

Überdies bewohnte nach der Miteigentumsübertragung nicht etwa die Ehefrau und Alleineigentümerin allein, sondern der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau das Haus. Für das gemeinsam bewohnte Haus hat auch nicht allein die Ehefrau die Darlehensverbindlichkeiten bedient; vielmehr hat der Kläger selbst nach seinem eigenen Vortrag Zahlungen auf die Darlehensschulden geleistet, wobei die Darlehenstilgung bis zur Trennung im April 2003 durch beide Eheleute gemeinsam erfolgte . Daran ändert auch der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nichts, wonach die Annuitäten für die Darlehen vom Konto der Frau abgebucht wurden. Maßgeblich ist nämlich nicht, von wessen Konto die Beträge formal abgeflossen sind, sondern wer durch die Darlehenstilgung wirtschaftlich belastet ist. Das waren unzweifelhaft beide - gemeinsam wirtschaftenden - Eheleute.

Überdies ergibt sich auch aus § 2 des notariellen Kaufvertrags vom Juli 2005 zweifelsfrei, dass die Eheleute nicht von einer bisherigen vollständigen und alleinigen Verpflichtung der Ehefrau als Alleineigentümerin des Hauses ausgegangen waren, sondern eine hälftige Verteilung der Darlehensschulden auf beide Ehegatten gewollt war. In dem Kaufvertrag heißt es zur Bemessung des Kaufpreises, dass "der anteilige Schuldsaldo der übernommenen Darlehen den Kaufpreis i.H.v. 65.951,90" EUR bildet.

Schließlich geht der Kläger in seinem letzten Schriftsatz selbst davon aus, dass der Kläger und seine Ehefrau "beide Schuldner" der Darlehensverbindlichkeiten sind.

III. Darlehen Badenia

Die Darlehensvaluta aus dem Darlehen bei der Badenia Bausparkasse i.H.v. 5.411,78 EUR ist unstreitig in voller Höhe als Kaufpreis anzusetzen. Die Ehefrau schuldete das Darlehen alleine. Der Kläger hat die Schuld voll übernommen.

Das Darlehen bei der Badenia Bausparkasse i.H.v. 1.486,08 EUR hat bei der Bemessung der Anschaffungskosten des Klägers unberücksichtigt zu bleiben. Eine Übernahme von Verbindlichkeiten hat nicht stattgefunden. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurde das Darlehen nicht von dem Kläger übernommen, sondern war weiterhin von der Ehefrau zu zahlen.

IV. Geldzahlung und Anschaffungsnebenkosten

Diese Positionen wurden von dem Beklagten in voller Höhe - wie vom Kläger beantragt - bei der Bemessung der Anschaffungskosten berücksichtigt.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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