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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: III 107/02
Rechtsgebiete: InvZulG 1999


Vorschriften:

InvZulG 1999 § 2 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung am 29. März 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Investitionszulagebescheid vom 1. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2002 wird geändert und die Investitionszulage auf 96.129 EUR (= 188.012 DM), entsprechend einer Erhöhung um 51.183,90 EUR (= 100.107 DM) festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert beträgt 51.183,90 EUR (= 100.107 DM).

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Hallenanbau an eine bereits vorhandene Halle ein selbstständiges und damit investitionszulagebegünstigtes Wirtschaftsgut darstellt, insbesondere ob der Anbau ohne erheblichen baulichen Aufwand von der alten Halle getrennt werden könnte.

Die Klägerin ist eine GmbH, die sich mit Entwicklung, Bau, Vertrieb und Wartung von Laseranlagen und Sondermaschinen beschäftigt. Sie begehrt eine Investitionszulage für die Herstellungskosten einer neuen Halle in Höhe von 10 % von 1.001.064,17 DM (= 100.107 DM). Laut Baugenehmigung des Landratsamts A vom 28.01.1999 (Bl. 13 Investitionszulageakte - IZ-Akte) handelt es sich bei dem Vorhaben um einen "Anbau" an eine Produktionshalle. Die auf dem Grundstück stehenden Gebäude gliedern sich wie folgt (vgl. Feststellungen des Bausachverständigen - BSV -, Bl. 120 IZ-Akte, sowie Skizze Blatt 17 IZ-Akte):

Büro- und Sozialgebäude zweigeschossig mit einer Grundfläche von 20 × 25 m (Baujahr 1995), daran anschließend eine eingeschossige Produktionshalle mit einer Grundfläche von 60 × 30 m (Baujahr 1995). Beides steht im Eigentum der "X GmbH". Im Jahr 1998 wurde von der Klägerin (X Laseranlagen und Sondermaschinen GmbH) an die bestehende Produktionshalle ein Anbau mit einer Grundfläche von 21,1 m × 40 m errichtet (I. Bauabschnitt). An diesen grenzt der im Jahre 1999 errichtete, hier strittige Anbau (II. Bauabschnitt) mit einer Grundfläche von 32,1 m × 40 m. Eigentümerin beider Hallenteile (I. und II. Bauabschnitt) ist die Klägerin. Der BSV hat im Einzelnen Folgendes festgestellt: Die vorhandene Produktionshalle (Baujahr 1995, Grundfläche 1800 qm) sowie der Hallenanbau aus 1998 (Grundfläche 844 qm) sind als Stahlrahmenhalle mit Wandelementen aus Gasbetonplatten hergestellt. Diese beiden Hallenkörper sind nicht getrennt. Das stirnseitig stehende Bürogebäude besteht aus Erd- und Obergeschoss und ist durch eine Brandwand von der Produktionshalle getrennt. Der Dachaufbau der bestehenden Produktionshalle mit dem ersten Anbau besteht aus Stahlträgern und Trapezblech-Mineralsteinwolle-Stahltrapezblech (Mehrschichtendach aus Trapezblech). Die abschließende Giebelwand des ersten Hallenanbaus bestand aus Fertigteilsockelplatten und Gasbetonplatten. Im Jahr 1999 wurde an die bestehende Produktionshalle ein Anbau mit 32,1 m Länge über die gesamte Gebäudebreite von 40 m errichtet. Dabei wurde an 3 der vorhandenen Halle die Giebelwand abgerissen. Die Konstruktion des neuen Anbaus wurde ebenfalls als Stahlrahmenhalle mit Wandelementen aus Gasbeton an den Längsseiten und einer Isopaneelwand als Gebäudeabschluss an der Giebelwand ausgeführt. Die Dachkonstruktion ist wie bei der vorhandenen Halle aus Stahltragwerk mit Mehrschichtendach aus Trapezblech ausgeführt. Der Anschluss der Längswände aus Gasbetonplatten wurde an die vorhandenen Stützen der alten Halle montiert. Zusätzliche Stützen wurden nicht errichtet, obwohl lt. Fundamentplan Hülsenfundamente aus Ortbeton errichtet wurden. Die Dachkonstruktion wurde im Verbindungsbereich ebenfalls auf die vorhandenen Stahlträger des Altbaus aufgelegt. Eine Trennung der beiden Bauteile Alt-Neu besteht nicht, so dass eine durchgängige Halle mit einer Gesamtlänge von 113,4 m entstand. Der Fußboden des neuen Hallenanbaus ist als Industriefußboden ausgeführt; er hat eine Trennungsfuge (Dehnungsfuge) zum alten Hallenteil. Die Heizung besteht aus 6 Deckenstrahlplatten mit je 38,3 m Länge. Das Gebäude besitzt eigene Sektionaltore, eine eigene Entsorgung zur Dachentwässerung und eine eigene Energieversorgung sowie technische Versorgungseinrichtungen wie Spannungsverteilungen, Druckluftausbreitung und Erzeugung (Bl. 97 FG-Akte). Es gibt eine durchgängige Kranbahn mit zwei Kränen. Die Stromkreise sind getrennt, ebenso die Druckluftanlage und die Heizkreisläufe. Altund Neubau vermitteln nach Meinung des Bausachverständigen den Gesamteindruck einer komplexen, durchgängigen Halle, so dass der Beklagte den Anbau nicht als selbstständiges Wirtschaftsgut, sondern lediglich als eine Erweiterung der alten Halle qualifizierte (Bilder Bl. 70 FG-Akte). Die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1999 wurde durch Bescheid vom 1. Aug. 2000 auf nur 87.905 DM (entsprechend 44.945,11 Euro) ohne Berücksichtigung der Halle festgesetzt. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin trägt vor, das ursprüngliche Produktionsgebäude sei von der X GmbH errichtet worden, der 1. und 2. Anbau sei von der Klägerin, der X Laseranlagen und Sondermaschinen GmbH, errichtet worden, so dass der Anbau ein selbstständiges Wirtschaftsgut darstelle. Zudem könnten die beiden Gebäude mit geringem Aufwand getrennt werden. Die Klägerin legte im Verlauf des Klageverfahrens Angebote der Firmen Y GmbH und B GmbH vor, aus denen sich Kosten für eine Trennung der Hallen in Höhe von rund 32.323 Euro ergeben. Die Angebote sehen die Lieferung und Montage einer Stahlrahmenkonstruktion als Giebelrahmen für eine Hallenbreite von 40 m vor mit Aussteifungen, Wandriegelsträngen, Zwischenwandverkleidungen, Anschlussblechen etc. sowie die Neuinstallation eines Gasbrenners. Wegen der Einzelheiten wird auf die Angebote (Bl. 82 bis 85 FG-Akte) Bezug genommen. Der Beklagte hat gegen deren Vollständigkeit nach Prüfung durch den BSV keine Einwände geltend gemacht. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kosten für eine fiktive Trennung der Hallen in Höhe von rund 32.323 Euro und damit nur ca. 6,5 v. H. der Herstellungskosten der Halle seien unwesentlich. Die Klägerin habe damals je nach Bedarf des Unternehmens gebaut, die Anbauten stünden in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang. Es sei ein neues Gebäude hergestellt worden, das als selbstständige Bausubstanz an eine vorhandene Baulichkeit anschließe. In seinen Urteilen BFHE 114, 291, BStBI II 1975, 424 und in BFHE 124 259, BStBI II 1978, 280 habe der V. Senat des BFH darauf abgestellt, dass für die Beantwortung der Frage, ob die Neubauteile dem Gebäude das Gepräge geben, nicht alleine der äußere Eindruck entscheidend sei, dass vielmehr die Veränderungen im Innern des Gebäudes zu berücksichtigten seien. Die konstruktiven Unterlagen des Anbaues, der Anbau als neu errichtete Baulichkeit sowie dessen Nutzung ließen durchaus eine Bewertung als selbständiges Wirtschaftsgut zu. Es sei besonders zu berücksichtigen, dass bereits Hülsenfundamente für Stahlträger eingebaut wurden und der Anbau bei Abriss des alten Gebäudeteiles und dem Einbringen der dafür vorgesehenen Träger als eigenständiges Bauwerk bestehen könne.

Die Klägerin beantragt,

den Investitionszulagebescheid vom 1. August 2000 (Blatt 110 IZ-Akte) in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 10. Januar 2002 zu ändern und die Investitionszulage von 44.945 Euro (87.905 DM) auf 96.129 EUR (= 188.012 DM), entsprechend einer Erhöhung um 51.183,90 EUR (= 100.107 DM) festzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er meint, die Halle sei unselbstständiger Teil der alten Halle geworden und nicht selbstständig bewertungsfähig. Sie sei auch nur mit erheblichem Aufwand zu trennen, denn man müsse eine Wand und gesonderte Stützen für Wand und Dach einfügen. Ein Anbau sei nur dann ein selbstständiges Wirtschaftsgut, wenn er ohne erhebliche Bauaufwendungen getrennt werden könnte. Der Begriff "erhebliche Bauaufwendungen" werde durch den BFH nicht definiert. Eine absolute Grenze in Gestalt eines bestimmten Prozentsatzes der Herstellungskosten gäbe es nicht. Vielmehr sei der Einzelfall entscheidend. Jedenfalls stellten Aufwendungen zur statischen Sicherung eines Gebäudes immer erhebliche Bauaufwendungen dar. Da im Streitfall Stützen eingebracht werden müssten sei bereits daraus zu folgern, dass ein erheblicher Bauaufwand vorliege.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet, der angegriffene Investitionszulagebescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, denn sie hat einen Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage für den hier streitigen Anbau.

Gem. § 2 Abs. 3 des Investitionszulagegesetzes 1999 (InvZulG) sind von weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen abgesehen, begünstigte Investitionen die Anschaffung neuer Gebäude, Eigentumswohnungen, im Teileigentum stehender Räume und anderer Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (Gebäude) sowie die Herstellung neuer Gebäude. Modernisierungsmaßnahmen und nachträgliche Herstellungskosten sind dagegen nicht begünstigt. Neu bedeutet bautechnisch neu. Bei Umbauten, Ausbauten und Modernisierungsmaßnahmen entsteht nur dann ein Neubau, wenn die eingefügten Teile dem Gesamtgebäude das Gepräge geben, so dass es in bautechnischer Hinsicht neu ist.

Der BFH hat die Frage, ob auf einem Grundstück stehende Baulichkeiten als ein einziges oder als gesonderte Wirtschaftsgüter zu behandeln sind, in ständiger Rechtsprechung nach den bestehenden baulichen Verschachtelungen beurteilt (BFHUrteile vom 23.3.1972, V R 104/71, BStBl II 1972, 681; vom 5.12.1974, V R 30/74, BStBl II 1975, 344; vom 18.08.1977, V R 164/75, BStBl II 1978, 46; vom 21.7.1977, V R 58/75, BStBl II 1978, 78; vom 15.09.1977, V R 14/76, BStBl II 1978, 123; vom 15.2.1990, V R 7/85, BFH/NV 1991, 61; Beschluss vom 13.5.1997, I B 4/97, BFH/NV 1997, 838 sowie FG Brandenburg, Urteil vom 28. April 2005, 5 K 44/03, EFG 2005, 1718). Eine bauliche Verschachtelung setzt bauliche Verbindungen in einem Maße voraus, dass die Teile des Bauwerkes nicht ohne erhebliche Bauaufwendungen voneinander getrennt werden können. Solche baulichen Verbindungen werden insbesondere durch einheitliche tragende Bauelemente begründet (BFH-Urteil V R 7/85 aaO.). Auch die Frage, ob das Bauteil für sich genommen standsicher ist, ist für die Beurteilung der baulichen Verschachtelung von ausschlaggebender Bedeutung. Ob Anbauten an ein bestehendes Gebäude als (eigenständiges, selbständiges) Wirtschaftsgut i. S. der Selbstverbrauchbesteuerung (§ 30 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967/73) oder als bloße Erweiterung des bestehenden Gebäudes (also eines anderen Wirtschaftsgutes) anzusehen sind oder dazu führen, dass aufgrund der Wirkung der Anbaumaßnahmen insgesamt ein neues (durch den Anbau geprägtes) Gebäude oder Wirtschaftsgut entsteht, ist anhand bautechnischer Kriterien -statische Standfestigkeit (z.B. eigene, tragende Mauern und Fundamente)- zu beurteilen. Bei fehlender Verschachtelung scheiden die Kosten für Bauaufwendungen, die erforderlich sind, um im Fall der Trennung der Gebäudeteile den Anbau standfest zu machen, als maßgebliches Kriterium für ein selbständiges Wirtschaftsgut aus (BFH, Urteil vom 15. Februar 1990, V R 7/85, BFH/NV 1991, 61). Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 21. Juli 1977, V R 58/75 BFHE 123, 527, BStBl II 1978, 78) ist ein Neubau nicht als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen, wenn er nach dem Gesamtbild der Verhältnisse mit dem schon vorhandenen Altbau eine Einheit bildet und lediglich eine Erweiterung desselben darstellt. Dies verlangt eine entsprechende bauliche und betriebliche Verflechtung von Alt- und Neubau, die in einer baulichen Verschachtelung und zusätzlich in einer aufeinander abgestimmten Nutzung der alten und neuen Gebäudeteile zum Ausdruck kommt. Die bauliche Verschachtelung setzt eine Mehrzahl baulicher Verbindungen voraus, und zwar in einem Maße, dass die Teile des Bauwerks nicht ohne erhebliche Bauaufwendungen voneinander getrennt werden können. In der Regel wird bei eigenen Fundamenten, eigenen Mauern und eigenem Eingang die Annahme einer baulichen Verschachtelung dann nicht gerechtfertigt sein, wenn die baulichen Verbindungen von untergeordneter Bedeutung sind. Wird eine Fabrikhalle um eine weitere Fabrikhalle von nahezu gleichen Baumaßen und gleicher Bauausführung erweitert, entsteht in der Regel ein neues Wirtschaftsgut unter Einbeziehung des bereits vorhandenen Gebäudes. Bei einer derart gegebenen Identität der Alt- und Neubauteile ist grundsätzlich auch die Annahme ausgeglichener Wertverhältnisse gerechtfertigt (BFH, Urteil vom 18. August 1977, V R 164/75, BFHE 123, 165; BFH, Urteil vom 21. Juli 1977, V R 58/75, BFHE 123, 527, BStBl II 1978, 78). Baumaßnahmen, die der Unternehmer nach Trennung der Alt- und Neubauteile vornehmen müsste, um den nach der Trennung zurückgebliebenen Gebäudeteil wirtschaftlich nutzungsfähig zu machen, sind bei der Beurteilung der baulichen Verschachtelung nicht zu berücksichtigen. Ein einheitliches Erscheinungsbild führt noch nicht zu einer baulichen Verschachtelung (BFH, Beschluss vom 13. Mai 1997, I B 4/97, BFH/NV 1997, 838). Entsprechend eines auf die o. a. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zurückgehenden Erlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28. Juni 2001 (BStBl 2001, Teil I, S. 379 ff, Tz. 63) ist ein Anbau ein selbstständiges Wirtschaftsgut, wenn er

* auf Grund unterschiedlicher Nutzung nicht im Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem bereits vorhandenen Gebäude steht,

* an ihm gesondertes Wohnungs- oder Teileigentum besteht oder

* die Teile des Bauwerks ohne weitere erhebliche Bauaufwendungen voneinander getrennt werden können.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht der Senat von einer begünstigten Neuherstellung aus.

Der im Jahre 1999 geschaffene Anbau wird als Produktionshalle und damit - ebenso wie das bereits vorhandene Gebäude der Klägerin - eigenbetrieblich genutzt. Der neu geschaffene Anbau steht somit im Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem bereits vorhandenen Gebäude. Dies ist geradezu seine bestimmungsgemäße Verwendung, da ein einheitlicher, reibungsloser Produktionsablauf gewährleistet werden soll.

Gesondertes Wohnungs- oder Teileigentum am Anbau, das ebenfalls zur Selbstständigkeit eines Wirtschaftsguts führen würde, besteht nicht, denn beide Hallenteile (Teil I und II) stehen im Alleineigentum der Klägerin. Der Umstand, dass andere Teile, Büro-Gebäude und erster Hallenanbau, im Eigentum der X GmbH stehen, hilft der Klägerin nicht, denn streitig ist hier die Verbindung mit dem als Bauabschnitt I bezeichneten Teil. Dieser gehört der Klägerin.

Der Anbau kann jedoch trotz des äußeren Eindrucks als einer durchgängigen Halle als selbstständiges Bauwerk qualifiziert werden.

Für die Annahme einer baulichen Verschachtelung spricht zwar die Tatsache, dass die Dachkonstruktion im Anschlussbereich der beiden Anbauten verbunden wurde und das neue Dach auf den Stahlträgern des Altbaus aufliegt, so dass ein Abriss des ersten Hallenteils (Bauanschnitt I) ohne Sicherungsmaßnahmen zum Einsturz des hier streitigen Anbaus führen würde. Beide Hallenteile sind also, worauf der Beklagte grundsätzlich zu Recht hinweist, betrieblich verflochten und vermitteln einen einheitlichen Eindruck (gleiche Höhe, gleiche Außenverkleidung, gleiche Dachdeckung, einheitlicher Fußboden, stufenloser Übergang von Alt zu Neu).

Diese baulichen Verbindungen können jedoch durch einen nicht erheblichen Bauaufwand getrennt werden.

Der BFH hat nicht definiert, was unter "erheblichen Bauaufwendungen" zu verstehen ist. Entscheidend muss nach Ansicht des Senats der konkrete Aufwand im Einzelfall unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung sein. Der Senat hält dabei die im Steuerrecht allgemein angewendete (Un-) Wesentlichkeitsgrenze von 10 v. H. (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 1. März 2005, VIII R 92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398 zur Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von 25 v. H. auf 10 v. H.) zwar nicht für das einzige, aber für ein besonders wichtiges Abgrenzungskriterium. Insbesondere scheint es bei der im Steuer- und Investitionszulagerecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unangemessen, allein auf Grund der statischen Notwendigkeit einer Stahlstütze - ungeachtet ihrer im Verhältnis zum Gesamtprojekt verhältnismäßig geringen Kosten - zwingend von erheblichen Bauaufwendungen auszugehen. Bautechnisch zwingend erforderliche Baumaßnahmen führen investitionszulagerechtlich nicht notwendigerweise zu erheblichem Bauaufwand. Der Senat sieht die baurechtliche Qualifizierung zwar als ein gewichtiges Indiz an. Entscheidend sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung jedoch auch die finanziellen Auswirkungen der noch vorzunehmenden Baumaßnahmen. Der Senat hält auch eine feste Betragsgrenze nicht für angebracht, da dies den konkreten Einzelfallumständen nicht gerecht werden kann. Dies würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung kleinerer Bauvorhaben führen, bei denen, bezogen auf den gesamten (geringen) Bauaufwand trotz eines verhältnismäßig hohen Prozentsatzes, bei einer absolut betrachtet aber kleinen Investition noch von einem nur unerheblichen Aufwand ausgegangen werden könnte. Größere Bauvorhaben wären aber, trotz nur geringer prozentualer Aufwendungen wegen der erhebliche Aufwendungen nicht mehr begünstigt. Es ist daher angebracht, entsprechend des jeweiligen Bauobjektes eine prozentuale Grenze anzusetzen. Nach den Angeboten der Firmen Y GmbH und B GmbH ist eine Trennung beider Hallenteile mit einem Aufwand von rund 32.323 Euro und damit nur ca. 6,5 v. H. der Herstellungskosten der neuen Halle möglich. Der Senat verkennt dabei nicht, dass sich die tatsächlichen Kosten einer Trennung der Halle durch unvorhergesehene Aufwendungen wie z. B. das Trennen der Kranbahn gegenüber dem von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschlag noch geringfügig erhöhen könnten. Indes wurde der Hauptaufwand zutreffend ermittelt. Dies hat auch der Beklagte nicht in Abrede gestellt. Hervorzuheben ist dabei, dass sich in dem neuen Hallenteil bereits die Hülsenfundamente für die nachzurüstenden Stahlträger befinden, d. h., dass eine Vorbereitung zu einer eigenen Abstützung des neuen Hallenteils vorgesehen ist. Der erkennende Senat hält diesen Aufwand für unwesentlich.

Das Steuer- und Investitionszulagerecht will nicht wirtschaftlich unsinnige Bauvorhaben fördern. Hätte die Klägerin die zweite Halle nur wenige Zentimeter neben der ersten Halle errichtet und eine eigene Außenwand sowie eigenständige Stützen vorgesehen, wären die Herstellungskosten gestiegen. Unstreitig wäre dann aber eine selbstständige, investitionszulagebegünstigte Halle entstanden. Die Investitionszulage hätte sich wegen der höheren Bemessungsgrundlage erhöht. Wenn der Unternehmer dagegen - betriebswirtschaftlich sachgerecht und an den derzeitigen Bedürfnissen seines produzierenden Betriebs orientiert - vorhandene Fundamente und Träger nutzt und dadurch Kosten spart und die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage niedrig hält, darf ihm diese Entscheidung investitionszulagerechtlich nicht zum Nachteil gereichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO - (vgl. zur Anwendung des § 708 Nr. 10 zutreffend das Urteil des FG München vom 20. Januar 2005, 3 K 4519/01, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2005, 969). Der Senat lässt die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zu.

Ende der Entscheidung

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