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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: III 1123/99
Rechtsgebiete: GG, DVStB, UStDV


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
DVStB § 24 Abs. 3
DVStB § 24 Abs. 4
DVStB § 24 Abs. 5
UStDV § 41 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen

III 1123/99

Steuerberaterprüfung 1998

In dem Rechtsstreit

...

hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts

auf Grund mündlicher Verhandlung

am 28. November 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Nach erfolglosen Versuchen 1993 und 1995 nahm die Klägerin im Jahr 1998 erneut an der Steuerberaterprüfung teil. In den schriftlichen Arbeiten erzielte sie folgende Bewertung:

 1. Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete Note 5,5
2. ErtragsteuernNote 4,5
3. Buchführung und BilanzwesenNote 4,5
das ergab einen Notendurchschnitt von4,83.

Dementsprechend wurde die Steuerberaterprüfung 1998 mit Bescheid vom 08.01.1999 für nicht bestanden erklärt.

Die Klägerin erzielte in den drei Klausuren von jeweils 100 möglichen folgende Punkte:

 ErstprüferZweitprüfer
Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebiete18,525,5
Ertragsteuern45,544
Buchführung und Bilanzwesen43,543,5

Es ist ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren durchgeführt worden. Dieses führte dazu, dass in der Klausur Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebiete der Zweitprüfer einen weiteren halben Punkt zusätzlich erteilte. Eine Änderung der Note 5,5 für diese Klausur ergab sich daraus nicht. In der Klausur Ertragsteuern hat der Erstkorrektor weitere 1,5 Punkte und der Zweitkorrektor weitere 3 Punkte vergeben. Es verblieb bei der Teilnote 4,5. In der Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen wurde noch ein zusätzlicher halber Punkt anerkannt. An der Note änderte sich dadurch nichts. Dementsprechend verblieb es bei der Gesamtnote 4,83.

Die Klägerin trägt im Vorverfahren und Klageverfahren im Wesentlichen vor:

Die beteiligten Prüfer hätten sich nicht mit ihren Einwendungen fachlich auseinander gesetzt, sondern sich auf eine reine Wiedergabe der Benotung beschränkt. Die Art und Weise der Bewertung sei nicht korrekt. Hintergrund des Steuerrechtes sei die korrekte Besteuerung. Die Bewertung könne nur dahin gehen, dass eine richtige oder eine falsche Besteuerung sich ergebe. Hinter jedem Bewertungssystem könne nur eine konkrete Bewertung stehen in Form eines Entweder/Oder. Die Bewertung ihrer Klausuren sei durch die jeweiligen Korrektoren augensichtlich subjektiv erfolgt. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass bei der Bewertung der Klausuren durch den Erst- und Zweitkorrektor eine unterschiedliche Beurteilung der einzelnen Sachverhalte vorgenommen worden sei. Dies ergäbe sich durch die abweichende Vergabe der zu erzielenden Punkte dergestalt, dass für ein und dieselbe Lösung vom Erstkorrektor zwei Punkte und hingegen vom Zweitkorrektor kein Punkt vergeben worden sei. Eine Übereinstimmung bei der Vergabe der Punkte komme so gut wie nicht vor. Es sei die Korrektheit einer einheitlichen objektiven Bewertung nicht mehr gegeben, wenn der eine Korrektor den Schwerpunkt auf den ersten Teil der Lösung legen könne und der Zweitkorrektor auf den anderen Teil der Lösung. Es sei ein Ermessensspielraum vorhanden, der die gebotene Objektivität verloren gehen lasse und der subjektiven Bewertung Tür und Tor öffne. Dementsprechend müsse ihren Lösungen der gleiche Bewertungsspielraum zugemessen werden; zumal ihr für die benötigte Verbesserung der Gesamtnote für jeweils zwei Prüfungsklausuren nur eine halbe Note fehle. Wenn nach schablonenhaften Musterlösungen bewertet werden dürfte, dann sollten auch die Prüfungsaufgaben danach ausgerichtet sein.

Es sei ihr unerklärlich, aus welchen Gründen das Mitglied des Prüfungsausschusses, der Steuerberater X, sich im Oktober 2000 für befangen erklärt habe. Sie könne sich das im Schreiben des Prüfers X an das Thüringer Finanzministerium vom 25.03.2002 dargestellte Telefongespräch nicht erklären, weil sie im Oktober des Jahres 2000 nicht gewusst habe, dass dieser Prüfer eine ihrer Klausuren bewertet habe. Sie erhebe zu den Klausuren im Einzelnen folgende Einwendungen:

Zur Klausur aus dem Gebiet des Verfahrensrechts u.a. Steuerrechtsgebieten:

I.

Abgabenordnung

Sachverhalt 1/Frage 1:

1) Sie habe in ihrer Klausurlösung festgestellt, dass ein Antrag für die Gewährung eines Ausbildungsfreibetrages erforderlich sei. Im Rahmen der Prüfung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei sie zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um eine neue Tatsache handele, die zu einer niedrigeren Steuer führe. Sie habe auch die entscheidende Frage, ob dem Steuerpflichtigen daran ein grobes Verschulden treffe, dass diese Tatsache erst nachträglich bekannt geworden ist, richtig beantwortet.

Dieser Teil der Prüfungsaufgabe sei um 1,5 Punkte zu niedrig bewertet worden.

Sachverhalt 1/Frage 2:

2) Sie habe die Wiedereinsetzungsgründe nach § 110 AO nicht geprüft, weil nicht ersichtlich gewesen sei, wann das Hindernis weggefallen sei. Ohne Angabe, wann das Hindernis weggefallen sei, könne man nicht die Frist gem. § 110 Abs. 2 Satz 1 AO prüfen. Dementsprechend habe sie auch eine weitere Prüfung nach § 126 Abs. 3 AO i.V.m. § 110 AO nicht vorgenommen.

Für diese Darstellung seien mindestens weitere 1,5 Punkte zu vergeben gewesen.

Sachverhalt 2:

3) Sie habe einen eventuellen Hinderungsgrund wegen Verletzung der Ermittlungspflichten nach Treu und Glauben auf Seite 4 der Klausur verneint und entsprechend der Musterlösung damit begründet, dass das Finanzamt von den freiberuflichen Einkünften keine Kenntnis haben konnte, da diese durch den Steuerpflichtigen nicht erklärt waren. Damit habe die Verantwortlichkeit in vollem Umfang bei dem Steuerpflichtigen gelegen.

Für diese Lösung seien 1,5 Punkte zu vergeben gewesen.

Sachverhalt 3:

4) Bei der von ihr abgegebenen Lösung werde mit der Vergabe von nur 1 Punkt durch den Erstkorrektor und von 3,5 Punkten durch den Zweitkorrektor eine alles vernichtende Beurteilung vorgenommen. Sie habe auch festgestellt, dass mit Wirksamwerden der Jahressteuerfestsetzung sich das Rechtsbehelfsverfahren gegen den Vorauszahlungsbescheid in anderer Weise gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt habe. Die Feststellung, dass das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung bezüglich des Einkommensteuerbescheides nicht mehr erlassen dürfe, habe sie auf Seite 5 der Klausur getroffen. Sie habe auch die Statthaftigkeit des Einspruchs genannt und die endgültige Erfolglosigkeit des Einspruchs begründet. Weiter habe sie festgestellt, dass der Steuerpflichtige keine Klage erhoben habe und der Bescheid formell bestandskräftig geworden sei.

Für diese Bearbeitung habe sie 1,5 Punkte zu wenig erhalten.

Sachverhalt 4:

5) Hier sei zu Unrecht bei der Bewertung festgestellt worden, dass sie die Problematik nicht erkannt habe. Indem sie sich mit der Aufgabe auseinander gesetzt habe, habe sie Kenntnis des Gesetzes bewiesen. Mit ihrer Entscheidung, das Schreiben als Verwaltungsakt anzusehen, weil es sich hierbei um eine Entscheidung handele, die von einer Behörde schriftlich erteilt worden sei, sei kein Raum mehr gegeben, anderweitige Überlegungen anzustellen.

Bei zutreffender Bewertung müssten ihr statt 1 Punkt 2,5 Punkte vergeben werden.

Zum Teil II - Umsatzsteuer:

Sachverhalt 1:

6) Bei der Lösung dieser Aufgabe habe sie zuerst den Veräußerer und dann erst den Unternehmer beurteilt. Sie habe auch entsprechend der Lösungsvorlage die jeweils notwendigen Gesetzesquellen genannt. Das sei in keiner Weise bei der Bewertung berücksichtigt worden.

Für ihre Lösung hätte sie von den 14 erreichbaren Punkten wenigstens 7 Punkte bekommen müssen.

Sachverhalt 2:

7) Für diese Aufgabe seien 11 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe von dem Erstkorrektor 0,5 Punkt und von dem Zweitkorrektor keinen Punkt erhalten mit der Begründung, Sachverhalt nicht erkannt. Sie habe sich sehr wohl mit dem Sachverhalt auseinander gesetzt und die Problematik des Reihengeschäftes in ihre Überlegung einbezogen; nur die lt. Musterlösung unterstellte unproblematische Anwendung des § 41 UStDV sei nicht gegeben gewesen wegen der Aufhebung des § 41 Abs. 2 UStDV (Reihengeschäft) zum 01.01.1997.

Für ihre Lösung hätte sie wenigstens 4 Punkte bekommen müssen.

Sachverhalt 3:

8) Sie habe festgestellt, dass die private Nutzung des Pkw den Tatbestand des Eigenverbrauchs erfülle. Ihr müsse ein voller Punkt statt eines halben Punktes zuerkannt werden. Sie habe das Problem der Privatfahrten gelöst. Auch hier müsste statt eines halben Punktes ein voller Punkt gewährt werden.

Sie habe den steuerpflichtigen Eigenverbrauch auf der Basis der 1 v.H.- Regelung ermittelt. Auch hier müsste statt eines halben Punktes ein ganzer Punkt gewährt werden.

Auch hinsichtlich der Kürzung der Vorsteuern mit 20 v.H. im Rahmen der Schätzung müsse 1 Punkt gewährt werden.

Für die Lösung der Aufgaben aus dem Gebiet des Umsatzsteuerrechtes seien insgesamt 35 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe von dem Erstkorrektor 4 Punkte und vom Zweitkorrektor 7 Punkte erhalten. Mit dieser Benotung sei ihre Lösung völlig unterbewertet worden. Sie besitze die ausreichenden Kenntnisse auf dem Gebiet des Umsatzsteuergesetzes und das habe sie auch in ihrer Klausur zum Ausdruck gebracht.

Zur Klausur aus dem Gebiet der Ertragsteuern:

I. Teil: Einkommensteuer

Sachverhalt 1:

9) Laut Bewertungsbogen seien bei den Einnahmen 9 Punkte erreichbar gewesen.

Beide Prüfer hätten ihr zu Unrecht nur 4 Punkte erteilt. Die Bewertung sei unzutreffend. Sie hätte nicht 4, sondern mindestens 6,5 Punkte bekommen müssen.

Für ihre Darstellung der Werbungskosten seien ihr 3 Punkte zu wenig gegeben worden.

Sachverhalt 2:

10) Für die Lösung dieses Sachverhaltes seien 19 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe von dem Erstkorrektor 3 Punkte erhalten. Für die Darstellung ihrer Lösung seien mindestens 6,5 Punkte zu vergeben gewesen.

Sachverhalt 3:

11) Für die Lösung seien 21 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe von den beiden Korrektoren nur 14 Punkte erhalten. Sie habe in ihrer Klausur festgestellt, dass in der Zeit vom 01.-30.09.1997 MKK das Fitnessstudio als Einzelunternehmen betrieben habe und daraus Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt worden seien.

Sie habe ebenfalls festgestellt, dass mit Veräußerung des Gewerbebetriebes im Ganzen Einkünfte gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 erzielt worden seien. Sie habe den Veräußerungsgewinn entsprechend der Musterlösung in Höhe von 200.000 DM ermittelt. Sie habe den Ertragsanteil der Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ermittelt, aber nur in falscher Höhe abgelesen. Sie habe entsprechend der Musterlösung festgestellt, dass der Veräußerungs8 gewinn nicht zu dem steuerpflichtigen Gewerbeertrag rechnet. In der Klausur habe sie dargestellt, dass aus der Veräußerung des Gewerbebetriebes keine Gewerbesteuerpflicht entstehe, da es sich um keine gewerbliche Tätigkeit eines Gewerbebetriebes handele. Auf Grund der Veräußerung gelte der Gewerbebetrieb als neu gegründet. Auch dies habe sie in ihrer Klausur dargestellt. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei von ihr in der Klausur ermittelt worden, nur wertmäßig nicht in korrekter Höhe.

Dementsprechend sei die Bewertung insgesamt unzutreffend. Aus ihrer Sicht seien mindestens weitere 4,5 Punkte zu vergeben gewesen.

II.

Teil - Körperschaftsteuer

12) Für die Lösung seien 40 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe vom Erstkorrektor 20,5 Punkte und vom Zweitkorrektor 16,5 Punkte erhalten.

Sie sei der Meinung, dass ihr weitere 4 Punkte zu vergeben gewesen wären.

Zur Klausur aus dem Gebiet der Buchführung und des Bilanzwesens:

Fall 1:

13) Die Punktvergabe sei unzutreffend. Aus ihrer Sicht habe sie noch folgende Einzelpunkte zusätzlich zu erhalten für die:

Ermittlung der betrieblichen Veranlassung der Abfindung 0,5 Punkt

Erfassung in der Gesellschaftsbilanz 0,5 Punkt

personenbezogene Auflösung der 6b -Rücklage 0,5 Punkt

Ermittlung des Anteils der stillen Reserven des Z 0,5 Punkt

Ermittlung des betrieblichen Aufwands wegen Lästigkeit 0,5 Punkt

Ermittlung Buchwert Grund und Boden 1 Punkt

Übertragung der 6b-Rücklage 0,5 Punkt

Ermittlung des verbleibenden AfA-Volumens Gebäude 1 Punkt

Ermittlung des Bilanzansatzes Gebäude 1 Punkt

Für ihre richtige Lösung habe sie von insgesamt 30 Punkte nur 13,5 Punkte, mithin weniger als die Hälfte erhalten. Das sei eine unglaubliche Bewertung, mit der unterstellt werde, dass sie nicht in der Lage sei, das Bilanzsteuerrecht fachgerecht anwenden zu können.

Fall 2:

14) Für die bilanzsteuerrechtliche Würdigung des Fall 2 Nr. 1 seien ihr von den 8 erreichbaren Punkten wenigstens 2 Punkte zu geben gewesen. Sie habe die Buchwerte für Grund und Boden und das Gebäude wertmäßig nicht ermittelt, da der Grund und Boden und das Gebäude lt. Aufgabenstellung zutreffend aktiviert worden sei. Auf Grund ihrer Überlegungen habe sie keine Veranlassung gesehen, die von der OHG auf dem Bilanzstichtag 31.12.1996 richtig ermittelten Bilanzansätze nochmals zu übernehmen.

Die Abschreibung für den Schornstein habe sie linear gemäß § 7 Abs. 1 und § 7a Abs. 4 EStG vorgenommen. Sie habe nicht ausdrücklich die degressive AfA verneint, aber mit der Anwendung der linearen AfA doch diese Aussage getroffen. Für ihre Lösung habe sie von 10 möglichen Punkten 8 Punkte erzielt. Aus ihrer Sicht wären nicht 8, sondern 9 Punkte zu vergeben gewesen.

Mit der Beurteilung des Grundstückes II habe sie in ihrer Klausur auf Seite 16 die Rentenschuld mit dem Barwert bewertet und den Bilanzansatz zutreffend in Höhe von 104.000 DM ermittelt. Für diese Lösung sei ihr ein weiterer Punkt zu geben.

Der Spänesilo sei in ihrer Klausur zutreffend als Betriebsvorrichtung und daher als bewegliches abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens angesetzt und abzüglich der AfA gem. § 7 Abs. 2 EStG bewertet worden. Für diese Lösung seien 4 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe 3 Punkte erzielt. Aus ihrer Sicht seien nicht 3, sondern 3,5 Punkte zu vergeben gewesen.

Hinsichtlich der Lagerhalle stimme ihre Lösung mit der der Musterlösung überein. Sie habe von den 6 möglichen Punkten 4,5 Punkte erzielt. Diese Bewertung sei unzutreffend. Es wären weitere 1,5 Punkte zu vergeben gewesen.

Die Bewertung ihrer Klausur hinsichtlich der Beurteilung der Überlassung der Trockenkammer als Spezial-Leasing sei unzutreffend. Aus ihrer Sicht seien weitere Punkte zu vergeben gewesen für:

die Feststellung, dass die Anschaffungskosten und die Finanzierungskosten aufzuteilen sind 0,5 Punkt,

die Feststellung der Passivierung Kaufpreisschuld, Leasingrate Aufteilung in Tilgungs- und Zinsanteil 0,5 Punkt,

Feststellung des aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und die Auflösung nach den Grundsätzen der Zinsstaffelmethode 0,5 Punkt.

Hinsichtlich des Aufgabenteiles Beteiligung Y-GmbH habe sie von 12 erreichbaren Punkten 3 erzielt. Die Bewertung sei unzutreffend. Aus ihrer Sicht seien nicht 3, sondern 5 Punkte zu vergeben gewesen.

Zur Beteiligung KG habe sie in ihrer Klausur nicht erkannt, dass mit der Verschmelzung der Y-GmbH mit der GmbH auch die KG erlischt, da der vorletzte Gesellschafter aus der KG ausgeschieden war. Sie habe aber die Veräußerung des Firmenwagens ertragsteuerrechtlich dargestellt. Für diese Lösung seien 3 Punkte erreichbar gewesen. Sie habe keinen Punkt erhalten. Diese Bewertung sei unzutreffend. Aus ihrer Sicht seien 2 weitere Punkte zu vergeben gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über das Nichtbestehen der Prüfung vom 08.01.1999 aufzuheben, und den Beklagten zu verpflichten, a) sämtliche Klausuren neu zu bewerten und b) die Klägerin zur mündlichen Prüfung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte führt im Wesentlichen aus:

Von jedem Prüfer werden rund 60 Klausuren nachgesehen. Zur Objektivität von Bewertungen der Prüfungsleistungen trage u.a. bei, dass im Freistaat Thüringen alle drei Aufsichtsarbeiten nicht unter dem Namen des Bewerbers, sondern ausschließlich unter einer gelosten Kennzahl geschrieben, abgegeben und bewertet werden. Somit sei eine von der Kenntnis der Person des Kandidaten unabhängige Bewertung der Prüfungsleistung garantiert.

Die Bewertung einer Prüfungsleistung beruhe - außer auf der fachspezifischen Beurteilung der Prüfungsleistung - auf komplexen Erwägungen, die sich nicht regelhaft erfassen lassen, insbesondere auf den persönlich, subjektiven Erfahrungen, Vorstellungen und fachlichen Urteilen der Prüfer sowie deren Einschätzungen und Erfahrungen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt und auf Grund des Gebots der Chancengleichheit der Prüflinge bei der Notenvergabe anzuwenden haben.

Die Bewertung einer Aufsichtsarbeit sei als Ganzes zu betrachten. Die einzelnen Wertpunkte sind in der Regel nicht für Antworten auf selbstständige Einzelfragen vorgesehen, sondern stellten Teilbewertungen bei der Beurteilung von Fragenkomplexen dar, wobei die Vergabe der einzelnen Punkte nicht allein durch die Alternative richtig - falsch, sondern sehr wesentlich auch durch die Qualität der jeweiligen Ausführungen geprägt sei. Der Prüfer entscheide nicht isoliert über die Vergabe einzelner Bewertungspunkte, sondern über die Note für die Gesamtleistung. Deshalb sei in Betracht zu ziehen, dass der Prüfer einzelne Punkte deshalb nicht vergeben habe, weil er bei anderen Punkten Bedenken zu Gunsten des Prüflings zurückgestellt habe. Die Gewichtung einzelner Antwortteile innerhalb der Aufgabenstellung, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und die Würdigung der Qualität der Prüfungsleistung sei Gegenstand der prüfungsspezifischen Wertung. Der Prüfer habe insoweit einen Entscheidungsspielraum. Die Musterlösung enthalte keine für den Prüfer verbindlichen Vorgaben. Die in der Musterlösung vorgeschlagenen Punkte dienten lediglich zur Gewichtung einzelner Teile der Aufgabenstellung nach ihrer Bedeutung und Schwierigkeit.

Die beteiligten Prüfer verfügten über langjährige Prüfungserfahrungen. Dies betreffe im außergewöhnlichen Maße insbesondere den Erstprüfer der Klausur Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebiete. Der Prüfer sei bereits seit mehr als 30 Jahren an Prüfungen des Berufsstandes beteiligt.

Entgegen der Behauptung der Klägerin, die Prüfer hätten sich mit ihren begründeten Einwendungen fachlich nicht auseinander gesetzt, sei anzumerken, dass die Prüfer sich gerade in diesem Fall (2. Wiederholungsprüfung) detailliert und ausdauernd mit dem Vorbringen der Klägerin auseinander gesetzt haben. Dies spiegele sich in den im Rahmen des durchgeführten verwaltungsinternen Kontrollverfahrens abgegebenen Stellungnahmen der Prüfer eindeutig wider. Die Einwendungen der Klägerin seien schrittweise geprüft und ausführlich gewürdigt worden.

Es ist hinsichtlich aller drei Klausuren ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren durchgeführt worden. Dieses führte dazu, dass die Gesamtpunktzahl für die Verfahrensrechtsklausur um 0,5 Punkt, die Ertragsteuerklausur durch den Zweitprüfer um 3 Punkte und die Buchführungsklausur um 0,5 Punkt angehoben wurde; an der Gesamtnote 4,83 änderte sich dadurch nichts.

Auf den Inhalt der den Beteiligten bekannten und in den Prozessakten befindlichen Stellungnahmen bzw. Nachkorrekturen im verwaltungsinternen Kontrollverfahren wird im Einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten lässt Rechtsfehler - auch hinsichtlich des durchgeführten verwaltungsinternen Kontrollverfahrens - nicht erkennen, die zu einer Aufhebung der angefochtenen Prüfungsentscheidung und zu einer Neubewertung führen könnten.

Der erkennende Senat folgt insbesondere nicht der Auffassung der Klägerin, ihr seien - über die im Kontrollverfahren noch berücksichtigten Punkte hinaus - wegen der von ihr gerügten Bewertungsfehler für ihre Klausurlösungen noch so viele Punkte zu vergeben gewesen, dass sich dieses Mehr an Punkten auf eine bessere Benotung und eine sich daraus ergebene Zulassung zur mündlichen Prüfung ausgewirkt hätte.

Staatsprüfungen, die den Zugang zu bestimmten Berufen beschränken, erfordern schwierige Bewertungen, die mit Rücksicht auf die Chancengleichheit aller Berufsbewerber (Art. 3 Abs. 1 GG) im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Kandidaten isoliert nachvollziehen lassen. Daraus ergibt sich ein prüfungsrechtlicher Bewertungsspielraum. Dieser ist jedoch auf prüfungsspezifische Bewertungen beschränkt, erstreckt sich also nicht auf alle fachlichen Fragen, die den Gegenstand der Prüfung bilden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss des 1. Senats vom 17.04.1991, 1 BvR 419/81 und 213/83, BVerfGE 84, 34). Daraus folgt, dass es den Finanzgerichten in den Verfahren über Steuerberaterprüfungen nicht schlechthin untersagt ist, schriftliche Arbeiten im Rahmen einer Steuerberaterprüfung auf Grund eigenen Sachverstandes zu beurteilen. Aus dem Grundsatz der Chancengleichheit folgt, dass die prüfungsspezifischen Wertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne Weiteres im späteren Verwaltungsstreitverfahren nachvollziehen lassen. Dementsprechend dürfen Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden, sondern sind in einem Bezugssystem zu finden, dass durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer gewissenhaften Prüfungsentscheidung zu Grunde liegen, nicht anhand bestehender Regeln erfassen lassen, würde die gerichtliche Kontrolle insoweit zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen. Nach dem Grundsatz der Chancengleichheit, der das Prüfungsrecht beherrscht, müssen für vergleichbare Prüflinge soweit wie mögliche vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit dem Grundsatz der Chancengleichheit wäre unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengten, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten würde tiefgreifend beeinträchtigt. Diese gebotene gleichmäßige Beurteilung ist jedoch nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist. Jedoch bleiben nur prüfungsspezifische Wertungen der Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörden überlassen. Dieser prüfungsspezifische Bewertungsspielraum hat allerdings Grenzen, deren Einhaltung im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gerichtlich nachzuprüfen ist. Eine solche gerichtliche Überprüfung ist u.a. dann geboten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Dazu gehört auch, dass, soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, dem Prüfer zwar ein Bewertungsspielraum einzuräumen ist, andererseits aber auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden muss. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Dies ist ein allgemeiner Bewertungsgrundsatz, der bei berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 12 Abs. 1 GG folgt.

Ausgehend von den genannten Grundsätzen sind hinsichtlich des nach Klageerhebung durchgeführten verwaltungsinternen Kontrollverfahrens keine prüfungsrelevanten Fehler bei der Nachbewertung der in Frage gestellten Prüfungsleistungen ersichtlich.

Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die für die einzelnen Klausuren erstellte Musterlösung keine für die Prüfer verbindlichen Vorgaben enthält. Die in der Musterlösung vorgeschlagenen Punkte sollen lediglich die Gewichtung einzelner Teile der Aufgabenstellung nach ihrer Bedeutung und Schwierigkeit erleichtern helfen. Eine darüber hinaus gehende Bedeutung können die Musterlösungen schon deshalb nicht haben, weil sie anderenfalls den höchstpersönlichen Bewertungsspielraum, der nach dem Steuerberatungsgesetz jedem einzelnen Prüfer bzw. unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 bis 5 DVStB der Prüfungskommission zusteht, unangemessen einschränkten. Eine durch Musterlösungen bewirkte Bewertungsgleichheit könnte auch nur vordergründig sein. Denn es ist geboten, bei der Bewertung einer Prüfungsleistung auch die Darstellung des Lösungsweges durch den Prüfling, ihre Systematik und Folgerichtigkeit, ihre Prägnanz und dgl. zu berücksichtigen. Dies kann nicht durch einen bloßen, gleichsam Schritt für Schritt erfolgenden Vergleich der Klausurbearbeitung mit der Musterlösung ersetzt werden; eine sachgemäße Bewertung einer Prüfungsleistung, wie sie insbesondere die in der Steuerberaterprüfung im Allgemeinen gestellten Aufgaben verlangen, kann sich nicht darin erschöpfen, eine bloße Gegenüberstellung von Teilen der Musterlösung und der Klausurbearbeitung vorzunehmen oder Einzelpunkte aus der Arbeit des Prüflings herauszusuchen und diese ohne Gewichtung und Berücksichtigung der Art und Weise der Gesamtdarstellung gleichsam zu addieren (BFH-Urteil vom 21.05. 1999, VII R 34/98, BFHE 188, 502, BStBl II 1999, 573).

Zu den Einwendungen der Klägerin unter lfd. Nr. 1) bis 6):

Die jeweiligen Beurteilungen der Prüfer stellen prüfungsspezifische Wertungen dar, mithin keine fachlichen Fragen und sind dementsprechend der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Die von den Prüfern vorgenommene Bewertung der Prüfungsleistungen lässt kein Überschreiten des Bewertungsspielraums durch die Prüfer erkennen.

Zu 7.):

Die Beurteilung der Prüfer, dass die Klägerin den Sachverhalt hinsichtlich des gegebenen Reihengeschäftes offensichtlich nicht erfasst und deshalb auch nicht gelöst habe und, dass auch ohne § 41 Abs. 2 UStDV über Abs. 1 dieser Vorschrift die Lösung gefunden werden könne, lässt keinen vom Gericht nachprüfbaren Rechtsfehler erkennen.

Zu 8.) bis 14.):

Die Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Bewertungen und damit verbundenen Punktvergabe ist Teil des persönlichen Bewertungsspielraums, der jedem einzelnen Prüfer zusteht, und damit der gerichtlichen Kontrolle entzogen.

Das Gericht vermag aus der Bewertung der Klausuren durch die beteiligten Prüfer keine, wie von der Klägerin vorgetragen, mangelnde Objektivität der Prüfer zu erkennen. Dies erhellt bereits aus der Tatsache, dass jeder einzelne Prüfer, wie vom Beklagten vorgetragen, rd. 60 Klausuren nachsieht und dementsprechend der Benotung ein breites Erfahrungs- und Beurteilungsspektrum zu Grunde liegt.

Schließlich werden die Klausuren unter einer Kennziffer geschrieben und von den Prüfern nachgesehen und nicht etwa unter dem Namen der Prüfungskandidaten, so dass von daher auch keinerlei irgendwie geartete subjektiv den einzelnen Prüfungskandidaten betreffenden Beurteilungskriterien bei der Benotung der Klausuren erkennbar sind.

Die von der Klägerin bemängelte unterschiedliche Bewertung der Klausuren durch den Erst- und Zweitkorrektor bei den einzelnen Sachverhalten liegt in dem höchstpersönlichen Bewertungsspielraum begründet, der jedem einzelnen Prüfer zusteht. Mit der Anerkennung dieses prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums wird rechtsfehlerfrei in Kauf genommen, dass verschiedene Prüfer dieselbe Prüfungsleistung unterschiedlich bewerten (BFH, VII R 34/98).

Die Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Befangenheitserklärung des Prüfers X stellen sich als nicht entscheidungserheblich dar, weil im Laufe des Klageverfahrens der Prüfungsausschuss den Prüfer X nicht wegen Befangenheit von dem Überdenkungsverfahren ausgeschlossen und dieser Prüfer seine Stellungnahme im Laufe des Klageverfahrens abgegeben hat.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung).



Ende der Entscheidung

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