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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 10.11.2005
Aktenzeichen: III 1311/03
Rechtsgebiete: UStG, BGB


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a
UStG § 4 Nr. 12 S. 2
BGB § 675
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts auf Grund mündlicher Verhandlung am 10. November 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin, vertreten durch ihre Gesellschafter X und Y, zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Umsatzsteuer i. H. v.

 1996:260.075,26 Euro
1997:529.583,35 Euro
1998:160.161,16 Euro

Die Klägerin begehrt, die Umsatzsteuer für die Streitjahre auf 0 DM herabzusetzen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie wurde Ende des Jahres 1991 gegründet. Gesellschaftsgegenstand ist der Betrieb von Wohnheimen für Asylbewerber, Aussiedler und Zuwanderer. Die Gesellschafter X und Y sind zu je 50 v. H. an der Gesellschaft beteiligt.

Im Dezember 1991 hat die GbR die Tätigkeit mittels des Betriebes eines Heimes in A-Stadt aufgenommen. In den Jahren 1992 und 1993 kamen jeweils fünf neue Heime dazu und im Jahr 1994 zwei weitere Heime sowie im Jahr 1997 nochmals drei Heime, so dass die GbR am Ende des streitigen Zeitraums 16 Heime betrieb.

Zwei Grundstücke stehen im Eigentum der GbR, die übrigen Heime sind angemietet worden.

Strittig ist ausschließlich die Umsatzsteuer, die auf Umsätze aus dem Betrieb von Heimen entfällt, die von Gebietskörperschaften, in deren Gebiet sich die Heime befinden, zur Verfügung gestellt worden sind.

Die Umsätze aus den anderen von der GbR betriebenen Heimen hat das Finanzamt gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei gelassen.

Laut Feststellung der bei der GbR durchgeführten Betriebsprüfung für den strittigen Zeitraum hat die GbR von den Gebietskörperschaften im Einzelnen die Objekte in B-Stadt, C-Stadt, D-Stadt, A-Stadt und F-Stadt (Tz. 37 Bp-Bericht vom 21. 05.2002) angemietet.

Bei den einzelnen Heimen liegen folgende vertragliche Gestaltungen zu Grunde:

B-Stadt:

Am 27. Oktober 1992 ist zwischen dem Thüringer Ministerium für Gesundheit und Soziales und der Unternehmensgruppe X und Y ein Vertrag über die Einrichtung einer Landesgemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber geschlossen worden.

Nach § 1 dieses Vertrages verpflichtet sich der Betreiber für das Land Thüringen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber zu betreiben. Die Einrichtung dieser Unterkunft erfolgt in dem Objekt der ehemaligen Kaserne der sowjetischen Streitkräfte in B-Stadt. Dieses Objekt wird dem Betreiber für die Laufzeit des Vertrages mietfrei zur Verfügung gestellt. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages stellt der Betreiber eine Bettenkapazität von mindestens 600 Plätzen zur Verfügung. Gemäß § 1 Abs. 6 sichert der Nutzer (Thüringer Ministerium für Gesundheit und Soziales) dem Betreiber eine 80%ige Mindestbelegung zu, die zu den in § 8 genannten Leistungssätzen vergütet wird. Gemäß § 2 ist der Betreiber gehalten, zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen die personelle Ausstattung so zu wählen, dass ein reibungsloser Betrieb der Einrichtung gewährleistet ist und auch Urlaubs- und Krankheitsfälle abgedeckt sind.

Die Einarbeitung und Schulung des vorgesehenen Personals wird vom Betreiber durchgeführt.

Nach § 3 sorgt der Betreiber für eine Mindestausstattung. Danach wird pro aufzunehmender Person ein Bett einschließlich Bettwäsche, Matratzen, Zudecke, Kopfkissen und ein Kleiderschrank gestellt. Daneben ist jedes Zimmer mit einem Tisch und einer ausreichenden Anzahl von Stühlen auszustatten. Des Weiteren verpflichtet sich der Betreiber zur Errichtung einer ausreichenden Anzahl von Nasszellen und Sanitäreinrichtungen und deren fortlaufenden Instandhaltung.

Nach § 3 Abs. 4 trägt der Betreiber Sorge dafür, dass in regelmäßigen Abständen die Gebäudereinigung durchgeführt wird. Bei Bedarf wird eine Grundreinigung vorgenommen.

Nach § 3 Abs. 5 erfolgt der Wechsel der Bettwäsche im Regelfall zweiwöchentlich, im besonderen Bedarfsfall eher.

Gemäß § 3 Abs. 6 besteht Einigkeit darüber, dass die von den untergebrachten Personen anfallende Wäsche in der zu der Einrichtung gehörenden Wäscherei mit gewaschen wird.

Nach § 4 Abs. 3 hat der Betreiber eine ausreichende Anzahl von Büroräumen bereitzustellen und auszustatten für die Ausländerbehörde, ärztliche Betreuung, Sozialbetreuung, Wachdienst, Verwaltungsgericht sowie Ministerium für Gesundheit und Soziales.

Nach § 7 gewährt der Betreiber Gemeinschaftsverpflegung, bestehend aus Frühstück, Mittagessen und Abendbrot (Diese über das Objekt B-Stadt geschlossene Regelung stellt eine Besonderheit gegenüber den übrigen Verträgen dar). In § 8 ist das Entgelt für die Leistungen nach §§ 1 und 2 des Vertrages mit 28, 75 DM festgelegt. Aus dem Kontext mit den über die anderen Heime geschlossenen Betreiberverträgen ergibt sich, dass dieser Betrag als Tagessatz pro untergebrachte Personen zu werten ist.

Nach § 10 wird auch für den Fall der erlaubten Abwesenheit der untergebrachten Personen das Unterkunftsgeld für die Dauer der Abwesenheit auch dann weiter gezahlt, wenn die garantierte Mindestbelegung von 80 v.H. überschritten wird. Dies gilt gem. § 10 Abs. 2 auch im Falle der unerlaubten Abwesenheit, doch mit der Begrenzung des Unterkunftsgeldes auf drei Tage der Abwesenheit.

Nach § 12 übernimmt der Betreiber sämtliche Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich des ihm überlassenen Geländes und alle sonstigen Pflichten, die sich hierauf beziehen.

C-Stadt:

Am 22. Oktober 1991 hat der Landkreis XX (Nutzer) mit der GbR (Betreiber) einen Vertrag dahingehend geschlossen, dass sich der Betreiber verpflichtet, für den Landkreis XX Aussiedler unterzubringen (§ 1 Abs. 1 des Vertrages) und zwar im Objekt C-Stadt (ehemalige Grenzkaserne). Nach § 1 Abs. 2 stellt der Betreiber eine Kapazität von insgesamt 200 Plätzen zur Verfügung.

Im Unterschied zum Objekt B-Stadt verpflichtet sich der Betreiber nach § 2 Abs. 2 die Einrichtung so auszurichten, dass sie für Selbstverpflegung der untergebrachten Personen geeignet ist. Er richtet hierfür gem. § 2 Abs. 3 eine Gemeinschaftskochstelle ein nebst erforderlichen Küchen- und Kühlschränken.

Die vom Betreiber erbrachten Leistungen werden gem. § 4 mit 17 DM pro Person und Tag vergütet.

Nach § 11 wird der Vertrag für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und verlängert sich jeweils um drei Jahre, wenn er nicht vorher rechtzeitig gekündigt wird. Im Übrigen gleicht der Inhalt des Vertrages dem über das Objekt B-Stadt geschlossenen Vertrag.

Am 12. 11.1991 hat die GbR mit der Kreisverwaltung XX einen Mietvertrag über das Grundstück "C-Stadt" beginnend zum 1. September 1991 geschlossen. Hierin wurde der GbR die Nutzung des Grundstücks mietzinsfrei zur Verfügung gestellt.

D-Stadt:

Die GbR hat mit dem Landkreis XXX am 23.12.1993 sowohl einen Vertrag zur Unterbringung von Asylbewerbern im Objekt D-Stadt als auch einen Mietvertrag über das Objekt Gemeinschaftsunterkunft D-Stadt geschlossen.

Nach § 3 des Mietvertrages zahlt die GbR an den Vermieter einen monatlichen Mietzins i. H. v. 5.280 DM. Die Nutzung des Mietobjektes bestimmt sich gem. § 5 dieses Vertrages nach dem zwischen den Parteien bestehenden Betreibervertrag.

Nach § 1 Abs. 2 des Betreibervertrages stellt die GbR eine Kapazität von insgesamt 105 Plätzen zur Verfügung. Die von der GbR zu erbringenden Leistungen gleichen den Bestimmungen der anderen Betreiberverträge. Die Leistungen werden der GbR mit 19,91 DM pro Person und Tag vergütet (§ 4 des Betreibervertrages).

A-Stadt:

Die GbR hat mit dem Landkreis XX am 09.10.1991 einen Betreibervertrag mit der Verpflichtung geschlossen, in dem Objekt A-Stadt (ehemalige Grenzkaserne) Aussiedler unterzubringen und hierfür insgesamt 130 Plätze zur Verfügung zu stellen. Die von der GbR zu erbringenden Leistungen werden mit 17 DM pro Person und Tag vergütet (§ 4). Im Übrigen gleicht dieser Vertrag den bereits erwähnten.

Mit Vertrag vom 12.11.1991 hat die Kreisverwaltung XX der GbR das Grundstück "A-Stadt" mit Wirkung vom 1. September 1991 für den Zweck der Unterbringung von Aussiedlern mietzinsfrei zur Verfügung gestellt.

F-Stadt:

Mit so genanntem Überleitungsvertrag vom 17.05.1993 ist die GbR in einen zwischen einem "Altbetreiber" und dem Freistaat Thüringen geschlossenen Vertrag eingetreten. Die GbR hat die aus dem Mietvertrag zwischen dem Bundesvermögensamt Erfurt und dem Land Thüringen sich ergebenden Verpflichtungen übernommen. Ausgeschlossen hiervon ist der zu entrichtende Mietzins (§ 13 Überleitungsvertrag).

Nach § 1 des zwischen der Stadt F-Stadt und der GbR geschlossenen Betreibervertrages vom 03.08.1993 stellt die GbR eine Kapazität von insgesamt 300 Plätzen zur Verfügung. Die Leistungen der GbR werden mit 23,54 DM pro Tag und Person vergütet (§ 4 des Betreibervertrages). Im Übrigen gleichen die Bestimmungen dieses Vertrages den übrigen Verträgen.

Die Klägerin vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass es sich bei den Betreiberverträgen um Mietverträge handele. Es handele sich um eine zeitliche Gebrauchsüberlassung des Mietgegenstandes gegen Zahlung des Mietzinses. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, wonach eine Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die der Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereit hält, von der Befreiung ausnahmsweise ausgeschlossen sei, greife vorliegend nicht ein. Für die Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG vorliegen, komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die tatsächliche Dauer der Vermietung an, sondern auf die aus den äußeren Umständen ableitbare Absicht des Unternehmers, die Räumlichkeiten nur zur vorübergehenden Beherbergung bereitzuhalten. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass die Raumvermietung durch die Klägerin nicht der Umsatzsteuer unterliege. Die Verträge seien regelmäßig über eine Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen worden. In den Verträgen habe sich die Klägerin zu einer Mindestausstattung der Zimmer verpflichtet. Zudem seien Kochstellen zur Selbstverpflegung eingerichtet worden. Daraus folge, dass ausweislich der vertraglichen Gestaltung alle Voraussetzungen für einen langfristigen Verbleib geschaffen worden seien. Übliche Nebenleistungen zu Vermietungsverträgen seien steuerbefreit.

Eine Nebenleistung liege nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn eine Leistung im engen Zusammenhang mit einer anderen stünde und im Verhältnis zu dieser nebensächlich sei.

Bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen handele es sich um solche Nebenleistungen.

Die Auffassung des Finanzamts, es handele sich vorliegend um eine sonstige Leistung, sei unzutreffend.

Die Klägerin habe die Gebäude für den bestimmungsgemäßen Gebrauch auf ihre Kosten innen und außen vollständig hergerichtet. Das Finanzamt übersehe, dass die Klägerin die Liegenschaften in einem nicht vermietbaren Zustand übernommen habe. Bei den Gebäuden handele es sich überwiegend um alte leer stehende Kasernen.

Die betreffenden Körperschaften öffentlichen Rechts seien ausschließlich an der Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben, nicht jedoch an aufwändigen Instandsetzungen von Liegenschaften und den damit verbundenen hohen Investitionen interessiert gewesen.

Durch die bloße Überlassung der in Rede stehenden Grundstücke an die Klägerin und durch die Tatsache, dass diese sodann die vorhandenen Gebäude instand gesetzt und für die Nutzung als Asylbewerberwohnheim baulich hergerichtet habe, seien die Körperschaften davon befreit worden, diese Investitionen zu tätigen. Die Klägerin habe die von ihr getätigten Aufwendungen allein getragen; ein Ersatz durch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften sei weder vorgesehen noch erfolgt. Die Klägerin habe Investitionen i. H. v. ca. 4,2 Mio. DM (Objekt B-Stadt), ca. 800 TDM (Objekt C-Stadt), ca. 600 TDM (Objekt A-Stadt) sowie ca. 2,5 Mio. DM (Objekt F-Stadt) getätigt.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1998 unter Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer in allen drei Streitjahren auf 0 Euro festgesetzt wird,

hilfsweise bei Klageabweisung, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise bei Klagestattgabe, die Revision zuzulassen.

Es trägt im Wesentlichen vor, dass keine steuerfreien Vermietungsleistungen vorlägen. In den Fällen, in denen die Klägerin die Gebäude von den Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen die hoheitliche Pflichtaufgabe der Asylantenunterbringung obliege, zuvor verbilligt oder unentgeltlich überlassen bekommen habe und für diese die Unterbringung und Betreuung der Asylanten entgeltlich organisiere, sei in den zu Grunde liegenden Betreiberverträgen ein atypisches Vertragsverhältnis eigener Art anzunehmen. Bei solchen Verträgen besonderer Art handele es sich regelmäßig um rechtliche Gestaltungen, die neben einer Grundstücksüberlassung noch andere vertragliche Pflichten postulierten. Hier trete die Grundstücksüberlassung jedoch gegenüber den anderen wesentlichen Vertragsleistungen derart in den Hintergrund, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht mehr von einem Mietvertrag über ein Grundstück gesprochen werden könne. Die Verträge stellten sich vielmehr als ein einheitliches Ganzes dar, wobei das andere Vertragselement dem einheitlichen Vertrag das Gepräge gäbe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 10.11.2005 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin gegenüber den öffentlich-rechtlichen Körperschaften keine umsatzsteuerfreien Leistungen ausführt.

Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, wonach die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerfrei ist. Solche Leistungen hat die Klägerin bei dem Betrieb der Heime gegenüber den öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht erbracht.

Die Klägerin unterhielt ein Vertrags- und Leistungsverhältnis nur gegenüber den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die sich auf diese Weise ihrer Pflichtaufgaben nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz), Neufassung vom 2. Juni 1993, BGBl I 829, und dem Asylverfahrensgesetz, Neufassung vom 27. Juli 1993, BGBl I 1361, entledigte (siehe auch Thüringer Finanzgericht I. Senat, Urteil vom 7. Mai 2003, I 560/01, EFG 2003, 1803).

Nach der Rechtsprechung sind Leistungen, die im Vergleich zur Grundstücksvermietung nebensächlich sind, mit ihr eng zusammenhängen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen, als sogenannte Nebenleistungen wie die Vermietung steuerfrei, sofern keine kurzfristige Beherbergung vorliegt. Tritt umgekehrt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen Leistungen soweit zurück, dass sie von den anderen, wesentlicheren Leistungen überdeckt wird, so kommt die Steuerbefreiung auch nicht teilweise in Betracht. Dazwischen liegen Fälle, in denen die Grundstücksvermietung und die weiteren Leistungen in der Weise nebeneinander stehen, dass keine der Leistungen soweit zurücktritt, dass sie umsatzsteuerrechtlich nicht mehr zu beachten wäre; in diesen Fällen ist das Entgelt auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und die übrigen steuerpflichtigen Leistungen aufzuteilen (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1993 V R 38/91, BFHE 173, 454, BStBl II 1994, 585). Die gesamten Umstände des Streitfalles ergeben, dass keine der genannten Fallgruppen in Betracht kommt. Das Wesentliche einer Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, nämlich die Überlassung des Gebrauchs des Grundstücks, ist im Streitfall weder wirtschaftlich noch zivilrechtlich in den Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und den öffentlich-rechtlichen Körperschaften eingegangen. Die Grundstücksnutzungen standen den öffentlich-rechtlichen Körperschaften bei Abschluss der Betreiberverträge selbst zu. Die Verträge zwischen den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und der Klägerin hinsichtlich Überlassung der Grundstücke sind entweder zeitgleich oder zusammen in einem Vertrag mit dem Betreibervertrag abgeschlossen worden (so z. B. hinsichtlich des Objektes B-Stadt und D-Stadt) oder sogar erst nach dem Abschluss des Betreibervertrages mit den jeweiligen öffentlichrechtlichten Körperschaften (so z. B. Objekt C-Stadt und A-Stadt). Der Klägerin sind, das Objekt D-Stadt ausgenommen, die Grundstücke für den Betrieb eines Heimes zur Unterbringung von Asylbewerbern und Aussiedlern jeweils mietzinsfrei überlassen worden. Die Vorstellung, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften diese ihnen zustehende Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke der Klägerin mietzinsfrei überlässt, um sie im Wege einer Vermietung oder Verpachtung wieder zurückzuerlangen, hält der Senat für nicht einsichtig (so bereits im Beschluss III 375/03 V vom 21. Dezember 2004).

Der Vortrag der Klägerin, die Grundstücke seien von ihr aufwändig restauriert worden, ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die von der Klägerin dargelegten Investitionen auf die einzelnen Heime werden als tatsächlich ausgeführt unterstellt. Nach Überzeugung des Senats ist die jeweilige Investitionssumme in die Kalkulation über die Höhe der Entgelte für die Betreiberleistungen der Klägerin im Rahmen der Betreiberverträge eingeflossen. Gleiches gilt hinsichtlich des für das Objekt D-Stadt gezahlten Mietzinses.

Dies wird insbesondere beispielhaft erkennbar aus dem Vertrag hinsichtlich des Betriebs des Heimes B-Stadt. Dort ist in § 8 Abs. 1 ausgeführt, dass der Unterbringungssatz i.H.v. 28,75 DM auf einer kalkulierten Investitionssumme von DM 5,0 Mio. beruht. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie für dieses Heim rd. 4,2 Mio. DM investiert habe.

Die Zahlungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf Grund der Bestimmungen der Betreiberverträge erweisen sich dementsprechend als ein Entgelt für den Heimbetrieb außerhalb der Grundstücksnutzungen.

Dieses Ergebnis wird insbesondere durch die Darstellung des Gesellschafters Y in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2005 bekräftigt, wonach auf jeweils einen Bewohner ca. 5 bis 8 m² Wohnfläche entfielen und mehrere Personen in einem Raum untergebracht worden seien. Bei Annahme der Obergrenze der vom Gesellschafter Y erklärten Wohnfläche pro Heimbewohner ergäbe sich unter Annahme eines Mietverhältnisses ein monatlicher Mietzins für die Nutzung der Unterbringungsräume unter Außerachtlassung der Flächen für Küche Bad und Flure zwischen rd. 63 DM pro m²(17 DM pro Tag und Person × 30 Tage: 8 m² für z. B. die Objekte A-Stadt und C-Stadt) und rd. 107 DM pro m² (28,75 DM × 30: 8 m² für das Objekt B-Stadt). Auch unter Berücksichtigung der Benutzung der Gemeinschaftsflächen durch die Heimbewohner, wobei zu beachten ist, dass nach der Darstellung des Gesellschafters Y ca. 30 bis 40 Personen sich eine Gemeinschaftsküche teilen, drängt sich zumindest bei Unterstellung eines Mietverhältnisses ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auf (§ 138 Abs. 2 BGB), so dass die Nichtigkeit eines solchen Vertrages in Betracht käme. Zwar wäre ein solcher gegen § 138 BGB verstoßender Vertrag im Hinblick auf § 40 AO 1977 für die Besteuerung unerheblich, jedoch ist gerade in Anbetracht der den öffentlich-rechtlichen Körperschaften nach den Haushaltsordnungen auferlegten Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln, davon auszugehen, dass die öffentlich-rechtlichen Vertragspartner der Klägerin solche sittenwidrigen Mietverträge nicht abschließen wollten.

Die Heimbewohner empfangen Unterbringung, Versorgung und Betreuung durch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Dies geschieht im Rahmen hoheitlicher Daseinsvorsorge. Diese Leistungen hat die Klägerin in den Betreiberverträgen übernommen. Dementsprechend erweisen sich zivilrechtlich die Betreiberverträge als entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge gem. § 675 BGB. Die Klägerin wird im Interesse der öffentlich-rechtlichen Körperschaften tätig. Das Betreiben der Heime obliegt der eigenverantwortlichen Überlegung und Willensbildung der Klägerin. Diese Tätigkeit ist wirtschaftlicher Art und ist auf die Geschäfte gerichtet, für die ursprünglich die öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu sorgen hatten. Durch die Betreiberverträge ist den öffentlich-rechtlichen Körperschaften diese Aufgabe durch die Klägerin abgenommen worden. Diese Geschäftsbesorgung in Gestalt der Heimbetriebsleistung ist unter keinem Gesichtspunkt umsatzsteuerfrei.

Eine Aufteilung der von der Klägerin erbrachten Leistungen in umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige kommt entgegen der Entscheidung des Bundesfinanzhofs V R 38/91 bereits deswegen nicht in Betracht, weil dem vom BFH zu entscheidenden Fall ein anderer Sachverhalt zu Grunde lag. Der Betreiber des Asylantenheimes hatte sein eigenes Hotel für die Unterkunft der Asylanten zur Verfügung gestellt und es ist nicht, wie im Streitfall, das Grundstück durch die öffentlich-rechtliche Körperschaft zur Verfügung gestellt worden.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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