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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.12.2005
Aktenzeichen: 1 Bf 104/05
Rechtsgebiete: APO-iGS


Vorschriften:

APO-iGS § 8
Die Entscheidung über die Umstufung bzw. Herabstufung eines Schülers einer Gesamtschule aus dem Fachleistungskurs I in den Fachleistungskurs II liegt im Beurteilungsspielraum der Zeugniskonferenz.
1 Bf 104/05

Verkündet am 09. Dezember 2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert und E.-O. Schulz sowie der ehrenamtliche Richter Feddern und die ehrenamtliche Richterin Fricke für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Umstufungsentscheidung der Gesamtschule Walddörfer vom 29. Januar 2004 für das Fach Mathematik rechtswidrig gewesen ist.

Die 1988 geborene Klägerin besuchte seit der Jahrgangsstufe 6 die Gesamtschule Walddörfer und war im Fach Mathematik seit der Klassenstufe 6 in den Kurs I der äußeren Leistungsdifferenzierung eingestuft. Die Zeugniskonferenz der Klasse 10 a erörterte am 19. Januar 2004 die Zensuren und die Einstufungen der Klägerin. Dabei wurden für das Fach Mathematik die schriftlichen Noten des ersten Halbjahres (erste Vergleichsarbeit A 2-, zweite Vergleichsarbeit A 2-, Test 1 A 2-, Test 2 A 3) sowie die mündlichen Noten auf Grund fünfmal nicht gemachter Hausaufgaben, einmal mündlichen Vorrechnens an der Tafel und der Gesamtnote für die mündliche Mitarbeit im Unterricht A 2- erörtert. Die Klägerin wurde sodann für das Fach Mathematik in den Kurs II umgestuft. Dies wurde den Eltern der Klägerin mit Formschreiben vom 29. Januar 2004 mitgeteilt. Daraufhin beantragte der Vater der Klägerin, dass die Klägerin vorläufig wieder in den bisherigen Mathematikkurs der Klasse 10 a aufgenommen werde. Der Leistungsabfall seiner Tochter liege im Wesentlichen an familiären Problemen, die weitgehend behoben seien. Die Klägerin werde besondere Anstrengungen unternehmen und begleitend einen Mathematiknachhilfeunterricht besuchen. Die Gesamtschule Walddörfer lehnte den probeweisen Verbleib der Klägerin im Mathematikkurs I ab, da dies von der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nicht vorgesehen sei. Daraufhin erhob die Klägerin Widerspruch, den sie damit begründete, dass sie bisher in den von ihr belegten Kursen im Fach Mathematik über lange Zeiträume hinweg zufriedenstellende Leistungen gezeigt habe. Der in den letzten Monaten zu beobachtende Leistungsabfall habe Ursachen allein in Gründen im persönlichen Bereich gehabt, die jetzt nicht mehr vorhanden seien. Nachdem das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. März 2004 festgestellt hatte, dass der Widerspruch der Klägerin vom 8. Februar gegen die Umstufungsentscheidung vom 29. Januar 2004 für das Fach Mathematik aufschiebende Wirkung habe, besuchte die Klägerin bis zum Schuljahresende weiterhin den Kurs I. Das Abschlusszeugnis der Klägerin vom 16. Juni 2004 weist für den Kurs die Note A gut aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ermächtigungsgrundlage für die Umstufungsentscheidung sei § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 APO-iGS gewesen. Nach dieser Vorschrift seien Schülerinnen und Schüler in den Fachleistungskurs umzustufen, in dem auf Grund ihrer bisherigen Leistungsentwicklung und des erreichten Leistungsstandes unter Berücksichtigung der pädagogischen Betreuung und Förderung in der Lerngruppe eine erfolgreiche Mitarbeit zu erwarten sei. Die Leistungen der Klägerin seien im Fachleistungskurs I Mathematik im Halbjahreszeugnis der Jahrgangsstufe 10 vom 29. Januar 2004 mit A 2 benotet worden. Diese Benotung habe die Klägerin nicht angegriffen. Ihre Leistungen seien während des gesamten ersten Halbjahres der Jahrgangsstufe 10 durchgehend mit A Noten und zwar von A 2 bis A 3 bewertet. Das bedeute, dass sie die im Unterricht des Fachleistungskurses I gestellten "erweiterten Anforderungen" zu keiner Zeit erfüllt habe. Die tatsächlich erbrachten Leistungen der Klägerin hätten mithin auf Dauer nicht zur Teilnahme am Fachleistungskurs I genügt. Dieser Leistungsstand könne auch nicht als kurzfristiger Einbruch angesehen werden. Die Benotungen der Klägerin seit der Jahrgangstufe 8 zeigten, dass die Klägerin im Fach Mathematik ein ausreichendes Niveau insgesamt nie überschritten habe. Außerdem hätten die Noten eine langfristig fallende Tendenz aufgewiesen. Selbst wenn familiäre Faktoren die beschriebene Tendenz beschleunigt oder verstärkt hätten, erscheine es nicht rechtsfehlerhaft, wenn die Zeugniskonferenz auf Grund der Leistungen der Klägerin im ersten Halbjahr der Jahrgangsstufe 10 auch unter Berücksichtigung der langjährigen Entwicklung sowie des Arbeits- und Sozialverhaltens der Klägerin zu der Annahme gelangt sei, die Klägerin werde bei entsprechender pädagogischer Betreuung und auf Grund angemessener Förderung in der Lerngruppe im Fachleistungskurs II erfolgreich mitarbeiten. Der Umstand, dass die Klägerin nunmehr in der ersten Kursarbeit im Fachleistungskurs II eine "A 1" geschrieben habe, stehe der Annahme, dass diese Einstufung gemessen an den Vorgaben des § 8 APO-iGS nunmehr richtig sei, jedenfalls nicht entgegen.

Mit der am 13. Mai 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Der Bescheid vom 29. Januar 2004 sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Entscheidung der Zeugniskonferenz nicht ersichtlich und auch nicht dokumentiert sei. Ebenso wenig dokumentiert seien die an § 8 Abs. 2 Satz 1 APO-iGS i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 zu orientierenden maßgeblichen pädagogischen, tatsächlichen und prognostischen Gründe. Nach dem tatsächlichen Leistungsstand der Klägerin sei die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin habe im Rahmen des Halbjahreszeugnisses Noten erreicht, die eine Umstufungsentscheidung nicht rechtfertigten. Die Klägerin sei mit "A 2" bewertet worden. Im Übrigen hätte die Beklagte zumindest zeitweilig dem Begehren der Eltern der Klägerin nach Einstufung in den höherwertigen Fachleistungskurs in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 1 APO-iGS Folge leisten müssen. Wie sich aus § 8 Abs. 1 APO-iGS ergebe, werde derjenige, der gute Leistungen erwarten lasse, höhergestuft. Bestünden Meinungsverschiedenheiten darüber, entscheide zunächst der Elternwille. Das Kind werde probeweise in den höheren Fachleistungskurs eingestuft. Nichts anderes könne nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift im Falle einer beabsichtigten Rückstufung gelten. Dies gebiete schon der Gleichheitsgrundsatz. Obwohl die Klägerin inzwischen die Schule mit dem Realschulabschluss verlassen habe, habe sie noch ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Sie habe rund 425,-- Euro für privat genommene Förderstunden aufwenden müssen, weil sie zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2003/2004 zu Unrecht wegen der angefochtenen Umstufungsentscheidung im Fachleistungskurs II unterrichtet worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der Umstufungsbescheid der Beklagte vom 29.01.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004 rechtswidrig war und die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin in den Leistungskurs I "Mathematik" der Gesamtschule Walddörfer aufzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Januar 2005 als unzulässig abgewiesen. Der Klägerin fehle es am nötigen Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sei nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten. Sie habe nicht substantiiert vorgetragen, dass sie beabsichtige, die Beklagte im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses dafür haftbar zu machen, dass sie bis zur Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches den Fachleistungskurs Mathematik I nicht habe besuchen können. Sie habe zwar darauf hingewiesen, dass sie 425,-- Euro für privat genommene Förderstunden habe aufwenden müssen. Vorgetragen werde jedoch weder, dass sie bereits einen Antrag auf Schadensersatz bei der Beklagten gestellt habe, noch dass sie dies überhaupt in Erwägung gezogen habe. Außerdem habe sie nicht vorgetragen, dass die Förderstunden nur deswegen erforderlich gewesen seien, weil sie bis zur stattgebenden Entscheidung über ihren Eilantrag den Unterricht des Fachleistungskurses I Mathematik versäumt habe. Die Klägerin habe schon vorher erklärt, eingetretene Versäumnisse im Fach Mathematik durch Nachhilfeunterricht ausgleichen zu wollen.

Damit sei sie selbst davon ausgegangen, dass die Kosten für den Nachhilfeunterricht auch dann angefallen wären, wenn sie nicht in den Fachleistungskurs II umgestuft worden sei. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bestünden nicht. Ein besonderes Rehabilitationsinteresse der Klägerin sei nicht erkennbar. Insbesondere bestätige das Abschlusszeugnis der Klägerin die Teilnahme am Fachleistungskurs I und enthalte keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin an sich in den Fachleistungskurs II umgestuft worden sei.

Zur Begründung der mit Beschluss vom 7. Juli 2005 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor: Für ein Feststellungsinteresse reiche die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus. Die Eltern der Klägerin hätten für einen kombinierten Mathe-/Physikkurs bei der Nachhilfeinstitution "ABAKUS" 945,-- Euro für 21 Doppelstunden ausgeben müssen. Von diesen 21 Stunden seien rund 2/3 auf den Bereich Mathematik für den Zeitraum 26. Februar bis 5. April 2002 entfallen. Einzelheiten hierzu müssten einem möglichen Schadensersatzverfahren vorbehalten bleiben. In der Sache sei die Umstufungsentscheidung rechtswidrig. Es fehle an einer Entscheidung der Zeugniskonferenz. Außerdem sei entgegen der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 APO-iGS der Elternwille, die Klägerin zumindest vorübergehend im Fachleistungskurs I Mathematik zu belassen, rechtswidriger Weise nicht berücksichtigt worden. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen ihren Eltern und der Zeugniskonferenz hinsichtlich der Einstufung habe die Klägerin zumindest für sechs Unterrichtswochen probeweise weiterhin im Kurs I unterrichtet werden müssen. Darüber hinaus hätten die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Umstufung nicht vorgelegen. Die Leistungsentwicklung der Klägerin habe abgesehen von dem erklärten kurzfristigen Leistungsabfall auf der Grundlage eines familiären Hintergrundes eine Umstufung nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe das erste Halbjahr der Jahrgangsstufe 10 überwiegend mit A 2 abgeschlossen. Das sei ein gutes Ergebnis und garantiere gerade, dass die Klägerin doch gute Entwicklungspotentiale in sich geborgen habe. Eine Abweichung hiervon habe einer besonderen Begründung bedurft.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Umstufungsbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2004 rechtswidrig war und die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin in den Leistungskurs I "Mathematik" der Gesamtschule Walddörfer aufzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf das erstinstanzliche Urteil sowie den angefochtenen Widerspruchsbescheid.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2005 hat die Klägerin vorgetragen, dass den Lehrern der Zeugniskonferenz im Januar 2004 ihre familiären Probleme bekannt gewesen seien. Sie seien daher berücksichtigt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Klage ist allerdings entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) zulässig. Mit der Beendigung der 10 Klasse hat sich die ursprünglich auf die Aufhebung der Umstufungsentscheidung und damit - wie der Senat in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 19.3.2004 (HmbJVBl 2005, 42 = NordÖR 2004,316) ausgeführt hat - auf Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts gerichtete Anfechtungsklage erledigt. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass ihre Herabstufung in den Mathematikkurs II rechtswidrig gewesen ist. Sie hat ihre Klage erhoben, bevor sich die Umstufungsentscheidung erledigt hat und erwägt ernsthaft, im Falle eines für sie erfolgreichen Prozessausganges die "Früchte dieses Verfahrens" für ein Schadensersatzbegehren zu nutzen: Ihr sei dadurch ein Schaden entstanden, dass sie 425,- Euro für Förderunterricht habe aufwenden müssen, den sie benötigt habe, um den wegen der Umstufung versäumten Stoff des Mathematikkursus I nachzuholen. Ein derartiger Schadensersatzanspruch erscheint auch nicht von vornherein als ausgeschlossen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.8.1987, Buchholz 310, § 113 VwGO Nr. 173, v. 17.12.1991, Buchholz 310, § 113 VwGO Nr. 238). Zwar wird vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 22.1.1998, Buchholz 310, § 161 VwGO Nr. 113) und dem für die Durchführung von Amtshaftungsprozessen zuständigen Zivilgericht (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002, DÖV 2003 S. 296) als Regel angenommen, dass einen Beamten kein Verschulden treffe, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (sog. "Kollegialgerichts-Richtlinie"). Das trifft vorliegend aber nicht zu. Denn das Verwaltungsgericht hat zwar die Klage abgewiesen, dies aber nicht in Kammerbesetzung. Über die Klage der Klägerin hat eine Einzelrichterin entschieden.

2. Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Umstufungsentscheidung ist rechtmäßig. Die Rechtmäßigkeit der Umstufung bemisst sich nach § 8 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die integrierte Gesamtschule, Jahrgangsstufe 5 bis 10 vom 22. Juli 2003 (HmbGVBl. S. 359 - APO-iGS - ). Danach gilt § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 APO-iGS entsprechend für die Umstufung einer Schülerin oder eines Schülers von einem Fachleistungskurs in einen anderen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 APO-iGS entscheidet über die Einstufung der Schülerin oder des Schülers in einen Fachleistungskurs die Zeugniskonferenz. Schülerinnen und Schüler sind in den Kurs einzustufen, in dem auf Grund ihrer bisherigen Leistungsentwicklung und des erreichten Leistungsstandes unter Berücksichtigung der pädagogischen Betreuung und Förderung in der Lerngruppe eine erfolgreiche Mitarbeit zu erwarten ist.

a) Entgegen der Ansicht der Klägerin liegen die formalen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Umstufungsentscheidung vor. Ausweislich der Sachakte der Beklagten hat die Zeugniskonferenz am 19. Januar 2004 die Zensuren und die Einstufungen der Klägerin erörtert. Dabei wurde auch über die Umstufung der Klägerin vom Fachleistungskurs I in den Fachleistungskurs II im Fach Mathematik entschieden. Dies ergibt sich aus der Notenübersicht der Klassenkonferenz für die Zeugnisnoten der Klägerin im ersten Halbjahr des Jahrganges 10. Auch wenn, wie die Klägerin bemerkt, kein weiteres Protokoll über die Zeugniskonferenz vorliegt, ist doch den Pfeilen, Bemerkungen, Kreuzen und Noten und dergleichen in der Schüler- und Notentabelle, die die Zeugnisnoten der Jahrgänge 8 bis 10 umfasst, zu entnehmen, dass entsprechend dem Vorbringen der Beklagten die Zeugniskonferenz am Ende des ersten Schulhalbjahres der Klassenstufe 10 die Umstufung der Klägerin im Fach Mathematik erörtert und darüber entschieden hat.

b) Die Rechtmäßigkeit der Umstufungsentscheidung ist gemäß § 8 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 APO-iGS danach zu beurteilen, ob hinsichtlich der Klägerin auf Grund ihrer bisherigen Leistungsentwicklung und des erreichten Leistungsstandes unter Berücksichtigung der pädagogischen Betreuung und Förderung in der Lerngruppe eine erfolgreiche Mitarbeit zu erwarten ist. Bei dieser prognostischen Entscheidung kommt der Zeugniskonferenz ein Beurteilungsspielraum zu. Es sind nicht nur die bisherigen Leistungen und der Leistungsstand der Schülerin/des Schülers zu berücksichtigen, sondern in die Erwägungen ist auch einzustellen, ob die pädagogische Betreuung und die Förderung in der Lerngruppe eine erfolgreiche Mitarbeit erwarten lassen. Das setzt Kenntnisse sowohl hinsichtlich der Schülerin/des Schülers als auch hinsichtlich der Lerngruppe und der Lehrer, die diese Lerngruppe unterrichten, voraus. Damit wird die Einschätzung durch ein sachkundiges Kollegialorgan zu einem auf die Zeugniskonferenz fixierten Zeitpunkt erforderlich. Mangels Kenntnis und Nachvollziehbarkeit aller Gesamtumstände, die sich ihrer Natur nach in einer laufenden Entwicklung befinden, sowie wegen besonderer Sachkompetenz der Zeugniskonferenz kommt ihr daher eine Entscheidungsprägorative zu, die nachträglich nur auf Beurteilungsfehler hin überprüft werden kann.

Solche Beurteilungsfehler liegen nicht vor. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2005 deutlich gemacht, dass ihre familiären Probleme bekannt gewesen und daher von den Lehrern berücksichtigt worden seien. Entgegen ihrer Ansicht kann auch schwerlich davon gesprochen werden, dass sie im ersten Schulhalbjahr der Klasse 10 nur einen kurzfristig vorübergehenden Leistungseinbruch im Fach Mathematik erlitten hatte. In der Klasse 8 waren ihre Leistungen zwar noch durchgängig mit ausreichend im Kurs der erweiterten Anforderungen bewertet worden. Dies entspricht nach der Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 2 APO-iGS einer Leistung, die ab Klasse 9 mit A2 zu bewerten gewesen wäre. In der Klasse 9 sind ihre Leistungen geringfügig besser, nämlich mit B4 - = A1 - bewertet worden. Die Leistungen ließen im ersten Halbjahr der Klasse 10 dann jedoch um etwa eine Notenstufe nach und erreichten damit nicht mehr das für einen Mathematikkurs mit erweiterten Anforderungen (Kurs I) geforderte Niveau. Auch im zweiten Halbjahr der 10 Klasse hat die Klägerin insgesamt keine deutlich besseren Leistungsergebnisse (insgesamt A2) erzielt. Die Prognose der Zeugniskonferenz, dass die Klägerin angesichts ihres Leistungsstandes "herabzustufen" sei, ist durch die von der Klägerin im zweiten Halbjahr der Klasse 10 im Kurs I Mathematik gezeigten Leistungen nicht widerlegt.

Die Zeugniskonferenz musste ihre Prognoseentscheidung auch nicht in weitergehendem Maße begründen. Soweit eine schriftliche Begründung für die Nachprüfung erforderlich war, ist sie im Laufe des Widerspruchsverfahrens dadurch nachgeholt worden, dass die differenzierten Leistungsbewertungen für die Klägerin im ersten Halbjahr der Klasse 10 in der Schülerakte dokumentiert wurden. Auch ist der Notenliste der Zeugniskonferenz in dem Feld "Bemerkungen" zu der Klägerin zu entnehmen, dass die Konferenz die nötigen Erwägungen angestellt hat. So hat sie sich im Fach Biologie ausdrücklich für einen Verbleib der Klägerin im Kurs I aus pädagogischen Gründen entschieden, im Fach Mathematik aber zu einer Herabstufung entschlossen.

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat auch nicht das übergangene Verlangen ihrer Eltern, sie zumindest 6 Wochen probehalber weiterhin im Fachleistungskurs I im Fach Mathematik zu unterrichten, zu einer fehlerhaften Entscheidung geführt. Zwar sieht § 8 Abs. 1 Satz 3 APO-iGS, der die Einstufung der Schülerinnen und Schüler in einen Fachleistungskurs regelt, vor, dass dann, wenn die Erziehungsberechtigten die Einstufung der Schülerin oder des Schülers in einen anderen Fachleistungskurs verlangen und keine Einigung über die Einstufung erreicht wird, die Schülerin oder der Schüler für 6 Unterrichtswochen probeweise in den gewünschten Kurs aufgenommen wird. Dies trifft allerdings lediglich auf Einstufungen, nicht aber auf Umstufungen in Form der Herabstufung zu, wie sie vorliegend Gegenstand des Verfahrens sind. Denn für Umstufungen sieht § 8 Abs. 2 Satz 1 APO-iGS gerade keine Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 Satz 3 APO-iGS vor. Vielmehr bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 2 APO-iGS:

"Verlangen die Erziehungsberechtigten die Umstufung einer Schülerin oder eines Schülers, die oder der im bisher besuchten Fachleistungskurs II im letzten Schulhalbjahr mindestens gute Leistungen im Bereich der grundlegenden Anforderungen erbracht hat, in einen Fachleistungskurs I und wird keine Einigung über die Einstufung erreicht, wird die Schülerin oder der Schüler für 6 Unterrichtswochen probeweise in den Fachleistungskurs I aufgenommen."

Aus der Differenz der Regelungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Satz 3 APO-iGS wird deutlich, dass im Falle der Umstufung ein probeweiser Besuch des Fachleistungskurses I auf der oberen Anspruchsebene nicht ausschließlich vom Verlangen der Eltern abhängt, sondern davon, dass die Schülerin oder der Schüler den Fachleistungskurs II im letzten Schulhalbjahr besucht hat und darüber hinaus mindestens gute Leistungen im Bereich der grundlegenden Anforderungen erbracht hat. Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern wird im Fall der Umstufung mithin begrenzt. Für den Fall der Herabstufung aus dem Fachleistungskurs I in den Fachleistungskurs II ist eine probeweise Aufnahme nicht vorgesehen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin erscheint dies nicht willkürlich, sondern sachlich durch die Unterschiede zwischen der Herab- und der Hinaufstufung begründet. Bei einer Herabstufung sind die nötigen Erfahrungen mit der Schülerin oder dem Schüler im gerade abgelaufenen Schulhalbjahr in dem gewünschten Fachleistungskurs vorhanden. Mithin besteht eine hinreichende Grundlage für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit, des Leistungsstandes und der pädagogischen Betreuung und Förderung in der konkreten Lerngruppe bereits. Einer probeweisen Aufnahme bedarf es aus diesem Grunde für ein fundiertes Urteil nicht. Darüber hinaus hat, anders als bei dem Begehren, statt des Fachleistungskurses II, den Fachleistungskurs I besuchen zu können, ein Widerspruch gegen die Herabstufung, wie der vorliegende Fall zeigt, aufschiebende Wirkung. Damit ist zumindest für die Dauer des Widerspruchsverfahrens und gegebenenfalls die der Anfechtungsklage durch die aufschiebende Wirkung gewährleistet, dass die Schülerin oder der Schüler den Kurs auf der oberen Anspruchsebene zunächst weiterhin besuchen kann. Ohne die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 APO-iGS wäre der - auch nur probehalber - Besuch in einem Fachleistungskurs I bei vorherigem Besuch des Fachleistungskurses II bei Meinungsdifferenzen zwischen der Zeugniskonferenz und den Eltern der Schülerin/des Schülers auch durch Rechtsmittel kaum zu erreichen. Insofern besteht ein hinreichender Grund für eine Differenzierung zwischen den Fällen der Herabstufung und der (erstmaligen) Einstufung des § 8 Abs. 1 APO-iGS. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch kein Anhalt dafür erkennbar, dass der Verordnungsgeber in § 8 Abs. 1 Satz 3 APO-iGS eine Regelung treffen wollte, die sowohl die Fälle der Einstufung als auch alle Fälle der Umstufung treffen sollte. Angesichts der dargestellten sachlichen Gründe für eine Differenzierung zwischen den Fällen der Herabstufung und der Hinaufstufung in § 8 Abs. 2 APO-iGS ergeben sich auch dort keine Anhaltspunkte für eine gleichheitswidrige Differenzierung.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 167 VwGO, 708 Nr. 10, 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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