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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 128/04
Rechtsgebiete: SeeanlV, GG, VwGO


Vorschriften:

SeeanlV § 3
GG Art. 28 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2
§ 3 SeeanlV und die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 1 GG vermitteln einer Gemeinde keine Rechte gegen die Genehmigung eines Offshore-Windparks in der ausschließlichen Wirtschaftszone in einer Entfernung von über 30 Km vor der Küste.

Zur Rüge einer Überspannung der Anforderungen an die Klagbefugnis im Berufungszulassungsverfahren.


1 Bf 128/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Richter Dr. Raecke, Richterin Huusmann am

15. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Dezember 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zuzulassen, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist eine durch den Fremdenverkehr geprägte Gemeinde der Insel Sylt. Sie wendet sich gegen die von der Beklagten der Beigeladenen erteilte Genehmigung, in ca. 34 km Entfernung vor der Insel Sylt im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland einen sog. Offshore-Windpark mit 80 Windenergieanlagen zu errichten und zu betreiben. Die Genehmigung soll erlöschen, wenn nicht bis zum 1. Juni 2005 mit dem Bau des Windparks begonnen wird. Die Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid vom 18. Dezember 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2003 zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Klägerin am 11. März 2004 zugestellten Urteil vom 1. Dezember 2003 als unzulässig abgewiesen und ausgeführt, dass es an der Klagbefugnis fehle.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die Berufung gegen das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg ist nicht zuzulassen.

1. Aus den von der Klägerin dargelegten Gründen ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteiles des Verwaltungsgerichts Hamburg (§§ 124 Abs. 2 Nr.1, 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

a) Die Klägerin macht geltend, die Genehmigung des Windparks in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland setze eine genauere Rechtsgrundlage voraus als sie § 3 Seeanlagenverordnung - SeeAnLV - vom 23.1.1997 (BGBl. I S. 57 mit spät. Änd.) biete, auf den die Beklagte die angegriffene Genehmigung gestützt hat. Die sog. Wesentlichkeitstheorie verlange, § 3 SeeAnlV ausdehnend auszulegen, um den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung zu tragen.

Diese Überlegungen stellen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Frage. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend begründet, dass § 3 SeeAnlV nicht den Schutz der Gemeinden bezwecke. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die Genehmigung zu versagen, wenn der Windpark die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder die Meeresumwelt beeinträchtigt wird. Nach Satz 2 liegt ein Versagungsgrund insbesondere vor, wenn der Betrieb oder die Wirkung von Schifffahrtsanlagen und - zeichen bzw. die Benutzung der Schifffahrtswege oder der Schifffahrt beeinträchtigt werden oder eine Verschmutzung der Meeresumwelt zu besorgen ist. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass diese Norm nicht den Schutz von Individualinteressen der Gemeinden auf Seeinseln, sondern allein öffentliche Belange im Blick hat.

a.a. § 3 SeeanlV verleiht der Klägerin nicht deshalb - wie sie vorbringt - ein Klagerecht, weil die Klägerin zu der von der Norm geschützten Meeresumwelt gehöre. Die Klägerin ist nicht Teil der Meeresumwelt. Zwar mag die Meeresküste und mögen damit die Strände der Klägerin zu dem Schutzbereich der Meeresumwelt gehören. Dafür spricht insbesondere Art. 145 S. 2 a) i.V.m. Art. 56 Abs. 1 b) iii) des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 - SeeRÜbk - (Vertragsgesetz vom 2. September 1994, BGBl. II 1994 S. 1798). Die Klägerin ist aber nicht Sachwalterin der nicht in ihrem Interesse, sondern im öffentlichen Interesse geschützten Meeresumwelt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass § 3 SeeAnlV mit dem Versagungsgrund der Besorgnis einer Verschmutzung der Meeresumwelt im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SeeRÜbk den Schutz der Seebäder in dem Sinne bezweckt, dass diesen ein eigenes Durchsetzungsrecht zustehen soll. Die ausdrückliche Bezugnahme auf den völkerrechtlichen Begriff der Meeresverschmutzung spricht gerade gegen einen subjektiv-rechtlichen Gehalt. Art. 1 Abs.1 Nr. 4 SeeRÜbk definiert den Begriff der Verschmutzung der Meeresumwelt lediglich allgemein ohne auf einen wie auch immer umschrieben zu schützenden Personenkreis abzustellen. Verschmutzung der Meeresumwelt bedeutet nach dieser Regelung die unmittelbare oder mittelbare Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen in die Meeresumwelt, aus der sich abträgliche Wirkungen wie eine Schädigung der lebenden Ressourcen sowie der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, eine Beeinträchtigung der maritimen Tätigkeiten einschließlich der Fischerei und der sonstigen rechtmäßigen Nutzung des Meeres etc. ergeben oder ergeben können. Das Seerechtsübereinkommen soll insoweit ersichtlich nur völkerrechtliche Pflichten gegenüber den Vertragspartnern des Übereinkommens, aber nicht - innerstaatliche - subjektive Rechte einzelner Gemeinden begründen. Es erscheint ausgeschlossen, dass das Übereinkommen mit der Nennung der sonstigen rechtmäßigen Nutzung des Meeres Seebädern eigene Rechte verschaffen will (vgl. BT-Drs. 12/7829 und zu der Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee BVerwG, Urt. vom 1.12.1982, BVerwGE 66, 307-311). Dass der Klägerin der Schutz der Meeresumwelt tatsächlich zu Gute kommen kann, genügt zur Begründung eines subjektiv- rechtlichen Gehaltes des § 3 SeeanlV nicht. Insoweit überzeugt auch nicht die Erwägung der Klägerin, anderenfalls würde sich die Genehmigung gerichtlicher Kontrolle entziehen. Art. 19 Abs. 4 GG gewährt nur effektiven Rechtsschutz gegenüber Verletzungen eigener Rechte.

a.b. Auch leuchtet nicht ein, weshalb vor dem völkerrechtlichen Hintergrund des § 3 SeeanlV dem Begriff der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs drittschützender Gehalt zu Gunsten der Klägerin beigemessen werden sollte. Insoweit kann das Vorbringen der Klägerin nicht genügen, sie könne gegenüber einer Schadensverursachung auf See Schadensersatzansprüche wesentlich schwerer durchsetzen als dies bei Unfällen auf den Bundeswasserstraßen der Fall sei. b) Eine extensive Auslegung des § 3 SeeanlV, die der Klägerin eine wehrfähige Rechtsposition verschaffen könnte, gebietet auch die in der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Befugnis der Gemeinden nicht, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Richtig hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Genehmigung beeinträchtige die gemeindliche Garantie der Selbstverwaltung (Art. 28 GG Abs. 2 S. 1 GG) nicht. Die Planungshoheit der Klägerin erstrecke sich nicht auf die ausschließliche Wirtschaftszone, in der das Vorhaben genehmigt sei. Auch gingen von dem geplanten Vorhaben keine Auswirkungen aus, die das Gemeindegebiet oder Teile davon nachhaltig betreffen und die Entwicklung der Gemeinde beeinflussen und deshalb der Gemeinde auch gegen Vorhaben, die außerhalb des Gemeindegebietes liegen, ein Klagrecht verschaffen.

b.a. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt: Die von der Klägerin befürchtete Kollision eines Schiffes mit den Windenergieanlagen könne keine Abwehrrechte der Klägerin begründen. Die von ihr im Falle eines derartigen Unfalles befürchtete Verschmutzung der Strände der Insel Sylt stelle keine unmittelbare Auswirkung des Vorhabens dar. Der genehmigte Windpark trage ein derartiges Risiko nicht in sich. Bei einer Schiffskollision realisiere sich kein Risiko, das in den Windenergieanlagen selbst angelegt sei. Die Folgen müssten vielmehr allein den kollidierenden Schiffen zugerechnet werden. Da der Windpark fernab der Schifffahrtsstrassen errichtet werden solle, wäre die Beigeladene bei einem solchem Unfall weder Zustands- noch Zweckstörerin.

Es überzeugt nicht, wenn die Klägerin ausführt, die Frage der Risikoverteilung müsse nur anders beantworten werden als es das Verwaltungsgericht getan habe, um zu einer Klagbefugnis zu gelangen. Vielmehr erscheint die Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts richtig. Es trifft zu, das Risiko einer Öl- oder Chemikalienverschmutzung der Strände den Schiffen zuzuordnen, die das - potentiell schädliche - Öl bzw. die Chemikalien transportieren und - aus welchen Gründen auch immer - mit einem außerhalb der üblichen Schifffahrtsrouten gelegenen und ausreichend in den Kartenwerken sowie durch Sicherheitseinrichtungen gekennzeichneten und ggf. durch Einrichtung einer 500 m tiefen Sicherheitszone nach Art. 56 SeeRÜbk geschützten Windpark kollidieren. Ähnlich wie bei Schiffszusammenstößen oder einem Auflaufen auf Untiefen realisiert sich insoweit ein Risiko des verunglückten Öl- bzw. Chemikalientankers. Nur die Ladung dieser Tankschiffe und nicht die Materialien der Winderzeugungsanlagen könnten im Falle eines Unfalles die Strände verschmutzen. Insoweit ist die Genehmigung eines sog. Offshore - Windparks nicht mit der Genehmigung anderer gefährlicher Anlagen zu vergleichen, die ihr Gefahrpotential in sich tragen, wie dies z.B. bei Kernenergieanlagen oder Abfalldeponien der Fall ist. Deshalb greifen die Grundsätze nicht, die die Rechtsprechung zur Klagbefugnis der Gemeinden gegen die Genehmigung von Kernenergieanlagen, die außerhalb des Gemeindegebietes liegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.12.1980 BVerwGE 61, 256 ff;VGH München, Urt. v. 9.4.1979, DVBl. 1979, 673, 676-681) und Genehmigungen für den Transport von Sondermüll auf Deponien im potentiellen Einziehungsbereich gemeindlicher Trinkwasserbrunnen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.8.1987, DVBl. 1987 S. 1017 ff; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.6.1987, DVBl. 1987 S. 1019; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. vom 11.10.1990 - juris - ) entwickelt hat.

b.b. Die Klägerin dringt auch nicht mit ihrem Vorbringen durch, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den "Auswirkungen gewichtiger Art" auf ein gefahrgeneigtes Vorhaben angewendet, auf welches die zu einer anderen Konstellation entwickelte Rechtsprechung nicht passe. Es trifft nicht zu, dass die Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichtes insoweit für Anlagen der vorliegenden Art nicht einschlägig seien. Das Bundesverwaltungsgericht formuliert in feststehender Rechtsprechung: Eine Gemeinde kann bei Inanspruchnahme ihres Gebietes durch überörtliche Fachplanung eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne der Klagbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO nur unter zwei Voraussetzungen geltend machen. Einmal muss für das betroffene Gebiet bereits eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung vorliegen. Zum anderen muss die Störung dieser Planung durch den überörtlichen Fachplan "nachhaltig" sein, d.h. unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die Planung haben (vgl. BVerwG, Urt. vom 11.5.1984, NVwZ 1984, 584 m.w.Nachw.; Urt. vom 14.2.1969 Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr.2; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 18.3.1987 BVerwGE 77, 128 ff). Nach diesen Grundsätzen können sich die Gemeinden auch gegen Vorhaben der Fachplanung außerhalb ihres Gemeindegebietes wehren, sofern von ihnen derartige Auswirkungen auf ihre eigene gemeindliche Planung ausgehen (BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 BVerwGE 84, 209, 215) oder sie das Gemeindegebiet oder Teile hiervon nachteilig betreffen und die Entwicklung der Gemeinde beeinflussen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 26.2.1996, NuR 1996, 515-517). Die Erwägung der Klägerin ist zwar richtig, dass es in den von dem Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen nicht darum ging, die Gemeinde vor Risiken zu schützen, die sich aus Unfällen ergeben könnten. Es ist jedoch nicht einzusehen, weshalb eine Gemeinde vor derartigen Risiken weitergehender geschützt sein soll als vor anderen Fachplanungen, die nicht nur im Falle eines - unwahrscheinlichen - Unfalles die Interessen der Gemeinde beeinträchtigen, sondern sich tatsächlich nachhaltig auf die Planung der Gemeinde oder ihre Einrichtungen auswirken. Maßgeblich ist, ob sich die Risiken, die nach Auffassung der Gemeinde von dem genehmigten Vorhaben ausgehen, ihrer Art nach und der Wahrscheinlichkeit, eines Schadenseintrittes als unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die Planung der Gemeinde oder ihre Einrichtungen darstellen.

Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint. Zum einen ist das Risiko einer Kollision eines Öl- oder Chemikalientankers mit dem außerhalb der gebräuchlichen Schifffahrtsrouten gelegenen Windpark nur gering und ist dieses Risiko - wie oben dargelegt - bei ausreichender - was die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage stellt - Absicherung des Windparkes den Schiffen und nicht - unmittelbar - den genehmigten Windenergieanlagen zuzuordnen. Zum anderen würde eine Öl- oder sonstige Chemikalienverschmutzung der Strände der Insel Sylt zwar den dortigen Fremdenverkehr beeinträchtigen, der die klägerische Gemeinde prägt. Auch ist nicht auszuschließen, dass die Selbstverwaltungsgarantie einer Fremdenverkehrsgemeinde eine wehrfähige Rechtsposition zur Erhaltung ihrer Strände verleiht. Jedoch sind keine dauerhaften, irreparablen Nachteile für die Fremdenverkehrsinteressen der Klägerin und die Nutzung der dortigen Strände zu befürchten. Selbst nach einer "Ölkatastrophe" könnten die Strände der Klägerin - wenn auch nur mit großem Aufwand - in einem für den Tourismus ausreichenden Maße gereinigt werden. Der Erhalt der Strände und ihre dauerhafte Attraktivität für den Fremdenverkehr werden im Falle einer "Ölkatastrophe" nicht in Frage gestellt. Vor einer allenfalls geringen Gefahr einer durch den Schiffsverkehr in der ausschließlichen Wirtschaftszone verursachten vorübergehenden Verschmutzung der Strände und einer dadurch verursachten zeitweisen Beeinträchtigung des Fremdenverkehrs schützt die Garantie gemeindlicher Selbstverwaltung offensichtlich nicht. Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Folgen eine "Ölpest" für die Meeresumwelt und die Tier- und Pflanzenwelt nach sich ziehen könnte und ob insoweit dauerhafte Schäden zu befürchten wären. Die Selbstverwaltungsgarantie verleiht der Klägerin kein eigenes Recht zur Wahrnehmung dieser ökologischen Interessen. Der Gemeinde kommen nicht deshalb wehrfähige Rechte zu, weil der Allgemeinheit ein Schaden drohen könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989, BVerwGE 84,209, 213).

b.c. Soweit die Klägerin ausführt, derartige Überlegungen gehörten in die Begründetheitsprüfung und nicht in die Untersuchung der Klagbefugnis, erweckt dies keine Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des von dem Verwaltungsgericht gefundenen Urteiles. Die Klage hätte auch dann keinen Erfolg, wenn das Verwaltungsgericht sie insoweit mit der Begründung als unbegründet abgewiesen hätte, es fehle jedenfalls an einer Verletzung der Rechte der Klägerin und einem daraus folgenden Abwehranspruch. Es ist deutlich, dass das Verwaltungsgericht in jedem Falle die von der Klägerin geltend gemachte Rechtsposition als nicht verletzt beurteilt hätte, wenn es nicht schon insoweit die Klagebefugnis ausgeschlossen hätte. Dies kann nicht nur im Verfahren der Zulassung der Revision (vgl. dazu BVerwG, Beschl. vom 21.1.1993, NVwZ 1993, 884, 887); Urt. vom 10.4.1969 Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 29; Beschl. vom 13.6.1977 BVerwGE 54, 99 /101/), sondern auch im Berufungszulassungsverfahren berücksichtigt werden. Die Klägerin ist nicht dadurch beschwert, dass das Verwaltungsgericht die Klage mangels Klagbefugnis schon als unzulässig und nicht erst mangels Rechtsverletzung als unbegründet abgewiesen hat.

b.d. Das Vorbringen der Klägerin überzeugt nicht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, der geplante Windpark liege außerhalb der Schifffahrtstraßen; derartige für die Schifffahrt verbindliche Schifffahrtstraßen gebe es nicht. Zum einen kann ein Küstenstaat sehr wohl gemäß Art. 22 SeeRÜbk im Küstenmeer und in Meerengen ( Art. 41 SeeRÜbk) Schifffahrtsstraßen und Verkehrstrennungsgebiete einrichten. Zum anderen ging das Verwaltungsgericht bei seiner Bewertung, dass der Windenergiepark fernab der Schifffahrtstraßen errichtet werden solle, ersichtlich nicht von der Annahme aus, die Nordsee sei abgesehen von den Verkehrstrennungsgebieten rechtlich von Schifffahrtsstraßen durchzogen, außerhalb derer Öl- und Chemikalientanker nicht verkehren dürften. Gemeint hat das Gericht ersichtlich: Der geplante Windpark befindet sich nicht in einem Seegebiet, durch das die üblichen Routen der Handelsschifffahrt verlaufen. Dass es Schifffahrtstraßen in dem Sinne gibt, dass sich gewisse Routen entsprechend der Lage der Start- und Zielhäfen und den Passagen bzw. Untiefen nach dem Prinzip des kürzesten Weges herausbilden, nimmt die Klägerin zutreffend nicht in Abrede. Die Klägerin stellt mit ihrer Überlegung, es gebe keine Schifffahrtstraßen, die für alle Schiffe verbindlich seien, nicht in Frage, dass derartige "faktische" Schifffahrtstraßen bestehen und der Windpark nicht im Bereich derartiger tatsächlicher Schifffahrtsrouten liegt, sondern fernab dieser Verkehrsgebiete.

b.e. Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, sie könne aus dem Raumordnungsgesetz keine subjektiven Rechtspositionen ableiten, weil dieses Gesetz für Vorhaben im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone nicht gelte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch aus dem Zusammenspiel der Garantie gemeindlicher Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG und dem Abstimmungsgebot des § 16 Raumordnungsgesetz keine Klagbefugnis.

Gemäß § 16 ROG sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, mit den betroffenen Nachbarstaaten nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit abzustimmen. Hieraus folgt keinesfalls, dass derartige Maßnahmen, die in der ausschließlichen Wirtschaftszone geplant sind, erst recht mit den Gemeinden abzustimmen sind. Zum einen regelt das Raumordnungsgesetz an anderer Stelle, in welchen Fällen bei Planungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Abstimmungen stattzufinden haben. In der zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Widerspruchsentscheidung am 10.7.2003 maßgeblichen Fassung sah § 14 S.1 ROG vor, dass die öffentlichen Stellen ihre raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen aufeinander und untereinander abzustimmen haben. Zum anderen gelten weder § 16 ROG noch § 14 S.1 ROG in der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung maßgeblichen Fassung für Planungen und Genehmigungen in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Wie § 1 ROG a.F. zeigt, galt das Raumordnungsgesetz lediglich für den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume. Dazu zählt die ausschließliche Wirtschaftszone offensichtlich nicht. Die ausschließliche Wirtschaftszone gehört nicht zum Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß Art. 55 SeeRÜbk ist die ausschließliche Wirtschaftszone ein jenseits des Küstenmeeres und an dieses angrenzendes Gebiet, das der im Teil V des SeeRÜbk festgelegten besonderen Rechtsordnung unterliegt. Dieses regelt die Rechte und Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates und die Rechte und Freiheiten anderer Staaten. Zu diesen Hoheitsrechten gehört nach Art. 56 Abs.1 b die Energieerzeugung durch Wind. Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland erstreckt Art. 2 SeeRÜbk hingegen lediglich auf das Küstenmeer im Bereich der 12-Seemeilenzone (vgl. Art. 3 ff SeeRÜbk). Erst durch Art. 2 Nr. 2 des Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG Bau - vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359) ist der Anwendungsbereich des Raumordnungsgesetzes erweitert und § 1 Abs. 1 ROG folgender Satz hinzugefügt worden: "In der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone können einzelne Funktionen im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 . II S. 1798) durch die Raumordnung entwickelt, geordnet und gesichert werden". Es ist nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, dass sich eine Klagbefugnis der Klägerin daraus ergeben könnte, dass in das Raumordnungsgesetz erst nach der Genehmigung des von der Beigeladenen geplanten Windparks mit der durch Art. 2 Nr. 7 EAG Bau erfolgten Einfügung des § 18 a ROG Regelungen zu den Verfahren und den Inhalten der Raumordnung sowie der Einrichtung von Vorranggebieten für Windenergieanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone aufgenommen wurden.

b.f. Die Klägerin hat auch nicht innerhalb der Begründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, dass die Möglichkeit bestehe, dass sie der geplante Windpark wegen einer optischen Beeinträchtigung in ihren Rechten verletzen könnte. Auch mit ihrer am 13. September 2004 eingegangenen Stellungnahme hat sie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem ihr am 11. März 2004 zugestellten Urteil nicht ernsthaft in Frage gestellt, die Sichtbarkeit des in einer Entfernung von etwa 34 km zur Insel Sylt geplanten Windparks stelle keine gewichtige nachteilige Auswirkung dar, die allein ein Abwehrrecht der Gemeinde begründen könne. Insbesondere ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht angegriffen, dass die geplanten Windenergieananlagen nur in bestimmten Jahreszeiten bei bestimmten Wetterlagen sichtbar seien und auch dann nur als kleine Punkte am Horizont. 2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache u.a. nur dann, wenn mit ihr eine bestimmte bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich noch nicht beantwortete Rechts- oder Tatfrage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. (vgl. OVG Hamburg, Beschl. vom 1.7.1998 - 4 Bf 336/98.A - ; VGH Kassel, Beschl. vom 17.7.1998 - 8 ZU 2071/98 - - juris - . Dem Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO ist nicht genügt, wenn das Berufungsgericht die zu klärende konkrete Rechtsfrage erst aus dem Vorbringen des Rechtsmittelführers herausarbeiten muss (vgl. OVG Berlin, Beschl. vom 17.9.1997 NVwZ 1998, 200-201; VGH Kassel, Beschl. vom 17.7.1998 - 8 ZU 2071/98 - - juris - ; OVG Saarland, Beschl. vom 8.9.1999 - 2 Q 32/99 - juris - ; BVerwG, Beschl. vom 19.8.1997 DÖV 1998, 117). Die Klägerin hat keine bestimmte Frage grundsätzlicher Art formuliert oder sonst wie gestellt, die im Berufungsverfahren zu klären ist.

a) In der Antragsbegründung heißt es lediglich, eine obergerichtliche Klärung der Grundsatzfrage nach der Klagbefugnis sei notwendig, da es sich um ein Pilotverfahren für die Errichtung von Windparks in der Nordsee handele und erstmals in der Menschheitsgeschichte eine derart große Meeresfläche dem ausschließlichen Gebrauch eines Rechtssubjektes zugewiesen werde. Erstmals sei die Genehmigung für einen großflächigen Offshore- Windpark gerichtlich zu überprüfen. Damit ist nicht hinreichend bestimmt bezeichnet, welche Rechts- oder Tatfrage sich im Berufungsverfahren stellen soll, die einer fallübergreifenden Klärung zuzuführen ist. Insoweit genügt es nicht, wenn die Klägerin vorbringt, das Verwaltungsgericht habe das Urteil auf die grundsätzlichen Erwägungen ausgerichtet, ob die Klägerin Rechte im Hinblick auf Vorhaben in der ausschließlichen Wirtschaftszone habe und dass die Klagbefugnis zu klären sei.

b) Ebenso ergibt sich eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf den ihrer Auffassung nach abweichenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Greifswald vom 29.6.1995, NVwZ-RR 1996, 197-199. In jenem Falle hatte das Gericht die Klagbefugnis eines Seebades bejaht, das wegen der Genehmigung einer Fischzuchtanlage im Meer um die Qualität des Badewassers fürchtete. Diese hat das OVG Greifswald aus den Gestattungsvorschriften der §§ 1 a Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 22 WHG, einem daraus folgenden Rücksichtnahmegebot und dem Interesse der Gemeinde abgeleitet, ihre Funktion als Kurort vor nachhaltigen Beeinträchtigungen zu schützen. Damit ist die vorliegende Problematik nicht vergleichbar. Das Wasserhaushaltsgesetz gilt gemäß seines § 1 Abs. 1 Nr. 1 a WHG nicht in der ausschließlichen Wirtschaftszone. § 3 SeeAnlV formuliert anders als § 1 a WHG nicht, dass die Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen Einzelner dienen. Auch kennt die Vorschrift keine § 4 Abs.1 Satz 2 WHG vergleichbare Regelung, nach der der wasserrechtlichen Erlaubnis und Bewilligung Auflagen beigefügt werden können, um nachteilige Wirkungen für andere zu verhüten oder auszugleichen. Diese Unterschiede im Normprogramm rechtfertigen es, einem wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebot drittschützende Wirkung beizulegen, dem § 3 SeeAnlV aber nicht.

Überdies macht es einen wesentlichen Unterschied, ob ein Seebad wegen laufender Verunreinigungen im Zuge der industriellen Bewirtschaftung einer Fischfarm in der Nähe ihrer Strände eine dauerhafte Schädigung ihrer Fremdenverkehrsinteressen fürchtet oder ob es um das geringe Risiko einer - vorübergehenden - Ölkatastrophe geht.

c) Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer Darlegungen zu den von ihr geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteiles vorbringt, aus § 16 ROG ergebe sich im Zusammenspiel mit der Garantie gemeindlicher Selbstverwaltung eine Klagbefugnis, bedarf es jedenfalls zur Klärung keines Berufungsverfahrens. Wie oben dargelegt fehlt es nach dem klaren Gesetzeswortlaut schon an der Anwendbarkeit des § 16 ROG a.F. für Vorhaben in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Auch handelt es sich um auslaufendes Recht, deren Klärung für die Zukunft nicht erforderlich ist. Art. 2 EAG Bau hat erst nach dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigung maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung den Anwendungsbereich des Raumordnungsgesetzes auf die ausschließliche Wirtschaftszone erweitert und mit der Einfügung des § 18 a ROG Regelungen zur Raumordnung in der ausschließlichen Wirtschaftszone sowie zur Festlegung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen eingeführt. Diese gelten im vorliegenden Fall noch nicht.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Abweichung von dem genannten Beschluss des OVG Greifswald zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Insoweit fehlt es schon an einer Divergenz des Urteiles des Verwaltungsgerichtes von einem Rechtssatz des OVG Greifswald. 4. Schließlich greift auch die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht durch. Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Klagbefugnis überspannt und deshalb durch Prozessurteil entschieden statt durch Sachurteil nach Prüfung der Begründetheit der Klage. Damit ist ein Zulassungsgrund nicht dargelegt. Zwar kann in der Entscheidung durch ein Prozessurteil statt durch Sachurteil ein Verfahrensfehler liegen. Dies ist der Fall, wenn eine solche Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht, insbesondere einer Verkennung ihrer Begriffsinhalte. Anders ist dies aber zu beurteilen, wenn das Gericht den Sachverhalt infolge seiner materiellrechtlichen Beurteilung unter eine zutreffend erkannte Zulässigkeitsvoraussetzung fehlerhaft subsumiert hat (vgl. BVerwG, Beschl. vom 16.2.1998 - 1 B 12/98 - juris -). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht den Sinngehalt der Klagbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlerhaft ausgelegt habe. Sie hat lediglich behauptet, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Klagbefugnis überspannt. Für eine Verkennung des Begriffes der Klagbefugnis ist auch nichts ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat die Klagbefugnis abgelehnt, weil es bereits die Möglichkeit verneint hat, dass die Klägerin durch die angegriffene Genehmigung in ihren Rechten verletzt wird.

Hinzu kommt: Die Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht angeregt , durch Zwischenurteil die Zulässigkeit ihrer Klage insbesondere hinsichtlich der Klagbefugnis festzustellen. Weist sodann das Verwaltungsgericht die Klage mangels Klagbefugnis als unzulässig ab, ohne den prozessrechtlichen Begriff der Klagbefugnis fehlerhaft auszulegen, sondern weil es die materiellen Voraussetzungen für die Klagbefugnis nicht als gegeben ansieht, so liegt darin kein Verfahrensfehler. Vielmehr greift die Klägerin eine allenfalls im Ergebnis fehlerhafte Subsumtion an, die nur mit dem Zulassungsgrund erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gerügt werden kann.

Die Klägerin hat als Unterlegene die Kosten des Zulassungsverfahren einschließlich der Kosten der Beigeladenen gemäß den §§ 154 Abs. 2 , 162 Abs. 3 VwGO zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren gemäß den §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 GKG a.F. auf 30.000 Euro festgesetzt. Das Gericht orientiert sich insoweit an Ziff. 7.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit a. F. (NVwZ 1996 S.563 f), dessen Wertangabe es unter Berücksichtigung des Umfanges des geplanten Windparkes mit dem Verwaltungsgericht von 25.000 Euro auf 30.000 Euro erhöht. Den nunmehr für die Klage einer durch eine Baugenehmigung drittbetroffenen Nachbargemeinde höher angesetzten Wert im Streitwertkatalog 2004, der demnächst veröffentlicht wird, wendet der Senat noch nicht an. Auf den höheren Ausgangswert des neuen Streitwertkataloges von 30.000 Euro konnte sich die Klägerin bei Stellung ihres Zulassungsantrages noch nicht einstellen.

Ende der Entscheidung

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