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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.09.2006
Aktenzeichen: 1 Bf 171/05.P
Rechtsgebiete: VwGO, VerpackV


Vorschriften:

VwGO § 43
VerpackV § 6
VerpackV § 8
VerpackV § 9
Eine Feststellungsklage gegen den Bund kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn er nicht nur die umstrittene Rechtsverordnung, für deren Vollzug die Länder zuständig sind, erlassen hat, sondern er selbst die Pfandpflichten durchsetzt und der Markt die Produkte der Kläger auslistet, ohne dass Vollzugsakte der Länder abzusehen sind (Dosenpfand, Self executing-Norm). Dafür bedarf es keiner atypischen Feststellungsklage.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

1 Bf 171/05

In der Verwaltungsrechtssache

Verkündet am 01. September 2006

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, E.-O. Schulz und die Richterin Huusmann sowie der ehrenamtliche Richter Feddern und die ehrenamtliche Richterin Leskovar für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte und die Beigeladene jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen wenden sich gegen Rücknahme- und Pfandpflichten für Einweg-Getränkeverpackungen.

Die Klägerinnen sind mittelständische Unternehmen in Österreich, die von ihnen hergestellte Erfrischungsgetränke und Fruchtsäfte sowie Tafelwasser mit und ohne Kohlensäure in PET-Einwegverpackungen nach Deutschland exportieren.

Die Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung - VerpackV -) vom 21. August 1998 (BGBl. I S. 2379) verpflichtet Hersteller und Vertreiber von Verkaufspackungen, gebrauchte Verpackungen zurückzunehmen und ordnungsgemäß zu verwerten (§ 6 Abs. 1 und 2 VerpackV). Diese Pflichten entfallen bei Verpackungen, für die sich der Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligt, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe in ausreichender Weise gewährleistet und die ordnungsgemäße Verwertung sicherstellt (§ 6 Abs. 3 VerpackV). Abweichend hiervon verpflichteten die §§ 8, 9 VerpackV in der bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (im Folgenden 3. ÄnderungsVerpackV) maßgeblichen Fassung (im Folgenden VerpackV a.F.) Vertreiber von flüssigen Lebensmitteln in Einwegverpackungen(Getränkeverpackungen), von ihrem jeweiligen Abnehmer ein Pfand zu erheben. Das Pfand war von jedem weiteren Vertreiber auf allen Stufen bis zur Abgabe an den Endverbraucher zu erheben und jeweils bei Rücknahme der Verpackungen zu erstatten (§ 8 Abs. 1 VerpackV a.F.). Von diesen Pflichten waren Einweggetränkeverpackungen freigestellt, für die sich die Hersteller oder Vertreiber an einem nach § 6 Abs. 3 VerpackV eingerichteten Rücknahmesystem beteiligten (§ 9 Abs. 1 VerpackV a.F.), dessen flächendeckende Einrichtung die zuständige Behörde festgestellt hatte (Systemfeststellung). Die Freistellung stand unter dem Vorbehalt, dass der Gesamtanteil der in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränke für Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure, Fruchtsäfte und Wein im Kalenderjahr bundesweit die Quote von 72 % nicht wiederholt unterschritt (§ 9 Abs. 2 VerpackV a.F.). Ergab eine Erhebung, dass der Mehrweggetränkeanteil erstmals diese Anteile unterschritt, so war dies bekannt zu machen und waren die Anteile in einer anschließenden Erhebung neu festzustellen. Wurde die Mehrwegquote auch nach dieser zweiten Erhebung unterschritten, so galt die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 3 VerpackV vom ersten Tag des auf die Bekanntgabe folgenden sechsten Kalendermonats bundesweit für die Getränkebereiche als widerrufen, deren Mehrweganteile unter dem im Jahr 1991 festgestellten Anteil lagen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV a.F.).

Die 3. ÄnderungsVerpackV vom 24. Mai 2005 (BGBl. I S. 1407) modifizierte die Pfand- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen. Nach den geänderten §§ 8 und 9 VerpackV ergibt sich die Pfandpflicht unabhängig von der Unterschreitung bestimmter Mehrwegquoten und ihrer Bekanntmachung unmittelbar aus der Verordnung selbst. Danach ist für die nicht ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen für Bier, Biermischgetränke, Mineral-, Quell-, Tafel- und Heilwässer sowie die in § 8 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VerpackV genannten Erfrischungs-, Frucht-, Gemüse-, Milchmisch- und Alkoholmischgetränke ein Pfand von jedem Vertreiber auf allen Handelsstufen zu erheben und nur bei einer Rücknahme der Verpackung zu erstatten.

Mit Art. 1 Nr. 8 der Vierten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 30. Dezember 2005 (BGBl. I S. 2) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 7 VerpackV i.d.Fassung d. 3. ÄnderungsVerpackV wurde mit Wirkung ab dem 1. Mai 2006 die Rücknahmepflicht für Getränkeverpackungen nach § 6 Abs. 1 Satz 4 VerpackV für pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen erweitert. Nunmehr haben die Vertreiber - anders als zuvor - nicht nur Verpackungen der Marken zurückzunehmen, die sie in ihrem Sortiment führen, sondern grundsätzlich alle Getränkeeinwegverpackungen aus den Materialarten Glas, Metalle, Papier/Pappe/Karton oder Kunststoffe.

Nachdem bereits für die Jahre 1997 und 1998 Unterschreitungen der Mehrwegquote festgestellt worden waren, ergaben die Nacherhebungen für den Zeitraum Februar 1999 bis Januar 2000 eine Mehrwegquote von insgesamt 68,29 % und für den Zeitraum Mai 2000 bis April 2001 von nur noch 63,81 %. Der Mehrweganteil des Referenzjahres 1991 wurde in den Getränkesegmenten Mineralwasser, Bier und kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke unterschritten. Die Bundesregierung machte auf der Grundlage eines in der Presse verbreiteten Kabinettsbeschlusses vom 20. März 2002 die Nacherhebungsergebnisse am 2. Juli 2002 bekannt, ordnete die sofortige Vollziehung an und versah sie mit einer Rechtsmittelbelehrung (BAnz. S. 14689, 14690). Für die genannten Getränke galt damit die bisherige Befreiung von der Pfandpflicht ab dem 1. Januar 2003 als widerrufen. Da die Umsetzung zu Problemen führte vereinbarte das Bundesumweltministerium mit Vertretern des Handels und der Industrie eine Übergangsfrist zum Aufbau eines einheitlichen Pfandsystems bis zum 1. Oktober 2003. Bis dahin wurde geduldet, dass eine Pfanderhebung durch Hersteller und Großhandel unterblieb und nur der Einzelhandel gegenüber dem Endverbraucher Pfand erhob und dieses in den Verkaufsstätten bei Rückgabe erstattete, in denen der Verbraucher die in einer Einwegverpackung abgefüllten Getränke erworben hatte. Im Gegenzuge verpflichteten sich die Vertreter der Wirtschaft, bis Oktober 2003 eine bundesweites einheitliches Rücknahmesystem aufzubauen.

Mit ihrer am 15. Mai 2002 eingegangenen Klage haben sich die Klägerinnen gegen die mit Presseerklärung des Bundesministeriums für Umwelt vom 9. März 2002 angekündigte Einführung des sog. Dosenpfands gewendet. Sie haben im einzelnen ausgeführt, weshalb die von ihnen erhobene Feststellungsklage zulässig sei und sie nicht darauf verwiesen werden könnten, die Bekanntgabe des Unterschreitens der Mehrwegquote vom 2. Juli 2002 gegenüber der Beigeladenen - der Bundesrepublik Deutschland - anzufechten. In der Sache sei es rechtswidrig, sie durch den in § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV vorgesehenen Teilwiderruf der Feststellung, dass ein flächendeckendes Rücknahmesystem eingerichtet ist, mit Rücknahme- und Pfandpflichten zu belasten. Aus dem Anwendungsvorrang der Rechtes der Europäischen Gemeinschaft folge, dass die Pfand- und Rücknahmeverpflichtungen für ihre in Hamburg vertriebenen Getränke nicht gelten würden. Die Beklagte weigere sich, dies zu bestätigen. Auch verletze sie die Bevorzugung der Mehrwegsysteme hinsichtlich der Fruchtsäfte in ihrer Warenverkehrsfreiheit, soweit für diese Säfte noch keine Pfand- und Rücknahmepflichten eingeführt worden seien.

Die Klägerinnen haben beantragt, für sich und ihre Vertreiber festzustellen, dass sie bei Beteiligung an einem gemäß § 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV festgestellten dualen System nicht vom ersten Tag des auf die Bekanntgabe der Mehrwegsanteile vom 2. Juli 2002 und 8. Oktober 2004 gemäß § 9 Abs. 2 und VerpackV folgenden 6. Kalendermonats gemäß § 6 Absätze 1 und 2 und § 8 VerpackV verpflichtet sind, auf ihre im Hoheitsgebiet der Beklagten in Einweg-Verpackungen in den Verkehr gebrachte Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure, Fruchtsäfte und andere Getränke ohne Kohlensäure sowie Mineralwasser einschließlich Tafelwasser ein Pfand zu erheben, die gebrauchten Verpackungen gegen Erstattung des Pfandes unentgeltlich zurückzunehmen und mit Nachweis zu verwerten haben.

Die Beklagte und die Beigeladene haben den Antrag gestellt, die Klage abzuweisen.

Sie haben die Klage für unzulässig gehalten und die Einführung der Pfand- und Rücknahmepflichten verteidigt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. März 2005 als unzulässig abgewiesen: Die Klägerinnen hätten ihr Klagziel mir einer Anfechtungsklage gegen die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse verfolgen müssen. Im Zuge einer solchen Anfechtungsklage hätten die Klägerinnen die Rechtmäßigkeit des Bekanntgabeaktes auch insoweit in Frage stellen können, als sie sich nur darauf beriefen, dass die Pfand- und Rücknahmepflichten ihnen gegenüber wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht gelten würden. Selbst wenn der in der Bekanntgabe zu erblickende Verwaltungsakt für importierte Verpackungen dem Europarecht widerspräche, wäre er rechtswidrig, da ihm dann eine gültige Ermächtigungsgrundlage fehlte. Deshalb wäre das innerstaatliche Recht dann nur im Wege der Aufhebung des Verwaltungsaktes zu korrigieren. Sollte der Bekanntgabeakte nicht für innerdeutsche Vertreiber und die ausländischen Importeure teilbar sein, so könnte den betroffenen Importeuren gleichwohl die Aufhebung des Bekanntgabeaktes nicht verweigert werden. Würde über die Rechtmäßigkeit des die Pfand- und Rücknahmepflichten auslösenden Aktes der Bekanntgabe entschieden, so geschähe dies mit bundesweiter Wirkung und damit effektiver als bei einer Klage gegen die Beklagte. Denn selbst im Falle eines Obsiegens im vorliegenden Verfahren wären die Klägerinnen gezwungen, zahlreiche weitere Klagen in anderen Bundesländern zu erheben, um ihre Interessen durchzusetzen. Auch hätten die Klägerinnen nicht beantragt festzustellen, dass sie unabhängig von dem Bekanntgabeakt in keinem Fall von den Pflichten erfasst würden, die auf der Mehrwegquotenregelung der Verpackungsverordnung beruhten. Insoweit wären sie überdies auf den Weg einer gegen die Beigeladenen zu richtenden vorbeugenden Unterlassungsklage zu verweisen. Soweit die Klägerinnen vortrügen, die von dem Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Januar 2003 entwickelten Grundsätze zu dem Vorrang der gegen die pflichtenauslösenden Bekanntgabe der Mehrwegquotenunterschreitung zu richtenden Anfechtungsklage seien nicht einschlägig, da es ihnen nicht um die Gültigkeit der Verpackungsverordnung gehe, überzeuge dies nicht. Denn auch eine Klage mit dem Ziel festzustellen, dass die Beklagte wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts keine Vollzugsmaßnahmen ergreifen dürfe, wäre unzulässig. Auch in diesem Falle ginge es im Kern um die Anwendbarkeit der Pflichtenregelung der Verpackungsverordnung. Deshalb bestünde das Rechtsverhältnis ausschließlich im Verhältnis zu der Beigeladenen als der Normgeberin. Auch sei die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO nicht deshalb - wie die Klägerinnen vorgetragen hatten - zulässig, weil die Klägerinnen keine Anfechtungsklage gegen den Bekanntgabeakt erhoben hätten. Im übrigen könnten die Klägerinnen auch deshalb nicht die Feststellung verlangen, dass die Beklagte wegen der Nichtanwendbarkeit der die Pfandpflichten auslösenden Normen keine Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen dürfe, weil die Bekanntgabeakte bestandskräftig geworden seien. Das Gemeinschaftsrecht verlange nicht, zur Durchsetzung seiner Geltung die Bestandskraft eines Bescheides zu durchbrechen. Dies geböte auch der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz effektiven Rechtsschutzes nicht. Die Möglichkeit, Anfechtungsklage zu erheben, gewährleiste die effektive Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts ausreichend. Es sei den Klägerinnen entgegen ihrem Vorbringen auch zuzumuten gewesen, Anfechtungsklage gegen die Beigeladene zu erheben. Daran ändere die lediglich in einem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes von dem OVG Berlin in einem obiter dictum mit Beschluss vom 20.2.2002 geäußerte Einschätzung nichts, dass die auf einem Anwendungsvorrang beschränkten Rechtswirkungen eines Verstoßes der Verpackungsverordnung gegen Gemeinschaftsrecht es nicht rechtfertigten, der Bundesregierung zu untersagen, die Nacherhebungsergebnisse bekannt zu geben. Insoweit hätten die Beklagte und die Beigeladene zu Recht entgegnet, dass der Grundsatz des gesetzlichen Richters enge Grenzen setze, eine Feststellungsklage abweichend von der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO für zulässig zu erachten.

Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 24. Februar 2006 zugelassenen Berufung tragen die Klägerinnen vor:

Ihnen gehe es darum, Vollzugsmaßnahmen der Beklagten ihnen und den Abnehmern ihrer Produkte gegenüber abzuwehren und insoweit Rechtssicherheit durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu erlangen. Ohne eine solche Sicherheit könnten sie ihre Produkte in Hamburg nicht pfandfrei vertreiben. Kein Händler sei bereit, sich insoweit in einen Konflikt mit den Behörden zu begeben. In Rheinland-Pfalz habe man einem Händler sofort untersagt, wie von ihm angekündigt Importgetränke pfandfrei zu verkaufen. Sie könnten allein im Wege der gegen die für den Vollzug der Verpackungsverordnung gerichteten Feststellungsklage im Wege der Inzidentkontrolle effektiven Rechtsschutz erlangen. Sie verweisen auf das klägerische Vorbringen in dem Parallelverfahren 1 Bf 39/05 und machen insbesondere geltend:

Die Zulässigkeit ihrer Feststellungsklage ergebe sich aus den jüngst von dem Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zu der Feststellungsklage gegen die Pflichten von Anlagenbetreibern aus dem Treibhausgas-Emmissionsgesetz dargestellten Grundsätzen. Ihnen als Importeuren sei nicht zuzumuten gewesen, während der einmonatigen Rechtsmittelfrist gegen die Bekanntgabe der Mehrwegquotenunterschreitung gegen die Bundesrepublik Deutschland vorzugehen. Denn wie hätten sie 6 Monate vor der Systemumstellung wissen können, ob die Umstellung auf das Pfand- und Rücknahmesystem den europarechtlichen Anforderungen genügen werde. Auch komme es ihnen gegenüber deshalb nicht auf diese Bekanntgabe an, da diese mit Art. 7 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 20. Dezember 1994 - Verpackungsrichtlinie - und Art. 28 des EG-Vertrages nicht vereinbar und deshalb ihnen gegenüber unanwendbar sei. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hamburg und die des VGH Kassel führe dazu, dass ein Einzelner den Anwendungsvorrang des EG-Rechtes faktisch nicht durchsetzen könne. Selbst wenn während der einmonatigen Rechtsmittelfrist nach der Bekanntgabe der Mehrwegquotenunterschreitung eine zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeit bestanden haben sollte, könne dies nicht für die Frage maßgeblich sein, ob heute ein Rechtsverhältnis zu der Beklagten bestehe. Insbesondere hätten die Berliner Verwaltungsgerichte zu Recht entschieden, dass in den dortigen gegen die Bekanntgabe gerichteten Anfechtungsverfahren eine Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig sei, weil die Feststellung, dass die mittlerweile erledigte Bekanntgabe rechtswidrig gewesen sei, den Rechtsschutzsuchenden nichts helfe. Zwar habe das OVG Berlin-Brandenburg mit seinen prozessökonomischen Überlegungen die Zulässigkeit einer atypischen gegen die Bundesrepublik Deutschland als Verordnungsgeber der Verpackungsverordnung gerichteten Feststellungsklage begründet. Diese Überlegungen könnten aber weder ihnen - den Klägerinnen - den gesetzlichen Richter entziehen noch an ihrem Rechtsschutzbedürfnis etwas ändern; zumal die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Sache nicht den erforderlichen europarechtlichen Schutz gewähre. Das europarechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete, die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO nicht zu ihrem Nachteil restriktiv zu handhaben. Auch habe der Europäische Gerichtshof gegenüber der Beigeladenen bereits festgestellt, dass die alte Verpackungsverordnung für Mineralwasser rechtswidrig sei. Da sich die Beigeladene hieran nicht halte, sei es ihnen nicht zuzumuten, in einem prozessual nicht vorgesehenen Weg gegen die Beigeladene zu klagen. Insoweit fehle es entgegen der Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg seit dem Wegfall des Erfordernisses der Bekanntgabe an einem Rechtsverhältnis zu der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland. Die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit könne den Rechtsschutz gegen das sog. Dosenpfand nicht auf diese Weise bei sich konzentrieren. Da jedes Bundesland eigenständig zu prüfen habe, inwieweit das Recht der Europäischen Gemeinschaft vorrangig vor dem Bundesrecht anzuwenden sei, könne es zu einem uneinheitlichen Vollzug des Bundesrecht kommen. Dieser Gefahr sei durch eine strikte Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zu begegnen und nicht durch eine Konzentration der Verfahren auf die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ließe man hingegen vorrangig eine atypische Feststellungsklage gegen den Bund in seiner Eigenschaft als Normgeber zu, so wären die Verwaltungsgerichte außerhalb Berlins im Ergebnis nur noch befugt, die Gültigkeit landesrechtlicher Normen zu überprüfen. Konsequenterweise wäre eine solche Feststellungsklage auch gegenüber einer Anfechtungsklage gegen etwaige Vollzugsakte der Länder vorrangig. Dass es auf das Rechtsverhältnis zu den Ländern ankomme, zeige auch deren Vorgehen zu dem Reinheitsgebot für das Deutsche Bier. Insoweit hätten die Länder schon 1987 klargestellt, dass sie dieses Reinheitsgebot nicht durchsetzen würden, da es dem Gemeinschaftsrecht widerspreche. Einer vergleichbare Feststellung sei für die Pfandfreiheit importierter kohlensäurehaltiger Erfrischungsgetränk zu treffen. Mündlich habe die Beklagte auch im Januar 2005 zugesichert, einen Erlass herauszugeben, nach dem das dem EU-Recht widersprechende Dosenpfand in Hamburg nicht vollzogen werde. Jedoch habe die Beklagte dies nie schriftlich klargestellt. Auch sei zu befürchten, dass die Beklagte ein für sie ungünstiges Urteil, welches gegen die Bundesrepublik ergehe, nicht gegen sich gelten lassen würde.

In der Sache verletze die Pfandpflicht sie in ihren Rechten. Der Europäische Gerichtshof habe entschieden, dass die Umstellung des alten Systems (Grüner Punkt) auf die Zwangspfandpflicht nur rechtmäßig sei, wenn das neue System zu dem Zeitpunkt des Wegfalles des alten Systems tatsächlich arbeitsfähig gewesen wäre. Da das alte System für ihre kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränke zum 1. Januar 2003 ausgelaufen sei, komme es darauf an, dass zu diesem Zeitpunkt ein arbeitsfähiges neues System nicht zur Verfügung gestanden habe. Dies sei auch die Auffassung der Kommission. Demgegenüber hätten sich das OVG Berlin-Brandenburg und das VG Stuttgart dadurch aus der Affäre gezogen, dass sie den maßgeblichen Zeitpunkt auf den 1. Oktober 2003 verlegt hätten. Der Europäische Gerichtshof habe aber klar entschieden, dass die Übergangsfrist von 6 Monaten nicht ausgereicht habe. Auch deshalb stehe das EG-Recht der Anwendung der Zwangspfandpflicht auch heute noch unabhängig davon entgegen, ob nunmehr ein arbeitsfähiges Pfandsystem existiere. Insbesondere sei es ihnen - den Klägerinnen - nicht möglich gewesen, ihren Vertrieb bruchlos an die für einige Discounter eingeführten sog. Insellösungen anzuschließen. Auch habe der Verordnungsgeber den europarechtlichen Anforderungen nicht durch den Erlass der Dritten Änderungsverordnung zur Verpackungsverordnung entsprochen, mit der die Pfandpflichten unmittelbar durch die Verordnung begründet worden seien. Diese Verordnung gelte ihnen gegenüber nicht. Denn der Verordnungsgeber habe bei dem Erlass der Änderungsverordnung die Anforderungen der sog. Notifizierungsrichtlinie (Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (AblEG 1998 L 204/37, geändert durch Richtlinie 98/48/EG vom 20. Juli 1998, AblEG 1998 L 217/18) nicht eingehalten.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. März 2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerinnen und die Abnehmer ihrer Getränke bei Beteiligung an einem System gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg nicht verpflichtet sind, auf ihre CO2- haltigen Erfrischungsgetränke in PET-Einwegverpackungen gemäß § 8 VerpackVO ein Pfand zu erheben bzw. die gebrauchten Verpackungen gegen Auszahlung des Pfandes zurückzunehmen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Behörden in der Freien und Hansestadt Hamburg nicht berechtigt sind, § 8 VerpackVO über die Verpflichtung der Hersteller und Vertreiber zur Pfanderhebung und zur Pfanderstattung auf Erfrischungsgetränke mit CO2 in PET-Einwegverpackungen, die in Hamburg vertrieben werden, anzuwenden.

Die Beklagte und die Beigeladene stellen jeweils den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und die Beigeladene verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts und wenden sich im einzelnen gegen die rechtlichen Ausführungen der Klägerinnen. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht den Bekanntgabeakt als teilbar angesehen und darauf abgestellt, dass die Klägerinnen im Wege der Anfechtung der Bekanntgabe Rechtsschutz hätten erlangen können. Dieser Weg sei effektiv gewesen und die Klägerinnen hätten - hätten sie Anfechtungsklage erhoben - auch nach dem Inkraftreten der Dritten Änderungsverordnung zur Verpackungsverordnung Rechtsschutz im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage erlangen können. Das Europarecht gebiete es nicht, den nationalen Rechtsschutz umzugestalten. Auch liefe es gerade der sog. Effektivitätsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zuwider, die Klägerinnen darauf zu verweisen, in 16 Bundesländern um Rechtsschutz gegen das "Dosenpfand" nachzusuchen.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klage ist auch nicht nachträglich dadurch zulässig geworden, dass im Laufe des Berufungsverfahrens nach dem Inkrafttreten der 3. ÄnderungsVerpackVO vom 24. Mai 2005 (BGBl. I S. 1407) das Erfordernis einer Bekanntmachung des Unterschreitens der maßgeblichen Mehrwegquoten entfallen ist und nunmehr die Pfand- und Rücknahmepflichten unmittelbar durch § 8 VerpackVO begründet werden.

Die Feststellungsklage war ursprünglich für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der 3. ÄndVerpackVO zumindest gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, da die Klägerinnen ihre Rechte im Wege einer gegen die Beigeladene - die Bundesrepublik Deutschland - gerichteten Anfechtungsklage hätten verfolgen können (dazu unter 1.). Sie ist auch nicht nachträglich zulässig geworden. Es kann dahinstehen, ob die Klage später im Laufe des Berufungsverfahrens überhaupt insoweit zulässig werden konnte, als sich die begehrten Feststellungen auf den Zeitraum nach dem Inkrafttreten der 3. ÄnderungsVerpackVO richten oder ob die Subsidiaritätsbestimmung des § 43 Abs. 2 VwGO es hier ausschließt, insoweit eine erst im Berufungsverfahren eingetretene Rechtsänderung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen (dazu unter 2.). Jedenfalls fehlt den Klägerinnen gegenüber der Beklagten das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an den begehrten Feststellungen, die Pfand- und Rücknahmepflichten seien auf die von den Klägerinnen abgefüllten CO2-haltigen Erfrischungsgetränke in PET-Einwegverpackungen nicht anzuwenden, soweit diese im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg vertrieben würden. Insoweit werden die Klägerinnen ihr Klagziel einfacher und wirksamer mit einer gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Feststellungsklage verfolgen können (dazu unter 3.).

1. Die Feststellungsklage war ursprünglich unzulässig. Nach der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO war es den Klägerinnen zuzumuten, die Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse über das Unterschreiten des im Referenzjahr 2001 maßgeblichen Mehrweganteils an den Getränkeverpackungen für Bier, Mineralwasser, und kohlensäurehaltiger Erfrischungsgetränke abzuwarten und sodann gegen die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Bekanntgabe vom 2. Juli 2002 (BAnz. S. 14689, 14690) im Wege der Anfechtungsklage vorzugehen.

a. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden und von dem Bundesverfassungsgericht (Beschl. vom 10.11.2004, NVwZ 2005, 204-205) verfassungsrechtlich nicht in Frage gestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an. Dieses hat mit Urteil vom 16.1.2003, BVerwGE 117, 322 f ausgeführt, dass bis zu dem Inkrafttreten der 3. ÄnderungsVOVerpackV eine solche vorrangige Anfechtungsmöglichkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland bestand und dass diese Möglichkeit gegenüber einer Feststellungsklage gegen die einzelnen Bundesländer vorrangig ist. Die genannte Bekanntgabe beinhaltet eine anfechtbare Allgemeinverfügung. Dieser feststellende Verwaltungsakt zielte mit seinem Regelungsgehalt darauf ab, die in der Verordnung enthaltenen Pfand- und Rücknahmepflichten dadurch in Kraft zu setzen, dass mit der Bekanntgabe die mit der Beteiligung an dem sog. System des grünen Punktes gemäß den §§ 6 Abs. 3, 9 Abs. 1 VerpackV vom 1. August 1998 (BGBl. I S. 2379) verbundene Freistellung von den Pfand- und Rücknahmepflichten nach § 8 VerpackV gemäß § 9 Abs. 4 VerpackV entfällt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Klägerinnen überzeugen nicht:

a.a. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts a.a.O. ist geklärt, dass mit der Entscheidung über den Bekanntgabeakt zugleich geprüft wird, ob die Pfand- und Rücknahmepflichten die Klägerinnen in ihren Rechten verletzen. Denn die Rechtmäßigkeit der Bekanntgabe setzt u.a. die Gültigkeit der durch sie ausgelösten Pfand- und Rücknahmepflichten voraus. Auch überzeugt der Einwand nicht, die Rechtskraftwirkung eines gegen die Bundesrepublik ergangenen Urteils binde die Beklagte nicht. Entgegen der der Auffassung der Klägerinnen ist in der Rechtswirklichkeit kaum vorstellbar, dass die Beklagte angesichts ihrer Bindung an Gesetz und Recht in ihrem Gebiet die Pfand- und Rücknahmepflichten durchgesetzt hätte, obgleich diese nach einer höchstrichterlichen Entscheidung wegen einer Aufhebung der Bekanntgabe nicht mehr anwendbar gewesen wären. Dementsprechend hat auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig erklärt, dass sie ein gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtetes Urteil gegen sich gelten lassen würde.

Aus diesem Grunde vermögen die Klägerinnen auch mit ihrer Überlegung nicht durchzudringen, die Subsidiaritätsschranke des § 43 Abs. 2 VwGO gelte nur, soweit sich die vorrangige Anfechtungsklage gegen dieselbe Beklagte richte wie die subsidiäre Feststellungsklage. Nur dann handele es sich um denselben Streitgegenstand. Der Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO verlangt keine Identität der Beklagten der Feststellungs- und der Anfechtungsklage. Entscheidend ist nur, ob der Kläger seine Rechte im Wege der Anfechtungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.

a.b. Es ist auch nicht richtig, dass der Vorrang der Anfechtungsklage entfalle, weil die in der Bekanntgabe liegende Allgemeinverfügung aus Gründen des Europarechts nicht angewendet und den Klägerinnen deshalb auch bei der Prüfung der Zulässigkeit ihrer Klagen nicht entgegengehalten werden dürfe.

Soweit die Klägerinnen vortragen, der Europäische Gerichtshof habe mit seinen Urteilen vom 14.12.2004 - Rs C 309 - , NVwZ 2005, 190 und Rs C 463/01 -, NVwZ 2005, 194 die Bekanntgabe der Beigeladenen aufgehoben, trifft dies nicht zu. In dem von dem VG Stuttgart vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren hat er lediglich Auslegungsfragen zu dem Verständnis der Richtlinie 94/62EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (AblEG Nr. L 365 S. 10) und des Art. 28 EG-Vertrages beantwortet. In dem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission ist insoweit nur festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 der genannten Richtlinie i.V. mit Art. 28 EG verstoßen hat, dass sie mit den §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 2 VerpackV ein System zur Wiederverwendung von Verpackungen für Produkte eingeführt hat, die gemäß der Richtlinie 80/777EWG an der Quelle abzufüllen sind (Mineralwässer). Eine Aufhebungsentscheidung hat der Europäische Gerichtshof damit nicht getroffen.

Das Vorbringen der Klägerinnen führt prozessrechtlich nicht zum Erfolg, die genannte Bekanntgabe der Beigeladenen sei aus Gründen des Anwendungsvorrangs des Rechtes der Europäischen Gemeinschaft unanwendbar. Aus der Sicht des europäischen Rechts kommt es nicht darauf an, mit welcher der von dem nationalen Recht bereitgestellten Klagarten die Klägerinnen ihre etwaigen europarechtlich abgesicherten Rechte verfolgen können. Art. 10 EGV kann es allenfalls dann rechtfertigen, die Anforderungen an die Zulässigkeit der Feststellungsklage zu senken, wenn dies erforderlich ist, um dem Gemeinschaftsrecht auf der nationalen Ebene effektiv zur Geltung zu verhelfen (vgl. dazu von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I Art. 10 Rdnr. 53 ff. EGV). Sofern die Bekanntgabe den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts widerspricht, kann dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts aber sowohl dadurch Rechnung getragen werden, dass das nationale Gericht die Bekanntgabe aufgrund einer Anfechtungsklage aufhebt als auch im Wege einer gerichtlichen Feststellung, die die Anforderungen des europäischen Rechts effektiv durchsetzt. Die Effektivität des europäischen Rechts wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Klägerinnen darauf verwiesen werden, ihre Rechte im Wege einer fristgerecht zu erhebenden Anfechtungsklage durchzusetzen.

Insoweit überzeugt der Hinweis der Klägerinnen nicht, sie seien im Ausland ansässig und hätten deshalb nichts von der Möglichkeit wissen können, die Bekanntgabe der Unterschreitung der maßgeblichen Mehrwegquote anzufechten. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen wussten zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 15. Mai 2002 von dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 20. März 2002, die Befreiung von den Pfand- und Rücknahmepflichten aufzuheben. Wie ihre Klagbegründung bestätigt waren sie über die Rechtslage informiert. Ihnen konnte die Bekanntgabe der Bundesrepublik vom 2. Juli 2002 nicht verborgen bleiben.

Der Anwendungsvorrang des Europarechts gebot es auch nicht, den Klägerinnen bereits vor der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 die Möglichkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage einzuräumen (vgl. VGH Kassel, Urt. vom 8.3.2006 - 6 UE 3281/02(4/1) -). Ihnen war zuzumuten, die Bekanntgabe abzuwarten, um sodann um Rechtsschutz nachzusuchen und - wie es vielfach auch geschehen ist -, ggf. im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ihre Rechte geltend zu machen. Es ist nicht richtig, dass auf diesem Wege effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen gewesen wäre, weil der Handel ihre Produkte sofort ausgelistet hätte. Es stand ausreichend Zeit zur Verfügung, auch wenn zuzugeben ist, dass die Klägerinnen angesichts der Notwendigkeit umfangreicher wirtschaftlicher Dispositionen sehr an einer raschen Klärung der Rechtslage interessiert sein mussten. Die Befreiung von den Pfand- und Rücknahmepflichten sollte nicht bereits ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe entfallen, sondern erst 6 Monate später zum 1. Januar 2003. Deshalb kommt es hier nicht auf den Zeitgewinn an, den die Klägerinnen allenfalls mit ihrer vorbeugenden Feststellungsklage im Vergleich zu einer Anfechtungsklage hätten erzielen können. Dieser war nur gering. Sie haben ihre Feststellungsklage ca. 6 Wochen vor der Bekanntgabe vom 2. Juli 2002 am 15. Mai 2002 erhoben, nachdem die Bundesregierung am 20. März 2002 ihren Kabinettsbeschluss bekannt gemacht hatte, nunmehr das sogenannte Dosenpfand einzuführen und damit feststand, dass sie von dem Mittel der Bekanntgabe Gebrauch machen werde.

a.c. Die vorrangige Anfechtungsklage lief auch nicht deshalb ins Leere, weil - wie die Klägerinnen meinen - das Gericht den Bekanntgabeakt möglicherweise nur teilweise mit Wirkung gegenüber ihnen und nicht insgesamt hätte aufheben können, die Bekanntgabe aber kein teilbarer Akt sei. Wenn es tatsächlich aus begrifflichen Gründen ausgeschlossen gewesen wäre, die Bekanntgabe nur teilweise aufzuheben, so wäre deshalb eine gegen den Bekanntgabeakt gerichtete Anfechtungsklage nicht abzuweisen gewesen. Vielmehr wäre sie dann aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes vollen Umfangs aufzuheben gewesen (vgl. VGH Kassel a.a.O.).

b. Schließlich überzeugt auch der Hinweis der Klägerinnen nicht, ihre Feststellungsklage sei ursprünglich zulässig gewesen, weil die Bekanntgabe erst nach Einreichung ihrer Klage erfolgt sei und eine ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht erst nachträglich durch den Erlass eines anfechtbaren Verwaltungsaktes unzulässig werden könne. In der von dem Bundesverwaltungsgericht a.a.O. entschiedenen Fallkonstellation hatten die dortigen Klägerinnen bereits im März 2002 vor der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 Klage erhoben. Wie oben ausgeführt war es den Klägerinnen zuzumuten, nachträglich Rechtsschutz im Wege der Anfechtungsklage zu suchen. Das für eine vorbeugende Feststellungsklage erforderliche qualifizierte Feststellungsinteresse (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 7.5.1987, BVerwGE 77, 207/212 ) war daher nicht gegeben. Die Feststellungsklage ist regelmäßig bereits unzulässig, wenn sich ein angreifbarer Verwaltungsakt konkret abzeichnet (Pietzcker in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 Rdnr. 49, 50 m.w.Nachw.; VGH Kassel a.a.O.). So lag es hier. Den Klägerinnen musste aufgrund des in der Presse breit berichteten Kabinettbeschlusses vom 20. März 2006 bekannt sein, dass demnächst die die Pfand- und Rücknahmepflichten auslösende Bekanntmachung erfolgen werde. Daran ändert das Vorbringen der Klägerinnen nichts, sie hätten vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.1.2003 a.a.O. nicht erkennen können, dass Rechtsschutz im Wege der Anfechtungsklage gegen die Bekanntmachung der Unterschreitung der maßgeblichen Mehrwegquoten durch die Bundesrepublik zu suchen sei. Auch wenn die Rechtslage insoweit schwierig und erst durch das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abschließend geklärt worden ist, tragen die Klägerinnen das Risiko, ihre Klage gegen die richtige Beklagte richten zu müssen zumal die Bekanntgabe ausdrücklich mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Es ist ihre Entscheidung, ob sie aus Gründen der Sicherheit ggf.- wie hier auch zahlreich geschehen - vorsorglich sowohl gegen die Bundesrepublik Deutschland klagen als auch zusätzlich Klagen gegen die Vollzugsbehörden der Länder einreichen oder sich nur auf einen dieser Klagwege verlassen.

2. Die Feststellungsklage ist auch nicht nachträglich im Laufe des Berufungsverfahrens zulässig geworden.

a. Sie ist für den Zeitraum bis zu dem Inkrafttreten der 3. ÄnderungsVOVerpackV nicht nachträglich dadurch zulässig geworden, dass die angegriffenen Pfand- und Rücknahmepflichten nunmehr unmittelbar aufgrund der Verpackungsverordnung gelten und sie nicht mehr von dem Bestand der Bekanntmachung der Unterschreitung der Mehrwegquoten abhängig sind. Deshalb kann dahinstehen, ob sich die Feststellungsklage für den früheren Zeitraum durch Zeitablauf erledigt haben könnte, obgleich grundsätzlich auch die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses nach § 43 Abs. 1 VwGO gefordert werden kann, wenn daran ein berechtigtes Interesse besteht. Denn jedenfalls kann für einen vergangenen Zeitraum keine Feststellung eines Rechtsverhältnisses verlangt werden, wenn insoweit ursprünglich die Möglichkeit bestanden hatte, im Wege der Anfechtungsklage um Rechtsschutz nachzusuchen. Anderenfalls könnten die für den Bestandsschutz von Verwaltungsakten

und die Zulässigkeit der Anfechtungsklage geltenden Fristbestimmungen unterlaufen werden. Deshalb gilt die Subsidiaritätsschranke der Feststellungsklage nach dem klaren Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO auch, wenn der Kläger seine Rechte im Wege einer Anfechtungsklage hätte verfolgen können und nicht nur, wenn er sie gegenwärtig auf diesem Wege noch verfolgen kann. So liegt es hier wie oben dargelegt.

b. Es kann dahinstehen, ob - was zweifelhaft erscheint - die Klägerinnen im Berufungsverfahren deshalb nicht verlangen können, dass das Berufungsgericht die mit der 3. ÄnderungsVOVerpackV eingetretene Rechtsänderung zu ihren Gunsten berücksichtigt, weil das Verwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt seines Urteiles geltenden Rechtslage die Klage als unzulässig abweisen musste und deshalb eine dem Berufungsverfahren vorgelagerte erstinstanzliche Prüfung der Begründetheit der Klage nicht stattfinden konnte. Es bedarf keiner Entscheidung, ob es - wie der VGH Kassel a.a.O. annimmt -, nicht plausibel sei, bei Versäumnis einer zum Zeitpunkt der Klagerhebung möglichen Leistungs- oder Gestaltungsklage zuzulassen, nach späterem Wegfall dieser Möglichkeit eine unzulässige Feststellungsklage als zulässig fortzusetzen und damit das Beschreiten eines "falschen Weges" zu privilegieren. Ebenfalls kann offen bleiben, ob nicht bereits Gründe der Prozessökonomie es rechtfertigen, insoweit gleichwohl die Feststellungsklage in der Berufungsinstanz fortzuführen, statt erneut vor dem Verwaltungsgericht für den Zeitraum nach Wegfall der vorrangigen Anfechtungsmöglichkeit Feststellungsklage zu erheben oder ob diese Möglichkeit den Klägerinnen in der Berufungsinstanz nur zu ermöglichen ist, wenn diesen ein besonders schützenswertes Interesse zur Seite steht, das ursprünglich unzulässige Klagverfahren fortzusetzen. Denn jedenfalls scheitert die Zulässigkeit der Feststellungsklage für den Zeitraum ab Wegfall der Anfechtungsmöglichkeit aus anderen Gründen.

3. Den Klägerinnen fehlt das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an den von ihnen begehrten Feststellungen.

Grundsätzlich schließt das berechtigte Interesse jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein. Das Interesse der Klägerinnen ist aber nach Auffassung des Senats nicht schutzwürdig, beschränkt auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg die Feststellung zu erstreiten, dass die von den Klägerinnen und ihre Abnehmer nicht verpflichtet sind für ihre in PET-Einwegverpackungen abgefüllten CO2-haltigen Erfrischungsgetränke Pfand zu erheben und sie zurückzunehmen, soweit sie in der Freien und Hansestadt Hamburg vertrieben werden.

a. Ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung haben sie nicht. Denn sie selbst unterliegen nach der von ihnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung als bloße Hersteller nicht unmittelbar den Pfand- und Rücknahmepflichten, weil sie ihre Produkte durch Dritte vertreiben lassen und - wie sie bestätigt haben - noch niemand an sie mit dem Anliegen herangetreten ist, selbst Pfand zu erheben oder ihre Produkte zurück zu nehmen. Auch hat die Beklagte lediglich die Auffassung vertreten, dass Einweggetränkeverpackungen in dem von der Verpackungsverordnung geregelten Umfang den Pfand- und Rücknahmepflichten unterliegen, nicht aber, dass die Klägerinnen selbst von ihren Kunden Pfand nehmen und die PET-Flaschen nach Gebrauch zurücknehmen müssten.

b. Auch ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse an den begehrten Feststellungen besitzen sie nach Auffassung des Senats nicht.

b.a. Eine auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg begrenzte gerichtliche Feststellung der Unanwendbarkeit der Pfand- und Rücknahmepflichten auf die im Klagantrag genannten Produkte der Klägerinnen hilft ihnen nicht effektiv weiter. Sie setzen ihre pfandpflichtigen PET-Flaschen mit Hilfe der länderübergreifend agierenden Handelsketten bundesweit ab und wollen die Pfand- und Rücknahmepflichten bundesweit zu Fall bringen. Ihr Interesse, ihre Produkte bundesweit besser vermarkten zu können, besteht unabhängig davon, dass sie mit der vorliegenden Klage nur die Unanwendbarkeit der Pfand- und Rücknahmepflichten begehren, soweit diese im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg von Dritten vertrieben werden. Ein stattgebendes Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts änderte nichts daran, dass die Vermarktung ihrer Einwegprodukte in den anderen Ländern der Bundesrepublik weiterhin durch die Pfand- und Rücknahmepflichten entscheidend beeinträchtigt würde. Im übrigen würde auch der Vertrieb in Hamburg angesichts der bundesweiten Verflechtung der Handelsketten erschwert, wenn die Handelsketten in anderen Ländern weiterhin für die Produkte der Klägerinnen Pfand erheben müssten. Auch hinsichtlich des Absatzes ihrer Produkte in Hamburg hätten die Klägerinnen es leichter, wenn sie die Pfand- und Rücknahmepflichten für ihre Produkte im Wege einer gegen die Bundesrepublik zu richtenden Feststellungsklage bundesweit zu Fall brächten.

b.b. Die Klägerinnen können ihr wirtschaftliches Interesse, die Pfand- und Rücknahmepflichten für ihre Produkte bundesweit zu Fall zu bringen und damit ihre Vermarktungschancen wesentlich zu steigern, wirkungsvoller und einfacher im Wege einer gegen die Bundesrepublik zu richtenden Feststellungsklage verfolgen. Ihr Interesse, ihr Rechtsschutzbegehren nicht nur vor dem für eine derartige Feststellungsklage örtlich allein zuständigen Verwaltungsgericht Berlin und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu verfolgen, sondern bundesweit in zahlreichen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und den insgesamt 16 Oberverwaltungsgerichten bzw. Verwaltungsgerichtshöfen die Chance einer stattgebenden Entscheidung zu erhalten, ist nicht schutzwürdig. Vielmehr sprechen Gründe der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes gerade dafür, den Rechtsschutz ausnahmsweise im Wege einer gegen die Bundesrepublik zu richtenden Feststellungsklage zu bündeln, statt die Klägerinnen zu zwingen, zur Durchsetzung ihrer Interessen in zahlreichen Bundesländern gegen eine Vielzahl von Vollzugsbehörden zu klagen.

- 1- Den Klägerinnen ist allerdings zuzugeben, dass eine Feststellungsklage nicht unmittelbar die Gültigkeit einer Rechtsnorm zum Gegenstand haben kann, sondern die Verwaltungsgerichtsordnung für eine derartige prinzipale Normenkontrolle nur das Verfahren nach § 47 VwGO zur Verfügung stellt. Gegenstand einer Feststellungsklage kann nur ein Rechtsverhältnis sein und bei der gerichtlichen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses ist lediglich als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage die Gültigkeit der Norm zu prüfen. Ein derartiges von der Frage nach der Gültigkeit der Norm zu trennendes Rechtsverhältnis machen die Klägerinnen zum Gegenstand ihres Feststellungsbegehrens:

Von einer Umgehung des § 47 VwGO kann nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klagart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines solchen Sachverhalts erreicht werden soll, dessen Eintritt noch ungewiss ist. In einem solchen Falle würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen rechtstheoretisch zu lösen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.6.2000, BVerwGE 111, 276/278; Urt. vom 9.12.1982, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 7). So liegt es hier nicht. Denn die Klägerinnen machen zutreffend geltend, dass die Pfand- und Rücknahmepflichten bereits tatsächlich zu einem gravierenden Absatzeinbruch ihrer Produkte geführt haben und dass zwischen ihnen und der Beklagten Streit über die Gültigkeit dieser Pflichten besteht.

Es kann dahinstehen, ob ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nur vorliegt, wenn über ein "Dürfen" oder ein "Müssen" der Kläger gestritten wird und damit über deren subjektiven Rechte zu befinden ist, wie dies von Schenke (Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 8. Aufl. Rdnr. 384 ff; vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. § 43 Rdbr. 14) angenommen wird. Würde verlangt, dass das Rechtsverhältnis Berechtigungen oder Verpflichtungen der Kläger betreffen muss oder von ihm eigene Rechte der Kläger abhängen müssen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 43 Rdnr. 16), so könnte dies zweifelhaft sein, weil die Klägerinnen hier lediglich geltend machen, dass die Vertreiber ihrer Produkte den Pfand- und Rücknahmepflichten unterliegen und nicht sie selber. Die Frage, ob es hierauf deshalb nicht ankommt, weil grundsätzlich auch Rechtsverhältnisse zwischen Dritten feststellungsfähig sind, wenn das Feststellungsinteresse gerade gegenüber der beklagten Partei besteht (vgl. BVerwG, Urt. vom 27.6.1997, NJW 1977, 3257; Beschl. vom 9.10.1984, NVwZ 1985, 113; BGH MDR 1971, 1001; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. § 43 Rdnr. 16) bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn wenn die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland hier an dieser Hürde scheitern sollte, so wäre auch eine Feststellungsklage gegen die Beklagte aus demselben Grunde unzulässig. Im übrigen muss nach der Auffassung des Senats insoweit für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage entsprechend den Anforderungen an die Klagbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO regelmäßig genügen, dass nicht offenkundig ausgeschlossen ist, dass von dem streitigen Rechtsverhältnis subjektive Rechte der Klägerinnen betroffen sind (vgl. BVerwG, Beschl. vom 30.7.1990, NVwZ 1991, 470 f; OVG Hamburg, Urt. vom 2.11.2001 - 1 Bf 413/00 - , NordÖR 2002, 83). Dies ist hier nicht offensichtlich ausgeschlossen. Die Klägerinnen bringen vor, die Pfand- und Rücknahmepflichten verletzten sie in ihren Rechten aus dem europäischen Recht, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit, und beeinträchtigten sie in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 GG.

Grundsätzlich kann der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines durch eine Norm ausgelösten konkreten Rechtsverhältnisses nur gegenüber dem öffentlichrechtlichen Träger ausgetragen werden, der für den Vollzug der Norm zuständig ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 30.6.2005, BVerwGE 124, 47/54 ). Dies sind regelmäßig die Länder. Deshalb sind Feststellungsklagen, bei denen inzident über die Gültigkeit einer bundesrechtlichen Rechtsverordnung gestritten wird, in der Regel gegen die für den Gesetzesvollzug zuständigen Länder zu richten. Dies hat seinen Grund darin, dass regelmäßig erst durch die Vollziehung einer Norm durch die Vollzugsbehörden der Länder oder Gemeinden oder in Hinblick auf einen bevorstehenden derartigen Vollzug ein konkretes feststellungsfähiges streitiges Rechtsverhältnis begründet wird, an dem diese beteiligt sind. So liegt es hier aber ganz ausnahmsweise nicht:

Bei den Pfand- und Rücknahmeverpflichtungen für Einweggetränkeverpackungen handelt es sich zum einen um eine "Self executing-Norm". Denn der Handel befolgt die Pfand- und Rücknahmepflichten nicht aus Sorge vor drohenden Vollzugsakten der Länder. Nicht deren Vollzugskompetenz löst das streitige Rechtsverhältnis aus. Es ist nicht absehbar, dass es zu Vollzugsmaßnahmen der Beklagten kommen könnte. Vielmehr verhält sich der Handel gegenüber den Pfand- und Rücknahmepflichten schon wegen der Existenz der Verpackungsverordnung rechtstreu. Dazu mag - wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde - beitragen, dass der Handel, nachdem er die erforderlichen Investitionen in Rückgabeautomaten etc. getätigt hat, wirtschaftlich von der Einführung des sog. Dosenpfandes insgesamt profitieren könnte, sei es dadurch, dass er die vereinnahmten Pfandgelder erst später bei Rückgabe zinsfrei auskehren muss oder die Endverbraucher nicht alle Verpackungen zurückgeben.

Zum anderen haben nicht die Bundesländer und insbesondere nicht die Beklagte die Einführung des sog. "Dosenpfands" auf dem Markt durchgesetzt, sondern die Bundesrepublik Deutschland. Denn diese und nicht die Länder hat mit Vertretern des Handels und der Getränkeindustrie nicht nur vor der Einführung des Dosenpfandes verhandelt, sondern auch nachdem die Bundesrepublik die Pfandpflichten mit Hilfe der Bekanntmachung über die Unterschreitung der maßgeblichen Mehrwegquoten vom 2. Juli 2002 ins Werk gesetzt hat. So hat die Bundesrepublik anschließend in Verhandlungen mit Vertretern der Wirtschaft erreicht, dass sich diese verpflichteten, bis Oktober 2003 ein effektives Rücknahmesystem aufzubauen und erklärte sich die Bundesrepublik im Gegenzuge bereit, bis dahin von einer vollständigen Umsetzung der Pfand- und Rücknahmeverpflichtungen abzusehen. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht, Urt. vom 16.1.2003 a.a.O. die Bekanntgabe der Unterschreitung der Mehrwegquoten "unbeschadet ihrer formellen Einordnung als feststellenden Verwaltungsakt ... der Sache nach als ein im Vorfeld des Normvollzugs erfolgenden Rechtsakt" angesehen, der materiell der Bundesrepublik zu geordnet ist. In vergleichbarer Weise ist die Bundesrepublik auch nachdem sie mit dem Erlass der 3. ÄnderungsVOVerpackV auf das Erfordernis der Bekanntgabe der Unterschreitung der maßgeblichen Mehrwegquoten verzichtet hat für das Ingangsetzen der Marktmechanismen verantwortlich, die zu dem Absatzeinbruch bei den Produkten der Klägerinnen geführt haben. Mit anderen Worten: Da die Pfand- und Rücknahmepflichten nicht im Wege des Verwaltungsvollzuges durch die dafür zuständigen Länder durchgesetzt werden, sondern private Dritte, nämlich die bundesweit verflochtenen Handelsketten etc. mit ihrem Einkaufverhalten die Produkte der Klägerinnen zu großen Teilen ausgelistet und damit die Pfand- und Rücknahmepflichten gegenüber den Klägerinnen "vollzogen" haben, ist die Bundesrepublik hierfür verantwortlich. Diese hat entsprechend dem Regelungszweck der Verpackungsverordnung gezielt den Marktanteil der Einweggetränkeverpackungen gemindert und dafür bundesweit mit der Einführung des sog. "Dosenpfandes" die Pfand- und Rücknahmepflichten durchgesetzt. Sie hat sowohl vor als auch nach Inkraftsetzen der Pfand- und Rücknahmepflichten laufend auf die maßgeblichen Handelsunternehmen eingewirkt, um das "Dosenpfand" tatsächlich durchzusetzen.

Für diese Betrachtungsweise spricht auch, das Vorbringen der Klägerinnen, die die Bundesrepublik und nicht die Länder auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Sie machen im Kern geltend, der Verordnungsgeber, nämlich die Bundesrepublik, habe die Pfand- und Rücknahmepflichten nicht einführen dürfen, bevor für die Marktteilnehmer ein funktionsfähiges Abrechnungs- und Rücknahmesystem aufgebaut worden sei. Verantwortlich für den Aufbau eines derartigen bundesweiten Systems soll nach dem Vorbringen der Klägerinnen die Bundesrepublik sein. Aufgabe der für den Normvollzug zuständigen Länder war es danach nicht, vor dem Inkraftsetzen der Pfand- und Rücknahmepflichten durch die Bundesrepublik für den Aufbau eines leistungsfähigen Rücknahmesystems durch die Wirtschaft zu sorgen. Diese Phase war - wie das frühere Erfordernis der Bekanntgabe zeigt - dem eigentlichen Normvollzug vorgelagert und der Ebene der Normsetzung zugeordnet.

Im übrigen bricht die Zulassung einer derartigen gegen den Bund zu richtenden Feststellungsklage entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht unvermittelt mit den Traditionen des Verwaltungsprozessrechts. Für die Zulässigkeit einer gegen den Bund als Normgeber zu richtenden Feststellungsklage haben sich in vergleichbaren Konstellationen auch das Oberverwaltungsgericht Berlin/Brandenburg mit Urteil vom 20.10.2005 - OVG 12 B 3.05 - und der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 9.3.2006 entschieden. Dass Gründe des effektiven Rechtsschutzes es gebieten können, eine Feststellungsklage gegen den Bund als Normgeber zuzulassen, ist allgemein anerkannt (vgl. BVerfG, Beschl. vom 17.1.2006, NVwZ 2006, 922 f; BVerwG, Urt. vom 28.6.2000, BVerwGE 111, 276 f; BSG, Urt. vom 13.1.1993, BSGE 72, 15 f).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 709 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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