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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.02.2008
Aktenzeichen: 1 Bf 271/05
Rechtsgebiete: BBesG, BBG, PostPersRG


Vorschriften:

BBesG § 9
BBG § 73
PostPersRG § 4 Abs. 1
1. Der Verlust der Dienstbezüge gemäß § 9 Satz 1 BBesG endet kraft Gesetzes, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht mehr gegeben sind. In einem Fall, in dem nur über den Beginn des Fernbleibenszeitraums eine feststellende Entscheidung gemäß § 9 Satz 3 BBesG getroffen wurde, braucht das Gericht jedenfalls ohne entsprechenden Antrag nicht zu prüfen, für welchen Zeitraum die Feststellung Gültigkeit hat.

2. Ein Verlust der Dienstbezüge gemäß § 9 BBesG kann nur dann eintreten, wenn sich die Tätigkeitsanordnung auf eine Tätigkeit bezieht, die noch als Dienst zu qualifizieren ist. Unerheblich ist hierbei, ob die Anordnung, z.B. wegen grober Unterwertigkeit der Tätigkeit, rechtswidrig ist. (hier: Anordnung an einen zu einer Personalservice-Agentur der Deutschen Telekom versetzten Beamten des höheren fernmeldetechnischen Dienstes, eine unternehmensinterne telefonische Infoline zu bedienen, die kaum genutzt wird.)

3. Auch eine rechtswidrige Tätigkeitsanordnung muss vom Beamten befolgt werden, solange er davon nicht durch eine gerichtliche (Eil-)Entscheidung entbunden ist.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

1 Bf 271/05

In der Verwaltungsrechtssache

Verkündet am 29. Februar 2008

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch den Richter Schulz, die Richterin Walter und den Richter Engelhardt sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Fuchs und Dr. Harhausen für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das im schriftlichen Verfahren ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte den Verlust seiner Dienstbezüge wegen schuldhaften Verbleibens vom Dienst festgestellt hat.

1. Der Kläger ist Beamter des höheren fernmeldetechnischen Dienstes (Postoberrat, Besoldungsgruppe A 14). Bis 1995 war er im wesentlichen als Abteilungsleiter in Fernmeldeämtern bzw. als Referatsleiter in einer Oberpostdirektion eingesetzt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 wurde ihm die Leitung eines Ressorts bei der Niederlassung X. der Deutschen Telekom übertragen. Nachdem im November 2000 die Niederlassungen X. und Y. in der neuen Technikniederlassung (TNL) H. zusammengefasst worden waren, wurde der Kläger in das Ressort PMS (Projektmanagement und Service) der TNL H. umgesetzt, dessen Funktion darin bestand, Kräfte des Personalüberhangs bis zur Zuweisung eines zumutbaren Dauerarbeitsplatzes aufzunehmen und im Rahmen einzelner Projekte oder sonstiger Aufgabenerledigung einzusetzen. In der Folge kam es zunächst zu keinen Einsätzen des Klägers. Eine ab Februar 2002 geplante Abordnung des Klägers zur TNL R. wurde letztlich wegen fehlender Zustimmung des R. er Betriebsrats wieder aufgehoben. Mit Schreiben vom 28. März 2002 wurde der Kläger darüber informiert, dass er als EFQM-Kriterienredakteur in der TNL H. eingesetzt werden solle; zur Vorbereitung auf diese Tätigkeit sollte er zunächst an einem zweitägigen Seminar Ende April 2002 teilnehmen. An dem Seminar nahm der Kläger infolge einer Krankschreibung nicht teil.

Mit Verfügung vom 3. Mai 2002 wurde der Kläger aufgefordert, ab 6. Mai 2002 bis zur Aufnahme der Tätigkeit als EFQM-Kriterienredakteur Dienst bei der Infoline des Projekts NICE (Net Infrastructure Customer Engineering) zu verrichten. Dem kam der Kläger in der Arbeitswoche vom 6. - 10. Mai 2002 nach. Im Anschluss an eine Besprechung mit der Leiterin der Abteilung Z der TNL H. am Vormittag des 13. Mai 2002 nahm der Kläger die Tätigkeit bei der NICE-Infoline nicht wieder auf.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2002 stellte der Leiter der TNL H. gemäß § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) den Verlust der Dienstbezüge ab 13. Mai 2002, 11.15 Uhr fest. Entgegen der Aufforderung in der Besprechung am Vormittag des 13. Mai 2002 habe der Kläger seinen Dienst bei der NICE-Hotline nicht wieder angetreten. Er sei am 13. Mai 2002 gegen 15 Uhr nur für fünf Minuten, am 14. Mai 2002 überhaupt nicht und am 15. Mai 2002 morgens wieder für etwa fünf Minuten erschienen, um nach seinem Einsatz zu fragen. Auf die Antwort, er solle bei der NICE-Hotline tätig werden, habe er mit dem Hinweis reagiert, diese Tätigkeit sei nicht amtsangemessen; wenn eine angemessene Tätigkeit nicht verfügbar sei, wolle er wieder gehen. Unter diesen Umständen sei von einem schuldhaften Fernbleiben vom Dienst auszugehen.

Mit Anwaltsschreiben vom 23. Mai 2002 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Einsatz im Projekt NICE sowie gegen den Bescheid vom 15. Mai 2002 wegen des Verlusts der Dienstbezüge. Er trug vor, er habe der Aufforderung entsprochen, vorübergehend im NICE-Projekt eingesetzt zu werden. Als er zum geforderten Zeitpunkt auf der Dienststelle erschienen sei, sei niemand anwesend gewesen, der ihn hätte einweisen können. Eine schriftliche Einsatzverfügung habe er bisher nicht erhalten. Er sei angewiesen worden, eine "Infoline" zu betreuen, von der er keine Kenntnis gehabt habe und über die ihn der in der Dienststelle anwesende Mitarbeiter auch nicht habe informieren können. Als er nach der Besprechung am 13. Mai 2002 die Dienststelle aufgesucht habe, in der sich die NICE-Infoline befunden habe, habe er seine Dienste angeboten, allerdings betont, dass er die äußerst unterwertige Tätigkeit nicht fortsetzen werde. Er sei nicht eingewiesen worden, es gebe keine Informationen, das bloße Bedienen eines Telefons sei mit seiner Laufbahn nicht vereinbar, sondern allenfalls eine Beschäftigungstherapie. Da ihm von der anwesenden PMS-Leiterin keine andere Tätigkeit habe angeboten werden können, habe er die Dienststelle verlassen. Am 14. Mai 2002 sei er in (vergeblicher) Erwartung einer schriftlichen Einsetzungsverfügung nicht zum Dienst gegangen. Vorsorglich habe er am 15. Mai 2002 die Dienststelle wieder aufgesucht und habe seine Arbeit angeboten, doch sei ihm wiederum keine angemessene Tätigkeit zugewiesen worden. Seine täglichen Nachfragen nach amtsangemessener Tätigkeit verbunden mit dem Angebot seiner Arbeit setze der Kläger seither fort, ohne dass ihm bisher eine solche Tätigkeit nachgewiesen worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 wies der Vorstand der Deutschen Telekom den Widerspruch gegen die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge zurück. Der Kläger sei schuldhaft, nämlich ohne vorherige Genehmigung und ohne dass andere Entschuldigungsgründe wie z.B. Krankheit vorgelegen hätten, dem Dienst ferngeblieben. Die Dienstleistungspflicht sei in dem Gespräch am 13. Mai 2002 in als solcher ausreichender mündlicher Form sogar noch in Bezug auf Zeitpunkt, Aufgabenkreis und Örtlichkeit präzisiert worden. Der Umstand, dass der Einsatz möglicherweise unterwertig sei, mache diesen noch nicht von vornherein unrechtmäßig. Selbst die etwaige Rechtswidrigkeit eines Einsatzes entbinde einen Beamten nicht von seiner Dienstleistungspflicht; ggf. müsse er um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen.

2. Am 5. Juli 2002 erhob der Kläger mit dem Ziel Klage, den Bescheid vom 15. Mai 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 aufzuheben. Er wiederholte sein bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, er habe aufgrund eigener Initiative herausgefunden, dass es sich bei der Tätigkeit im Rahmen der NICE-Infoline wohl um die Entgegennahme und Bearbeitung von telefonischen Anfragen auf der niederlassungsinternen Infoline habe handeln können. In der Woche nach Aufnahme der Tätigkeit sei es allerdings weder zu einem Anruf noch sonst zur Bewältigung irgendwelcher Aufgaben gekommen; es sei die ganze Zeit über nichts zu tun gewesen. Der Kläger habe daher am Freitag, den 10. Mai 2002 der Dienststellen-Leiterin mitgeteilt, dass er ab 13. Mai 2002 die Mitarbeit am Projekt NICE nicht mehr fortsetzen werde. Bei dem Gespräch am Vormittag des 13. Mai 2002 sei es nicht um seinen Einsatz bei der NICE-Infoline gegangen, er habe dabei auch selbst vergessen, dieses Thema anzusprechen. Die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge sei rechtswidrig. Der Kläger trete regelmäßig seinen Dienst an und melde sich zum Dienst. Das Nichterscheinen am 14. Mai 2002 beruhe darauf, dass ihm eine schriftliche Einsetzungsverfügung angekündigt worden sei, auf die er am 14. Mai 2002 vergeblich gewartet habe; daher sei er am darauffolgenden Tag auch gleich wieder zum Dienstantritt erschienen. Er habe die Diensträume nur deshalb jeweils wieder nach wenigen Minuten verlassen, weil ihm keine amtsangemessene Tätigkeit zugeteilt worden sei. Ein achtstündiges Herumsitzen ohne jede Tätigkeit sei für einen Beamten, gleich welchen Dienstgrades, unzumutbar. Der Verweis auf die Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, sei seitens des Dienstherrn, der sich selbst rechtswidrig verhalte, ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Die Fürsorgepflicht gebiete es der Beklagten, den Kläger amtsangemessen zu beschäftigen und ihn nicht neben ein "totes Telefon" zu setzen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Juni 2005 ab. Zur Begründung führte es aus, selbst wenn die Übertragung der konkreten Tätigkeit z.B. wegen Unterwertigkeit rechtswidrig gewesen sein sollte, habe dies den Kläger nicht davon entbunden, den zugewiesenen Arbeitsplatz aufzusuchen und die ihm zugewiesene Tätigkeit auszuführen. Ggf. hätte er einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz suchen müssen. Ein Beamter, der sich in seinem Recht auf amtsangemessene Beschäftigung verletzt fühle, dürfe nicht einfach mit Arbeitsverweigerung reagieren und so seine Rechtsauffassung über die des Dienstherrn stellen, da sonst die Funktionstüchtigkeit der Verwaltung empfindlich gestört werde. Auch die Tatsache, dass der Kläger nahezu täglich in der Dienststelle erschienen sei, um nach amtsangemessener Beschäftigung zu fragen, ändere nichts daran, dass er seit 13. Mai 2002, 11.15 Uhr dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben sei.

3. Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor, in der gesamten ersten Woche seiner Tätigkeit bei der NICE-Hotline sei lediglich ein Anruf auf der Infoline eingegangen, bei dem es sich allerdings um eine falsche Verbindung gehandelt habe. Er habe somit vier Tage lang (der 9. Mai 2002 war ein Feiertag) je acht Stunden lang allein mit einem Telefon in einem Zimmer gesessen, auf dem sachgerechte Anrufe nicht eingegangen seien und dessen Funktion und Bedeutung ihm niemand erläutert habe. Hierauf habe der Kläger die Dienststellenleiterin wiederholt hingewiesen. Erst nach der ersten Woche habe der Kläger am folgenden Montag erklärt, dass er diese Tätigkeit nicht fortsetzen werde. Er sei dann täglich auf der Dienststelle erschienen, um sich nach amtsangemessener Beschäftigung zu erkundigen, und sei ansonsten zu Hause rufbereit gewesen. - Im August 2002 habe der Kläger mit Herrn S. gesprochen, der von Mai bis August 2002 die Aufgabe wahrgenommen habe, die NICE-Hotline zu betreuen. Dieser habe berichtet, dass in dieser Zeit lediglich drei Anrufe auf der Hotline eingegangen seien und es sich dabei um Fragen von Bediensteten gehandelt habe, die diese ohne weiteres im Intranet der Beklagten hätten beantwortet finden können.

Die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig; das Urteil des Verwaltungsgerichts sei unzutreffend. Die Beklagte habe dem Kläger lediglich formal eine Aufgabe ohne funktionellen Inhalt übertragen, indem sie ihn ohne Anweisung und Information über die Aufgabe in einen Raum mit einem offensichtlich funktionslosen Telefon gesetzt habe. Damit seien dem Kläger aber gerade keine dienstliche Aufgabe und keine Dienstleistungspflicht übertragen worden. Er habe sogar mehr getan, als in dieser Situation geboten gewesen sei, und habe sich täglich auf der Dienststelle gemeldet und die Beklagte an ihre Pflichten als Dienstherrin erinnert. Dieser tatsächliche Sachverhalt sei vom Gericht mit keinem Wort gewürdigt worden. Unter den gegebenen Umständen habe sich die Beklagte mit der Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge geradezu arglistig verhalten. Hinzu komme, dass die angebliche Aufgabe nach eigener Einschätzung der Beklagten in der Wertigkeit weit unterhalb der Laufbahn des Klägers gelegen habe. Der Kläger habe sich auch nicht auf die Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes verweisen lassen müssen. In den hierzu veröffentlichten Entscheidungen gehe es darum, ob die übertragenen Aufgaben im Hinblick auf ihre Bedeutung zu erfüllen gewesen seien; in diesem Zusammenhang sei ausgesprochen worden, der Beamte dürfe nicht selbst beliebig entscheiden, ob er zur Aufgabenerfüllung verpflichtet sei. Hier indes seien dem Kläger faktisch gar keine Aufgaben übertragen worden, so dass die herangezogene Rechtsprechung nicht greife. In seinem Fall sei der Dienstbetrieb gar nicht betroffen gewesen, weil es dienstliche Aufgaben nicht gegeben habe. Auch bei seinen täglichen Meldungen sei ihm nie mitgeteilt worden, dass nun Anrufe ins Leere gegangen und dadurch empfindliche Störungen des Dienstbetriebs eingetreten seien. Das Fernbleiben sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht schuldhaft gewesen. Er habe nicht erkennen können, dass sein Fernbleiben schädliche Auswirkungen auf den Dienstbetrieb haben würde, da er völlig überflüssig in ein leeres Zimmer an ein nicht nachgefragtes Telefon gesetzt worden sei. Bei seinen täglichen Arbeitsangeboten hätte man ihn über die Erfordernisse seiner Dienstanwesenheit informieren können. - Das Verwaltungsgericht habe schließlich nicht berücksichtigt, dass sich die Grundsätze der Alimentation in der höchstrichterlichen Rechtsprechung immer mehr dem allgemeinen Arbeitsrecht annäherten. Nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts wäre zwar durch die gröbliche Verletzung von Pflichten bei der Übertragung von Aufgaben der Leistungsanspruch des Arbeitgebers entfallen, nicht aber der Anspruch des Arbeitnehmers auf sein Gehalt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend und die angegriffenen Bescheide für rechtmäßig. Sie weist darauf hin, dass die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge mit Ablauf des 18. August 2002 geendet habe, da der Kläger mit Wirkung vom 19. August 2002 mit einer anderen Tätigkeit betraut worden sei.

Auf gerichtliche Anfragen hat die Beklagte ausgeführt: Das auf einem Vorstandsbeschluss von Januar 2001 basierende Projekt NICE sei ein klassisches Organisationsprojekt gewesen, in dessen Rahmen das Bundesgebiet in acht Wirtschaftsräume gegliedert worden sei, für die jeweils eine Service-Niederlassung und eine Technik-Niederlassung gebildet worden seien. Hierdurch seien Versetzungen der Beschäftigten zum 1. August 2003 bedingt gewesen. Die ausschließlich unternehmensinterne NICE-Hotline habe die Funktion gehabt, die von der Umstrukturierung betroffenen Kräfte bei Bedarf über den Grund und die organisatorischen Auswirkungen der Maßnahme zu unterrichten und Fragen der Mitarbeiter zu beantworten bzw. aufzunehmen und weiterzuleiten. Zentrale Informationen über das NICE-Projekt seien damals stetig auf der Unternehmens-Homepage eingestellt worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 18. Januar und 15. Februar 2008 nebst Anlagen verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger noch an, er habe bei Aufnahme seiner Tätigkeit bei der NICE-Hotline einen Beamten namens S. vorgefunden, mit dem er dann zusammen in einem Zimmer gesessen habe. Im August 2002 habe er Herrn S. immer noch dort angetroffen. - Das Gericht hat ferner Frau S. , im Jahr 2002 Leiterin des Ressorts PMS in der TNL H. , sowie Herrn C. , einen Beamten, der zeitlich vor dem Kläger für einige Zeit an der NICE-Hotline eingesetzt war, als Zeugen zu den näheren Umständen der Hotline-Tätigkeit befragt. Wegen der Angaben der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte gemäß § 9 BBesG den Verlust der Dienstbezüge des Klägers festgestellt, da er dem Dienst ab Montag, den 13. Mai 2002, 11.15 Uhr schuldhaft ferngeblieben ist.

1. Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Anfechtungsrechtsstreit ist nur, ob die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge rechtmäßig getroffen wurde. Hingegen ist nicht zu prüfen, für welchen Zeitraum die Feststellung Gültigkeit hat. § 9 Satz 3 BBesG fordert in einem Fall, in dem nur über den Beginn des Fernbleibenszeitraums eine feststellende Entscheidung getroffen wurde, nicht, dass auch über das Ende der Fernbleibensperiode, also über den Zeitpunkt, zu dem die Besoldung wieder einsetzt, eine förmliche Feststellung ergeht. Der Kläger hat eine solche Feststellung weder gegenüber der Beklagten noch (zumindest hilfsweise) im gerichtlichen Verfahren beantragt (zur Zulässigkeit einer feststellenden Entscheidung hinsichtlich des Endzeitpunkts vgl. Summer in Schwegmann/ Summer, Bundesbesoldungsgesetz [Stand Okt. 2007], § 9 BBesG Rn. 15g). Der Verlust der Dienstbezüge gemäß § 9 Satz 1 BBesG endet kraft Gesetzes, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht mehr gegeben sind. In Betracht kommen hierfür z.B. die Wiederaufnahme des Dienstes - so soll nach den Angaben der Beklagten der Bezügeverlust des Klägers mit Ablauf des 18. August 2002 geendet haben, da der Kläger ab dem folgenden Tag mit einer anderen Tätigkeit betraut gewesen sei -, der Eintritt der Dienstunfähigkeit, aber auch der Wegfall des Charakters einer angeordneten Tätigkeit als "Dienst", sei es, dass eine klar umrissene Aufgabe restlos erledigt wurde, sei es, dass die Aufgabe jegliche Substanz verloren hat. Die den Verlust der Dienstbezüge feststellende Verfügung verliert von diesem Zeitpunkt an ohne weiteres ihre Wirkung (Summer in Schwegmann/Summer, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 15g; Schinkel/Seifert in GKÖD Band III, Bundesbesoldungsgesetz [Stand Nov. 2007], § 9 BBesG Rn. 38; BVerwG, Beschl. v. 20.6.2000, Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 17).

2. Ein Beamter bleibt dann dem Dienst ungenehmigt fern, wenn er ohne rechtfertigenden Grund seiner in zeitlicher und örtlicher Hinsicht konkretisierten Dienstleistungspflicht nicht Rechnung trägt und zu der vorgesehenen Zeit nicht an dem vorgesehenen Ort seine dienstliche Tätigkeit erbringt (BVerwG, Beschl. v. 31.8.2001, 1 DB 23/01, juris; std. Rspr.). Die in § 9 BBesG gemeinte Dienstleistungspflicht beschränkt sich allerdings auf die Anwesenheit am Dienstort als solche, nämlich auf die Pflicht zum zuverlässigen Dienstantritt und zur Dienstpräsenz (vgl. Summer in Schwegmann/Summer, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 5b mit zahlreichen Nachweisen).

Es gab eine Anordnung an den Kläger, ab 6. Mai 2002 die NICE-Hotline zu betreuen (2.1.). Die Anordnung bezog sich auf eine Tätigkeit, die als "Dienst" zu qualifizieren ist (2.2.). Die etwaige Rechtswidrigkeit der Anordnung ließ ihre Wirksamkeit unberührt (2.3.). Die täglichen Vorsprachen des Klägers mit der Frage nach dem Vorhandensein einer amtsangemessenen Tätigkeit stellten keinen Dienstantritt dar (2.4.). Der Kläger handelte auch schuldhaft (2.5.)

2.1. Es besteht kein Zweifel, dass es eine Anordnung an den Kläger gegeben hat, ab dem 6. Mai 2002 (bis zur Aufnahme der Tätigkeit als EFQM-Kriterienredakteur) die Infoline im NICE-Projekt zu betreuen. Zwar befindet sich eine entsprechende schriftliche Anordnung nicht in den Akten. Dort ist insoweit lediglich eine interne e-mail der PMS-Leiterin S. vom 3. Mai 2002 enthalten, derzufolge der Kläger, "falls er am Montag" (gemeint 6. Mai 2002) wieder dienstfähig ist", als Vertreter eines ab 1. Mai 2002 nach Bonn abgeordneten Beamten (Herr C. ) bei der NICE-Hotline beschäftigt werden sollte. Aber schon im Widerspruchsschreiben vom 23. Mai 2002, mit dem u.a. der Einsatz im Projekt NICE angegriffen wurde, ließ der Kläger selbst vortragen, er sei "mit Verfügung vom 03.05.2002" aufgefordert worden, nach Ablauf seiner Arbeitsunfähigkeit seinen Dienst am 6. Mai 2002 wieder aufzunehmen und bis zu seiner Beschäftigung als EFQM-Kriterienredakteur im NICE-Projekt eingesetzt zu werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht berichtete der Kläger zudem von sich aus, er habe am 4. Mai 2002 (Samstag) in seinem Hausbriefkasten eine schriftliche Anweisung von Frau S. vom 3. Mai 2002 vorgefunden, dass er ab Montag, den 6. Mai 2002 bei der NICE-Hotline tätig sein solle. Letztlich ist auch aus dem Umstand, dass der Kläger tatsächlich in der Woche vom 6. - 10. Mai 2002 entsprechend "tätig" war, auf das Vorhandensein einer entsprechenden Weisung zu schließen. Eine besondere Form war hierfür nicht erforderlich.

Der Darstellung des Klägers, er habe am 10. oder 13. Mai 2002 zu Frau S. gesagt, unter den gegebenen Umständen erwarte er zumindest eine schriftliche Einsetzungsverfügung für die Infoline, worauf Frau S. geantwortet habe, er werde eine solche bekommen, kann nicht die Zusage abgeleitet werden, die Anordnung sei bis zum Eingang einer schriftlichen Weisung außer Kraft gesetzt. Die Darstellung des Klägers ist ohnehin angesichts seiner Schilderung in der mündlichen Verhandlung über die im Briefkasten vorgefundene schriftliche Aufforderung vom 3. Mai 2002 wenig schlüssig. Außerdem war auch das Verhalten des Klägers insoweit inkonsequent, als er trotz angeblich weiterhin fehlender schriftlicher Verfügung ab 15. Mai 2002 wieder auf der Dienststelle erschien.

2.2. § 9 BBesG sanktioniert das ungenehmigte Fernbleiben "vom Dienst". Der Verlust der Dienstbezüge konnte somit nur dann eintreten, wenn sich die Anordnung auf eine Tätigkeit bezog, die noch als Dienst zu qualifizieren war. Nur dann musste der Kläger die Anordnung befolgen. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts bezog sich die Anordnung, die NICE-Hotline zu betreuen, auf eine "dienstliche Tätigkeit".

a) Unerheblich ist, dass der Kläger zu der Zeit, als ihm die Betreuung der NICE-Hotline aufgegeben wurde, keinen Dienstposten hatte. Ein Amt im konkret-funktionellen Sinne kann es bei den privatisierten Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost ohnehin nicht geben. Die dort zu verrichtende Arbeit gilt lediglich aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 4 Abs. 1 PostPersRG als Dienst. Aber auch eine konkrete Beschäftigung an einem bestimmten Dienstort war dem Kläger zunächst nicht zugewiesen. Damit fehlte es auch an der Diensterfüllungspflicht, die mit einem Amt im konkret-funktionellen Sinne sonst verbunden ist. Jedenfalls seit der Umsetzung zum Ressort PMS der TNL H. bestand für den Kläger eine solche Pflicht nicht mehr als eine konkrete und aktuelle.

Das alles besagt jedoch noch nicht, dass der Kläger schon allein aus diesen Gründen nicht mehr dem Dienst unerlaubt fernbleiben konnte. Der Begriff "Dienst" im Sinne von § 73 BBG, § 9 BBesG ist weit auszulegen. Er setzt ein Amt im konkret-funktionellen Sinne nicht voraus. Dienst im Sinne der genannten Vorschriften beschränkt sich darüber hinaus nicht auf die Erledigung von Dienstgeschäften zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, die einem Träger öffentlicher Verwaltung oder nach dessen Privatisierung einem Privatunternehmen zugewiesen sind. Vielmehr erstreckt er sich auf sämtliche Leistungen, die der Beamte nach den für ihn geltenden Vorschriften (und Weisungen) im Rahmen des Dienstverhältnisses zu erbringen hat (BVerwG, Urt. v. 7.9.2004, DokBer B 2005, 141/145 m.w.N.).

b) Die ab dem 6. Mai 2002 geltende Anordnung an den Kläger, die NICE-Hotline zu bedienen, bezog sich angesichts dieser Grundsätze auf eine als "Dienst" zu bezeichnende Tätigkeit. Aus den Angaben der Beklagten einschließlich der hierzu eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass es sich beim Projekt NICE um ein umfangreiches Umorganisationsprojekt gehandelt hat, von dessen Umsetzung zahlreiche Bedienstete betroffen waren, z.B. weil sie versetzt oder umgesetzt werden sollten. Aufgrund der Angaben der Beklagten und auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht angehörten Zeugen steht fest, dass sich die Bediensteten der Deutschen Telekom auch schon vor Beginn der Umsetzungsphase, die in der Pilotregion Nord am 2. September 2002 startete (siehe Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 15.2.2008), über den Stand des Projekts sollten informieren können. Hiermit sollten, wie die Zeugin S. angab, auch etwaige Ängste seitens der Mitarbeiter abgebaut werden. Ob angesichts der sonstigen Informationsmöglichkeiten über dieses Projekt, z.B. über das Intranet der Deutschen Telekom sowie über Infoblätter, die Einrichtung einer Telefon-Hotline dringend erforderlich war, ist nicht entscheidend. Sie kann jedenfalls nicht als völlig sinnlose Schein-Einrichtung zum alleinigen Zweck einer schikanösen "Beschäftigungstherapie" für ansonsten beschäftigungslose Beamte angesehen werden.

Der dienstliche Charakter der Anordnung wird nicht damit in Zweifel gezogen, dass der Kläger, worauf er wiederholt hingewiesen hat, in die Bedienung der Hotline nicht eingewiesen worden sei. Der Vortrag hierzu ist allerdings schon fragwürdig. So trug der Kläger in der Begründung seines Widerspruchs und seiner Klage vor, bei Antritt seiner Tätigkeit bei der NICE-Hotline sei niemand anwesend gewesen, der ihn in die Tätigkeit habe einweisen können. Hingegen gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht an, bei seinem Dienstantritt habe er Herrn S. vorgefunden. Aber selbst wenn dieser erst zusammen mit dem Kläger die Betreuung der Hotline aufgenommen haben sollte, war es nicht unmöglich, sich selbst die erforderlichen Kenntnisse zu beschaffen. Ansatzweise räumte dies der Kläger in seiner Klagebegründung selbst ein, indem er ausführte, er habe aufgrund eigener Initiative herausgefunden, dass es sich bei dieser Tätigkeit um die Entgegennahme und Bearbeitung telefonischer Anfragen handeln könne. Zudem gab der Zeuge C. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht an, er habe sich über das Projekt NICE im Intranet kundig gemacht und hätte auf diesem Wege auch ggf. notwendige Ansprechpartner ausfindig gemacht. Dies spricht dafür, dass ein solches "Selbststudium" möglich war. Dies alles bedarf aber keiner näheren Aufklärung, da das Fehlen einer Einweisung die Anordnung allenfalls rechtswidrig machte (vgl. hierzu sogleich unter 2.3.), ihr aber nicht den dienstlichen Charakter nahm.

Die Aufgabe, die NICE-Infoline zu bedienen, war auch nicht deshalb funktionslos, weil kein potentieller Interessent von der Existenz oder der Erreichbarkeit der Infoline gewusst hätte. Ein Indiz für die Bekanntgabe der Infoline an interessierte Mitarbeiter gibt die von der Beklagten übersandte Infomail vom 2. September 2002, die allerdings noch kein klarer Beleg dafür ist, dass auch schon im Mai 2002 eine hinreichende Information über die Existenz und Erreichbarkeit der Infoline gegeben worden war. Indes ist aus den Angaben des Zeugen C. , der in seiner Zeit der Infoline-Betreuung (vor dem Kläger) einige wenige, aber immerhin einschlägige Anrufe erhielt, der Schluss zu ziehen, dass es eine Information hierüber gegeben haben muss. Auch der Kläger gab an, ihm habe Herr S. im August 2002 berichtet, er habe in den zurückliegenden Monaten einige, wenn auch nur sehr wenige Anrufe auf der Hotline erhalten.

Der Umstand, dass die Betreuung der Hotline einen äußerst geringen Zeitaufwand erforderte, nimmt der Anordnung an den Kläger, diese Aufgabe wahrzunehmen, ebenfalls nicht ihren dienstlichen Charakter. Immerhin steht aufgrund der Aussage des Zeugen C. fest, dass der Arbeitsplatz nicht nur mit funktionierenden Telefonen, sondern auch mit einem funktionstüchtigen PC ausgestattet war, über den sich der Zeuge über das Projekt NICE kundig gemacht hat und so bei Bedarf auch Ansprechpartner für konkrete Fragen gefunden hätte. Den Angaben des Klägers sowie des Zeugen C. ist außerdem zu entnehmen, dass die Infoline tatsächlich, wenn auch nur in sehr geringem Umfang, genutzt wurde.

Es war nicht näher zu prüfen (vgl. oben unter 1.), ob die Anordnung an den Kläger etwa deshalb vor dem 19. August 2002 (Aufnahme einer anderen Tätigkeit) ihren "dienstlichen" Charakter verlor, weil bereits in diesem Zeitraum wegen des erkennbar geringen Tätigkeitsumfangs die Betreuung durch e i n e n Bediensteten (z.B. durch Herrn S. ) von der Vorgesetzten des Klägers als ausreichend angesehen wurde. Hierfür könnte die Angabe der Zeugin S. sprechen, die ausführte, "zu Beginn", als der Umfang der Tätigkeit bei der Hotline noch unklar gewesen sei, habe sie dort zwei Personen eingesetzt, "später" nur noch eine.

2.3. Für die Prüfung, ob ein Beamter dem Dienst ohne Genehmigung schuldhaft fernbleibt, ist die Frage irrelevant, ob die konkrete Anordnung rechtswidrig ist, z.B. weil vom Beamten eine eindeutig nicht amtsangemessene Tätigkeit verlangt wird; entscheidend ist nur, dass die Anordnung rechtswirksam ist (BVerwG, Urt. v. 7.9.2004, DokBer B 2005, 141/145 m.w.N.; Günther, RiA 2007, 19 ff./20; derselbe, DÖD 1995, 128 ff.; Schinkel/Seifert in GKÖD, a.a.O., § 9 Rn. 6 a.E.). Will ein Beamter einer wirksamen, wenn auch möglicherweise rechtswidrigen Anordnung nicht Folge leisten, muss er versuchen, innerbehördlich bzw. ggf. gerichtlich die Suspendierung der Anordnung zu erreichen (vgl. § 55 Satz 2 BBG). Ein "Selbsthilferecht" dergestalt, der Anordnung einfach nicht zu folgen, könnte allenfalls dort zu erwägen sein, wo die Anordnung sich nicht mehr auf eine "dienstliche Tätigkeit" (siehe hierzu oben unter 2.2.) bezieht. Das hieraus resultierende Beurteilungsrisiko mit all seinen Folgen (Verlust der Dienstbezüge, disziplinarische Ahndung) trägt allerdings der Beamte. Selbst die eindeutig rechtswidrige Anweisung von Pseudobeschäftigungen rechtfertigt nicht, die Anweisung (sanktionslos) nicht zu befolgen. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu in einem Fall eines zur DB Vermittlungs GmbH versetzten Beamten aus (Urt. v. 7.9.2004, DokBer B 2005, 141/146):

"Der Beamte ... darf .. nicht durch die Anweisung von Pseudobeschäftigungen zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden. Derartige Maßnahmen kann er - und muss er gegebenenfalls, wenn er der Anweisung nicht folgen will - erfolgreich angreifen. Ein danach grundsätzlich mögliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst liegt aber deshalb nicht vor, weil ....."

Die Einlegung von Rechtsbehelfen allein genügt allerdings zur Suspendierung der Anordnung nicht, denn diese haben in der Regel keine aufschiebende Wirkung. Erst wenn zumindest in einem gerichtlichen Eilverfahren geklärt ist, dass die aufgetragene Tätigkeit einstweilen nicht aufgenommen oder fortgeführt werden muss, ist kein Fall des ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst mehr gegeben (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 7.7.2003, IÖD 2003, 210/212). Der Kläger hat gegen die Anordnung, die NICE-Hotline zu betreuen, lediglich (am 27. Mai 2002, Eingangsdatum) Widerspruch eingelegt und nach dessen Zurückweisung Klage erhoben; diese Rechtsbehelfe konnten die Wirksamkeit der Anordnung nicht suspendieren. Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO hat der Kläger indes nicht gestellt.

Die Argumentation des Klägers, angesichts des eigenen rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten habe diese sich mit dem Erlass des angegriffenen Bescheides arglistig verhalten, vermag ebenso wenig durchzugreifen wie sein Hinweis auf angeblich zu übertragende Grundsätze aus dem Arbeitsrecht. Der Verlust der Dienstbezüge bei schuldhaft ungenehmigtem Fernbleiben eines Beamten vom Dienst tritt kraft Gesetzes (§ 9 Satz 1 BBesG) ein. Der Umstand, dass der Verlust der Dienstbezüge gemäß § 9 Satz 3 BBesG mittels eines Verwaltungsakts festzustellen ist, hat nur insoweit konstitutive Wirkung, als ohne eine solche Feststellung weder eine Einbehaltung noch ggf. eine spätere Rückforderung von Dienstbezügen möglich ist. Der Dienstherr ist dabei verpflichtet, die Feststellung zu treffen, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 9 Satz 1 BBesG erfüllt ist; ein Ermessensspielraum ist ihm hierfür nicht eingeräumt (BVerwG, Beschl. v. 28.4.1982, DokBer B 1982, 222/224; Summer in Schwegmann/Summer, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 15a; Schinkel/Seifert, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 37).

2.4. Der Kläger ist mit seinem (fast) täglichen Erscheinen in der Dienststelle, um zu fragen, ob "man" inzwischen eine amtsangemessene Tätigkeit für ihn habe, der in zeitlicher und örtlicher Hinsicht konkretisierten Anordnung zur Dienstleistung nicht gerecht geworden. Der Kläger hat nach seinem Vortrag schon seinen "Dienst"-Raum nicht betreten, sondern ist nur zur Leiterin des Ressorts PMS bzw. in deren Büro gegangen, um nach einer amtsangemessenen Tätigkeit zu fragen. Nicht jedes Betreten eines Dienstgebäudes ist indes Dienstantritt; den Dienstantritt dokumentiert ein Beamter im allgemeinen dadurch, dass er sich in sein Dienstzimmer oder zu einem sonstigen ihm dienstlich zugewiesenen Arbeitsplatz begibt, um mit der Verrichtung von Dienstgeschäften zu beginnen (BVerwG, Urt. v. 30.8.2000, BVerwGE 112, 19/28 f.). - Angesichts dessen kann dahinstehen, ob ein allenfalls fünfminütiges Erscheinen überhaupt geeignet wäre, das Fernbleiben in zeitlich relevanter Weise zu unterbrechen.

2.5. Der Kläger blieb dem Dienst auch schuldhaft fern. Er kann dies nicht mit Erfolg mit der Überlegung in Zweifel ziehen, sein Fernbleiben habe erkennbar keinerlei Auswirkungen auf den Dienstbetrieb gehabt.

Der Schuldbegriff des § 9 BBesG ist mit dem Verschuldensbegriff des Disziplinarrechts identisch und umfasst Vorsatz und jede Form von Fahrlässigkeit. Der subjektive Tatbestand des § 9 BBesG ist erfüllt, wenn beim Beamten keine Bewusstseinsstörungen vorliegen und wenn der Beamte wusste oder wissen musste, dass er von der Dienstleistungspflicht weder entbunden noch an ihrer Erfüllung gehindert oder von ihr freigestellt war (vgl. Schinkel/Seifert, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 34). Hingegen ist es für die Verschuldensfrage ohne Belang, ob der Beamte erkennen konnte oder musste, welche schädlichen Folgen sein Verhalten für den konkreten Dienstbetrieb haben würde. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen des Einzelfalls und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und im Stande ist (Summer in Schwegmann/Summer, a.a.O., § 9 BBesG Rn. 12a).

Gemessen hieran hat der Kläger schuldhaft gehandelt, als er dem Dienst fernblieb. Schon aufgrund seines beamtenrechtlichen Statusamtes aus einer Laufbahn des höheren Dienstes, ferner aufgrund seiner früheren Stellung als Abteilungsleiter, zeitweise verbunden mit der Funktion als ständiger Vertreter des Amtsvorstehers, musste dem Kläger klar sein, dass er sich nicht aufgrund eigener Einschätzung über eine Anordnung zur Leistung von Dienst (und sei sie auch rechtswidrig) einfach hinwegsetzen durfte. Darüber hinaus hat die damalige Vorgesetzte des Klägers, Frau S. , ihm gegenüber keinen Zweifel daran gelassen, dass er der Anordnung, die NICE-Hotline zu bedienen, Folge leisten müsse. Der Kläger beschreibt in seinem als Anlage zur Klageschrift eingereichten "Memo" vom 11. Juni 2002 selbst ein Gespräch mit Frau S. am 15. Mai 2002, bei dem sie ihn darauf hingewiesen habe, dass für die Zeit seiner Abwesenheit ab 13. Mai 2002 seine Dienstbezüge gekürzt werden könnten. Hierauf habe er erklärt, er bleibe bei seiner Entscheidung. Wenn sich der Kläger trotz dieses deutlichen Hinweises auf seine eigene Einschätzung der Rechtslage verließ, ging er bewusst das Risiko ein, dem Dienst unerlaubt fernzubleiben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.11.1989, BVerwGE 86, 211/217).

3. Die Entscheidungen über die Kosten des Berufungsverfahrens und deren Vollstreckbarkeit beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO sowie auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG) nicht ersichtlich ist. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang gestellten Fragen (Bl. 165 d.A.), "welche Mindestinhalte die Übertragung dienstlicher Aufgaben im Rahmen eines konkret funktionalen Amtes hat und darüber hinaus, inwieweit die Grundsätze der Alimentation durch arbeitsrechtliche Aspekte für den Fall der groben Verletzung des Beamtenverhältnisses durch Übertragung von Aufgaben mit krass unterwertiger Beschäftigung über das Einfallstor der allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben in entsprechender Anwendung von § 242 BGB eingeschränkt und durch arbeitsrechtliche Grundsätze ersetzt oder zumindest ergänzt werden", sind, soweit sie sich überhaupt stellen sollten, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.9.2004 (a.a.O.) und vom 22.6.2006 (BVerwGE 126, 182 ff.) ausreichend geklärt.

Ende der Entscheidung

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