Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 1 Bf 383/05
Rechtsgebiete: MietRVerbG, WoZwEntfrV HA


Vorschriften:

MietRVerbG Art. 6 § 1
WoZwEntfrV HA
Die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 7. Dezember 1971 ist in Hamburg weiter gültig. Der Mieter einer von ihm für eine Zahnarztpraxis genutzten Wohnung kann im Wege einer Auflage zu der von ihm beantragten Zweckentfremdungsgenehmigung zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet werden.

Zur Höhe der Ausgleichszahlung.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Urteil

Im Namen des Volkes

1 Bf 383/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz, die Richterin Walter sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Harhausen und Hoffmann für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert.

Der Bescheid vom 24. Juli 2002 und der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003 werden aufgehoben, soweit eine monatliche Ausgleichsabgabe von mehr als 464,76 Euro festgesetzt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen 9/10 und die Beklagte 1/10 der Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Beteiligten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich dagegen, dass die Beklagte die für die Erweiterung ihrer Zahnarztpraxis erteilte Zweckentfremdungsgenehmigung mit einer Auflage verbunden hat, einen monatlichen Ausgleichsbetrag zu zahlen.

Der Kläger zu 1 hat in dem Gebäude in gemieteten Räumen eine seit 1973 dort betriebene Zahnarztpraxis übernommen, die er durch die Hereinnahme des Klägers zu 2 erweiterte. Die Beklagte genehmigte den Klägern baurechtlich mit Bescheid vom 19. Oktober 2001 zu einem Raum der Dreizimmernachbarwohnung einen Wanddurchbruch herzustellen und ihn als Behandlungsraum herzurichten. Die übrigen Räume der Nachbarwohnung sollte der Kläger zu 1 bewohnen. Zu dem Antrag des Klägers zu 1 vom 8. Oktober 2001, ihm hierfür eine Zweckentfremdungsgenehmigung zu erteilen, holte die Beklagte eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung ein, die die Praxiserweiterung befürwortete. Der Kläger zu 1 erklärte sich fernmündlich am 22. November 2001 mit der Zahlung einer einmaligen Ausgleichszahlung von 17.500 DM einverstanden und versprach, eine Vollmacht des Eigentümers nachzureichen. Mit Schreiben ihres Architekten vom 30. Januar 2002 beantragten die Kläger sodann eine Zweckentfremdungsgenehmigung für einen weiteren Raum der Nachbarwohnung, der nunmehr zu Laborzwecken genutzt werden sollte. Nachdem die Beklagte bei einer Besichtigung am 6. Februar 2002 festgestellt hatte, dass die gesamte Nachbarwohnung in die Zahnarztpraxis einbezogen war, erweiterten die Kläger ihren Zweckentfremdungsgenehmigungsantrag entsprechend. Auch diese Erweiterung befürwortete die Kassenzahnärztliche Vereinigung mit Schreiben vom 28. Februar 2002 sowie die Zahnärztekammer Hamburg mit Schreiben vom 5. März 2003. Die Kläger reichten eine Vollmacht der Grundeigentümerin nach und erhielten daraufhin mit Bescheid vom 24. Juli 2002 eine Zweckentfremdungsgenehmigung, mit der ihnen die Beklagte zugleich eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von (103,28 Quadratmeter x 5 Euro) 516,40 Euro auferlegte. In der Begründung heißt es, zwar sei ein öffentliches Interesse an der Zweckentfremdung nicht zuzuerkennen, da aber keine anderweitigen Räumlichkeiten für die Erweiterung der Zahnarztpraxis zur Verfügung stünden, bestehe ein berechtigtes Interesse an der Zweckentfremdung der Wohnung.

Mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch vom 7. November 2002 trugen die Kläger vor, dass sie die Genehmigung in Vollmacht für die Hauseigentümerin beantragt hätten. Deshalb seien sie nicht Antragsteller. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Kläger seien erst nach Antragstellung von der Eigentümerin hierzu bevollmächtigt worden. Mit dieser Vollmacht habe die Eigentümerin die Antragstellung lediglich nachträglich genehmigt. Es gehe nicht an, dass die Antragsteller die Genehmigung aufrechterhalten wollten, aber die Zahlungsauflage mangels Antragstellung ihrerseits angriffen. Die Zahlungsauflage sei rechtmäßig. Es entspreche ihrer Verwaltungspraxis, Zweckentfremdungsgenehmigungen entweder mit der Auflage zu versehen, dem Wohnungsmarkt gleichwertigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen oder eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 5 Euro je m² zu entrichten.

Gegen den am 24. März 2003 zugestellten Widerspruchsbescheid haben die Kläger am 23. April 2003 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Zweckentfremdungsverordnung sei wegen des gestiegenen Wohnraumangebotes funktionslos geworden, so dass sie keine Zweckentfremdungsgenehmigung benötigten. Zumindest sei ihnen aber die Zweckentfremdungsgenehmigung ohne Zahlungsauflage zu erteilen.

Die Kläger haben beantragt,

die Auflage einer monatlichen Ausgleichszahlung im Bescheid vom 24. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die Auflage einer monatlichen Ausgleichszahlung in den Bescheiden mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2005 ergangenem Urteil aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Kläger hätten gegen den Bescheid vom 24. Juli 2002 rechtzeitig im November 2002 Widerspruch eingelegt, weil die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung unrichtig gewesen sei. Denn sie habe keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen sei. Es könne offen bleiben, ob unter Berücksichtigung der Zielrichtung des Mietrechtsverbesserungsgesetzes überhaupt einem Mieter die Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum erteilt werden könne, obgleich nur der Eigentümer darüber verfügen könne, ob seine Räume als Wohn- oder Geschäftsraum genutzt werden sollen und er es wegen der Sozialbindung des Eigentums hinnehmen müsse, hierüber nicht frei entscheiden zu dürfen. Jedenfalls sei es Folge des sozialpflichtigen Eigentums, wenn der Eigentümer im Gegenzuge für die Zweckentfremdung eine Ausgleichszahlung zu leisten habe. Auch sei die Zahlungsauflage der Sache nach als Sonderabgabe zu qualifizieren, deren Erhebung eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichten und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraussetze. Eine solche besondere Verantwortung für die hinreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum treffe aber nur die Haus- und Wohnungseigentümer und nicht die Mieter.

Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 28. Dezember 2005 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Nach herrschender Auffassung könne auch ein Mieter eine Zweckentfremdungsgenehmigung beantragen, mit der sie eine Zahlungsauflage verbinden dürfe. Das Verwaltungsgericht stütze sich lediglich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung für den Abbruch eines Gebäudes, den in der Tat nur der Eigentümer vornehmen dürfe. Dass einem Mieter eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt werden könne, zeige sich auch daran, dass dieser im Falle der unerlaubten Zweckentfremdung mit einem Bußgeld belangt werden könne. Es handele sich nicht um eine Sonderabgabe, da die Ausgleichszahlung nicht voraussetzungslos als selbständig belastende Abgabe erhoben werde. An ihre Zulässigkeit seien keine höheren verfassungsrechtlichen Anforderungen zu stellen, als an die Erhebung von Ablösebeträgen für Stellplätze. Im Übrigen würde die Zahlungspflicht auch den Anforderungen genügen, die an die Erhebung von Sonderabgaben gestellt würden. Es komme nicht darauf an, dass nach Punkt 6.3.4 der Globalrichtlinie über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und zum Gesetz zur Erhaltung und Pflege von Wohnraum in der Fassung vom 21.12.2001 von Ausgleichszahlungen abzusehen sei, wenn die Zweckentfremdung von Wohnraum auch im öffentlichen Interesse liege. So liege es hier nicht. Nach Punkt 5.2 der Globalrichtlinie sei ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Verfügungsberechtigten insbesondere gegeben, wenn Wohnraum für die Einrichtung einer Arztpraxis benötigt werde, die an der Stelle dringend benötigt werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Sie ergänzen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stelle das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum eine Regelung der Sozialbindung des Eigentums dar. Deshalb müssten sich die Auflagen, die mit der Zweckentfremdungsgenehmigung verbunden würden, streng an dem Zweck der Ermächtigung ausrichten. Mieter könnten nicht mit Zahlungsauflagen belastet werden, weil sie nicht im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums verpflichtet werden könnten. Auch seien derartige Zahlungsauflagen verfassungsrechtlich nur unbedenklich, wenn sichergestellt werde, dass die eingenommenen Mittel auch der Wohnungsbauförderung zuflössen. Die Wohnungsbauförderung wickele die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt ab, deren Aufwendungen die Beklagte ausgleiche. Dies ändere aber nichts daran, dass die Mittel aus den Zahlungsauflagen in den allgemeinen Haushalt flössen und deshalb nicht gruppennützlich verwendet würden. Der Hamburger Gesetzgeber habe - vergleiche man die Erhebung mit den Ausgleichsabgaben zur Ablösung von Stellplatzverpflichtungen - keine hinreichend bestimmte Grundlage für die Erhebung der Ausgleichszahlungen geschaffen. Eine Globalrechtlinie könne das Fehlen der gesetzlichen Grundlage nicht ausgleichen. Überdies sei die Abgabe überhöht, da für ihre Berechnung nur der Wohnwert des zweckentfremdeten Wohnraums herangezogen werden könne. Schließlich hätten sie die Zweckentfremdungsgenehmigung aufgrund des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der seit 1973 an diesem Standort betriebenen Zahnarztpraxis erhalten müssen, die 1990 übernommen und weiter ausgedehnt worden sei. Viele ihrer älteren Patienten seien auf Grund ihres hohen Alters in ihrer Mobilität eingeschränkt, so dass eine zahnärztliche Versorgung außerhalb ihres Wohnortes nicht in Betracht komme. Auch müssten sie in Notfällen in möglichst kurzer Zeit die Bewohner von Altersheimen erreichen, deren Versorgung sie übernommen hätten. Würden sie Einzelpraxen betreiben, müssten sie ihre Praxen während dieser Einsätze schließen.

Als "alt eingesessene" Praxis könnten sie die Versorgung älterer Patienten besser erfüllen als die anderen in der weiteren Umgebung vorhandenen Zahnarztpraxen, die erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eröffnet hätten und deshalb über einen erheblich jüngeren Patientenstamm verfügten. Auch sei die Zweckentfremdungsverordnung außer Kraft getreten. Der Wohnungsmarkt sei in Hamburg ausgeglichen. Die von dem Gericht herangezogenen Untersuchungen böten keine verlässliche Grundlage für die Beurteilung des Wohnungsmarktes.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Sachakten, die gewechselten Schriftsätze und die von dem Gericht beigezogenen Untersuchungen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat überwiegend keinen Erfolg.

I.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht für zulässig erachtet, obwohl die Kläger erst mit Anwaltsschreiben vom 7. November 2002 Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juli 2002 eingelegt haben. Es bedarf keiner Prüfung, ob die Klage unzulässig wäre, wenn die Kläger die einmonatige Widerspruchsfrist versäumt hätten. Ebenso mag offen bleiben, ob die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung unrichtig war, wie das Verwaltungsgericht meint. Denn die Kläger haben vorgetragen und auf Nachfrage des Gerichts versichert, dass sie den Bescheid erst aufgrund der wegen der Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 4. September 2002 erfolgten Anforderung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2002 erhalten haben. Die Beklagte kann nicht nachweisen, dass die Kläger den ausweislich eines Aktenvermerks am 25. Juli 2002 abgesandten Bescheid bereits früher erhalten haben. Sie hat den Bescheid nicht zugestellt. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hat die Beklagte aber den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

II.

In der Sache hat das Urteil des Verwaltungsgerichts überwiegend keinen Bestand. Die Klage hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die angegriffene Zahlungsauflage ist bis zu einer Höhe von 464,76 Euro monatlich rechtmäßig. Soweit die Beklagte darüber hinaus einen Betrag von insgesamt 516,40 Euro monatlich verlangt, verletzt sie die Kläger in ihren Rechten. Die Auflage ist rechtswidrig, soweit sie eine monatliche Ausgleichszahlung von mehr als 4,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhebt.

Die Zahlungsauflage findet in Art. 6 § 1 Abs. 2 Satz 1 Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745) - MietRVerbG - eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 7. Dezember 1971 (HmbGVBL. S. 223) ist weiterhin gültig und nicht wegen einer Entspannung des Wohnungsmarktes außer Kraft getreten - dazu unter 1. -. Die Auflagenermächtigung in Art. 6 § 1 Abs. 2 Satz 1 MietRVerbG genügt den Anforderungen an eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage (Gesetzesvorbehalt) für die Verpflichtung zur Zahlung - dazu unter 2. -. Die Beklagte darf die Ausgleichszahlung auch von den Klägern verlangen, obwohl diese nur Mieter der für ihre Zahnarztpraxis genutzten Wohnung sind - dazu unter 3. -. Die Zahlungspflicht entfällt ferner nicht, weil die Vergrößerung der Zahnarztpraxis durch Hereinnahme der Nachbarwohnung im öffentlichen Interesse läge. Die Beklagte hat die Zweckentfremdung lediglich aus Gründen eines überwiegenden berechtigten Interesses der Kläger erteilt - dazu unter 4 -. Hingegen ist die Höhe der Ausgleichszahlung zu beanstanden - dazu unter 5. -.

1. Die Zahlungsauflage beruht auf Art. 6 § 1 Abs. 2 MietRVerbG i.V.m. § 2 der Zweckentfremdungsverordnung. Es ist nicht zweifelhaft, dass die Zweckentfremdungsverordnung ursprünglich gültig erlassen worden ist und sie in Art. 6 § 1 Abs. 2 MietRVerbG eine ausreichende Grundlage gefunden hat. Denn in Hamburg war die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet (vgl. BVerfGE 38, 348 ff; BVerwG, Urt. v. 12.12. 1979, BVerwGE 59, 195 - juris Rn 15 ff. - ; OVG Hamburg, Urt. v. 2.11.2001, 1 Bf 467/98 m.w.Nachw.). Die Zweckentfremdungsverordnung ist entgegen dem Vorbringen der Kläger auch nicht wegen einer Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt außer Kraft getreten:

a. Grundsätzlich liegt die Beurteilung, ob die angemessene Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung verlangt, an dem grundsätzlichen Verbot der Zweckentfremdung festzuhalten, in der Beurteilungsermächtigung des Verordnungsgebers. Dieser hat angesichts der komplexen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt selbst zu entscheiden, ob und wann er die Zweckentfremdungsverordnung aufhebt. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt führt nur dann zur Verfassungswidrigkeit der Zweckentfremdungsverordnung, wenn die Entwicklung in dem Sinne abgeschlossen wäre, dass ein Ende der Mangellage insgesamt deutlich in Erscheinung träte und das Zweckentfremdungsverbot daher offensichtlich entbehrlich geworden wäre. Ist die Entwicklung noch nicht in diesem Sinne abgeschlossen, so ist die Verordnung nicht von sich aus außer Kraft getreten (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1979, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 26.7.2006, 1 BvR 1326/04 ). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob in einzelnen Stadtteilen oder Wohngebieten die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum weiterhin gefährdet ist. Vielmehr ist bei einer auf das Gemeindegebiet zu beziehenden Zweckentfremdungsverordnung auf das gesamte Gebiet und nicht einzelne Stadtteile und Wohngebiete abzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2003, NVwZ 2003, 1125 - juris Rn 10 - ). So liegt es hier, da die zur Zeit gültige Zweckentfremdungsverordnung für das gesamte Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg gilt.

b. Eine Unterversorgung mit Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung, die die Beibehaltung des grundsätzlichen Zweckentfremdungsverbotes rechtfertigt, kann auch dann noch vorliegen oder drohen, wenn der Wohnungsmarkt ein leichtes Übergewicht des Angebotes über die Nachfrage erreicht zu haben scheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2003, a.a.O. - juris Rn 12 -; Urt. v. 11.3.1983, Buchholz 454.51 MRVerbG Nr.9). Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist für 2001 und die Folgezeit ein Ende der Wohnungsmangellage in Hamburg nicht deutlich in Erscheinung getreten. Das Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 26.7.2006 - 1 BvR 1326/04 - hat verfassungsrechtlich nicht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht Hamburg mit Urteil v. 9.7.2003, 12 VG 589/2001, und das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss v. 29.4.2003, 1 Bf 317/03, für den Zeitpunkt Januar 2001 von der Fortgeltung der Zweckentfremdungsverordnung ausgegangen sind.

b.a. Ein Indiz für die Beurteilung der Lage auf dem Wohnungsmarkt kann sich aus der Höhe des Anteiles leer stehender Wohnungen ergeben. Nach Auffassung des OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.2003, DWW 2003, 263 - juris Rn 31 - kann allenfalls bei einem Leerstand von mindestens 3 bis 4 %, der sich auf alle Marktsegmente annähernd gleichmäßig verteilt, davon ausgegangen werden, dass die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt deutlich erkennbar beseitigt ist (vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 4.11.1986 ZMR 1987, 75). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zu den leer stehenden, aber nutzbaren Wohnungen auch solche gehören, deren Leerstand nicht auf eine fehlende Wohnungsnachfrage sondern auf zu hohe Mietforderungen oder nicht marktgängige Ausstattungen oder Lagen zurückzuführen ist. Zudem bedingt der normale Wohnungswechsel sowie der Anteil der zeitweise durch Umbaumaßnahmen, Sanierungen und Verkaufsabsichten für die Wohnungssuchenden nicht zur Verfügung stehenden Wohnungen einen beträchtlichen Leerstand (vgl. Böhle, Zweckentfremdung von Wohnraum, 1994, Art. 6 MRVerbG Rdnr. 17). Der Leerstand von Wohnungen spricht in Hamburg nicht für eine deutliche Entspannung des Wohnungsmarkts:

Eine amtliche Statistik über den Umfang des Wohnungsleerstandes existiert für Hamburg nicht. Nach dem Ergebnis der Mikrozensus-Zusatzerhebung 2002 sollen allerdings in Hamburg von insgesamt 864.000 Wohneinheiten 49.000 Wohneinheiten und damit 5,67 % leer gestanden haben. Bestünde tatsächlich Leerstand von immerhin 5,67 % so spräche dies indiziell für eine deutliche Entspannung des Wohnungsmarkts. Der Mikrozensus bildet aber die tatsächliche Leerstandsquote nicht zutreffend ab. Die Art und Weise der Mikrozensus-Befragung überzeichnet das Ausmaß des Wohnungsleerstands. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass die Grundeigentümer im Rahmen des Mikrozensus nicht systematisch über die Leerstände ihrer Wohnungen befragt worden sind und die Interviewer eine Wohnung bereits dann als leerstehend meldeten, wenn sie den Inhaber mehrfach nicht antrafen und sie auch über etwaige Namensschilder oder Nachbarn Mieter nicht feststellen konnten. Auch wird die Mikrozensusbefragung nicht flächendeckend, sondern nur repräsentativ durchgeführt. Ihre Ergebnisse bilden keine hinreichend verlässliche Grundlage für die Beurteilung der Leerstandsquote.

Aufschlussreicher ist der auf der Auswertung von Heizkostenzählern beruhende Techem-empirica-Leerstandsindex, der es ermöglicht, die Leerstandsquote in dem in Hamburg den Wohnungsmarkt prägenden Geschosswohnungsbau abzuschätzen. Danach standen bei einem Bestand im Jahr 2005 von 683.768 Wohnungen ca. 12.300 Wohnungen und damit nur ca. 1,6 % leer. Ein derartiger Leerstand lässt nicht auf eine deutliche Entspannung des Wohnungsmarktes schließen. Hinzu kommt: Von den rund 295.000 Wohnungen der Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen standen zum Stichtag 31.Dezember 2001 2470 Wohnungen leer (Antwort des Senats auf große Anfrage vom 18.3.2003 Bü-Drs. 17/2300) und damit nur 0,83 %. Überdies besteht nach dem Gutachten der Gewos vom Februar 2006 - Metropolregion Hamburg - S. 40, 42 in der Kernstadt Hamburg ein Nachfrageüberhang von über 20.000 Haushalten und gab es 2004 einen Nachfrageüberhang von rund 24.000 Haushalten. Dieser soll sich nach der genannten Studie künftig, wenn die Neubautätigkeit nicht gesteigert wird, in Hinblick auf den aus Wanderungsbewegungen prognostizierten Bevölkerungszuwachs weiter erhöhen.

Auch übersteigt die Nachfrage nach preisgünstigen Mietwohnungen (Netto-Kaltmiete ca. 6,50 Euro/m²) nach dem Gutachten der LBS - Metropole Hamburg - Wohnungsbau für eine wachsende Stadt vom Mai 2005 S. 32, 47 das Angebot und wird die Nachfrage insbesondere in den gefragten Lagen weiter zunehmen. Auch wenn - wie die Kläger vortragen - die LBS daran interessiert sein dürfte, die Wohnungsnachfrage hoch einzuschätzen, sprechen diese Indizien gegen ein Ende der Wohnungsmangellage und nicht für eine dauerhafte Entspannung des Wohnungsmarkts. Von einer Verknappung des Wohnraumangebotes und einer konjunkturell und wegen der Unsicherheiten der weltpolitischen Situation zurückgehaltenen Nachfrage, deren Bedarfe sich zur Zeit kumulierten, geht auch Prof. Rohr, Universität Kiel in seinem Referat vom 15. April 2003 auf einem Experten-Workshop "Optionen einer strategischen Neuorientierung der Wohnraumförderung" aus (Beiakte E),. Hingegen hält Barthomai (Referat Ziele und Optionen der Hamburger Wohnraumförderung S. 5 Beiakte E) den Hamburger Wohnungsmarkt für (allerdings nur) zur Zeit noch entspannt.

b.b. Auch ein Vergleich der Entwicklung der Bevölkerungszahl mit der der im Neubau fertig gestellten Wohnungen spricht gegen eine deutliche und dauerhafte Entspannung des Wohnungsmarktes. So stieg die Bevölkerung Hamburgs von im Jahr 2000 1.715.392 auf in 2001 1.726.363, 2002 1.728.806, 2003 1.734.083 bis auf im Jahr 2005 1.743.627. Hingegen sank die Zahl der im Neubau fertig gestellten Wohnungen gleichzeitig von 5.981 im Jahr 2000 auf in 2001 4.656, in 2002 3.389, in 2003 3.619, in 2004 3.473 auf im Jahr 2005 nur 2.836. Danach steht dem Bevölkerungszuwachs von 28.235 Personen eine Neubauzahl von 23.954 gegenüber. Diese Neubauzahl ist um die Abgangsquote infolge von Abrissen, Zusammenlegungen und Umnutzungen zu verringern. Insoweit fehlt eine amtliche Statistik (Quelle LBS Gutachten Metropole Hamburg S. 27). Die LBS a.a.O. geht für Hamburg von einer Abgangsquote von jährlich 0,25 % des Bestandes aus. Sie hält einen Neubaubedarf von rd. 2.200 Wohnungseinheiten für geboten, um den Wohnungsbestand konstant zu halten. Nach dieser plausiblen, auf baualterspezifischen Abgangsquoten beruhenden Berechnung bzw. Schätzung des LBS entfallen für die 6 Jahre von 2000 bis einschl. 2005 allein 6 x 2.200 = 13.200 Wohneinheiten auf den Ersatzbedarf. Somit steht für die Versorgung des Bevölkerungszuwachses von 28.235 Personen lediglich ein zusätzliches Wohnungsangebot von ca. 10.000 Einheiten (23.954 abzügl. 13.200 Einheiten) zur Verfügung. Bei einer aktuellen durchschnittlichen Haushaltsgröße in Hamburg von 1,87 Personen (Quelle Gutachten LBS Metropole Hamburg S. 25) benötigen 28.235 Personen aber rund 15.000 Wohneinheiten. Auch diese Zahlen sprechen bei allen Unsicherheiten im Einzelnen gegen eine deutlich erkennbare Entspannung des Wohnungsmarktes.

Nicht auf eine Entspannung, sondern eher gegen eine deutlich erkennbare Entspannung des Wohnungsmarkts deutet auch die Entwicklung der durchschnittlichen Mietpreise in den Mietenspiegeln hin. Beispielsweise ist der Mittelwert der Mietpreise für über 131 m² große Altbauwohnungen in guter Wohnlage mit Bad und Sammelheizung der Baujahre bis 1918 und der anschließenden Baujahre bis 20.6.1948 von dem Erhebungsstand April 1999 11,76 DM (= 6,01 Euro) und 11,95 DM (6,10 Euro) und zum Erhebungsstand 1.4.2001 11,99 DM und 11,65 DM auf zum 1.4.2003 6,50 Euro und - insoweit zwischenzeitlich etwas gesunken - 5,94 Euro sowie zum 1.4.2005 7,07 sowie 6,55 Euro angestiegen. In den normalen Wohnlagen stieg der entsprechende Mietpreis für Wohnungen ab 91 m² von 10,76 DM (5,50 Euro) bzw. 9,86 DM (5,04 Euro) im Jahr 1999 und insoweit fast konstant bleibend 2001 von 10,49 DM und 9,90 DM auf 2003 6,15 Euro und 5,58 Euro bis auf 2005 6,30 und 5,70 Euro an. Entsprechende Werte ergeben sich für 66 m² bis unter 91 m² große Wohnungen in normaler Wohnlage. Diese stiegen von 1999 11,28 (5,76 Euro) und 9,64 DM (4,92 Euro) über in 2001 11,89 DM und 10,01 DM auf in 2003 6,37 Euro und 5,31 Euro und in 2005 6.72 Euro bzw. reduzierten sich geringfügig in normaler Wohnlage auf 5,29 Euro. Entsprechende Werte gelten für kleinere Wohnungen sowie die entsprechenden Werte für Wohnungen in guter Wohnlage. Etwas anders stellt sich die Entwicklung der Mietpreise bei allen Differenzen im Einzelnen für neuere Wohnungen dar. Entspannter entwickelten sich in dem zentralen Marktsegment für 66² bis 91² große Wohnungen in normaler Wohnlage für die Baujahre 1978 bis 1987 die Mieten von in 1999 14,48 DM (7,40 Euro), in 2001 14,25 DM, in 2003 7,01 Euro (= 13,71 DM) auf im Jahr 2005 7,05 Euro. Hingegen sind im Bereich des Nachkriegsbaus, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, Mietpreissteigerungen zu verzeichnen, die allerdings moderat erscheinen. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Mietpreisspiegel (1999, 2001, 2003, 2005, Bl. 193 - 196 d. A.) verwiesen. Dass danach in einzelnen Marktsegmenten zeitweise der Mietpreisanstieg stagniert oder sogar vereinzelt geringfügig gesunken ist, lässt noch nicht auf eine nachhaltige Entspannung des Wohnungsmarktes insgesamt schließen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Mietpreisspiegel nicht nur die - häufig für Mieterhöhungen genutzten - Neuvermietungen einfließen, sondern auch die Bestandsmieten.

Im Übrigen darf der Verordnungsgeber für die Beibehaltung des Zweckentfremdungsgebotes auch berücksichtigen, dass er nicht verpflichtet ist, die weitere Abwanderung in das Umland als Lösung des Wohnungsproblems hinzunehmen. Er darf darauf bedacht sein, die Wohnungsnachfrage der hamburgischen Bevölkerung innerhalb der Landesgrenzen zu befriedigen (vgl. BVerwGE 59, 195 - juris Rn 22 -). Immerhin betrug der Bevölkerungsverlust aus der Stadt-Umland-Wanderung im Jahr 2000 rund 7.700 Personen und 2004 6.500 Personen (Quelle GEWOS Metropolregion Hamburg S. 16) und bestand in den angrenzenden Landkreisen nach der Untersuchung der GEWOS Metropolregion Hamburg (S.40) im Jahr 2004 ein Nachfrageüberhang von rund 3 % am Wohnungsbestand.

Bei diesem Befund fällt nicht ins Gewicht, dass sich die Zahl der erteilten Wohnberechtigungsscheine seit 2000 von 26.976 auf 2001 25.057 auf in 2005 17.920 vermindert hat. Wohnberechtigungsscheine werden wegen der maßgeblichen Einkommensgrenzen nur einem begrenzten Bevölkerungskreis erteilt. Über die Entspannung des Wohnungsmarkts insgesamt besagt nichts, dass für diesen Bevölkerungskreis ausreichend Wohnungen zur Verfügung stehen und die Unterbringung eines Teils dieser Mieter nur wegen ihrer sozialen Probleme Schwierigkeiten (vgl. GEWOS Optionen einer strategischen Neuorientierung der Wohnraumförderung 2003 S. 28 und dort Kock, Behörde für Bau und Verkehr) bereitet. Im Übrigen hat sich die Zahl der sog. anerkannten Dringlichkeitsfälle nach dem Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nach einem Rückgang auf 5663 Fälle in 2005 in 2006 auf 6903 erhöht.

2. Das Vorbringen der Kläger überzeugt nicht, der Gesetzgeber habe es versäumt, eine gesetzliche Regelung zur Zweckentfremdung zu schaffen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte und zugleich den Inhalt des Eigentums konkretisierende Regelung gerecht werde und die Voraussetzungen sowie die Höhe der Ausgleichszahlungen regele.

a. Zwar enthalten weder die Zweckentfremdungsverordnung noch das Mietrechtsverbesserungsgesetz ausdrückliche Regelungen zu den Ausgleichsbeträgen. Jedoch darf die Verwaltung nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 36 Abs. 1 VwVfG) die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung von einer Auflage abhängig machen, die den mit der Erteilung verbundenen Nachteil für die Wohnraumversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung kompensiert und einen Ausgleich für den Wohnraumverlust herstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.12.1980, BVerfGE 55, 249 - juris Rn 32 -). Die Zahlungsauflage stellt insoweit sicher, dass die Voraussetzung für die Erteilung der Zweckentfremdungsgenehmigung erfüllt ist, nämlich, dass das Interesse an der Zweckentfremdungsgenehmigung das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegt. Sie verfolgt den Zweck, eine sach- und interessengerechte Entscheidung zu ermöglichen, die den gegenläufigen Interessen Rechnung trägt (vgl. VGH München, Beschl. v. 16.7.1990, NVwZ-RR 1990, 639). Entscheidend ist, dass sich die Zahlungsauflage streng an dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung und damit der Sicherung der Wohnraumversorgung orientiert. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 4.2.1975, BVerfGE 38, 358 - juris Rn 64 -) es für unbedenklich gehalten, dass Art. 6 § 1 Abs. 2 MietRVerbG die Auflagen und zwar auch die Zahlungsauflagen nicht näher definiert. Die Ausgleichszahlungen für die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung finden in der Auflagenermächtigung des Art. 6 § 1 Abs. 2 MietVerbG eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2003, NVwZ 2003, 1125 - juris Rn 30 - ; Beschl. v. 30.4.1999, NZM 1999, 815; OVG Münster, Urt. v. 4.5.1988, DWW 1988, 288 - juris Rn 52 - ; OVG Berlin, Urt. v. 19.2.1998, NJW-RR 1998, 1087). An diesen Grundsätzen ändert nichts, dass Ausgleichszahlungen in anderen Fallgestaltungen eine ausdrückliche gesetzliche Ausgestaltung gefunden haben, wie z.B. die Ausgleichsbeträge für Stellplätze in § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HmbBauO.

b. Die Zahlungsauflage widerspricht auch nicht inhaltlich - wie die Kläger meinen - den Anforderungen, die an vergleichbare gesetzlich ausdrücklich geregelte Sonderabgaben gestellt werden.

Sonderabgaben, die nicht zur Finanzierung einer bestimmten Aufgabe erhoben werden, sind unabhängig davon, ob sie ein Gegenseitigkeitsverhältnis kennzeichnet, sie eine Lenkungsfunktion erfüllen oder sie einem Ausgleichszweck dienen, verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie zwei Anforderungen erfüllen: Erstens bedarf die Abgabe einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, die sie ihrer Art nach von Steuern unterscheidet, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet werden. Zweitens muss die Erhebung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.9.2004, BVerwGE 122, 1 - juris Rn 28, 29 - m.w.Nachw.). Diese Anforderungen bleiben hinter denjenigen zurück, die an Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion gestellt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.9.2004 a.a.O.; OVG Hamburg, Urt. v. 11.2.2003, 2 Bf 430/99 ). Nur Letztere verlangen, dass sie nur von einer homogenen gesellschaftlichen Gruppe erhoben werden, die wegen ihrer größeren Sachnähe besondere Verantwortung für die Erreichung des mit der Abgabe verfolgten Zweckes trägt und dass das Aufkommen gruppennützig verwendet wird. Den an Sonderabgaben ohne Finanzierungsfunktion zu stellenden inhaltlichen Anforderungen genügt die Zahlungsauflage.

Es liegt auf der Hand, dass die Ausgleichszahlung, die den Klägern im Wege einer Auflage zu der ihnen erteilten Zweckentfremdungsgenehmigung auferlegt ist, sich deutlich von einer Steuer unterscheidet. Sie besitzt eine besondere Rechtfertigung. Wie oben ausgeführt, schafft sie einen Ausgleich für die genehmigte Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen. Sie trägt dazu bei, dass das berechtigte Interesse an der Zweckentfremdung in der Abwägung das Übergewicht gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Wohnungsbestandes gewinnt. Deshalb trägt sie dem Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung. Denn sie wird nur von denjenigen erhoben, die in den Genuss der Zweckentfremdungsgenehmigung gelangen. Die Ausgleichsfunktion der Zahlungen wird an ihrer Aufgabe deutlich, die durch die Zweckentfremdung bedingten Mehraufwendungen der Allgemeinheit bei der Schaffung neuen Wohnraums teilweise zu kompensieren (vgl. BVerfG, Beschl. vom 2.12.1980 a.a.O.).

Diese Kompensationsfunktion verlangt aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht, dass die Ausgleichzahlung unmittelbar der Wohnungsbaukreditkasse zufließt, die für die Beklagte den öffentlich- geförderten Wohnungsbau finanziert. Es genügt, dass die Beklagte die Fehlbeträge der Wohnungsbaukreditanstalt ausgleicht und die Höhe der gesamten Einnahmen aus den Ausgleichszahlungen die Höhe dieses Zuschusses nicht übersteigt. Dass die von der Beklagten an die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt zu zahlenden Fehlbeträge die Einnahmen aus den Ausgleichszahlungen bei weitem übertreffen, bestätigt der Blick auf die Höhe des Verlust- und Zinsausgleichs im Jahr 2002 von 100.845 tausend Euro ( Antwort des Senats auf Große Anfrage vom19.3.2003, Bü-Drs. 17/2300). Auch entspricht es gerade dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplanes, der das Budgetrecht der Bürgerschaft absichert, dass die Ausgleichszahlungen zunächst dem allgemeinen Haushalt zufließen.

3. Die Beklagte durfte ihre Zahlungsauflage auch an die Kläger richten und diese und nicht die Grundeigentümerin zur Zahlung verpflichten.

a. Eine Zahlungsauflage zur Entrichtung der Ausgleichszahlung kann auch gegenüber dem Mieter einer Wohnung ergehen, der die Wohnung zweckentfremdet nutzt. Es überzeugt nicht, wenn das Verwaltungsgericht ausführt, die Zahlungsauflage sei nur als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums zu verstehen und dürfe deshalb nur von dem Eigentümer erhoben werden. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 2.12.1980 a.a.O.) ausgeführt: "In jedem Falle sind es allein die von dem Vorhaben ausgehenden Nachteile für die Wohnraumversorgung, die im Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Grund, aber auch die Grenze kompensatorischer Entscheidungen zu Lasten des Eigentümers bilden". Jedoch hatte das Bundesverfassungsgericht in jenem Verfahren keinen Anlass, dazu Stellung zu nehmen, ob eine Zahlungsauflage auch gegenüber einem Mieter erhoben werden darf. Vielmehr ist maßgeblich:

Auch ein Mieter kann Wohnraum dem Wohnungsmarkt entziehen, indem er ihn zweckentfremdet nutzt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass auch ein Mieter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über eine Wohnung Adressat einer Zahlungsauflage sein kann, die von ihm einen Ausgleich für die von ihm zu verantwortende Zweckentfremdung des Wohnraums verlangt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.8.1986, NJW-RR 1987, 590 - juris Rn 23 - ; vgl. entsprechend zum Ausgleichsbetrag für notwendige Stellplätze BVerwG, Urt. v. 16.9.2004, BVerwGE 122, 1 - juris Rn 32 -; vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 23.6.1988, Grundeigentum 1989, 257; OVG Münster, Urt. v. 4.5.1988, DWW 1988, 288 - juris Rn 45-47).

b. So liegt es hier. Die Kläger haben die Zweckentfremdungsgenehmigung beantragt und den Wohnraumverlust zu verantworten.

Das Vorbringen der Kläger trifft nicht zu, sie hätten die Zweckentfremdungsgenehmigung lediglich in Vertretung für die Eigentümerin beantragt. Die Kläger und nicht die Eigentümerin haben zusammen mit dem Architekten den ersten baurechtlichen Nutzungsänderungsantrag vom 27. August 2001 gestellt, der zunächst nur die Einbeziehung eines Raumes der Nachbarwohnung in ihre Zahnarztpraxis vorsah und die dem Kläger zu 1 am 19. Oktober 2001 genehmigt wurde. Nur der Kläger zu 1 und nicht die Eigentümerin beantragte bereits am 8. Oktober 2001, ihm eine teilweise Zweckentfremdung der Nachbarwohnung zu genehmigen. Dass dieser das Genehmigungsverfahren im eigenen Namen betrieb, bestätigt sein Telefonanruf vom 22. November 2001 (Bl. 31 R der Sachakte). In diesem erklärte er sich mit der Zahlung einer einmaligen Ausgleichszahlung von 17.500 DM einverstanden und wollte er dafür Sorge tragen, dass die - wie es in dem Vermerk der Beklagten über das Telefonat heißt - Vollmacht des Eigentümers nachgereicht werde. Anschließend stellte der Architekt ausdrücklich im Namen der Bauherren, nämlich der Kläger unter dem 30. Januar 2002 eine Voranfrage für eine weitere Zweckentfremdung zur Nutzung eines weiteren Wohnraumes als Labor. Auch trat bei der Besichtigung der Räumlichkeiten am 6. Februar 2002 erneut der Kläger zu 1 als Verhandlungspartner der Beklagten auf und erklärte er sich mit dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und wiederum mit der Leistung einer einmaligen Ausgleichszahlung einverstanden (Vermerk Bl. 50 d. Sachakte). Daraufhin stellte der Architekt unter dem 16. Februar 2002 ausdrücklich im Namen der Kläger und nicht etwa der Eigentümerin einen Zweckentfremdungsgenehmigungsantrag für die gesamte Fläche der Nachbarwohnung. Nachdem das Einwohneramt des Bezirksamts Hamburg-Nord den Kläger am 27. Mai 2002 wegen der unerlaubten Zweckentfremdung angeschrieben und darauf hingewiesen hatte, dass dort noch kein Antrag auf Zweckentfremdung der gesamten Wohnung vorliege und die verlangte Vollmacht der Eigentümerin fehle, gelangte eine an die Kläger gerichtete Vollmacht der Eigentümerin vom 11. Februar 2002 zur Akte. In dieser heißt es: "Als Geschäftsführer der ... erteile ich Ihnen hiermit die Vollmacht, für Ihre o.a. Mieträumlichkeiten den Antrag auf Zweckentfremdung zu stellen". Diese Vollmacht war aus der Sicht der Beklagten bei objektiver Betrachtung nicht dahin zu verstehen, dass der Zweckentfremdungsgenehmigungsantrag nunmehr anders als zuvor im Namen der Eigentümerin gestellt werden sollte. Vielmehr diente sie lediglich der Klarstellung, dass die Kläger intern im Verhältnis zu ihrem Vermieter berechtigt waren, den Zweckentfremdungsantrag im eigenen Namen zu stellen. Dementsprechend heißt es in dem Vollmachtsschreiben auch, dass die Kläger bevollmächtigt sein sollen, den Antrag auf Zweckentfremdung für i h r e, d.h. der Kläger Mieträumlichkeiten zu stellen und war für die Beklagte während des gesamten Genehmigungsverfahrens deutlich, dass sie die Genehmigung im Interesse der Kläger und nicht der Eigentümerin erteilen sollte. Auch haben die Kläger nicht etwa - was angesichts der Interessenlage auch fern gelegen hätte - vorgetragen, sie hätten mit ihrem Vermieter abgesprochen, dass dieser und nicht sie selbst die zu erwartende Ausgleichszahlung an die Beklagte leisten sollte.

4. Die Zahlungspflicht entfällt auch nicht deshalb, weil die Erweiterung der übernommenen Einzelzahnarztpraxis auf eine Gemeinschaftspraxis im öffentlichen Interesse läge und es deshalb nicht gerechtfertigt wäre, den Wohnraumverlust im Wege der angegriffenen Ausgleichszahlung zu kompensieren. Dies ist nicht so.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 4.2.1975, BVerfGE 38, 348 - juris Rn 48 -) angenommen, beispielsweise die Errichtung einer Arztpraxis könne es rechtfertigen, im öffentlichen Interesse eine Zweckentfremdungsgenehmigung zu erteilen. Die Gründung einer Zahnarztpraxis liegt aber nicht in jedem Falle deshalb im öffentlichen Interesse, weil ein öffentliches Interesse an einer guten zahnärztlichen Versorgung der Bevölkerung besteht. Liegt im Einzugsbereich einer Zahnarztpraxis eine deutliche Überversorgung vor, so wird die Praxis in der Regel nicht benötigt, um eine gute zahnärztliche Versorgung zu gewährleisten. So liegt es hier:

a. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die zahnärztliche Versorgung nicht beeinträchtigt wird, wenn die Gemeinschaftspraxis der Kläger weggedacht wird. Für die Erweiterung der früheren Einzelpraxis in eine Doppelpraxis besteht kein Bedarf. Die Gemeinschaftspraxis wird für die zahnärztliche Versorgung nicht benötigt. In dem aus den Ortsteilen 408 - 413 bestehenden Plangebiet Winterhude, in dem die Praxis am Standort liegt, belief sich die gemäß § 103 SGB V festgestellte Überversorgung mit Zahnärzten 2005 auf immerhin 147,4 %. Auf eine Einwohnerzahl von Ende 2004 48.532 entfielen 56 Vertragszahnärzte statt der von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg mit 38 Zahnärzten angenommenen Vollversorgung. Dieses Bild entsprach auch den Größenordnungen für 2001. Auch 2001 waren dort insgesamt 56 Vertragszahnärzte zugelassen. Dementsprechend befinden sich auch in unmittelbarer Nähe zu der Praxis der Kläger in ungefähr 30 Meter Entfernung am Leinpfad 27 eine weitere und in der bereits die nächst gelegene Zahnarztpraxis. Auch weist das dem Standort der Praxis der Kläger in der benachbarte Planungsgebiet Eppendorf mit 150 % ebenfalls eine deutliche Überversorgung auf. In diesen verkehrsmäßig gut erschlossenen Stadtteilen mit wohl situierter Wohnbevölkerung stehen den Patienten mehr Praxen zur Verfügung als für ihre Versorgung benötigt werden.

b. Es besteht auch kein öffentliches Interesse daran, dass die Patienten des Vorgängers des Klägers zu 1 weiterhin ihre von den Klägern als Nachfolgern betriebene Praxis an dem gewohnten Standort vorfinden. Angesichts des Ausmaßes der Überversorgung in den Bereichen Winterhude und Eppendorf und der unmittelbaren Nähe weiterer Praxen ist es ihnen ohne weiteres anzusinnen, andere Praxisräume aufzusuchen. Daran ändert nichts, dass sich nach dem Vorbringen der Kläger unter den Patienten der von ihm übernommenen alt eingesessenen Einzelpraxis viele ältere Personen befinden, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Dies kann als wahr unterstellt werden. Die - mehr ins Gewicht fallende - Umstellung auf einen neuen Zahnarzt nimmt diesen Patienten auch die Fortführung der Altpraxis mit neuen Zahnärzten nicht ab. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von der der Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung für die Fortführung einer allgemein-ärztlichen Praxis, für die der frühere 5. Senat des Berufungsgerichts ein öffentliches Interesse nicht ausgeschlossen hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.2.1995, OVG Bs V 363/94).

Auch überzeugt das Vorbringen der Kläger nicht, sie hätten u.a. die zahnärztliche Versorgung der Bewohner von Altersheimen übernommen und seien darauf angewiesen, diese bei einem Notfall in möglichst kurzer Zeit zu erreichen. Auch von einem anderen Standort aus können sie die Patienten im Altersheim in angemessener Zeit aufsuchen.

Im Übrigen ist anzunehmen, dass die Kläger auch im Stadtteil in einer vernünftigen Entfernung zu ihrem jetzigen Standort andere Praxisräume hätten finden können, ohne Wohnraum dem Wohnungsmarkt zu entziehen. So wird u.a. die Erdgeschossnutzung der .................in ihrem Richtung Innenstadt/Leinpfad verlaufenden Abschnitt durch Läden, Gaststätten und Büros geprägt.

c. Auch besteht kein öffentliches Interesse daran, einen Strukturwandel in der zahnärztlichen Versorgung dahingehend durch die Erteilung von Zweckentfremdungsgenehmigungen zu fördern, dass Gemeinschaftspraxen in Winterhude Einzelpraxen ersetzen. Zwar können nach den von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg und der Zahnärztekammer Hamburg eingeholten Stellungnahmen Gemeinschaftspraxen den Patienten breitere Behandlungsmöglichkeiten in einer Praxis anbieten, da sich Zahnärzte mit unterschiedlichen Schwerpunkten zusammen schließen können, etwa in den Bereichen der Implantologie, der Paradontologie oder der Enddontologie. Insoweit trifft zu, dass eine Einzelpraxis nicht sämtliche dieser Schwerpunkte anbieten kann und müssen sich die Patienten einer Gemeinschaftspraxis mit unterschiedlichen Schwerpunkten weniger häufig als die einer Einzelpraxis an eine andere Zahnarztpraxis überweisen lassen, um dort von einem Spezialisten behandelt werden zu können. Auch können Gemeinschaftspraxen ihren Patienten tendenziell längere Öffnungszeiten anbieten. Diese Komfortvorteile wiegen aber zumindest in einem verkehrsmäßig gut erschlossenen Stadtteil mit deutlicher Überversorgung nicht ausreichend schwer, um daraus auf ein öffentliches Interesse zu schließen.

Ferner liegt die Gründung der Gemeinschaftspraxis auch nicht deshalb im öffentlichen Interesse, weil eine Gemeinschaftspraxis mit ihrem größeren Patientenstamm leichter in der Lage ist, eine professionelle Zahnreinigung durch eine dafür ausgebildete Dentistin anzubieten als dies bei einer Einzelpraxis der Fall ist, die Schwierigkeiten haben kann, eine Dentistin auszulasten. Die Zahnreinigung zählt nicht zu den Kassenleistungen. Sie ist privat zu bezahlen. Die Frage, ob sich ein öffentliches Interesse an der Zahnreinigung aus dem Gedanken der zahnärztlichen Prophylaxe ergibt, kann indessen dahinstehen. Denn bei einem Angebot von 56 Vertragszahnärzten in Winterhude mit insgesamt 8 Gemeinschaftspraxen und der Überversorgung in dem benachbarten Plangebiet Eppendorf steht den dortigen Patienten ein gut ausreichendes Angebot für eine professionelle Zahnreinigung zur Verfügung. Dies haben auch die Kläger nicht bezweifelt. Dem Gericht ist bekannt, dass auch Einzelpraxen teilweise eine Zahnreinigung anbieten. Überdies bot die ursprüngliche Einzelpraxis auch ohne Einbeziehung von Räumen der Nachbarwohnung ausreichend Platz, um neben einem Einzelzahnarzt einen Zahnreinigungsraum aufzunehmen. Abgesehen von dem Wartezimmer und dem Empfang sowie Räumlichkeiten für das Röntgen, die Sterilisation sowie die Sanitäreinrichtungen sind in ihr 4 Behandlungsräume untergebracht. Dies zeigt die Architektenzeichnung Bl. 35 der SA.

Der Trend zur Gründung von Gemeinschaftspraxen hat auch kein derartiges Ausmaß angenommen, dass er gewissermaßen das öffentliche Interesse an diesem Strukturwandel indiziert. Zwar ist bundesweit der Anteil der Gemeinschaftspraxen seit 1980 von 5 % auf 20 % gestiegen und rechnet die Zahnärztekammer Hamburg mit einer weiteren Steigerung. Nach den eingeholten Stellungnahmen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer können aber sowohl Gemeinschaftspraxen wie auch Einzelpraxen dem Versorgungsauftrag gerecht werden. Auch wenn nach der Darstellung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Gemeinschaftspraxen Einzelpraxen überlegen sind, werden sich nach ihrer Einschätzung Einzelpraxen noch halten. Die Gemeinschaftspraxis bietet den Zahnärzten allerdings Kostenvorteile. Die Geräte können gemeinschaftlich genutzt und der Anteil zentraler Räume (Empfang/Wartezimmer) gesenkt sowie das Personal besser ausgelastet werden. Auch vermag eine Gemeinschaftspraxis mit einem breiteren Angebot ihre Konkurrenzfähigkeit zu verbessern. Zudem verringert eine Vergrößerung der Altpraxis am gewohnten Standort das Risiko, dass die Patienten wegen des Umzuges in eine andere Praxis wechseln. Deshalb sinkt, wie die Kassenzahnärztliche Vereinigung feststellt, der Marktwert alter Einzelpraxen, wenn der Erwerber diese nicht am alten Standort zu einer Gemeinschaftspraxis erweitern kann. Dies alles rechtfertigt es, dass die Beklagte ein berechtigtes Interesse der Kläger an der Gründung ihrer Gemeinschaftspraxis an dem Standort der dortigen früheren Einzelpraxis angenommen und ihnen deshalb eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt hat. Ein öffentliches Interesse begründen diese wirtschaftlichen Interessen aber noch nicht. Derartige Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit sind in der Regel und so auch hier dem öffentlichen Interesse am Bestandsschutz des dem Zweckentfremdungsverbot unterliegenden Wohnraums untergeordnet (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.8.1986, NJW-RR 1987, 586 ff - juris Rn 42 -). Es kann nicht festgestellt werden, dass bei bundesweit vorhandenen 80 % Einzelpraxen die Einzelpraxen in Winterhude und Eppendorf ihrem Versorgungsauftrag typischer Weise schlechter gerecht werden als Gemeinschaftspraxen und es deshalb im öffentlichen Interesse liegt, den Strukturwandel dort auf Kosten des vorhandenen Wohnraums zu erleichtern. Gegen eine derartige Annahme spricht im übrigen auch, dass die Zahl der Gemeinschaftspraxen in Winterhude von in 2001 8 auf in 2002 6 gesunken ist.

d. Im übrigen ist jedenfalls nicht festzustellen, dass ein etwaiges öffentliches Interesse an der Erweiterung der Zahnarztpraxis des Klägers zu 1 durch die Hereinnahme des Klägers zu 2 gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Wohnraumes überwiegt, zumal die Praxis, wie gerichtsbekannt ist, in einem für das Wohnen sehr begehrten Stadtteil liegt. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschl. v. 30.4.1999, NZW 1999, 815 - juris Rn 6 -; Urt. v. 20.8.1986, NJW-RR 1987, 586 - juris Rn 43 m.w.Nachw. -) hat ausgesprochen, dass eine Zweckentfremdung im Zusammenhang der Einrichtung einer Arztpraxis in aller Regel in erster Linie privaten Interessen dient und das insoweit hinzutretende öffentliche Interesse in aller Regel gegenüber dem öffentlichen Interesse am Bestandschutz von Wohnraum zurücktritt.

5. Die Beklagte hat die monatliche Ausgleichzahlung mit 5 Euro je m² ermessensfehlerhaft zu hoch bemessen. Zwar entspricht diese Festlegung Ziff. 6.3.3 der Globalrichtlinie vom 21. Dezember 2001 über das Verbot der Zweckentfremdung. Auch ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die Ausgleichszahlung die Existenz der Kläger gefährden oder zu ihrer Abwanderung führen könnte und sie deshalb nach Ziff. 6.3.3 der Globalrichtlinie zu vermindern wäre. Jedoch kann die Beklagte die Festsetzung nur bis zu einer Höhe von 4,50 Euro je m ² Wohnfläche mit ihren Ermessenserwägungen rechtfertigen.

Die Ausgleichszahlungen dürfen nicht zu fiskalischen Zwecken missbraucht werden, sondern haben sich streng an dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung zu orientieren (vgl. BVerfG, Urt. v. 4.2.1975, BVerfGE 38, 348 - juris Rn 64; Beschl. v. 2.12.1980, BVerfGE 55, 249 - juris Rn 32 -). Danach kann die Kostenentwicklung im sozialen Wohnungsbau einen Anhalt für ihre Bemessung geben, da sie auf die Höhe des Zuschussbedarfs für öffentlich geförderten Ersatzwohnraum schließen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.1999, 5 B 85/98 - juris Rn 8 -) das für Berlin eine Ausgleichszahlung von 10 DM je m² gebilligt hat). Auch gibt der Unterschied zwischen den Wohnraummieten und den höheren Geschäftsraum- und Gewerberaummieten regelmäßig einen Anhalt zur Abschätzung des durch die Zweckentfremdung ausgelösten Kompensationsbedarfes (vgl. VGH Kassel, Beschl. vom 28.8.1991, BBauBl. 1994, 63).

a. Die Beklagte hat die Höhe der Ausgleichszahlung in ihrer Globalrichtlinie pauschal im Rahmen einer Interessenabwägung festgelegt. Dabei hat sie sich an anderen Bundesländern, der Kostenentwicklung im sozialen Wohnungsbau und den Differenzen zwischen Wohnungs-, Geschäftsraum- und Gewerbemieten orientiert. Dieser pauschalierende Ansatz ist nicht zu beanstanden. Er hält sich im Rahmen des der Beklagten bei der Festsetzung der Zahlungsauflage zustehenden Ermessens, zu dessen Ausübung sie Art. 6 § 1 Abs. 2 MietRechtsVerbG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ermächtigt. Die ständig im Fluss befindlichen Marktverhältnisse und die Vielfalt der einzelnen Segmente des kompletten Wohnungsmarkts in Hamburg rechtfertigen es, im Interesse der Verwaltungspraktikabilität davon abzusehen, individuell für die jeweils zweckentfremdete Wohnung die Differenz zwischen der Wohnmiete und einer Geschäftsraummiete zu ermitteln und diesen Betrag zur Grundlage der Festsetzung zu machen. Ein derartiger Aufwand stünde außer Verhältnis zu den zu erzielenden Einnahmen. Auch kommt es nicht exakt auf die Höhe der Kosten an, die der Beklagten aus der Subventionierung einer gleich großen öffentlich geförderten Wohnung erwachsen. Auch diese Kosten unterliegen ständigen Schwankungen und können unterschiedlich berechnet werden.

b. Die Größenordnung der Ausgleichszahlung darf aber bei der von der Beklagten ermessensfehlerfrei gewählten Gesamtbetrachtung die für die Subventionierung öffentlich geförderten Ersatzwohnraumes erforderlichen Mittel wie auch die typische Differenz zwischen den Geschäftsraum- und Gewerbemieten zu den Wohnungsmieten nicht übersteigen. Denn die Beklagte muss sich bei der Bemessung der Höhe der Ausgleichszahlung an der gesetzlichen Zweckbestimmung und damit dem durch die Zweckentfremdung ausgelösten Kompensationsbedarf und nicht dem Ziel möglichst hoher Einnahmen orientieren. Insoweit muss ihre Festsetzung auf plausiblen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Konkretisierung ihres pauschalen Ansatzes nachgeschobenen Erwägungen rechtfertigen die Ausgleichszahlung nur bis zu einer Höhe von 4,50 Euro monatlich je m² zweckentfremdeten Wohnraums.

Die Geschäftsraummieten beliefen sich nach den von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Erhebungen des IVD (Immobilienverband) in Hamburg im Jahr 2006 im Durchschnitt der Schwerpunktmieten bei Räumen mit gutem Nutzwert auf 13,20 Euro und die Wohnungsmieten bei gutem Wohnwert und Nachkriegsbauten auf 8,60 Euro je m². Die festgesetzte Zahlungsauflage in Höhe von 5 Euro je m² übersteigt die Differenz von 4,60 Euro beträchtlich und trägt eine Festsetzung von 5 Euro je m² nicht. Auch liegt der monatliche Aufwendungszuschuss, den die Wohnungsbaukreditanstalt zur Verringerung der Miethöhe größerer Familienwohnungen zahlt, mit 4,25 Euro je m² deutlich unterhalb der verlangten 5 Euro je m². Dieser Betrag rechtfertigt sich auch nicht aus dem Barwert der Subventionen, den die Wohnungsbaukreditanstalt nach den Darlegungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung bei einem Förderungszeitraum von Neubauten von zur Zeit 15 Jahren und einem prognostizierten durchschnittlichen Zinssatz von 6 - 6,5 % mit 500 - 600 Euro je m² Wohnfläche annimmt. Bei einem Zinssatz von 6,25 % (Mittelwert aus den von der WBK zugrunde gelegten 6 % und 6,5 %) und einem betriebswirtschaftlich einer Darlehenssumme vergleichbaren Barwert von 500 Euro ergibt sich danach ausweislich der Kreditberechnung der digital products GmbH (http://www.digitalproducts.de/Tilgungssatz.php) ein monatlicher Aufwand für Zins und Tilgung von 4,36 Euro und bei einem Barwert von 600 Euro sowie einem Zinssatz von ebenfalls 6,25 % von 5,24 Euro.

Danach kann bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtungsweise nicht angenommen werden, dass eine Ausgleichszahlung von mehr als 4,50 Euro je m² noch durch die Ermessenserwägungen der Beklagten und den Gesetzeszweck getragen wird. Die Beklagte hat es trotz mehrfacher Aufklärungsversuche nicht vermocht, den von ihr höher festgesetzten Betrag plausibel abzuleiten. Deshalb muss zu ihren Lasten gehen, dass sich der Senat nur bis zu einer Höhe von 4,50 Euro je m² von der Rechtmäßigkeit der Ausgleichszahlung hat überzeugen können. Angesichts der Schwankungsbreite der Angaben der Beklagten (Barwert von 500 - 600 Euro je m² und Zinssatz von 6 % - 6,5 %, etc.) hat der Senat dabei zu Gunsten der Kläger einen Sicherheitsabschlag von dem arithmetischen Mittelwert von 4,80 Euro aus den Barwertberechnungen sowie der Differenz von Wohnraum zu Geschäftsraummieten von 4,60 Euro vorgenommen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision war nach § 132 VwGO nicht zuzulassen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 133 Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen (§§ 133 Abs. 2, 67 Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils durch einen Vertreter, wie in Absatz 2 angegeben, zu begründen. Die Begründung ist beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§§ 133 Abs. 3, 132 Abs. 2 Nr. 1 - 3 VwGO).



Ende der Entscheidung

Zurück