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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.09.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 47/01
Rechtsgebiete: HmbBeihVO, BhV


Vorschriften:

HmbBeihVO § 5
BhV § 6 Abs. 2
Für die traditionelle chinesische Heilkräutertherapie (TCM) besteht zur Zeit keine begründete Erwartung einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung für die Behandlung von Hautausschlägen und Bauchbeschwerden. Sie ist nicht beihilfefähig.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

1. Senat

1 Bf 47/01

Verkündet am 24. September 2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Raecke und E.-O. Schulz sowie den ehrenamtlichen Richter Aschoff und die ehrenamtliche Richterin Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2000 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Beihilfe für eine Behandlung seiner Tochter mit chinesischen Heilkräutern.

Der Kläger stand bis 1997 als erster Kriminalhauptkommissar im Dienst der Beklagten und wurde Ende August 1997 wegen seiner auf einem Dienstunfall beruhenden Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Seine Tochter litt seit 1993 an einem neurodermitis-ähnlichen Hautausschlag (atopisches Syndrom) und Leibschmerzen sowie Durchfällen. Die behandelnde Ärztin für Allgemeinmedizin ...... diagnostisierte ein Reizdarmsyndrom und stellte in einem von dem Kläger eingereichten Attest vom 6.10.2000 (Bl. 134 d. Akte) fest, dass schulmedizinische Maßnahmen nur vorübergehend helfen würden und von einem schulmedizinisch nicht heilbaren Zustand ausgegangen werden müsse. Deshalb habe sie dem Kläger zu alternativ-medizinischen Maßnahmen geraten. Ferner stellte der Kläger seine Tochter dem Internisten Dr. ......... vor, der am 16.3.1996 keinen somatischen Befund feststellte. Außerdem zog der Kläger die Kinderärztin Dr. und den Hautarzt Dr................ zu Rate, der das Ekzem als eine Art Neurodermitis bezeichnete, zweimal eine cortisonhaltige Salbe verschrieb und eine Besserung in der Pubertät für möglich hielt. Der daraufhin von dem Kläger eingeschaltete Arzt für Naturheilverfahren Dr. ...... behandelte seine Tochter in der Zeit vom 14. August 1997 bis Dezember 1998 erfolgreich. Die Beklagte gewährte dem Kläger Beihilfe für die Behandlung durch Dr. ...... und - zunächst - auch für die von ihm verschriebenen chinesischen Heilkräuter.

Mit Bescheid vom 8. Januar 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Beihilfe für 3 Rezepte über chinesische Heilkräutertees ab, die der Kläger über eine Apotheke für zusammen 566,45 DM bezogen hatte. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, schulmedizinische Therapien seien bei seiner Tochter ohne Erfolg geblieben. Daher habe Dr. ...... eine Diagnose nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gestellt und erfolgreich eine Phytotherapie mit chinesischen Heilkräutern begonnen. Nach längerem Schriftwechsel wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2000 zurück:

Nach den für die Gewährung von Beihilfe geltenden allgemeinen Grundsätzen könne der Kläger keine Beihilfe erhalten. Nach § 5 Abs.1 HmbBeihVO seien Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen seien. Dies sei bei den vom behandelnden Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker verordneten Heilmitteln nicht ausnahmslos der Fall. Die Maßnahmen müssten objektiven medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zur Behebung und Behandlung eines Krankheitsfalles gerecht werden. Auch wenn die Hamburgische Beihilfeverordnung keine ausdrückliche "Wissenschaftlichkeitsklausel" enthalte, seien wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden und Heilmittel nicht im Sinne der Vorschrift notwendig. Insoweit sei die von dem Kläger angeführte Entscheidung des BGH vom 23.6.1993 zu der Unwirksamkeit der leistungsbeschränkenden Wissenschaftsklausel in den Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherer nicht auf das Beihilferecht zu übertragen.

Die im Rahmen der traditionellen chinesischen Medizin verordneten Heilkräuter seien keine wissenschaftlich anerkannten Heilmittel im Sinne der dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Es fehle an einer positiven wissenschaftlichen Einschätzung. Der Personalärztliche Dienst habe dargelegt, dass keine autorisierte Studien vorlägen, die die Wirksamkeit der in der chinesischen Kräuterheilkunde benutzten Substanzen bestätigten. Bevor eine Substanz in Deutschland als Heilmittel vertrieben werden dürfe, müsse sie umfangreiche Studien durchlaufen. Das zu chinesischen Heilkräutern vorliegende Material genüge diesen Ansprüchen nicht. Der Komplex der traditionellen chinesischen Medizin werde insgesamt als unwissenschaftlich angesehen. Speziell zur Behandlung der Neurodermitis mit chinesischen Heilkräutern habe der personalärztliche Dienst mitgeteilt, dass in der einschlägigen dermatologischen Fachliteratur nicht über wissenschaftlich nachprüfbare Behandlungserfolge berichtet werde. Auch der von dem Kläger vorgelegte Erfahrungsbericht des Chefarztes der TCM-Klinik ........ erfülle nicht die an eine wissenschaftliche Studie zu stellenden Anforderungen. Ebenso zeige der Artikel von ... ......... "Akupunktur und TCM in Kliniken und Universitäten Deutschlands", dass die Wirksamkeit nicht nachgewiesen sei. Ebenso sei der Hinweis des Klägers für die Beurteilung der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung unerheblich, die TCM sei in das Leistungsverzeichnis der Hufelandgesellschaft für Gesamtmedizin e.V. aufgenommen. Hierbei handele es sich um eine Vereinigung von Ärztegesellschaften für biologische Medizin, die sich als Kämpfer gegen die etablierte Medizin verständen. Gleichfalls überzeuge der Hinweis auf das Standardwerk "Klinische chinesische Pharmakologie" nicht. Die Heilkräuter seien nicht deshalb standardisiert, weil sie darin einzeln nach Wirkung etc. klassifiziert aufgeführt seien. Standardisiert bedeute eine Kontrolle des Wirkstoffgehaltes. Bei den hiesigen Phytotherapeutika werde darauf geachtet, dass jede Mengeneinheit die gleiche Menge der für den Wirkstoffgehalt maßgeblichen jeweiligen Leitsubstanz enthalte. Bei Naturkräutern schwanke die Konzentration der Wirkstoffe aber erheblich.

Im übrigen werde die traditionelle chinesische Medizin auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung als Außenseitermethode angesehen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernähmen die Kosten für neue Behandlungsmethoden nur, wenn diese von dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach eingehender Prüfung anerkannt seien. In den Richtlinien dieses Ausschusses (NUB-Richtlinien) sei die Behandlung mit traditioneller chinesischer Medizin und in deren Rahmen mit chinesischen Heilkräutern jedoch nicht anerkannt.

Auch die Fürsorgepflicht gebiete nicht, ausnahmsweise die Kosten zu erstatten. Denn eine wissenschaftliche Anerkennung stehe nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht in Aussicht. Insoweit komme es nicht darauf an, dass die Behandlung im vorliegenden Fall erfolgreich gewesen sein solle.

Überdies sei die Beihilfefähigkeit der chinesischen Heilkräuter nach § 5 Abs. 2 HmbBeihVO ausgeschlossen, da die für sie aufgewendeten Kosten der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen seien. Daran ändere nichts, dass die Apotheke die Kräuter, die unterschiedliche Kochzeiten aufwiesen, für den Kläger abgekocht habe.

Schließlich habe sie entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht durch jahrelange Zahlungen einen Vertrauenstatbestand begründet. Wenn dem Kläger früher für chinesische Heilkräuter Beihilfe gewährt worden sei, so sei dies zu Unrecht geschehen und dadurch zu erklären, dass in den Rezepten eine Reihe von Wirkstoffen in lateinischer Bezeichnung aufgeführt seien, die nicht auf den ersten Blick chinesischen Heilkräutern zuzurechnen seien.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahmeentscheidung der obersten Dienstbehörde nach § 14 Abs. 6 HmbBeihVO fehlten. Denn es fehle an einer wesentlichen Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe, nämlich an der Notwendigkeit der Aufwendungen. Auch werde der Kläger durch die Aufwendungen in Höhe von DM 566,45 nicht übermäßig belastet. Dies gelte auch dann, wenn man davon ausgehe, dass der Kläger insgesamt DM 2.600 für die Arzneitherapie aufzuwenden gehabt habe. Dadurch werde der Lebensunterhalt des Klägers noch nicht gefährdet. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahmeentscheidung gegeben sein sollten, komme eine Beihilfegewährung nicht in Betracht. Denn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kräuteraufgüsse werde nicht kontrolliert.

Mit seiner am 24. November 1999 eingegangenen Klage hat der Kläger vorgetragen:

Die Aufwendungen seien notwendig gewesen, da die Heilkräuter die Gesundheit seiner Tochter verbessert hätten. Nachdem die Schulmedizin seiner Tochter nicht habe helfen können, habe er auf die TCM zurückgegriffen, deren Wirksamkeit der der akzeptierten schulmedizinischen Therapien gleichzusetzen und die überdies kostengünstiger sei. Auch seien nach § 6 Ziffern 1 und 2 HmbBeihVO Behandlungen durch Heilpraktiker im allgemeinen beihilfefähig, obgleich deren Behandlungen und die von diesen verwendeten Heilmittel nicht den Anforderungen an eine Anerkennung durch die westliche Schulmedizin genügten und für sie insbesondere die von der Beklagten geforderten Doppelblindstudien fehlten. Derartige Studien seien aber für die Behandlung der Neurodermitis durch die TCM erstellt worden.

Selbst wenn man eine wissenschaftliche Anerkennung der TCM verlangen wollte, sei insoweit nicht auf die deutsche Schulmedizin abzustellen, sondern auf die im asiatischen Bereich, insbesondere in China vorhandene Anerkennung. Wer diese Jahrtausende alte Heilkunde in China praktizieren wolle, müsse ein fünf- bis neunjähriges Studium an einer dafür eingerichteten Hochschule absolvieren. Auch umfasse die traditionelle chinesische Heilkunde auch die Akupunktur, die bei bestimmten Indikationen im Westen wissenschaftlich anerkannt sei. Die von ihm vorgelegten Studien und die vorgelegte Literaturliste bewiesen die Wirksamkeit und Geeignetheit der TCM. Die Heilkräuter seien nach den Regeln der westlichen Wissenschaft zu identifizieren. Sie würden von bestimmten - genau kontrollierten - Großhandelsfirmen importiert und die Apotheken verwendeten die Chargen erst nach einer Überprüfung der Identität, des Wirkstoffgehaltes und der Zusatzstoffe. Auch werde die TCM von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr gänzlich als Außenseitermethode betrachtet. So erstatteten die Kassen die stationären Behandlungen der Klinik in ........ ebenso wie jene des Deutschen Zentrums für traditionelle chinesische Medizin der .............................. Dementsprechend sei die TCM auch nicht in der sogenannten Negativliste des Bundesministeriums des Inneren zu den nicht wissenschaftlich anerkannten Heilbehandlungen nach § 6 der Beihilfevorschriften des Bundes aufgeführt. Dass die sog. NUB-Richtlinien die traditionelle chinesische Medizin nicht als neue Behandlungsmethode aufführten, liege daran, dass wegen der angespannten finanziellen Situation im Gesundheitswesen die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die kassenärztlichen Vereinigungen oder auch ein Spitzenverband der Krankenkassen nicht den für eine Anerkennung nach § 135 Abs. 1 SGB V erforderlichen Antrag stellten.

Zudem ergebe sich aus den vorgelegten Veröffentlichungen und den nachgewiesenen Behandlungserfolgen zumindest eine Aussicht für eine Anerkennung der TCM für die Leiden seiner Tochter. Die Kosten für die Heilkräuter seien auch nicht den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen. Die aus ihnen hergestellten Tees wiesen einen unangenehm bitteren Geschmack auf und seien nicht dazu bestimmt, zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden.

Im übrigen sei zu bedenken, dass er aufgrund seines Dienstunfalles selbst gesundheitlich schwer angeschlagen sei und die Beihilfe die eigentliche Krankenversicherung für seine Tochter darstelle.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Beihilfebescheides vom 8. Januar 1998 und des Widerspruchbescheides vom 13. Januar 2000 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die geltend gemachten Aufwendungen für chinesische Heilkräuter Beihilfe zu bewilligen.

Die Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erwidert:

Die von dem Kläger angeführten Studien von Dr. .......... bezögen sich auf die Akupunktur und Patienten mit allergischer Rhinitis. Auch werde in der Presse vor der Schadstoffbelastung chinesischer Heilkräuter gewarnt. Diese Kräuter würden nach Auskunft der zuständigen Behörde nicht als Arzneimittel eingeführt und unterlägen keiner staatlichen Kontrolle. Auch habe sie dem Kläger nicht zugesichert, die Kosten zu erstatten. Aus einer einfachen kommentarlosen Gewährung einer Beihilfe könne nicht geschlossen werden, dass die Beihilfestelle zukünftig in gleicher Weise entscheiden werde.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat mit auf Grund mündlicher Verhandlung vom 15. Dezember 2000 ergangenem Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Aufwendungen seien nicht beihilfefähig, da sie nicht notwendig seien. Nicht notwendig im Sinne des § 5 Abs.1 Satz 1 HmbBeihVO seien Aufwendungen, wenn sie wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt seien. Um wissenschaftlich anerkannt zu sein, müssten Beurteilungen von solchen dritten Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen als Forscher tätig seien. Um allgemein anerkannt zu sein, müsse die Therapieform überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Dies sei hinsichtlich der Hauterkrankung und der Bauchkoliken der Tochter des Klägers nicht der Fall. Eine derartige diagnosebezogene Anerkennung ergebe sich nicht aus dem Leistungsverzeichnis der Hufelandgesellschaft für biologische Medizin. Dieses enthalte keine Angaben darüber, bei welchen Erkrankungen welche Therapie einzusetzen sei. Auch gebe der Auszug aus dem Werk von .................................. "Klassische chinesische Pharmakologie" lediglich die Erfahrungen der Urheber der chinesischen Heilkunde wieder und beinhalte keine Anerkennung von dritter Seite. Eine solche Anerkennung ergebe sich auch nicht aus dem Erfahrungsbericht der TCM-Klinik ............ Diese behandele Neurodermitis und Abdominalschmerzen nicht allein durch Verabreichung chinesischer Heilkräuter, sondern nach einer Mischtherapie, die aus Arzneimitteln in Dekoktform (Absud von Arzneimitteln), Akupunktur, Massage und Qigong bestehe. Deshalb seien die Ergebnisse dieser klinischen Behandlung nicht auf die isolierte Behandlung mit chinesischen Heilkräutern zu übertragen. Auch seien die Behandlungsergebnisse der TCM-Klinik noch nicht wissenschaftlich anerkannt, wie sich aus der vom Kläger vorgelegten Veröffentlichung Dr. ............ (medizinische Klinik der Universität .............) "Akupunktur und TCM in Kliniken und Universitäten Deutschlands" ergebe. Auch den Veröffentlichungen über die Behandlung eines atopischen Ekzems in zwei Versuchsreihen in Großbritannien und den Studien über die Therapie von Bauchkoliken mit chinesischen Heilkräutern in Australien und den USA sei keine allgemeine Anerkennung zu entnehmen, auch wenn die Therapie in Einzelstudien Anerkennung gefunden habe. Auch aus Gründen der Fürsorge sei die Beihilfe nicht zu bewilligen. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass seine Tochter schulmedizinisch ausbehandelt worden sei. Schließlich habe die Beklagte ermessensfehlerfrei davon abgesehen, eine Ausnahmeentscheidung nach § 14 Abs. 6 HmbBeihVO zu treffen. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor und der Kläger sei nicht auf Grund seiner Einkommenssituation nicht in der Lage, die Kosten für die Therapie selbst zu tragen. Schließlich erforderten auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht, die Beihilfe zu bewilligen.

Der Senat hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 19. Oktober 2001 zugelassen, die dieser nach der am 24. Oktober erfolgten Zustellung am 21. November 2001 begründet hat.

Der Kläger vertieft sein früheres Vorbringen:

§ 5 Abs.1 Satz 1 HmbBeihVO dürfe nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmittel notwendig und damit beihilfefähig seien. Denn auch Behandlungen durch Heilpraktiker mit nicht allgemein anerkannten homöopathischen Mitteln seien beihilfefähig und auch für deren Heilmittel fehle es an placebokontrollierten Doppelblindstudien. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass auch wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden beihilfefähig seien, wenn anerkannte Heilmethoden ohne Erfolg angewendet worden seien oder keine allgemein anerkannten Heilmethoden zur Verfügung stünden. Für die Erkrankung seiner Tochter sei keine allgemein anerkannte Heilmethode vorhanden gewesen. Nachdem er drei Ärzte ohne Erfolg konsultiert habe, habe der Hautarzt lediglich eine cortisonhaltige Salbe verschrieben, die keine Wirkung gezeigt habe. Diese Behandlungsweise kuriere zudem nicht die Ursachen, sondern lediglich die Symptome der Erkrankung. Hinsichtlich der Neurodermitis und des atopischen Ekzems habe die Schulmedizin die Ursache abgesehen von einer gewissen genetischen Disposition nicht erforschen können; zudem seien sämtliche Therapieansätze der Schulmedizin wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten und führten nicht zu einer nachhaltigen Heilung. Erst nachdem 4 Ärzte seiner Tochter nicht hätten helfen können, habe er sich an Herrn ......................gewendet, der sie erfolgreich nach den Grundsätzen der traditionellen chinesischen Medizin geheilt habe. Auch wenn die chinesische Heilkräutermedizin noch nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt sei, bestehe doch begründete Aussicht, dass die TCM allgemein wissenschaftlich anerkannt werde. Diese Erwartung ergebe sich insbesondere aus der gutachterlichen Stellungnahme des Vorsitzenden der internationalen Gesellschaft für chinesische Medizin .................... vom 12. Januar 2004.

Auch seien ihm die Kosten im Wege einer Ausnahmeentscheidung nach § 14 Abs. 6 HmbBeihVO zu erstatten. Über die geltend gemachten Kosten in Höhe von DM 566,45 hinaus habe er für die Therapie insgesamt nicht erstattete Behandlungskosten von DM 2760,75 aufgewendet. Da ihm für seine Tochter eine Beihilfe in Höhe von 80 % zustünde und er selber für seine eigene ständig erforderliche medizinische Behandlung vorleistungspflichtig sei, sei ein Ausnahmefall gegeben; zumal er wegen seines Dienstunfalles und seiner vorzeitigen Ruhestandes Mindereinnahmen in Höhe von 25 % hinnehmen müsse und er für eine neue Existenzgründung 88.000 DM habe aufwenden müssen. Ferner genieße er Vertrauensschutz. Als er 1993/94 TCM-Behandlungen für seine später als Dienstunfall anerkannte Berufskrankheit begehrt habe, hätten ihm die damaligen Leiter des polizeiärztlichen Dienstes und der Beihilfestelle die Beihilfefähigkeit für eine chinesische Arzneimitteltherapie grundsätzlich bestätigt. Insbesondere habe ihm die Beihilfestelle erklärt, dass sie die Kosten übernommen hätte, wenn er keinen Anspruch auf freie Heilfürsorge gehabt hätte. Dieser Vertrauensschutz sei dadurch verstärkt worden, dass die Beklagte zunächst die Kosten für die TCM-Behandlung seiner Tochter erstattet habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2000 den Bescheid vom 8. Januar 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Beihilfe für die mit Beihilfeantrag vom 20. Dezember 1997 eingereichten Belege Nrn. 1, 2 und 4 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen: Auch wenn die Hamburgische Beihilfeverordnung im Gegensatz zu den Beihilfevorschriften des Bundes und der meisten Länder keine "Wissenschaftlichkeitsklausel" enthalte, seien wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden nicht notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 HmbBeihVO. Ein Mittel sei nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen noch nicht allgemein anerkannt, wenn lediglich eine - wenn auch gewichtige - Minderheit das Mittel für wirksam halte. An diesen Erfordernissen seien auch die Leistungen eines Heilpraktikers zu messen. Da Beihilfen für Behandlungen durch Heilpraktiker gewährt würden, habe die entsprechende Regelung in der hamburgischen Beihilfeverordnung ihre Berechtigung. Die von dem Kläger vorgelegten Studien begründeten keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung. Der Arbeitsmedizinische Dienst habe nach Rücksprache mit der Hautklinik des Universitätskrankenhauses und eigener Literaturrecherche mitgeteilt, die Behandlung von Neurodermitis mit chinesischen Heilkräutern werde nur sehr sporadisch als Außenseitermethode erwähnt. Auch lasse sich daraus nicht eine begründete Aussicht ableiten, dass die Behandlung atopischer Ekzeme und Bauchschmerzen mit unklarer Genese mit chinesischen Heilkräutern nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werde. Im übrigen sei festzustellen, dass eine schulärztliche Untersuchung und Behandlung der Tochter des Klägers nur in sehr eingeschränktem Umfange stattgefunden habe. So sei wegen des atopischen Ekzems ein Hautarzt nur zweimal aufgesucht worden. Ebenso sei nicht dargetan, dass der Lebensunterhalt des Klägers gefährdet sei, wenn er die Behandlungskosten allein trage. Schließlich lasse sich den von dem Kläger vorgelegten Schreiben des damaligen Leiters des polizeiärztlichen Dienstes nicht entnehmen, um welche naturheilkundlichen Behandlung es gegangen sei und sei mitgeteilt worden, dass die Kostenübernahme für die Medikamente durch die Beihilfestelle Probleme bereite. Der Kläger habe aber 1996 erfolglos ein Widerspruchsverfahren wegen der Gewährung von Beihilfe für chinesische Heilkräuter betrieben. Dieses Widerspruchsverfahren sei eingestellt worden, nachdem die Kosten unter Berücksichtigung der Erkrankung des Klägers und nach personalärztlicher Begutachtung aus Dienstunfallfürsorgemitteln übernommen worden seien. Deshalb und aus einer Mitteilung des personalärztlichen Dienstes vom 27. April 1995 habe dem Kläger bekannt sein müssen, dass die Beihilfe Kosten für chinesische Heilkräuter gerade nicht erstatte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu recht abgewiesen. Der Kläger kann keine Beihilfe für die von ihm eingereichten 3 Rezepte für chinesische Heilkräuteraufgüsse beanspruchen. Die Kosten für die der Tochter des Klägers verordneten chinesischen Heilkräuter sind nicht nach den §§ 5, 6 Hamburgische Beihilfeverordnung - HmbBeihVO - vom 8. Juli 1985 (GVBl. S. 161 mit spät.Änd.) beihilfefähig (dazu unter 1) Die Beklagte hat sie auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes (dazu unter 2) oder im Wege einer Ausnahmeentscheidung nach § 14 Abs.6 HmbBeihVO zu erstatten (dazu unter 3).

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 HmbBeihVO sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind. Aus Anlass eines Krankheitsfalles sind die vom Arzt im Rahmen einer Behandlung nach Art und Umfang schriftlich verordneten Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen beihilfefähig (§ 6 Satz 1 Nrn. 2 u. 1 HmbBeihVO), es sei denn, es sind Aufwendungen, die der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind (§ 5 Abs. 2 HmbBeihVO). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Arzneimitteln, die auf Grund von § 34 SGB V nicht zu Lasten einer Krankenkasse verordnet werden dürfen (§ 6 Nr. 2 Satz 2 HmbBeihVO). Es spricht zwar viel dafür, dass es sich bei den der Tochter des Klägers ärztlich verordneten chinesischen Heilkräuteraufgüssen um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts handelt (dazu unter a); auch sind die Aufwendungen dafür nicht der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen (dazu unter b). Jedoch sind die Aufwendungen für die Heilkräuter nicht notwendig (dazu unter c).

a) Der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff umfasst die unmittelbar der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Besserung und Linderung einer Krankheit dienenden Mittel (vgl. HmbOVG a.a.O.; Beschl vom 8.5.2001 -OVG 1 Bf 109/01-; BVerwG, Urt. vom 18.12.1969 ZBR 1970 S. 167). Danach zählen die der Tochter des Klägers auf der Grundlage der Jahrtausende alten traditionellen chinesischen Medizin ärztlich verordneten Heilkräuter zu den beihilferechtlichen Arzneimitteln. Die über eine Apotheke bezogenen und dort wegen der unterschiedlichen Kochzeiten der einzelnen Heilkräuter zubereiteten Kräuteraufgüsse dienten nach ihrer Zweckbestimmung der Heilung des atopischen Syndroms sowie der Bauchbeschwerden der Tochter des Klägers. Auch ihre allgemeine Zweckbestimmung ist erkennbar auf die Heilung von Krankheiten gerichtet.

b) Die Kosten für die Heilkräuteraufgüsse gehören auch nicht zu den Aufwendungen für Nahrung, die der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind und deshalb nach § 5 Abs. 2 HmbBeihVO auch dann nicht beihilfefähig sind, wenn insoweit aus gesundheitlichen Gründen höhere Aufwendungen entstehen. Es handelt sich nicht um solche Heiltees, die als Lebens- oder Genussmittel einzustufen sind. Die Aufgüsse haben einen sehr unangenehmen bitteren Geschmack, wie auch die Bevollmächtigte der Beklagten bestätigt hat. In den von dem Kläger vorgelegten Berichten über zwei Versuchsreihen zu der Behandlung des atopischen Syndroms von Sheehan, Atherton und anderen (A controlled trial of traditional Chinese medicinal plants in widespread non-exudative atopic eczema in British Journal of Dermatology 1992 S. 179, 183 und Efficacy of traditional Chinese herbal therapy in adult atopic dermatitis in The Lancet 1992 S. 13) wird dementsprechend von großen Problemen wegen des schlechten Geschmackes der Aufgüsse berichtet, der bei einigen Patienten zu einem Abbruch der Therapie geführt habe. Hinzu kommt, dass nach der von dem Verwaltungsgericht eingeholten Auskunft der Ise-Apotheke die Aufgüsse wegen der unterschiedlichen Kochzeiten der ausweislich der Rezepte bis zu 12 unterschiedlichen einzelnen Bestandteile dort zubereitet werden. Danach kann nicht angenommen werden, die Aufgüsse dienten ihrer objektiven Zweckbestimmung nach dazu, andere Getränke zu ersetzen (vgl. zu diesem Kriterium HmbOVG, Urt. vom 17.6.1994 DÖD 1995 S. 206, 208). Insoweit überzeugt der Hinweis der Beklagten auf das - insoweit nicht näher begründete - Urteil des Landessozialgericht Hamburg vom 8. 5. 1991 - VI KRBf 20/91 - nicht, nach welchem eine Leistungspflicht der Kassen für Tees oder andere Kräuterzubereitungen ohnehin nicht bestehe und deshalb auch nicht für chinesische Heilkräuter verlangt werden dürfe.

c) Die Kosten für die chinesischen Heilkräuteraufgüsse zählen aber nicht zu den im Sinne des § 5 Abs.1 Satz 1 HmbBeihVO notwendigen Aufwendungen.

c.a) Die Hamburgische Beihilfeverordnung enthält anders als die nordrhein-westfälische Beihilfeverordnung (vgl. OVG Münster, Urt. vom 23.3.1995 - 6 A 3871/93 - in juris) keine Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Ebenso sieht der Wortlaut der Hamburgischen Beihilfeverordnung im Gegensatz zu § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften - BhV - des Bundes in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918) nicht ausdrücklich vor, dass die Behörde die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ausschließen kann. Gleichwohl überzeugt die Überlegung des Klägers nicht, nach hamburgischen Recht seien grundsätzlich auch nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Arzneimittel beihilfefähig. Auch führt der Hinweis des Klägers nicht weiter, nach § 6 Satz 1 Nrn. 1 und 2 HmbBeihVO seien auch die Aufwendungen eines Heilpraktikers beihilfefähig, deren Behandlungsmethoden und Arzneien ebenfalls häufig nicht wissenschaftlich anerkannt seien. Für die Beihilfefähigkeit der von Heilpraktikern verschriebenen Arzneien gelten die gleichen Anforderungen wie bei jenen für Ärzte (HmbOVG, Beschl. vom 1.4.1998 - 1 Bf 137/98 -). Auch die von den Heilpraktikern verschriebenen Arzneien sind in der Regel nur beihilfefähig, wenn sie im Rahmen einer allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschrieben werden. Der Senat (HmbOVG, Beschl. vom 1.4.1998 - 1 Bf 137/98 -) hat entschieden, dass auch nach hamburgischen Recht nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmethoden nicht notwendig im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 HmbBeihVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Gemäß § 5 Abs. 3 HmbBeihVO entscheidet die Festsetzungsstelle über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen und kann sie ein Gutachten eines von der obersten Dienstbehörde bestimmten Arztes oder einer von ihr bestimmten Stelle einholen. Dies verdeutlicht, dass auch nach dem Willen des hamburgischen Verordnungsgebers die Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen nach ärztlich-wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist. Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven Verwendung der Steuergelder eine Begrenzung der Beihilfe auf erfolgversprechende Heilbehandlungen zulässt, ist schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urt. vom 24.11.1969 AP 1961 BeihilfenGr Nr.4). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs.2 BhV lediglich ausgestaltet und präzisiert wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.6.1995 DÖV 1996 S.37.38). Insoweit gelten die Grundsätze auch in Hamburg, die das Bundesverwaltungsgericht a.a.O. für die Beihilfefähigkeit von Heilbehandlungen entwickelt hat.

Insoweit kann dahinstehen, ob diese für Heilbehandlungen entwickelten Grundsätze vollen Umfanges für die Frage gelten, ob beispielsweise ein von einem Arzt im Rahmen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Heilmethode verschriebenes Arzneimittel mit zweifelhafter Wirksamkeit notwendig ist. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Arzt eine Arznei im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschreibt, kann diese Arznei nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung notwendig ist. Diese Anforderungen sind auch hier zu stellen. Denn der Kläger begehrt Beihilfe für eine im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschriebene Arznei.

c.b) Der behandelnde Arzt für Naturheilkunde ...........hat der Tochter des Klägers die chinesischen Heilkräuteraufgüsse auf der Grundlage der traditionellen chinesischen Medizin verschrieben. Die Behandlung des atopischen Ekzems bzw. der einer Neurodermitis ähnlichen Hautausschläge der Tochter wie auch ihrer Bauchbeschwerden unklarer Genese mit chinesischen Heilkräuteraufgüssen gehört nicht zu den allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden. Das Verwaltungsgericht hat bereits zutreffend dargelegt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG Urt. vom 29.6.1995 a.a.O.) eine Heilmethode von dritter Seite, also anderen als den Urhebern anerkannt sein muss und dass, um wissenschaftlich anerkannt zu sein, Beurteilungen von solchen Personen vorliegen müssen, die an Hochschulen und anderen Forschungsinstituten als Wissenschaftler in der jeweiligen Fachrichtung tätig sind. Insoweit genügt es nicht, dass nach dem Vorbringen des Klägers die traditionelle chinesische Medizin in China anerkannt ist und dort in eigens dafür eingerichteten Hochschulen unterrichtet wird. Die traditionelle chinesische Medizin arbeitet nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Maßstäben. Es kommt darauf an, ob ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die im vorliegenden Falle maßgeblichen Krankheiten in der westlich geprägten ärztlichen Wissenschaft allgemein anerkannt ist. Eine solche Anerkennung scheidet nicht von vornherein deshalb aus, weil die traditionelle chinesische Medizin nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Methoden arbeitet.

Eine wissenschaftliche Anerkennung setzt, um allgemein zu sein, voraus, dass die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt wird. Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.6.1995 a.a.O.).Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass es an einer solchen allgemeinen Anerkennung hier fehlt. Darauf wird verwiesen. Dagegen wendet sich auch der Kläger mit seiner Berufung nicht, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat.

c.c) Das in der Fürsorgepflicht begründete Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 HmbBeihVO, eine Beihilfe zu den dem Grunde nach notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch zur Erstattung der Kosten einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode verpflichten. Eine solche Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.6.1995 a.a.O; Urt. vom 18.6.1998, ZBR 1999 S. 25 ). In einem solchen Falle sind auch wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden und die in ihrem Rahmen verwendeten Arzneien dann beihilfefähig, wenn - ferner - nach dem Stand der Wissenschaft die Aussicht, d.h. die begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung besteht (vgl. BVerwG, Urt. vom 18.6.1998 a.a.O.; Urt. vom 29.6.1995 a.a.O.).

(1) Insoweit kann dahinstehen, ob - wie der Kläger vorträgt - eine allgemein anerkannte Methode für die Behandlung des atopischen Syndroms nicht besteht. Jedenfalls hatte der Kläger seine Tochter bereits ausreichend schulmedizinisch behandeln lassen und war ihm nicht zuzumuten, weitere Versuche zu unternehmen, seiner Tochter mit wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden helfen zu lassen, bevor er bzw. der behandelnde Arzt .............. auf die Außenseitermethode der traditionellen chinesischen Medizin zurückgriff. Insoweit überzeugt die gegenteilige Einschätzung des Verwaltungsgerichts jedenfalls unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht:

Der Kläger hat seine Tochter zunächst der Ärztin für Allgemeinmedizin ....... vorgestellt, in deren ärztlicher Mitbetreuung wegen eines der Neurodermitis ähnlichen Hautausschlages und Leibschmerzen mit Durchfällen sie sich seit Dezember 1993 befand. Nach dem Attest dieser Ärztin vom 10. Oktober 2000, das allerdings erst im Zuge dieses Verfahrens erstellt wurde, halfen schulmedizinische Maßnahmen allenfalls vorübergehend und musste von einem schulmedizinisch nicht heilbaren Zustand ausgegangen werden. Der Internist..................... konnte bei der von ihm wegen der Bauchbeschwerden im Wege des Ultraschalles, von Tastungen und Befragungen durchgeführten Untersuchung im März 1996 keinen organischen Befund feststellen und deshalb keine Therapie vorschlagen. Der dann am 30. September 1996 und 17. Juli 1997 aufgesuchte Hautarzt .................. bezeichnete die Hauterkrankung als eine Art Neurodermitis, die sich möglicherweise mit der Pubertät bessern werde und verschrieb zweimal eine cortisonhaltige Salbe. Diese Behandlung blieb jedoch erfolglos. Bei dieser Sachlage war es dem Kläger nach dem erfolglosen Besuch von immerhin 4 Ärzten nicht zuzumuten, weitere Heilungsversuche mit Hilfe der Schulmedizin zu unternehmen bevor er im August 1997 den Arzt für Naturheilkunde ................... konsultierte, der dann - im Ergebnis erfolgreich - traditionelle chinesische Heilkräuteraufgüsse verschrieb.

(2) Gleichwohl sind die Aufwendungen nicht beihilfefähig. Es fehlt an der nach dem Stand der Wissenschaft begründeten Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der chinesischen Heilkräutertherapie für die Hauterkrankung der Tochter des Klägers und ihre Bauchbeschwerden. Für die Beihilfefähigkeit genügt nicht, dass die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Anerkennung der chinesischen Heilkräutertherapie insoweit für die beiden hier fraglichen Krankheitsbilder in Zukunft in Betracht kommen könnte und die Therapie wissenschaftlich nicht endgültig verworfen ist. Die Aussicht, d.h. die begründete Erwartung auf eine wissenschaftliche Anerkennung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. vom 18.6.1998 a.a.O.) zumindest voraus, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann. Diese Mindestvoraussetzung dürfte hier zwar erfüllt sein. Dies allein reicht aber nicht aus. Die Prognose, ob eine begründete Aussicht wissenschaftlicher Anerkennung besteht, hat die gesamte Sachlage in den Blick zu nehmen. Bei der Bemessung der Wahrscheinlichkeit einer späteren allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung und des Zeithorizontes, innerhalb dessen die allgemeine Anerkennung zu erwarten ist, ist auch zu berücksichtigen, dass die Fürsorgepflicht den Dienstherrn in der Regel nicht verpflichtet, mittelbar durch die Gewährung von Beihilfe ein Stück Mitverantwortung für eine möglicherweise mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbundene und jedenfalls zur Zeit nicht wissenschaftlich abgeklärte Heilmethode mit nicht nach dem Arzneimittelgesetz als Arzneimitteln zugelassenen Heilkräutern zu übernehmen. Die danach erforderliche Einschätzung geht zu Lasten des Klägers aus.

- 1 - Allerdings attestieren nicht nur auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse die Eignung der chinesischen Heilkräutertherapie zur Heilung und Linderung von Leidensfolgen zumindest hinsichtlich der Behandlung des atopischen Syndroms.

Für die Behandlung des atopischen Ekzems (Neurodermitis) liegen drei Untersuchungen von Sheehan aus 1992 (British Journal of Dermatology 1992 S. I26, 179-184 (Bl. 80 ff d.A.) und The Lancet 1992 S.13 (Bl. 86 ff d.A.)) und 1994/1995 ( British Journal of Dermatology 1994 I 30, 488-491 (Bl.91 ff d.A.) und Clinical and Experimental Dermatology 1995; 20: 136-140 (Bl. 100 ff d.A.)) vor. Die an 23 Patienten durchgeführte erstgenannte randomisierte, verblindete Crossover-Studie mit 37 Kindern, bei denen herkömmliche Behandlungen des Ekzems erfolglos geblieben waren, zeigt eine Verbesserung der Symptomatik im Vergleich zu den mit Placebos behandelten Kindern. Dies bestätigte sich in einer an 23 der untersuchten Kinder ein Jahr später durchgeführten Folgeuntersuchung (British Journal of Dermatology 1994 I 30, 488-491). Entsprechende Ergebnisse erbrachte die dritte in The Lancet aaO veröffentlichte Studie an 31 erwachsenen Patienten. Weitere Doppelblinduntersuchungen existieren nicht , wie die von dem Kläger eingereichte Stellungnahme des Präsidenten der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin e.V. ............................... vom 12.1.2004 zeigt. Die von ..............................angeführte Untersuchung von Latchmann "The efficacy of traditional chinese herbal therapy in atopic eczema"in Int Arch Allergy Immunol 1994;104:222-226 (Bl. 300ff d.A.) beruht auf den genannten Studien von Sheehan und untersucht die verwendeten Kräuter lediglich auf ihre Wirkstoffe und die Veränderung immunologischer Werte durch die Heilkräutertherapie. Sie endet mit der Feststellung, dass die chinesische Heilkräutertherapie für Patienten mit einem atopischen Ekzem, die nicht auf herkömmliche Behandlungen ansprechen, effektiv seien (Bl. 310 d.A.). Die ferner von........................ genannte Untersuchung von Kirby "The antioxidant activity of Chinese herbs for eczema and of placebo herbs" Journal of Etno-Pharmacology 56 (1997 103 - 108) (Bl. 312 ff d.A.) berichtet von der antioxidativen Wirkung eines Teiles der eingesetzten Heilkräuter. Der ferner von ................................ genannten Untersuchung von Banerjee aus März 1998 (Bl. 316 d.A.) ist zu entnehmen, dass die Effektivität der chinesischen Heilkräutertherapie auf einer klinischen Grundlage quantifiziert wurde.

Auch hinsichtlich des Reizdarmsyndroms deuten Untersuchungen auf eine heilsame Wirkung der traditionellen chinesischen Heilkräutertherapie hin. Eine australische Arbeitsgruppe (Banssoussan "Treatment of Irritable Bowel Syndrom with Chinese Herbal Medicine" JAMA 1998-Vol 280. No.18 (Bl. 110ff d.A.)) hat insoweit eine doppelt verblindete, randomisierte Multicenter-Studie durchgeführt, die eine Besserung der Symptomatik der mit einer Heilkräutertherapie behandelten Patienten im Vergleich zu der mit Placebos behandelten Gruppe zeigt. Die Untersuchung schließt allerdings - insoweit vorsichtig - mit der Überlegung, weitere Untersuchungen der chinesischen Kräutermedizin als eine Behandlungsoption des Reizdarmsyndroms seien zu unterstützen (Bl. 114 d. A.). ..............................berichtet, dass diese Untersuchung in einer aktuellen Metaanalyse von Apanier (2003) als hochqualitativ bewertet und die traditionelle chinesische Arzneimitteltherapie neben psychologischen Verfahren als allein wirksam beurteilt worden sei.

- 2 - Ferner ist für eine begründete Erwartung einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung anzuführen: Immerhin wird die TCA an der Universität Witten-Herdecke gelehrt, 3 wissenschaftliche Fachgesellschaften bieten Ausbildungen in der Anwendung der TCM an. Überdies setzen 3 Kliniken in Bayern die TCA klinisch ein und wird der Einsatz wissenschaftlich evaluiert. Auch hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg angekündigt, in Zusammenarbeit mit medizinischen Einrichtungen aus Shanghai eine TCM-Ambulanz an der Universitätsklinik Hamburg zu gründen, die die Nachfrage hier lebender Chinesen befriedigen soll, und soll - wie der Kläger vorträgt - an der Universität Essen mit Mitteln der Thyssen-Krupp-Stiftung ein Lehrstuhl für TCM eingerichtet werden. Zudem wächst das allgemeine Interesse an der TCM. Dies zeigt ein Blick in die - teilweise allerdings auch sehr kritische (vgl. Der Spiegel 6/2000) - Berichterstattung in den Medien.

- 3 - Dies alles reicht jedoch auch dann nicht für eine begründete Erwartung einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung aus, wenn man zu Gunsten des Klägers einmal annimmt, eine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung sei auch dann möglich, wenn - wie in der Stellungnahme ............................. ausgeführt wird - eine breite Absicherung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Therapie durch Doppelblindstudien nicht erforderlich sei. Zu berücksichtigen ist, dass die TCM im klinischen Bereich abgesehen von den wenigen in der Stellungnahme von ........................... aufgeführten Kliniken und den von dem Kläger genannten Einrichtungen in Deutschland noch keine Anwendung findet, wie eine Umfrage der Beklagten bei den norddeutschen Hautkliniken bestätigt hat. Einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung stehen vielmehr gewichtige Hindernisse entgegen, die weit über das Fehlen einer klinischen Erprobungsphase hinausgehen:

Die westliche Pharmakologie lehnt die TCM als "nicht rational" ab, weil sie - wie es in der von dem Kläger eingereichten gutachterlichen Stellungnahme von ................................ heißt - nur isolierte Monosubstanzen betrachtet, während die TCM Kombinationen aus 2-15 Einzelmitteln verwendet, die Vielstoffgemische darstellen. Anders als bei anderen pflanzlichen Heilmitteln wird - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - der Wirkstoffgehalt der einzelnen Heilkräuter vor ihrer Verwendung nicht mit Hilfe von Leitsubstanzen standardisiert und sind wegen der unterschiedlichen Anbaugebiete sowie der wetterbedingt unterschiedlichen Wachstumsbedingungen Schwankungen möglich. Auch werden vielfach Bedenken wegen möglicher Verunreinigungen der verwendeten Heilkräuter und möglicher Nebenwirkungen geäußert (vgl. Stellungnahme ...................................). Es mag sein, dass durch die Verabreichung der Heilkräuter, die nicht als Arzneimittel importiert werden, nur gegen Rezept in Apotheken und der Verwendung ausschließlich auf Reinheit, Identität und Qualität geprüfter Heilkräutergemische diese Gefahren beherrscht werden können. Staatlich anerkannte Verfahren zur Sicherstellung der Identität, Qualität und Unbedenklichkeit der Heilkräutermischungen sind jedoch nicht vorhanden. Vielmehr ist ungewiss, ob und wann derartige Verfahren entwickelt werden. Insbesondere ist nicht absehbar, ob und wann es zu einer Zulassung der Heilkräutermischungen als Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586 mit spät. Änd.) kommen wird. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass auch nur der Versuch unternommen worden ist oder unternommen werden soll, chinesische Heilkräutermischungen als Arznei zuzulassen. Welche Nebenwirkungen von den Heilkräutermischungen ausgehen können, ist vielmehr weitgehend unerforscht. Es fehlt an einer Arzneimittelsicherheit, die mit derjenigen zugelassener Arzneimittel vergleichbar ist. Die von dem Kläger vorgelegten Studien sind nur an einer eher geringen Patientenzahl durchgeführt worden. Ihnen ist zu entnehmen, dass es während der Untersuchungen nicht zu schwer wiegenden Nebenwirkungen gekommen ist, aber auch begleitende Untersuchungen, insbesondere der Leberwerte für erforderlich gehalten wurden, da anderswo schädliche Nebenwirkungen von Heilkräutern beobachtet worden sind. Insoweit fehlen breit angelegte Untersuchungen. Dies mag - wie der Kläger vorbringt - an dem mangelnden Interesse der Pharmaindustrie liegen. Diese sieht möglicherweise in den Heilkräutermischungen eher Konkurrenzprodukte als Chancen für eine Vermarktung eigener Produkte und finanziert möglicherweise deshalb keine einschlägigen Untersuchungen. Dass sich diese Lage in absehbarer Zeit grundlegend ändert und die Arzneimittelsicherheit der der Tochter des Klägers verschriebenen Heilkräutermischungen in einer dem Standard zugelassener Arzneimittel vergleichbaren Weise gesichert wird, ist nicht abzusehen. Daran ändert das wachsende Interesse an der traditionellen chinesischen Medizin und die nach dem Vorbringen des Klägers größere Verbreitung der TCM in Australien und Groß-Britannien nichts. Dass die TCM auf teilweise viele Jahrhunderte alten Erfahrungen der chinesischen Heilkunst beruht, führt zu keiner günstigeren Einschätzung. Die in der dortigen traditionellen Heilkunde gewonnenen praktischen Erfahrungen ersetzen den Wert wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht.

Hinzu kommt: Die Verwendung der TCM verlangt eine umfassende und gründliche Ausbildung. Ihren Umfang taxiert der Präsident der Internationalen Gesellschaft für chinesische Medizin ............................. auf mindestens 900 Ausbildungsstunden; nach seinen Ausführungen entspricht der Aufwand zusammen mit dem Erwerb der erforderlichen klinischen Erfahrung der einer zusätzlichen Facharztqualifikation. Der Umfang dieser Fortbildung erschwert eine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung. Zusätzlich behindert eine solche Anerkennung, dass sich nach dem Vorbringen der Beklagten (Bl. 57 d.A.), an dem zu zweifeln kein Anlass besteht, in der traditionellen chinesischen Heilkräutermedizin unterschiedliche Schulen herausgebildet haben.

Auch spricht indiziell gegen eine begründete Erwartung einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach dem Vorbringen des Klägers bislang noch keinen Anlass gesehen hatte, sich mit der chinesischen Heilkräutertherapie zu befassen. Entsprechendes gilt für die Hinweise des BMI zur Durchführung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 79 BBG Teil 1/4 und die Durchführungsvorschriften der Beklagten zur Hamburgischen Beihilfeverordnung (Mitteilungen der Verwaltung 1997 S. 195) und die dort enthaltene Auflistung der wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden. In diesen Auflistungen fehlt die chinesische Heilkräutertherapie nicht etwa deshalb, weil sie wissenschaftlich anerkannt ist, sondern weil sie nach Auffassung der für diese Richtlinien und Vorschriften Verantwortlichen von einer wissenschaftlichen Anerkennung weit entfernt ist.

2. Der Kläger kann auch keine Beihilfe aus Gründen des Vertrauensschutzes verlangen.

a) Sein Vorbringen überzeugt nicht, er habe von der Beihilfefähigkeit der chinesischen Heilkräuteraufwendungen ausgehen dürfen, weil die Beklagte ihm früher die Kosten einer nach der traditionellen chinesischen Medizin erfolgten Behandlung erstattet habe. Zum einen war der Kläger wegen einer anderen Krankheit als seine Tochter, nämlich wegen eines Asthma bronchiale behandelt worden. Zum anderen hatte das Personalamt seinem damaligen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 27.4.1995 mitgeteilt, dass die bei ihm durchgeführte naturheilkundliche Behandlung grundsätzlich nicht notwendig sei und ihre Kosten daher nicht erstattet würden. Daraus dass 1996 das damals von dem Kläger durchgeführte Widerspruchsverfahren eingestellt wurde und die Beklagte nach einer personalärztlichen Untersuchung die Behandlungskosten im Rahmen der freien Heilfürsorge aus Dienstunfallfürsorgemitteln erstattet hat, durfte der Kläger nicht auf eine generelle Anerkennung der Beihilfefähigkeit der chinesischen Heilkräutertherapie schließen.

b) Auch hat die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand dadurch begründet, dass sie zunächst mit Bescheiden vom 8.10, 5.11. und 25.11.1997 Beihilfe auf die für die Behandlung seiner Tochter von Dr. Schink ausgestellten Rezepte geleistet hatte und erstmals den Antrag vom 20.12.1997 mit Bescheid vom 8.1.1998 abgelehnt hatte. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass aus der einfachen kommentarlosen Gewährung von Beihilfe nicht schutzwürdig auf eine Fortsetzung dieser Anerkennungspraxis geschlossen werden kann. Die Bewilligung der Beihilfe gilt nur für die gewährte Beihilfe und nicht für künftige Aufwendungen.

Hier kommt allerdings hinzu: Die Beklagte hatte den Kläger noch mit Beihilfebescheiden vom 8.10. und 5.11.1997 gebeten, auf die Lesbarkeit der Rezepte von ..................... zu achten, damit die Beihilfefähigkeit besser überprüft werden könne, eine derartige Bitte ist aber in ihrem Beihilfebescheid vom 25.11.1997 nicht mehr enthalten, mit dem sie anscheinend auch Beihilfe für die chinesischen Heilkräuteraufgüsse seiner Tochter gewährt hatte. Aber auch diesem Beihilfebescheid durfte der Kläger nicht schutzwürdig entnehmen, dass die Beklagte nunmehr grundsätzlich auch für die weitere Behandlung seiner Tochter die Beihilfefähigkeit der chinesischen Heilkräutermischungen anerkannt habe. Eine derartige Aussage enthält der Bescheid nicht.

Überdies kann nicht angenommen werden, dass der Kläger, wenn er auf die Beihilfefähigkeit der Behandlung vertraut haben sollte, dieses Vertrauen auch betätigt hat. Er hätte die Behandlung seiner Tochter bei ................... nicht aus Kostengründen abgebrochen, wenn er früher erfahren hätte, dass die Beklagte die Kosten nicht im Rahmen der Beihilfe erstattet. Immerhin war diese Therapie nach dem Vorbringen des Klägers bei seiner Tochter erfolgreich. Auch macht der Kläger selbst geltend, dass noch weitere Kosten angefallen seien, die erst nach der mit Bescheid vom 8.1.1998 erfolgten Ablehnung der Beihilfefähigkeit der chinesischen Heilkräuter entstanden sind.

3. Dem Kläger kann auch keine Beihilfe nach der Ausnahmevorschrift des § 14 Abs. 6 HmbBeihVO gewährt werden. Danach kann die oberste Dienstbehörde in besonderen Ausnahmefällen, die nur bei Anlehnung strenger Maßstäbe anzunehmen sind, Beihilfe unter anderen als den in der Verordnung angegebenen Maßstäben gewähren.

Ein Ausnahmefall ist eine atypische, seltene Fallgestaltung, in der eine Beihilfevoraussetzung fehlt, die Versagung der Beihilfe nach Sinn und Zweck des Beihilferechts aber dennoch unbillig wäre. Je wesentlicher eine einzelne Beihilfevoraussetzung nach dem Sinn und Zweck der Gesamtregelung ist, desto seltener wird von ihr im Wege der Ausnahmeregelung abgewichen werden können. Der Senat hat mit Urteil vom 31.10.1996 - 1 Bf 16/96 - entschieden, dass die Notwendigkeit der Aufwendungen zu den wesentlichen Beihilfevoraussetzungen zählt und, wenn diese fehlt oder zweifelhaft ist, eine Bewilligung der Beihilfe im Ausnahmewege schwerlich rechtlich möglich sein werde.

Danach fehlt es hier an den Voraussetzungen für eine Ausnahmeentscheidung. Denn die Behandlung der Tochter des Klägers mit chinesischen Heilkräuteraufgüssen war - wie oben ausgeführt - nicht notwendig. Selbst wenn man aber dies hier anders in Hinblick darauf sehen wollte, dass die Schulmedizin der Tochter des Klägers anscheinend nicht hat helfen können und die Therapie in ihrem Falle trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung erfolgreich gewesen ist, dürfte die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sein:

Sie hat ergänzend ausgeführt, die Höhe der Behandlungskosten gefährde den amtsangemessenen Unterhalt des Klägers auch dann nicht , wenn nicht nur die hier streitigen Aufwendungen in Höhe von 566,45 DM betrachtet werden, sondern man davon ausgehe, dass der Kläger insgesamt DM 2.600 für die Arzneimitteltherapie aufgewendet habe. Zwar trifft der Hinweis des 1954 geborenen Klägers zu, dass er infolge eines Dienstunfalles in den 90 ziger Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist und er daher erhebliche Einkommensverluste habe hinnehmen müssen, die er mit 25 % zuzüglich der Kosten für seine Krankenversicherung beziffert. Auf der anderen Seite ist ausweislich der Beihilfeanträge auch seine Ehefrau als Rechtspflegerin tätig und trägt sie mithin erheblich zu dem Familieneinkommen der Eheleute und der einzigen Tochter des Klägers bei. Auch spricht gegen eine wirtschaftliche Notlage, dass es dem Kläger möglich war, nach seiner Pensionierung in den letzten Jahren DM 88.000 für seine Fortbildung in einem anderen Beruf und für eine neue Existenzgründung aufzuwenden.

Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die weitere Ermessenserwägung der Beklagten fehlerfrei ist, entsprechend der Stellungnahme des Gesundheitsamtes Wandsbek komme eine Beihilfe auch mangels Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Heilkräuterbehandlung nicht in Betracht. Das Gesundheitsamt hatte in seiner Stellungnahme vom 18.11.1999 wesentlich darauf abgestellt, dass die Heilkräuter hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Unbedenklichkeit keiner staatlichen Kontrolle unterlägen.

Der Kläger hat als Unterlegener die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO und die über die Nichtzulassung der Revision auf § 132 Abs. 2 VwGO.



Ende der Entscheidung

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