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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: 1 Bs 112/08
Rechtsgebiete: PostPersRG


Vorschriften:

PostPersRG § 6
Der Widerspruch gegen Zuweisungen nach § 6 PostPersRG hat im Gegensatz zum Widerspruch gegen beamtenrechtliche Umsetzungen aufschiebende Wirkung.

Nur betriebliche Gründe von erheblichem Gewicht rechtfertigen es, einem Beamten der Postbank vorübergehend einen Dienstposten ohne amtsangemessene Tätigkeit zuzuweisen.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

1 Bs 112/08

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz sowie die Richterin Walter am 11. Juli 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Postoberinspektor beim Postgiroamt Hamburg gewesen. Ihm wurde ab dem 1. Januar 2007 die Tätigkeit eines Filialleiters in der Filiale X..... bei der Postbank Filialvertrieb AG auf Dauer zugewiesen. Mit Schreiben vom 14. März 2008 wies die Antragsgegnerin ihm mit Wirkung vom nächsten Tag die Tätigkeit Kundenberater bei der Postbankfiliale Hamburg 74 zu. Die Tätigkeit entspricht den Besoldungsgruppen A 7/A 9vz. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, der Antragsteller habe im Jahr 2007 mit der Filiale X..... nicht den erforderlichen Deckungsbeitrag erzielen können. Trotz umfangreicher Hilfestellungen sei es ihm nicht gelungen, eine große und komplexe Filiale wie X..... eigenverantwortlich zu führen. Es bestehe daher ein dringendes personalwirtschaftliches und betriebliches Interesse, ihn auf einem anderen Arbeitposten einzusetzen. Eine amtsangemessene Beschäftigung sei derzeit mangels entsprechender anderweitiger geeigneter Beschäftigungsmöglichkeiten nicht möglich. Außerdem bestehe ein erhebliches Interesse eine Kundenberaterstelle in Hamburg 74 zügig zu besetzen. Die Zuweisung wurden bis zum 28. Februar 2010 befristet. Die Antragsgegnerin ordnete die sofortige Vollziehung der Zuweisung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Eine weitere Verzögerung der Zuweisungsänderung führe dazu, dass dem Unternehmen durch entgangene Umsätze ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehe. Mit der Versetzung solle sichergestellt werden, dass die Filiale X..... wieder erfolgreicher geführt werde, damit keine weiteren Nachteile für die dort tätigen Mitarbeiter entstünden.

Dem Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. April 2008 gegen den Bescheid vom 14. März 2008 wieder herzustellen, gab das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. April 2008 statt. Zur Begründung führte es aus, dass die personalvertretungsrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Zuweisung im Wege einer vorläufigen Regelung nicht vorgelegen hätten.

Mit der Beschwerde macht die Antragsgegnerin unter anderem geltend, dass das Mitbestimmungsverfahren inzwischen zu ihren Gunsten erfolgreich abgeschlossen sei.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zwar hat die Antragsgegnerin mit der Beschwerdebegründung erfolgreich dargelegt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), dass die tragenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach Änderung der tatsächlichen Grundlagen keine Gültigkeit mehr beanspruchen können. Gleichwohl hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung erweist sich bei der im vorläufigen Verfahren gebotenen Prüfung als nicht rechtmäßig, sodass kein besonderes öffentliches Interesse an ihrer Vollziehung besteht.

1. Zutreffend sind das Verwaltungsgericht und die Beteiligten davon ausgegangen, dass vorläufiger Rechtsschutz gegen die Zuweisungsentscheidung der Antragsgegnerin, die auf § 6 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325 - PostPersRG) gestützt ist, im Wege eines Antrages gem. § 80 Abs. 5 VwGO gesucht und gewährt werden kann. Denn eine Zuweisungsentscheidung nach § 6 PostPersRG, die eine vorübergehende Verwendung des Beamten auf einem anderen Arbeitsposten von geringerer Bewertung unter Belassung seiner Amtsbezeichnung und seiner Dienstbezüge beinhaltet, greift in die Rechte des Beamten aus Art. 33 Abs. 5 auf amtsangemessene Beschäftigung unabhängig davon ein, ob dieser Eingriff rechtmäßig oder rechtwidrig erfolgt. Dies unterscheidet sie von einer bloßen Umsetzung auf einen anderen Dienstposten, die keinen Verwaltungsakt bildet. Damit berührt die Zuweisung seinen Status im Wege eines belastenden Verwaltungsaktes. Da das Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost keinen gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen eine derartige Zuweisungsverfügung geregelt hat, bleibt es bei der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 1 VwGO. Eine analoge Anwendung des § 126 Abs. 3 BRRG kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht. Angesichts des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes zum Personalrecht die Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost die Regelung des § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG lange geltendes Recht war, eine entsprechende Vorschrift sich aber im PostPersRG nicht findet, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Übertragung der Regelung des § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG auf Zuweisungsentscheidungen nach dem PostPersRG abgesehen hat. Demzufolge hat die Antragsgegnerin sich, um die sofortige Umsetzung ihrer Zuweisungsentscheidung erreichen zu können, der Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bedient.

2. Im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Zuweisungsverfügung wiederhergestellt. Die Zuweisung dürfte rechtswidrig sein. Anders als die Antragsgegnerin meint, dürften die Voraussetzungen des § 6 PostPersRG nicht vorliegen. Denn betriebliche Gründe dürften es nicht erfordern, den Antragsteller vorübergehend auf dem Arbeitsposten "Kundenberater" bei der Postbankfiliale Hamburg 74 zu verwenden.

Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller sich, wie die Antragsgegnerin meint, als Leiter der Filiale X..... nicht bewährt hat und bei seinem weiteren Verbleib dort wirtschaftlicher Schaden entsteht. Denn jedenfalls hat die Antragsgegnerin selbst vorgetragen, dass eine betriebliche Notwendigkeit für eine unterwertige Beschäftigung des Antragstellers nicht gegeben sei. Sie hat gegenüber dem Antragsteller und auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt erklärt, dass der Antragsteller die Leitung einer anderen Postbankfiliale übernehmen könne indem die Stelle des Leiters einer kleineren Filiale im Wege eines Ringtausches frei gemacht werde. Auch wenn der Antragsteller sich mit einem solchen Tausch nicht einverstanden erklärt hatte, wird dadurch erkennbar, dass es nicht betriebliche Gründe erfordern, den Antragsteller auf einem anderen Arbeitsposten von geringerer Bewertung zu verwenden. Daran ändert auch nichts, dass nach dem Vortrag der Antragsgegnerin sich auf den vakanten Posten eines Kundenberaters bei der Postbankfiliale Hamburg 74 nur eine Bewerberin gemeldet habe, die die "erforderliche Arbeitseinstellung, Einsatzbereitschaft, Eigeninitiative, Identifikation mit dem Unternehmen vermissen" lasse und es sich darüber hinaus um eine Beschäftigte handle, die sich fast zwei Jahre in Elternzeit befunden habe und erst seit dem 2. Februar 2008 wieder im Unternehmen aktiv als Mitarbeiterin am Schalter beschäftigt werde. Allein der Umstand, dass ein Arbeitsposten vakant ist und von der Antragsgegnerin nicht sofort optimal besetzt werden kann, rechtfertigt jedenfalls dann nicht die Annahme, betriebliche Gründe erforderten die Verwendung auf einem Arbeitsposten von geringerer Bewertung, wenn der Beamte unschwer auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten weiter verwandt werden könnte. Denn nach § 6 PostPersRG reicht es für eine vorübergehende Verwendung auf einem anderen Arbeitsposten von geringerer Bewertung nicht aus, dass betriebliche Gründe dafür vorliegen. Die betrieblichen Gründe müssen diese Verwendung vielmehr erfordern. Damit berücksichtigt das Gesetz, dass nur bei betrieblichen Gründen von erheblichem Gewicht das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Recht des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung zeitweilig zurückzutreten hat.

Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob die auf gerade unter zwei Jahre befristete Zuweisungsentscheidung noch als vorübergehende Verwendung im Sinne von § 6 PostPersRG angesehen werden kann (vgl. hierzu OVG Münster, Beschl. v. 14.11.2006, 1 B 1886/06, juris).

III.

Die Entscheidung über die Kosten erfolgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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