Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 1 Bs 7/05
Rechtsgebiete: BmTierSSchV, LebensmitteleinfuhrVO, FIHV, Richtlinie 97/78/EG


Vorschriften:

BmTierSSchV § 31 Abs. 1
LebensmitteleinfuhrVO § 6 Abs. 3
LebensmitteleinfuhrVO § 4 b Abs. 1
FIHV § 13 Abs. 1
Richtlinie 97/78/EG Art. 22 Abs. 2
Richtlinie 97/78/EG Art. 11 Abs. 2 b
Fleisch, das ohne die erforderlichen Dokumente in die Bundesrepublik Deutschland zur Durchfuhr transportiert und möglicherweise aus einem Gebiet mit Maul- und Klauenseuche stammt, kann sichergestellt und beseitigt werden.
1 Bs 7/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Raecke und E.-O. Schulz am 3. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird - insoweit unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses - für das Verfahren in erster und zweiter Instanz auf jeweils 350.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, die in Hamburg u.a. den Im- und Export von Fleisch betreibt, begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Verfügung des Veterinäramtes Grenzdienst Grenzkontrollstelle Hamburg Hafen der Antragsgegnerin, mit der die Durchfuhr von in 17 Containern angelandeten, aus Indien stammendem Fleisch zurückgewiesen und die unschädliche Beseitigung der Sendung binnen zwei Wochen angeordnet worden ist. Außerdem begehrt sie, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Ermessen dahingehend auszuüben, dass statt der unschädlichen Beseitigung der zurückgewiesenen Fleischsendung unter Aufhebung der Sicherstellungsanordnung die Übersendung des Fleisches nach Angola, hilfsweise dessen Rücksendung nach Indien in geschlossenen Containern zu gestatten. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Zwar dürften erhebliche Zweifel bestehen, ob der von der Antragsgegnerin zur Begründung der Zurückweisungs- und Beseitigungsverfügung angeführte § 37 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 2 b der Verordnung über das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren und Waren vom 10. August 1999 (Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung - BmTierSSchV - BGBl. I S. 1820) eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Es erscheint nicht unzweifelhaft, ob diese Vorschriften nicht gemäß § 37 Abs. 5 BmTierSSchV deshalb keine Anwendung finden, weil die Waren zur unverzüglichen Umladung bestimmt waren und das Transportbehältnis nicht verlassen sollten. Angesichts des Umstandes, dass die Antragsgegnerin den unverzüglichen Weitertransport der Waren durch Sicherstellung nach ihrer Ankunft in Hamburg - teilweise schon vorher - verhindert hat, dürfte es für die Frage der Anwendbarkeit des § 37 Abs. 5 BmTierSSchV schwerlich von Bedeutung sein, dass die von der Antragstellerin zunächst beabsichtigte Exportmöglichkeit nach Moskau (Russland) zum Zeitpunkt der Ankunft der Ware in Hamburg nicht mehr bestand. Denn es lässt sich im vorliegenden Eilverfahren kaum mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Antragstellerin außerstande gewesen wäre, für den unverzüglichen Weitertransport des Fleisches Sorge zu tragen.

Aber auch wenn § 31 Abs. 1 Nr. 2 b BmTierSSchV Anwendung finden sollte, dürften die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Beseitigungsanordnung nach dieser Vorschrift schwerlich gegeben sein. Denn die Anordnung setzt u.a. voraus, dass sie zur Vermeidung einer Gefahr der Seuchenverbreitung bei der Rücksendung erforderlich ist. Dies erscheint kaum der Fall zu sein: Das hier fragliche Fleisch ist in Tiefkühlcontainern gelagert, und auch die Antragsgegnerin hat nicht behauptet, dass diese im Fall des Ausfalls der Kühlaggregate undicht würden, so dass sich eine eventuell vom Fleisch ausgehende Seuchengefahr erhöhen könnte. Insofern vermag der Senat der Annahme des Verwaltungsgerichts einer beim Rücktransport des Fleisches nach Indien oder bei dem von der Antragstellerin beabsichtigten Weitertransport nach Angola bestehenden oder sich erhöhenden Seuchengefahr nicht zu folgen. Ob sich eine Gefahr der Seuchenverbreitung im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 2 b BmTierSSchV bereits daraus ergibt, dass in anderen, vergleichbaren Fällen aus Indien stammendes, und damit potentiell MKS verseuchtes Rindfleisch wiederholt auch nach erstmaliger Zurückweisung in die EU eingeführt werden sollte oder ob demgegenüber der Einwand der Antragstellerin durchgreift, sie habe derartiges noch niemals versucht, weshalb ihr ein derartiges Verhalten Dritter auch nicht angelastet werden könne, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

2. Denn die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin erweist sich gemäß § 6 Abs. 3 der Verordnung über die Durchführung der veterinär-rechtlichen Kontrollen bei der Einfuhr von Lebensmitteln tierischer Herkunft aus Drittländern sowie über die Einfuhr und das in Verkehrbringen sonstiger Lebensmittel aus Drittländern in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1999 (BGBl. I S. 775 mit späteren Änderungen - Lebensmitteleinfuhrverordnung) als rechtmäßig.

a) Entgegen der Ansicht der Beteiligten geht der Senat davon aus, dass die Anwendung der Lebensmitteleinfuhrverordnung nicht von der spezielleren Vorschrift der Verordnung über die hygienischen Anforderungen und amtlichen Untersuchungen beim Verkehr mit Fleisch vom 29. Juni 2001 (BGBl. I S. 1367 mit späteren Änderungen - Fleischhygieneverordnung - FlHV) ausgeschlossen ist. Denn gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 FlHV bleiben die Vorschriften der Lebensmitteleinfuhrverordnung in der jeweiligen Fassung unberührt, soweit in der Verordnung keine weitergehenden Regelungen getroffen sind. Hinsichtlich der Durchfuhr von Fleisch finden sich in der FlHV keinerlei Vorschriften. § 13 der FlHV betrifft die Einfuhr von Fleisch, womit, wie sich aus Abs. 2 der Vorschrift ergibt, die Einfuhr im engeren Sinne, nämlich in dem von Art. 2 Abs. h der Richtlinie 97/78/EG vom 18. Dezember 1997 (Amtsblatt L 24/9 v. 30.1.1998) gemeint sein dürfte. Mit dem Verwaltungsgericht ist mithin davon auszugehen, dass für die hier von der Antragstellerin beabsichtigte Durchfuhr von Fleisch § .4 b Lebensmitteleinfuhrverordnung einschlägig ist. Nach dieser Vorschrift lässt die für die Grenzkontrollstelle zuständige Behörde die Einfuhr von Lebensmitteln, die anschließend wieder ausgeführt werden sollen, unbeschadet der tierseuchenrechtlichen Vorschriften zu, wenn die Dokumenten - und die Nämlichkeitsprüfung keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben haben. Nach § 6 Abs. 3 der Lebensmitteleinfuhrverordnung kann die zuständige Behörde, wenn sie feststellt, dass die in § 1 Abs. 1 Nr. 3 genannten Lebensmittel nicht den lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen, dem Absender, Empfänger oder ihren Bevollmächtigten gestatten, die Sendung innerhalb einer Frist von 60 Tagen in einen mit diesen Personen vereinbarten Bestimmungsort außerhalb der Europäischen Union zurückzuverbringen, sofern gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen. Ansonsten sind die Lebensmittel einem Verfahren zur Unbrauchbarmachung für den Verzehr durch Menschen nach Maßgabe der zuständigen Behörde zu unterziehen oder nach den Vorschriften des Tierkörperbeseitigungsgesetzes zu beseitigen.

Auf Grund von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 97/78/EG ist § 6 Abs. 3 Lebensmitteleinfuhrverordnung einengend dahingehend auszulegen, dass die Beschlagnahme und unschädliche Beseitigung einer Sendung anzuordnen ist, wenn im Laufe der in der Richtlinie vorgesehen Kontrollen festgestellt wird, dass eine Sendung von Erzeugnissen die menschliche oder tierische Gesundheit gefährden könnte. Diese Vorschrift der Richtlinie räumt der zuständigen Veterinärbehörde kein Ermessen ein. Sie stellt die erforderlichen Eingriffsmöglichkeiten für die Veterinärbehörde zur Verfügung, wenn sich im Laufe von vorgeschriebenen Kontrollen die Möglichkeit der Gefährdung der menschlichen oder tierischen Gesundheit durch die Sendung ergibt. Ihr Regelungsgehalt unterscheidet sich von dem des Art. 17 Abs. 2 RL 97/78/EG. Danach ordnet die für die Kontrollen zuständige Behörde entweder das Entfernen der Sendung aus dem Gebiet der EU innerhalb von 60 Tagen oder, wenn die Rücksendung nicht möglich oder die Frist abgelaufen ist, deren unschädliche Beseitigung an. Voraussetzung für die Anwendung des Art. 17 Abs. 2 RL 97/78/EG ist allerdings nicht nur, dass die Sendung den Einfuhrbedingungen nicht entspricht sowie dass aufgrund der Veterinärkontrolle und gesundheits- oder tierseuchenrechtlicher Auflagen nichts entgegensteht, sondern auch, dass der Sendung Veterinärdokumente oder Veterinärbescheinigungen beiliegen, die bei einer Ausfuhr für ungültig erklärt werden können. Das damit bezweckte Ziel, eine erneute Einfuhr an einer anderen Grenzkontrollstelle zu vermeiden, kann nur erreicht werden, wenn es sich bei den der Sendung beiliegenden Veterinärdokumenten oder -bescheinigungen um authentische, echte handelt, die der konkreten Sendung verlässlich zugeordnet werden können. Fehlt es daran, dürfte in aller Regel mangels verlässlicher Dokumentation über Ursprung und veterinärrechtlicher Unbedenklichkeit der Sendung Art. 22 Abs. 2 RL 97/78/EG und nicht Art. 17 Abs. 2 RL 97/78/EG anzuwenden sein. Denn ohne Veterinärdokumente kann die Veterinärkontrolle regelmäßig die Unbedenklichkeit der Sendung nicht feststellen und - insbesondere bei Hinzutreten eines konkreten Verdachtes der Infektion mit MKS - in aller Regel nur feststellen, dass die Sendung die menschliche oder tierische Gesundheit gefährden könnte. Dieses Gefährdungspotenzial rechtfertigt, dass Art. 22 Abs. 2 RL 97/78 EG eine unschädliche Beseitigung vorschreibt und damit anders als Art. 17 Abs. 2 RL 97/78 EG keinen Rücktransport zulässt. Da die Richtlinie insofern in der Bundesrepublik Deutschland nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, hat die Antragsgegnerin als Träger der öffentlichen Gewalt alle erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie zu treffen (ständige Rechtsprechung des EUGH, zuletzt Urt. v. 7.9.2004 in der Rechtssache C-127/02 - Herzmuschelfischerei -).

b) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin geht der Senat davon aus, dass für das hier fragliche Fleisch insgesamt die erforderlichen Originaldokumente (Veterinärbescheinigungen) fehlen. Diese sind gemäß § 4 b Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 der Lebensmitteleinfuhrverordnung erforderlich. Eine Ausnahme von der Anforderung, dass insofern Originaldokumente vorliegen müssen, kann auch nicht deshalb gemacht werden, weil das hier fragliche Fleisch nur zur Durchfuhr bestimmt war. Denn auch eine Durchfuhr kann nur genehmigt werden, wenn die Dokumenten- und Nämlichkeitsprüfung keinen Anlass zur Beanstandung ergeben haben. Dies ergibt sich zum einen aus § 4 b der Lebensmitteleinfuhrverordnung, aber auch aus Art. 11 Abs. 2 a der Richtlinie 97/78/EG. Selbst wenn vorliegend die Voraussetzungen für ein Absehen von der Dokumentenprüfung und Nämlichkeitskontrolle gemäß Art. 11 Abs. 2 b der Richtlinie 97/78/EG vorgelegen haben sollten und sich die Dokumentenprüfung auf die Prüfung des Bordmanifestes hätte beschränken können, ist gleichwohl erforderlich, dass den Sendungen Originale der Veterinärbescheinigungen oder des Veterinärdokuments bzw. des nach dem Veterinärrechts ansonsten vorgeschriebenen Dokuments beiliegen (Art. 11 Abs. 2 a i.V.m. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 97/78/EG).

Die von der Antragstellerin vorgelegten Dokumente genügen sämtlich diesen Anforderungen nicht. Soweit die Antragstellerin für das Fleisch Bescheinigungen des "Animal Husbandry Department" als Veterinary Health Certificate vorgelegt hat, vermag der Senat diese nicht als echt zu akzeptieren. Denn nach der Mitteilung der Botschaft Indiens in Brüssel vom 19. November 2004 hat das Department of Animal Husbandry in Delhi mitgeteilt, dass ihr Labor keine einzige Probe untersucht habe, die von der Firma stamme, von der die Antragstellerin das aus Indien exportierte Fleisch gekauft habe. Außerdem teilt die Botschaft mit, dass eine Reihe der eingereichten Dokumente nicht vom Department of Animal Husbandry ausgestellt worden sei. Die Unterschriften des Dr. B.S. Dahiya auf diesen Bescheinigungen seien gefälscht. Auch das von der Antragstellerin eingereichte "Halal Slaughtering Certificate" vom 3. Dezember 2004 vermag die erforderlichen Veterinärbescheinigungen nicht zu ersetzen. Abgesehen davon, dass das "Certificate" erst ausgestellt worden ist, als sich das Fleisch bereits in Hamburg befand ergibt sich daraus auch keinerlei Hinweis auf eine Veterinäruntersuchung der Tiere vor der Schlachtung oder des Fleisches. Es wird lediglich bescheinigt, dass die Tiere nach dem islamischen Ritus geschlachtet worden sind und dass das Fleisch von Büffeln stamme, die in Gegenden in Maharashtra aufgewachsen sind, die frei von Maul- und Klauenseuche oder anderen ansteckenden Krankheiten waren. Außerdem wird bescheinigt, dass das Fleisch geeignet für menschlichen Verzehr und "ante-mortem & post-mortem consumption" geeignet sei. Wenn die Antragstellerin darauf gestützt und unter Berufung auf die Stellungnahme von .A..............................., Institut für Virologie der Freien Universität Berlin, ausführt, dass kein Zweifel daran bestehe, dass das von ihr importierte Fleisch MKS - virusfrei sei, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Angesichts des Umstandes dass keinerlei staatliche Bescheinigungen die Herkunft des Fleisches, geschweige eine tiermedizinische Untersuchung garantieren, fehlt es an gesicherten Anhaltspunkten dafür, dass für das Fleisch überhaupt die erforderlichen Veterinärzeugnisse existieren. Für deren Fehlen spricht auch der Umstand, dass sich weder auf dem Fleisch selber noch auf der Verpackung oder der Umverpackung des Fleisches irgendwelche Identifikationsmerkmale für eine Veterinäruntersuchung finden. Eine verlässliche nachträgliche Verbindung der in neutralen Kartons verpackten Fleischstücke zu Veterinärzeugnissen lässt sich mithin nicht herstellen. Infolgedessen muss davon ausgegangen werden, dass für das Fleisch die erforderlichen Originaldokumente nicht existieren. Damit fehlt auch für die Annahme des ........................die Grundlage, eine Kontaminierung des Fleisches mit dem MKS-Virus sei ebenso unwahrscheinlich wie eine Weiterverbreitung des Virus aufgrund von Transporten dieses Fleisches. Denn auch .A.................... geht davon aus, dass das Fleisch ordnungsgemäß geschlachtet und die Schlachttiere vor der Schlachtung von Veterinären begutachtet, das Fleisch nach der Schlachtung untersucht worden sei. Gerade dieses aber lässt sich mangels der erforderlichen Originale der Veterinärdokumente nicht feststellen. Als Ersatz für derartige Dokumente kann sich die Antragstellerin auch nicht auf die Internetseite ihres Lieferanten Nagani Cold Storage et Processing Unit berufen. Zwar wird dort ausgeführt, dass alle Tiere die von der Firma zerlegt und gepackt worden seien, gründlich vor und nach der Schlachtung von amtlichen Veterinären und unter strikter regelmäßiger Kontrolle untersucht worden seien, um zu garantieren, dass alle Produkte von höchster Qualität und höchstem Hygienestandard seien. Eine derartige Anpreisung ersetzt aber nicht die tatsächliche staatliche Kontrolle und deren Dokumentation hinsichtlich der gelieferten Fleischprodukte. Wenn die indische Botschaft in Brüssel mitteilt, dass das Department of Animal Husbandry Delhi keine Proben von der Firma Nagani Cold Storage getestet habe, dann wirken die Angaben der Firma auf ihren Internetseiten wenig verlässlich.

Fehlt es demnach an den erforderlichen Veterinärdokumenten für das hier fragliche aus Indien stammende Fleisch, kommt es für die Rechtmäßigkeit der streitigen Anordnung der Antragsgegnerin nicht darauf an, ob die Antragstellerin ihrerseits von ihrem Lieferanten getäuscht worden ist und/oder das Fehlen der Dokumente zu vertreten hat.

c) Fehlt es demzufolge an den erforderlichen Dokumenten liegen die weiteren Voraussetzungen für die hier streitigen Anordnungen der Beschlagnahme und unschädlichen Beseitigung vor. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass das Fleisch aus Indien stammt. Angesichts der in Indien weitverbreiteten Maul- und Klauenseuche, sowie angesichts des Umstandes, dass die genaue Herkunft des Fleisches mangels Veterinärzeugnissen nicht feststellbar ist, liegt es auf der Hand, dass zumindest die tierische Gesundheit durch dieses Fleisch gefährdet werden könnte. Angesichts der hohen Infektiösität der Maul- und Klauenseuche bedarf es hierzu keiner weiteren Begründung. Damit ist das der Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs. 3 Lebensmitteleinfuhrverordnung zustehende Ermessen gemäß Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 97/78/EG auf Erlass der beanstandeten Maßnahmen verdichtet. Einer erneuten Ermessensausübung der Antragsgegnerin bedarf es daher nicht mehr. Entgegen der Annahme der Antragstellerin vermag der Senat auch nicht zu sehen, dass das Schutzinteresse der EU durch Export des Fleisches nach Angola oder Rücktransport nach Indien befriedigt wäre. Zum einen ist die letzte Importgenehmigung nach Angola unter der Voraussetzung des Vorhandenseins echter Veterinärzeugnisse erteilt worden und ist mithin schwerlich zu erwarten, dass die angolanischen Behörden bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes eine Importlizenz erteilen dürften. Zum anderen ist mit der Antragsgegnerin davon auszugehen, dass die EU ein erhebliches Interesse daran hat, Fleisch, das in neutralen Kartons verpackt ist und keinerlei Herkunftszeichen erkennen lässt, darüber hinaus mit gefälschten Veterinärdokumenten in den Geschäftsverkehr gebracht worden ist, aus diesem Geschäftsverkehr endgültig zu entfernen. Denn zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass nur auf diese Art und Weise gesichert ist, dass die Europäische Union nicht erneut einem Versuch ausgesetzt sein wird, dieses Fleisch entweder durchzuführen oder gar zu importieren.

d) Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin stellt sich die entschädigungslose Beseitigungsanordnung auch nicht als unverhältnismäßige und damit rechtswidrige Maßnahme dar. Zwar ist nicht zu verkennen, dass damit im erheblichen Maße in das Eigentum der Antragstellerin eingegriffen wird. Dies ist aber erforderlich, um Menschen vor dem Verzehr dieses Fleisches, dessen Genusstauglichkeit mangels Veterinärdokumenten ungesichert ist und damit vor dem Verzehr möglicherweise gesundheitsschädlichen Fleisches zu bewahren. Ebenso ist es erforderlich, die Möglichkeit einer Verbreitung der Maul- und Klauenseuche zu verhindern. Die Gefahr einer solchen Verbreitung liegt entgegen der Annahme der Antragstellerin nicht fern. Das Fleisch stammt aus Indien, einem mit Maul- und Klauenseuche verseuchten Land. Die Freiheit des Fleisches von dieser Krankheit ist nicht festgestellt worden. Damit besteht nach dem Auftauen des Fleisches eine nicht geringe Gefahr, dass sich darin MKS-Erreger befinden und verbreiten.

3. Bei dieser Sachlage besteht kein Anspruch der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Neubescheidung zu verpflichten. Auch wenn der Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs. 3 Lebensmitteleinfuhrverordnung ein Ermessen eingeräumt sein sollte, ist dies durch Art. 22 Abs. 2 Richtlinie 97/78/EG auf die angefochtene Maßnahme verdichtet. Ein Anspruch auf die begehrte Ausfuhrgenehmigung für das sichergestellte Fleisch besteht mithin nicht.

III.

Die Antragstellerin trägt als Unterlegene die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 3 GKG n.F. Nach den Angaben der Antragstellerin, an denen zu Zweifeln der Senat keinen Anlass sieht, ist das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an einem positiven Ausgang des vorliegenden Eilverfahrens mit 350.000,-- EUR zu beziffern. Da die Antragstellerin im Falle des Obsiegens durch den dann möglichen und geplanten Export des Fleisches dessen spätere Vernichtung unmöglich machen würde, wird mit dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Sache ganz vorweg genommen. Gemäß Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004 S. 1327) an dem sich der Senat im Interesse einer transparenten und einheitlichen Streitwertbestimmung orientiert, kann der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes angehoben werden. Davon macht der Senat vorliegend Gebrauch.

Ende der Entscheidung

Zurück