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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 2 Bf 132/00
Rechtsgebiete: BauGB, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 3
BImSchG § 22
1. Der Maßstab für die im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigenden Störungswirkungen des bewegten Schattenwurfs einer Windenergieanlage für ein Wohngebäude kann nur an eine tatsächlich zu erwartende und nicht an eine astronomisch mögliche Beschattungsdauer anknüpfen. Dabei sind Windrichtung, Sonnenscheindauer und Betriebszeiten nach statistischen Wahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen.

2. Die schattenmindernde Wirkung von Hindernissen wie z.B. Bäumen und Häusern zwischen Wohngebäude und Windenergieanlage ist zu berücksichtigen, wenn ihr Fortbestand dauerhaft zu erwarten ist.

3. Es bleibt offen, ob die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) unter dem 13. März 2002 veröffentlichten Richtwerte für die Zeiten der Beschattung schutzwürdiger Räume zutreffend hergeleitet sind. Die dabei als tatsächliche Beschattungszeiten enthaltenen Werte von 8 Stunden jährlich und 30 Minuten täglich sind - als Einwirkung über die Fenster derselben Wohneinheit berechnet - jedenfalls nicht zu hoch. Als Richtwerte für die Beschattung von Außenwohnbereichen oder sonstigen Freiflächen auf Wohngrundstücken erscheinen sie nicht geeignet.


HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Urteil

2 Bf 132/00

Verkündet am 29. April 2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch die Richter K. Schulz, Probst und Dr. Ramcke sowie die ehrenamtlichen Richter Donges und Daleki

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1999 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die jeweilige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 133 Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen (§§ 133 Abs. 2, 67 Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils durch einen Vertreter, wie in Absatz 2 angegeben, zu begründen. Die Begründung ist beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§§ 133 Abs. 3, 132 Abs. 2 Nr. 1 - 3 VwGO).

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung von vier Windenergieanlagen.

Zusammen mit seiner Familie bewohnt der Kläger die südliche Hälfte eines ehemaligen Bauernhauses, das als Doppelhaus ausgebaut wurde. Dieses befindet sich auf dem 3.215 qm großen Flurstück .... der Gemarkung .......... und ist ... .............. belegen. Das Grundstück - im folgenden als Grundstück des Klägers bezeichnet - unterliegt einschließlich des Gebäudes dem Wohnungseigentumsgesetz. Die südliche Hälfte des Doppelhauses steht im jeweils hälftigen Sondereigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Beide verfügen wiederum je zur Hälfte über einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück. Südwestlich der Doppelhaushälfte ist das Grundstück mit einer bis zur Traufe etwa 5 m hohen Holzscheune bebaut. Nördlich des Grundstücks auf der anderen Seite des ........... führt die Autobahn 24 in einem Abstand von etwa 400 m vorüber.

Die von der Beigeladenen bereits errichteten vier Windenergieanlagen liegen südwestlich des Grundstücks des Klägers im rückwärtigen Bereich des ........... auf den Flurstücken 88 bis 91. Sie sind in einer geraden Linie in etwa nach Süden ausgerichtet. Die der Doppelhaushälfte des Klägers am nächsten gelegene Windenergieanlage 1 weist zur Doppelhaushälfte einen Abstand von etwa 470 m auf. Der Abstand der Windenergieanlage 2 beträgt etwa 670 m. Die beiden übrigen Anlagen mit den Nummern 3 und 4 liegen etwa 890 m bzw. 1.130 m entfernt. Auf einem zwischen diesen Anlagen und dem Grundstück des Klägers vorhandenen anderen Grundstück befindet sich eine Baumreihe, die die Sicht auf diese Anlagen zum Teil einschränkt.

Das Grundstück des Klägers und das des Vorhabens sind im Baustufenplan Bergedorf II (erneut festgestellt am 14. Januar 1955) als "Grünflächen (Außengebiet)" ausgewiesen.

Mit dem am 4. November 1994 bei der Beklagten eingegangenen Antrag strebte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die vier Windenergieanlagen an. Jeder dieser baugleichen Anlagen sollte aus einem konischen Stahlrohrturm mit einem dreiblättrigen Rotor bestehen. Als Nabenhöhe waren 50 m bei einer maximalen Gesamthöhe einschließlich Rotor von 70,50 m vorgesehen. Der Durchmesser des Rotors sollte 41 m betragen.

Diese Anlagen genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 und gab der Beigeladenen unter Nr. 7 der Nebenbestimmungen gleichzeitig auf, dass der Immissionswert von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) beim Betrieb der Anlagen einzuhalten sei.

Seit Dezember 1995 sind die vier Windenergieanlagen in Betrieb.

Mit Schreiben vom 2. Mai 1996 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Baugenehmigung: Von dem Vorhaben gingen unzumutbare Belästigungen durch Geräusche und Lichteffekte aus. Die auf die Rotorblätter treffenden Sonnenstrahlen bewirkten auf dem Grundstück des Klägers starke Blendwirkungen.

Anlässlich der von der Beklagten durchgeführten Ortsbesichtigung erklärte der Kläger persönlich, dass seine Belästigung von den Sonnenstrahlen herrühre, die durch die sich bewegenden Rotorblätter fielen. Eine Blendwirkung (Lichtreflexion) habe ihn bisher nicht belästigt. Die an seiner Hausfront vorüberziehenden Schatten stammten von den beiden nächst gelegenen Windenergieanlagen. Ein Mitarbeiter der Beklagten erklärte, dass er bereits zweimal Geräuschmessungen in der Umgebung der Windenergieanlagen durchgeführt habe. In der Nähe der Wohnhäuser des ........... hätten regelmäßig die Geräusche der Autobahn dominiert. Je näher er an die Windenergieanlagen herangegangen sei, desto leiser sei es geworden. Auch in beträchtlicher Entfernung von den Wohnhäusern habe er nicht mehr als 40 dB(A) feststellen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Eine Verletzung der Rechte des Klägers ergebe sich nicht aus dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot. Unter Anwendung von § 3 BImSchG sei nicht ersichtlich, dass der Kläger durch das Vorhaben erheblichen Belästigungen ausgesetzt sei. Die nach der TA Lärm einzuhaltenden Richtwerte von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) würden nicht überschritten, wie die Messungen ergeben hätten. Auch der Schlagschatten führe nicht zu einer Unzumutbarkeit. Das Grundstück des Klägers liege seinem äußeren Eindruck nach in einem Dorfgebiet. In solchen käme es aufgrund der Nähe zum Außenbereich zu nicht unwesentlichen Immissionen verschiedenster Art, die hinzunehmen seien. Dies gelte auch für Schlagschattenwürfe, die im vorliegenden Fall im wesentlichen auf die Monate Oktober bis März und auf längstens zwei Stunden pro Tag beschränkt seien. Der Schlagschatten sei auch aufgrund der relativ großen Entfernung zu den Windenergieanlagen weniger markant.

Am 11. Februar 1997 hat der Kläger Klage erhoben und zunächst ohne weitere Begründung den Antrag gestellt, die Baugenehmigung im Hinblick auf die "beiden nächst gelegenen Anlagen" aufzuheben. Mit seiner außerhalb der Klagefrist eingegangen Klagebegründung hat er ausgeführt: Da die Baugenehmigung ein nicht privilegiertes Vorhaben betreffe, beurteile sich deren Rechtmäßigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Windenergieanlagen der landwirtschaftlichen Nutzung des Gebiets widersprechen würden. Die Richtwerte der TA Lärm von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) seien nicht als absolute Werte zu verstehen. Durch die Autobahn sei bereits eine nicht landwirtschaftstypische Vorbelastung vorhanden. Die Kumulation der Geräuscheinwirkungen verletzte das Rücksichtnahmegebot. Es treffe nicht zu, dass hinsichtlich des Schlagschattens in einem Dorfgebiet höhere Immissionen zulässig seien, als etwa in einem Wohngebiet. Denn hierbei handele es sich nicht um dorfgebietstypische Immissionen. Im Übrigen sei anzuzweifeln, ob es sich überhaupt um ein Dorfgebiet handele. Die Unzumutbarkeit des Schlagschattens folge auch daraus, dass dieser zu einer Tageszeit auftrete, in der die Familie des Klägers die betroffenen Räume besonders häufig nutze. Der Kläger wende sich nur gegen den Schlagschatten und nicht gegen Lichtreflexionen.

Der Kläger hat beantragt,

die Baugenehmigung vom 1. Dezember 1994 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1996 (richtig: 3. Januar 1997) aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich nur auf ihren Widerspruchsbescheid bezogen.

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zunächst keine inhaltlichen Ausführungen gemacht.

Das Verwaltungsgericht hat zu der Frage, über welchen Zeitraum innerhalb eines Jahres mit einem Schattenwurf durch die vier Windenergieanlagen auf dem Grundstück des Klägers zu rechnen sei, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. In dem unter dem 23. März 1999 erstellten Gutachten führt die Sachverständige unter anderem aus: Zunächst habe sie die astronomisch maximale Schattenwurfbelastung errechnet, wobei sie insbesondere von einem wolkenlosen Himmel, einer mit dem jeweiligen Azimutwinkel der Sonne identischen Windrichtung, einem ständigen Betrieb der Windenergieanlagen und keiner Verdeckung der Immissionsflächen durch Gebäude, Bewuchs pp. ausgegangen sei. Hieraus habe sie dann die mittlere statistisch wahrscheinliche Schattenwurfbelastung unter Berücksichtigung der mittleren Sonnenscheindauer je Monat, der Windrichtungsverteilung und der Anzahl der Betriebsstunden, die durch die Anlaufgeschwindigkeit der Anlagen eingeschränkt sei, errechnet. Dabei seien die Stillstandszeiten aufgrund von Wartung und Schäden an den Anlagen sowie die Verdeckung durch Gebäude, Bewuchs pp. unberücksichtigt geblieben. Hiervon ausgehend hätte sich für die Südseite des Erdgeschosses des Wohnhauses bei einer Immissionsfläche von 14 x 3,5 m ein Schattenwurf für die Monate Oktober bis März mit folgenden wahrscheinlichen ("realen") Werten ergeben: Oktober 43 min., November 25 min., Dezember 1 min., Januar 22 min., Februar 28 min., März 8 min.. Dieser Schatten trete in etwa in der Zeit von 15.30 bis 17.30 Uhr auf. Als höchster astronomisch möglicher Tageswert seien 22 min. ermittelt worden. Hinsichtlich der Westseite des Erdgeschosses erfolge der Schattenwurf ebenfalls innerhalb der genannten Monate und der genannten Tageszeit und erreiche bei einer Immissionsfläche von 26 x 3,5 m folgende wahrscheinliche Werte: Oktober 69 min., November 31 min., Dezember 8 min., Januar 35 min., Februar 51 min., März 6 min.. Als höchster astronomisch möglicher Tageswert seien 28 min. errechnet worden. Hinsichtlich der weiteren Werte für die südliche Giebelseite, die westliche Dachschräge und die Grundfläche des Grundstücks wird auf das Gutachten verwiesen. Insgesamt bewertete die Gutachterin den durch die Windenergieanlagen verursachten Schattenwurf als gering. Das Staatliche Umweltamt Schleswig gehe von zulässigen Immissionswerten von 30 Std./Jahr und 30 min./Tag hinsichtlich der astronomisch möglichen Werte aus, die an einem Wohnhaus nicht überschritten werden dürften. Eine solche Überschreitung sei hier hinsichtlich des Wohnhauses des Klägers nicht gegeben. Eine Überschreitung dieser Werte hinsichtlich des Grundstücks sei unerheblich.

Das Verwaltungsgericht hat die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung befragt. Diese hat unter anderem ausgeführt, dass sie aus Gründen der Vereinfachung als Immissionsfläche im Erdgeschoss nicht die Fläche der einzelnen Fenster angenommen habe, sondern die gesamte Wandfläche mit Ausnahme eines 50 cm hohen Bandes unterhalb des Obergeschosses. Würde auch dieses Band als Immissionsfläche berücksichtigt, so würden alle Werte ab 26 min./Tag über 30 min./Tag liegen und die im Gutachten gemachte Aussage, dass keine unzulässig hohen Belastungen durch den Schattenwurf vorliegen würden, nicht mehr aufrecht zu erhalten sein. Nichts desto trotz sei sie jedoch der Ansicht, dass nicht die gesamte Wandfläche, sondern nur die Fensterfläche als Immissionsfläche zu berücksichtigen sei.

Der Kläger hat zu dem Gutachten und den von der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung gemachten Ausführungen erklärt, dass der für die gesamte Grundfläche des Grundstücks errechnete (astronomisch mögliche) Schattenwurf 54 Std. und 18 min. pro Jahr betrage und damit den vom Staatlichen Umweltamt Schleswig für Windenergieanlagen zugrundegelegten Wert von 30 Std./Jahr deutlich übersteige. Auch der vom Staatlichen Umweltamt Schleswig berücksichtigte Wert von 30 min./Tag werde für die Grundfläche des Grundstücks an zahlreichen Tagen überschritten, wobei zum Teil ein Wert von 42 min./Tag erreicht werde. Hinsichtlich der Werte für die Immissionsflächen im Erdgeschoss des Gebäudes würden sich nach Angabe der Gutachterin bei Berücksichtigung der gesamten Höhe der Gebäudewand - also zuzüglich eines 50 cm hohen Streifens - alle Werte ab 26 min./Tag so erhöhen, dass sie über dem Wert von 30 min./Tag liegen würden.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass angesichts eines wahrscheinlichen Schattenwurfs von 7 1/2 Std./Jahr auf der Grundfläche des Grundstücks und eines astronomisch möglichen Schattenwurfs von maximal 32 min./Tag im Gebäude (bei Berücksichtigung auch des 50 cm hohen Wandstreifens) eine Rücksichtslosigkeit nicht erkennbar sei. Im Übrigen seien jedoch zum einen nur die tatsächlichen Fenster maßgeblich und zum anderen würde selbst eine um 50 cm erhöhte Immissionsfläche nicht zu einem Zuschlag von 12,5 v.H. führen, da der Schatten von West nach Ost wandere und der Sonnenstand dabei keine maßgebliche Rolle spiele.

Die Beigeladene hat darauf hingewiesen, dass die Gutachterin die Abschattung durch die Holzscheune und die Baumreihe außer Betracht gelassen habe. Ferner sei die zu berücksichtigende Fensterfläche kleiner als die gewählte Fläche und die Westseite des Hauses nicht 26 m, sondern nur halb so lang. Schließlich dürften dem Kläger nicht das gesamte Grundstück mit 3.600 qm, sondern ebenfalls nur etwa die Hälfte zuzuordnen sein. Der vom Staatlichen Umweltamt Schleswig berücksichtigte Wert von 30 Std./Jahr und 30 min./Tag beziehe sich auf den durch die Fenster einfallenden Schattenwurf und nicht auf die Grundstücksfläche.

Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1999 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen: Die von den Windenergieanlagen ausgehenden Emissionen würden die Schwelle der Unzumutbarkeit nicht überschreiten. Dies gelte insbesondere für die geltend gemachte Verschattung. Maßgeblich sei insofern nur die Doppelhaushälfte des Klägers und nicht der Garten. Nur an zwei Tagen liege die Verschattung über dem sogenannten Grenzwert von 30 min./Tag, der ohnehin nicht rechtsverbindlich sei. Im Übrigen schließe sich das Gericht der Beurteilung der Sachverständigen an.

Der Kläger begründet seine mit Beschluss vom 19. Juni 2002 zugelassene Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen wie folgt: Die Baugenehmigung für die Errichtung von vier Windenergieanlagen verletze ihn in seinen Rechten. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu beachtenden schutzwürdigen Interessen des Bauherrn gegen die des Nachbarn abzuwägen. Es sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Gutachterin keine unzumutbaren Belastungen angenommen habe. Vielmehr habe diese in der mündlichen Verhandlung ihre entsprechende Aussage im Gutachten ausdrücklich zurückgenommen. Im Rahmen des Rücksichtnahmegebots sei auch zu beachten, dass das Gebäude des Klägers Bestandsschutz genieße, und die Windenergieanlagen im besonders schutzwürdigen Außenbereich liegen würden. Die Unzumutbarkeit des Schattenwurfs folge daraus, dass sich hinsichtlich der Grundfläche des Grundstücks teilweise eine Belastung von über 42 min./Tag ergebe. Auch in den Wintermonaten werde der Garten zu längeren Aufenthalten zum Beispiel für gärtnerische Arbeiten genutzt, die typischerweise bei Sonnenschein erfolgten. Bei Betrachtung der Wohnräume sei die gesamte Gebäudefront zu berücksichtigen, was dazuführe, dass alle ermittelten Werte von 26 min./Tag derart zu erhöhen seien, dass sie über dem zulässigen Wert von 30 min./Tag liegen würden. Das Verwaltungsgericht habe auch keine Ausführungen zu den Geräuschimmissionen gemacht. Hierbei dürfe nicht schematisch auf die von der TA Lärm genannten Werte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts abgestellt werden. Vielmehr führe die Kumulation mit den Geräuschen der Autobahn zu einer unzumutbaren Belastung. Ferner sei der sogenannte Disco-Effekt (Lichtreflexionen) zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 1999 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg abzuändern und den Baugenehmigungsbescheid vom 1. Dezember 1994 und den Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei und der Kläger die Ausführungen der Gutachterin fehlerhaft verstehe.

Die Beigeladene hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt. Aus der von ihr vorgelegten erneuten Schallberechnung ergibt sich unter Berücksichtigung eines Schallleistungspegels von 102 dB(A) ein Immissionswert am Haus des Klägers von 39,1 dB(A).

Der Berichterstatter hat das Grundstück des Klägers einschließlich des Hauses und der näheren Umgebung in Augenschein genommen. Auf das hierüber gefertigte Protokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sachakten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Denn der Klage fehlt es zum Teil bereits an der Zulässigkeit und im Übrigen an der Begründetheit.

I.

Gegenstand der Klage und im Übrigen auch der Berufung ist der der Beigeladenen erteilte Baugenehmigungsbescheid vom 1. Dezember 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Januar 1997 ohne jede Einschränkung. Damit richtet sich die Klage - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat - der Sache nach gegen sämtliche vier Windenergieanlagen.

II.

Soweit sich die Klage auf die Baugenehmigung für die Windenergieanlagen 3 und 4 bezieht, ist sie wegen der Versäumung der Klagefrist unzulässig. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist der Widerspruchsbescheid dem Kläger am 14. Januar 1997 zugestellt worden, so dass die Klagefrist am 14. Februar 1997 ablief. Mit der innerhalb der Klagefrist erhobenen Klage beantragte der Kläger zunächst ausdrücklich nur die Aufhebung der Baugenehmigung "im Hinblick auf die beiden nächstgelegenen Anlagen". Damit sind die Windenergieanlagen 1 und 2 gemeint. Eine Begründung der Klage, aus der ein weitergehender Wille hätte geschlossen werden können, erfolgte mit der Klageschrift nicht. Erst in der Klagebegründung, welche am 17. März 1997 und somit außerhalb der Klagefrist beim Verwaltungsgericht einging, erwähn-te der Kläger in der rechtlichen Würdigung beiläufig, dass er sich durch vier Windenergiean-lagen beeinträchtigt fühle. Insoweit kann offen bleiben, ob bereits hierin oder erst in der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine nach § 91 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässige Klageerweiterung zu sehen ist. In beiden Fällen ist die Klage hinsichtlich dieser Erweiterung verfristet.

Im Übrigen ist die Klage zulässig. Dies scheitert insbesondere nicht daran, dass der Kläger nicht alleiniger Wohnungseigentümer ist. Denn gleichwohl kann er im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, in seinen Rechten - hier seinem Sonder- und Miteigentumsanteil -verletzt zu sein.

III.

Hinsichtlich des zulässigen Teils der Klage ist diese unbegründet. Nichts anderes würde im Übrigen für den unzulässigen Teil gelten. Durch den Baugenehmigungsbescheid in seiner maßgeblichen Gestalt wird der Kläger nicht im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt.

Für die Frage nach einer Verletzung von Rechten des Klägers kommt es allein darauf an, wie die von den Windenergieanlagen 1 und 2 auf sein Grundstück einwirkenden Immissionen zu beurteilen sind. Die Unvermeidbarkeit, die Anlagen vom eigenen Wohngrundstück aus zu sehen, beeinträchtigt den Kläger nicht in der Nutzung des eigenen Grundstücks, kann eine Verletzung seiner Rechte nicht begründen und ist auch für die Bewertung der Immissionen nicht von Bedeutung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Windenergieanlagen im Außenbereich eine typische und privilegierte Nutzungsform darstellen, was seit der Änderung von § 35 Abs. 1 BauGB zum 1. Januar 1997 der Fall ist. Ob bei kürzeren Abständen auch eine optische Bedrängung durch die sich bewegenden Rotoren als Nutzungsbeeinträchtigung in Betracht kommt (OVG Münster, Beschluss vom 2.4.2003, NuR 2004, S. 252), kann dahinstehen. Bei den hier gegebenen Entfernungen von mehr als 400 m scheidet eine solche Beeinträchtigung jedenfalls aus.

Die hier als Immissionen in Betracht kommenden Geräusche (1) und sich bewegenden Schatten (2) führen nicht zu einer Verletzung eigener Rechte des Klägers. Auch kommt eine solche Verletzung nicht durch Lichtreflexionen in Betracht. Zwar hat der Kläger diese in seiner Berufungsbegründung kurz erwähnt. Nähere Ausführungen hierzu erfolgten aber nicht. Der Kläger hat im Gegenteil in der Widerspruchsverhandlung persönlich erklärt, dass ihn Lichtreflexionen bisher nicht belästigt hätten. Dies entspricht seiner Erklärung im Klageverfahren, sich nur gegen den Schlagschatten und nicht gegen Lichtreflexionen wenden zu wollen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, wobei allerdings nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen sind (BVerwG, Beschl. v. 23.4.1998, NVwZ 1998 S. 1179, m.w.N.; zu Windenergieanlagen OVG Münster, Beschl. v. 26.4.2002, BauR 2002 S. 1507, 1508, m.w.N.).

1) Hinsichtlich der Geräuschimmissionen ergibt sich eine Rechtsverletzung des Klägers zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 1. Dezember 1994 weder aus dem aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgenden Rücksichtnahmegebot noch aus den §§ 3 Abs. 1, 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG.

Das aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgende Rücksichtnahmegebot ist hier deshalb einschlägig, weil sich das Grundstück des Vorhabens (nicht des Klägers; siehe OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003, BauR 2003 S. 1361, 1362; Beschl. v. 3.9.1999, NVwZ 1999 S. 1360) im Außenbereich nach § 35 BauGB befindet. Dem steht nicht entgegen, dass der Baustufenplan Bergedorf II (erneut festgestellt am 14.1.1955) für dieses Grundstück die Ausweisung "Grünflächen (Außengebiet)" enthält. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 21.9.2000, NordÖR 2001 S. 81, 82 f.) sind Ausweisung diesen Inhalts obsolet geworden.

Auch die nachbarschützenden Vorschriften der §§ 3 Abs. 1, 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG in der Fassung des Magnetschwebebahnplanungsgesetzes vom 23. November 1994 (BGBl. I S. 3486) - im Folgenden: BimSchG 1994 - sind vorliegend einschlägig. Denn die von der Baugenehmigung erfassten vier Windenergieanlagen waren zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im Sinne des § 22 Abs. 1 BimSchG 1994 nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Dies hat sich erst mit Wirkung ab dem 3. August 2001 durch Art. 4 Nr. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950, 1978 ff.) geändert, womit die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen einschließlich deren Anhangs geändert wurde, so dass nach Nr. 1.6 Spalte 2 des dortigen Anhangs "Windfarmen" ab drei Windenergieanlagen (einschließlich) der Genehmigungspflicht unterliegen (siehe auch OVG Münster, Beschl. v. 13.5.2002, NVwZ 2002 S. 1131).

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Differenzierung dieser Rechtsgrundlagen in den Fällen, in denen sich wie hier, das Rücksichtnahmegebot auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Immissionen bezieht, nicht geboten. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz hat die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht allgemein bestimmt. Damit knüpft die Unzumutbarkeit im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG an (BVerwG, Urt. v. 30.9.1983, BRS 40 Nr. 206; vgl. auch Urt. v. 27.8.1998, BRS 60 Nr. 83; Urt. v. 23.9.1999, BRS 62 Nr. 86; OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003, BauR 2003 S. 1361, 1362; Urt. v. 18.11.2002, BauR 2003 S. 517, 518; OVG Koblenz, Urt. v. 12.6.2003, NuR 2003 S. 768, 769). Um solche schädlichen Umwelteinwirkungen handelt es sich bei Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nach-teile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizu-führen.

Wann in diesem Sinne bei Geräuschimmissionen schädliche Umwelteinwirkungen anzunehmen sind, ist normativ nicht näher bestimmt. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) - im Folgenden: TA Lärm 1998 - einen brauchbaren Anhaltspunkt hierfür liefert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.3.2003, Buchholz 406.12 § 12 BauNVO Nr. 10, m.w.N., Beschl. d. Senats v. 12.2.2002 - 2 Bs 384/01 -; OVG Koblenz, Urt. v. 12.6.2003, NuR 2003 S. 768, 769; OVG Münster, Urt. v. 18.11.2002, BauR 2003 S. 517, 519; OVG Greifswald, Beschl. v. 8.3.1999, BRS 62 Nr. 109). Dies bedeutet zugleich, dass dem genannten Regelwerk keine rechtliche Bindung zu kommt. Welche Folgerungen aus diesem Regelwerk zu ziehen sind, bleibt vielmehr der tatrichterlichen Bewertung vorbehalten (so ausdrücklich BVerwG, a.a.O.; BVerwGE 81 S. 197, 203), so dass hierdurch auch weder die Sach- noch Rechtslage, sondern vielmehr der Erkenntnisstand betroffen ist.

Nach Nr. 6.1 lit. c) der TA Lärm 1998 beträgt der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Diese Werte sind hier maßgeblich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Grundstück des Klägers, für das der Baustufenplan Bergedorf II ebenfalls die obsolete Ausweisung "Grünflächen (Außengebiet)" enthält, im Außenbereich nach § 35 BauGB oder nach § 34 BauGB innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils lag. Wäre letzteres der Fall, wofür einiges spricht, würde sich nach § 34 Abs. 2 BauGB aus der Eigenart der näheren Umgebung ergeben, dass es sich um ein Baugebiet im Sinne eines Dorfgebiets nach § 5 BauNVO handelte. Denn die nähere Umgebung diente nicht nur dem Wohnen, sondern auch landwirtschaftlichen Betrieben insbesondere im Rahmen des Gemüseanbaus und der Grünland-Wirtschaft. Im maßgeblichen Zeitpunkt waren ausweislich des in den Akten befindlichen Kartenmaterials beispielsweise verschiedene Gewächshäuser vorhanden. Wäre von einem Außenbereich nach § 35 BauGB ausgehen, so wäre der Richtwert von Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten ebenfalls anwendbar. Denn nach ständiger Rechtsprechung (OVG Koblenz, Urt. v. 12.6.2003, NuR 2003 S. 768, m.w.N.; OVG Münster, Urt. v. 18.11.2002, BauR 2003 S. 517, 520, m.w.N.) ist dieser Wert für Wohn-gebäude im Außenbereich maßgeblich.

Die genannten Immissionsrichtwerte werden nicht überschritten. Allerdings folgt dies nicht bereits daraus, dass es in Nr. 7 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung heißt, dass der Immissionswert von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) beim Betrieb der Anlagen nicht überschritten werden darf. Maßgeblich ist vielmehr, ob die konkreten baulichen Maßnahmen ausreichen, die Immissionsschutzrichtwerte einzuhalten (Beschl. d. Senats v. 26.2.2002 - 2 Bs 117/02 -; OVG Münster, Beschl. v. 6.8.2002, BauR 2003 S. 674, 676; Urt. v. 18.11.2002, BauR 2003 S. 517, 525). Dies ist hier der Fall. Nach der Schallprognose der Beigeladenen vom 7. Januar 2004, die sich auf alle vier Windenergieanlagen bezieht und an deren fachlicher Qualität Zweifel nicht ersichtlich sind, liegt der Beurteilungspegel am Haus des Klägers bei 39,1 dB(A) und somit deutlich unter dem maßgeblichen Richtwert. Die in das Widerspruchsverfahren eingeführten Messergebnisse und die in vergleichbaren Rechtsstrei-tigkeiten ermittelten Immissionswerte von 42,5 dB(A) bei einem Emissionspegel von 101,6 dB(A) in einer Entfernung von unter 300 m (OVG Münster, BauR 2003, S. 674 f.) und von 41,6 dB(A) bei einem Emissionspegel von 105,4 dB(A) in einer Entfernung von 355 m (OVG Münster, BauR 2002, S. 1507) zeigen die Plausibilität der Prognose jedenfalls inso-weit, als daraus auf ein deutliches Unterschreiten auch des nächtlichen Immissionsrichtwer-tes von 45 dB(A) geschlossen werden kann. Anhaltspunkte für ihre Unrichtigkeit sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Eine gemeinsame Betrachtung der auf das klägerische Grundstück einwirkenden Verkehrslärmimmissionen von einer nahe gelegenen Autobahn mit den Immissionen der streitbefangenen Anlagen kann die Unzumutbarkeit der Letztgenannten nicht begründen. Eine rechnerische Zusammenführung beider Lärmeinwirkungen sieht weder die TA Lärm noch die Verkehrslärmschutzverordnung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I, S. 1036) vor. In der realen Wahrnehmung kann das ca. 40 dB(A) starke und damit ca. 6 dB(A) unter dem Immissionsrichtwert liegende Geräusch der streitbefangenen Anlagen einen auf dem Grundstück dominierenden Verkehrslärm nicht ins Unzumutbare steigern. Ebenso wenig würde umgekehrt ein hinter dieses Anlagengeräusch zurücktretender Verkehrslärm nicht ausreichen können, eine insgesamt unzumutbare Lärmbelastung zu erzeugen.

2) Der Kläger wird auch nicht durch die Einwirkung des bewegten Schattenwurfs in seinen Rechten verletzt.

Der Maßstab der Prüfung ist hier ebenfalls das aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgen-de Rücksichtnahmegebot. Dahingestellt bleiben kann, ob daneben auch die §§ 3 Abs. 1, 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BimSchG 1994 anwendbar sind. Sollte dies der Fall sein, wäre das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung für das Baurecht nach der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn zu bestimmen. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot würde folglich an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG anknüpfen (BVerwG, Urt. v. 30.9.1983, BRS 40 Nr. 206). Anderenfalls verbliebe es beim bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot.

Vorliegend wird weder das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt noch handelt es sich bei diesen Schatten um schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BimSchG 1994. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot beinhaltet nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nut-zungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst die Rede sein, wenn die mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (z.B. BVerwGE Bd. 67 S. 334 ff., Urt. d. Senats v. 17.1.2002, NordÖR 2002 S. 454, 457; Beschl. d. Senats v. 5.6.2003 - 2 Bs 182/03 -). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BimSchG 1994 Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter welchen Voraussetzungen dies bei dem Schattenwurf von Windenergieanlagen der Fall ist, hat weder der Gesetz- oder Verordnungsgeber geregelt noch hat die Bundesregierung von der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Verwaltungsvorschriften i.S.d. § 48 BImSchG Gebrauch gemacht.

Der Senat hat Zweifel, ob der von den Beteiligten erwähnte Richtwert von 30 min./Tag und 30 Std./Jahr an astronomisch maximal möglicher Beschattungsdauer, oberhalb dessen eine Rechtsverletzung angenommen wird, zutreffend ist. Dieser Richtwert basiert auf einer im Staatlichen Umweltamt Schleswig am 4. September 1996 erfolgten Besprechung (siehe Tigges/Berghaus/Niedersberg, NVwZ 1999 S. 1317, 1318 Fußn. 18) und wird auch von dem Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) in dessen unter dem 13. März 2002 veröffentlichten "Hinweise(n) zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen" als sachgerecht angesehen, wobei die 30 Std./Jahr an astronomisch maximal möglicher Beschattungsdauer einer realen (meteorologischen) Beschattungsdauer von 8 Std./Jahr gleichgesetzt werden und sich die 30 min./Tag bei bestehenden Anlagen ebenfalls auf die tatsächliche Beschattungsdauer beziehen sollen. Als maßgeblicher Immissionsort werden schutzwürdige Räume (z.B. Wohnräume, Schlafzimmer) genannt. Zur Begründung nimmt der LAI nur auf die Feld- sowie die Laborstudie der Christian-Alberts-Universität Kiel - Institut für Psychologie - (erstellt durch Pohl/Faul/Mausfeld vom 31.7.1999 bzw. 15.5.2000) Bezug, die dieses Ergebnis aber so nicht rechtfertigen dürften.

Einer näheren Auseinandersetzung hiermit bedarf es jedoch vorliegend nicht, weil jedenfalls bei Unterschreitung der auf die tatsächliche Beschattung in geschlossenen Räumen gerichteten Werte von 30 min./Tag und 8 Std./Jahr mangels hinreichender Erkenntnisse über eine Belästigungswirkung nicht von einer unzumutbaren Umwelteinwirkung ausgegangen werden kann.

Maßstab für die Beurteilung kann nur eine in den Räumen derselben Wohneinheit tatsächlich zu erwartende und nicht die astronomisch mögliche Beschattung sein. Denn nur durch eine tatsächlich eintretende Beschattung kann die Beeinträchtigung eines Nachbarn oder eine schädliche Umwelteinwirkung erfolgen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 13.7.1998, BauR 1998 S. 1212, 1216; OVG Greifswald, Beschl. v. 8.3.1999, BRS 62 Nr. 109). Bei der Ermittlung dieser tatsächlichen Beschattung ist es hinsichtlich der Faktoren Windrichtung, Sonnenschein und Betriebsdauer sachgerecht, an statistische Wahrscheinlichkeiten anzuknüpfen. Dabei reicht es bei den Faktoren Windrichtung und Sonnenschein aus, an die entsprechenden monatlichen Durchschnittswerte anzuknüpfen. Eine unterschiedliche Nutzung erfolgt allein jahreszeitabhängig und dies regelhaft nur in Bezug auf die Nutzung außerhalb eines Gebäudes. Diese unterschiedliche Nutzung wird durch einen monatlichen Durchschnittswert hinreichend abgebildet. Hinsichtlich des Faktors Betriebsdauer reicht ein jährlicher Durchschnittswert aus, weil die Zeiten des Betriebsstillstandes wegen nicht erreichter Anlaufgeschwindigkeit jahreszeitlich einer Zuordnung nicht bedürfen. Zu berücksichtigen sind Hindernisse wie Gebäude oder Bäume, wenn sie die Schattenwirkung auffangen und ihr Forbestand zu erwarten ist.

Nach den Feststellungen des in erster Instanz eingeholten Gutachtens kann eine unzumutbare Beschattungszeit für die Benutzung der Räume in der Doppelhaushälfte des Klägers ausgeschlossen werden.

Für das Erdgeschoss auf der Südseite des Gebäudes des Klägers hat die Gutachterin ausgehend von einer Immissionsfläche von 3,5 m Höhe und 14 m Breite (senkrecht) eine statistisch wahrscheinliche Beschattung nur in den Monaten Oktober mit 43 min., November mit 25 min., Dezember mit 1 min., Januar mit 22 min., Februar mit 28 min. und März mit 8 min. ermittelt, was für das gesamte Jahr einem Wert von 2 Std. 4 min. entspricht. Als höchsten, astronomisch maximal möglichen Tageswert ermittelte sie für den 16. und 17. Oktober jeweils 22 min., was statistisch bereinigt einen Wert von rund 4,2 min./Tag ergibt. Damit bleibt sowohl der Jahres- als auch der Tageswert deutlich unter den oben genannten Werten. Hinzu kommt, dass sich diese Werte noch weiter deutlich dadurch vermindern, dass hinsichtlich des Gebäudes als Immissionsflächen nur die Fensteröffnungen maßgeblich sind. Nur durch diese kann der Schatten in das Gebäude einfallen. Aus diesem Grund ist auch der Einwand des Klägers unerheblich, dass fehlerhaft eine Fläche mit einer Höhe von 0,50 m über die gesamte Breite der Südseite nicht berücksichtigt worden sei. Allerdings ist zu beachten, dass das Wohnzimmer des Klägers nicht nur auf der Südseite, sondern auch auf der Westseite über Fenster verfügt, durch die der Schatten einwirken kann. Dies führt aber gleichwohl zu keiner anderen Bewertung, da zum einen die von der Gutachterin aus Gründen der Vereinfachung berücksichtigte zu große Immissionsfläche dies mehr als ausgleicht und zum anderen durch die jeweils vom Schatten nicht betroffenen Fensteröffnungen Streulicht eindringt, das die Konturen des Schattenwurfs mildert. Eine weitere Vermindung der Belastung tritt durch die vorhandene Holzscheune ein, da kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass diese während der Dauer des Betriebs der Windenergieanlagen beseitigt werden wird.

Die Gutachterin hat hinsichtlich des Erdgeschosses auf der Westseite die Immissionsfläche mit einer Höhe von 3,5 m und einer Breite von 26 m (senkrecht) angenommen. Hierfür hat sie festgestellt, dass eine statistisch wahrscheinliche Beschattung nur in den Monaten Oktober mit 69 min., November mit 31 min., Dezember mit 8 min., Januar mit 35 min., Februar mit 51 min. und März mit 6 min. auftritt, wobei dies einer gesamten Jahresbelastung von 3 Std. 17 min. entspricht. Als höchsten Tageswert hat die Gutachterin für den 18., 20. und 21. Oktober sowie den 20. bis 23. Februar als astronomisch maximal möglichen Wert jeweils 28 min. ermittelt, was statistisch bereinigt einen Wert von rund 5,3 min./Tag (Okt.) bzw. 4,2 min./Tag (Feb.) ergibt. Auch diese Jahres- und Tageswerte bleiben deutlich unterhalb der oben genannten Werte. Sie wären darüber hinaus nur zum Teil zu berücksichtigen, weil sie sich auf die gesamte Westseite des Gebäudes mit einer Länge von 26 m und somit - zu Unrecht - auf beide Doppelhaushälften beziehen. Darüber hinaus sind - wie erwähnt - nur die Fensteröffnungen maßgeblich.

Da die Werte für die südliche Giebelseite und die westliche Dachschräge - wenn auch nur geringfügig - niedriger sind als die jeweiligen Werte für das Erdgeschoss, liegt insoweit erst recht keine unzumutbare Umwelteinwirkung vor. Dies gilt zumal auch deshalb, weil hinsichtlich des südwestlichen Eckraumes nur ein Giebelfenster und auf der Westseite nur ein schräges Dachfenster vorhanden ist.

Für die Benutzung der freien Grundstücksflächen erscheinen die genanten Richtwerte nach ihrer Entstehung noch weniger geeignet als für geschlossene Räume. Dies gilt umso mehr, wo es sich um bloße Freiflächen handelt, die nicht - wie etwa Terrassen - als Außenwohnbereiche dienen. Auch für die letztgenannten Bereiche bedürfte es einer gesonderte Prüfung, ob die sich bewegenden Schatten dort ähnlich wahrgenommen werden wie in geschlossenen Räumen. Weiter bedürfte es der konkreten Prüfung der Schutzbedürftigkeit, die jedenfalls in Norddeutschland nach Jahreszeiten unterschiedlich zu beurteilen sein wird.

Im vorliegenden Fall kann jedenfalls ein bewegter Schattenwurf auf Terrassenflächen in einem unzumutbaren oder erheblich belästigenden Umfang ausgeschlossen werden. Für die Terrasse an der Süd- und die an der Westseite hat die Gutachterin keine selbständigen Werte ermittelt. Für deren Bewertung kann aber an die oben genannten Werte für die jeweiligen Seiten des Erdgeschosses angeknüpft werden. Sind diese Werte für sich genommen schon gering, so ist eine Unzumutbarkeit oder schädliche Umwelteinwirkung erst recht nicht unter Beachtung der Tatsache zu erkennen, dass Terrassen im Winterhalbjahr eher selten genutzt werden. Für eine Beeinträchtigung der Nutzung der übrigen Freiflächen als Folge der im Vergleich zur Beschattung des Gebäudes längeren Schatteneinfallszeiten ist nichts erkennbar.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nrn. 10 und 11, 711 ZPO.

Ein Grund, nach § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, besteht nicht.



Ende der Entscheidung

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