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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: 2 Bs 306/05
Rechtsgebiete: HBauO


Vorschriften:

HBauO § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
1. Die in § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO festgelegte Mindesttiefe einer Abstandsfläche von 2,5 m, von der nur mit Zustimmung des Eigentümers des angrenzenden Grundstücks eine Abweichung zugelassen werden darf, bezieht sich auf den Abstand des Gebäudes zur Grundstücksgrenze.

2. Die Übernahme einer Abstandsflächenbaulast, mit der eine für die Bebauung des Nachbargrundstücks erforderliche Abstandsfläche auf das spätere Baugrundstück übernommen worden sind, hat nicht zur Folge, dass nunmehr eine Mindestabstandsfläche von 2,5 m von der Baulastfläche nur mit Zustimmung des benachbarten Grundstückseigentümers unterschritten werden darf.

3. Es bleibt offen, ob die Zustimmung des Nachbarn erforderlich ist, wenn eine Überbauung der Baulastfläche oder die Annäherung an sie zur Folge hätte, dass einander gegenüber liegende Gebäudeaußenwände einen Gesamtabstand von 5 m unterschreiten würden.


2 Bs 306/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch die Richter K. Schulz und Dr. Ungerbieler sowie die Richterin Sternal am 4. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 24. August 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 5.000,00 Euro.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus der für die Prüfung des Beschwerdegerichts gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen Beschwerdebegründung lässt sich nicht herleiten, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Unrecht abgelehnt hat.

Die Antragstellerin sieht ihre Rechte aus § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO dadurch verletzt, dass die Antragsgegnerin ein Gebäude genehmigt hat, bei dem zwei Außenwände nicht einen Abstand von 2,5 m zu einer Fläche einhalten, die zwar zum Baugrundstück gehört, aber aufgrund einer zugunsten der Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin übernommenen Abstandsflächenbaulast gemäß § 7 HBauO weder bebaut noch auf andere Abstandsflächen angerechnet werden darf. Diese Auffassung der Antragsteller trifft nicht zu.

§ 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO macht es von der Zustimmung der Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks abhängig, wenn Abweichungen von bestimmten Anforderungen an Abstandsflächen zugelassen werden sollen, und zwar von den Anforderungen des § 6 Absätze 9 und 10 HBauO, soweit die Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,5 m unterschritten werden soll. Nach dem Zweck des Gesetzes und angesichts der Nennung des benachbarten Grundeigentümers als Inhaber des Zustimmungsrechts ist damit die Mindesttiefe einer Abstandsfläche vor einer Gebäudewand bis zur Grenze des Nachbargrundstücks gemeint. Durch die Einräumung einer Abstandsflächenbaulast wird die damit belastete Fläche nicht zum Teil des durch die Baulast begünstigten benachbarten Grundstücks, wird mithin nicht für die Anwendung von § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO die Grundstücksgrenze an die Grenze der Baulastfläche vorverlagert. Der Zweck des Gesetzes, eine Bebauung innerhalb einer Mindestabstandsfläche von jeweils 2,5 m von der Zustimmung des jeweiligen Nachbarn abhängig zu machen, also ohne solche Zustimmungen einen Gesamtabstand der Gebäude von 5 Metern herbeizuführen, wenn nach § 6 Abs. 1 HBauO überhaupt Abstandflächen erforderlich sind und nicht Bebauungspläne andere Abstände festsetzen, kann es möglicherweise rechtfertigen, wegen einer Abstandsflächenbaulast in entsprechender Anwendung von § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO die Zustimmung des durch die Baulast begünstigten Grundeigentümers als Genehmigungsvoraussetzung anzusehen, wenn ein geringerer Gebäudeabstand als 5 m zugelassen werden soll. Dies bedarf hier keiner Vertiefung, weil die einander gegenüberstehenden Außenwände mit etwa 12 m deutlich weiter voneinander entfernt bleiben. Für ein weitergehendes Zustimmungserfordernis beim Heranrücken an eine Baulastfläche oder im Falle ihrer teilweisen Überbauung bietet § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO keine Grundlage.

Soweit die Antragstellerin unter Vorlage einer Grundrisszeichnung nach dem Stand vom 18.Juni 2003 vorträgt, die von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zurückspringende Seitenwand des genehmigten Gebäudes führe sogar zu einer Überbauung der Baulastfläche um einige Zentimeter, ergibt sich daraus auch keine nach § 68 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HBauO zustimmungsbedürftige Abweichung von einer Mindesttiefe der Abstandsfläche zur Grundstücksgrenze. Zum einen weist nämlich der genehmigte Erdgeschossgrundriss nach dem Stand vom 29. April 2004 diese Überbauung nicht mehr auf, weil sich die rückwärtigen Wände der Baukörper unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze danach vollständig decken. Zum anderen dürfte auch die in der Grundrisszeichnung vom 18. Juni 2003 dargestellte Überbauung noch in dem Bereich gelegen haben, in dem der Bebauungsplanentwurf Altona-Nord 17 mit den darin vorgesehenen Baugrenzen eine Bebauung auf der Grundstückgrenze zulassen will und in dem deshalb in Verbindung mit § 33 BauGB eine planungsrechtliche Vorschrift besteht, auf Grund der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 HBauO keine Abstandsflächen einzuhalten sind.

Die vom Verwaltungsgericht bejahte und von der Antragstellerin verneinte Frage, ob der in § 6 Abs. 13 HBauO statuierte Vorrang einer durch Bebauungsplan festgesetzten Tiefe der Abstandsfläche gegenüber den in § 6 Abs. 9 und 10 HBauO geregelten Tiefen in Verbindung mit § 33 BauGB auch für einen Bebauungsplanentwurf gilt, kann hier auf sich beruhen.

Die Entscheidungen über die Kosten und zum Streitwert beruhen auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 53 Abs. 3 , 52 Abs. 1 GKG. Für eine Entscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO zugunsten der Beigeladenen besteht für das Beschwerdeverfahren kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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