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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 3 AS 10/09
Rechtsgebiete: VwGO, HmbDG, BDG


Vorschriften:

VwGO § 24 Abs. 3
HmbDG § 22
HmbDG § 45
HmbDG § 46
HmbDG § 47
BDG § 47
BDG § 50
1. Zur Entbindung von dem Amt des Beamtenbeisitzers für Disziplinarsachen nach dem Hamburgischen Disziplinargesetz ist gemäß § 22 HmbDG in entsprechender Anwendung des § 24 Abs. 3 VwGO ein Senat des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts und nicht der Landespersonalausschuss berufen. § 46 Abs. 2 HmbDG bestimmt entgegen seinem Wortlaut bei der gebotenen einschränkenden Auslegung etwas anderes nicht

2. Das Hamburgische Disziplinargesetz sieht die rechtliche Möglichkeit, auf eigenen Antrag von dem Amt des Beamtenbeisitzers in besonderen Härtefällen entbunden werden zu können, im Unterschied zu § 50 Abs. 2 BDG nicht vor. Eine planwidrige Lücke des Gesetzes, die eine entsprechende Anwendung der Vorschriften in § 50 Abs. 2 BDG oder in § 24 Abs. 2 VwGO zulassen könnte, besteht nicht.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 AS 10/09

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Kollak am 3. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin, sie von dem Amt einer Beamtenbeisitzerin der Fachkammern des Verwaltungsgerichts Hamburg für Disziplinarsachen nach dem Hamburgischen Disziplinargesetz zu entbinden, wird abgelehnt.

Gründe:

Der Entbindungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Zur Entscheidung über den Antrag auf Entbindung von dem Amt einer Beamtenbeisitzerin oder eines Beamtenbeisitzers der Fachkammern des Verwaltungsgerichts Hamburg für Disziplinarsachen nach dem Hamburgischen Disziplinargesetz ist in entsprechender Anwendung von § 24 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 22 Hamburgisches Disziplinargesetz (v. 18.2.2004, HmbGVBl. S. 69 - HmbDG -) das Hamburgische Oberverwaltungsgericht berufen.

In § 46 Abs. 2 HmbDG ist entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die "§§ 20 bis 29, 30 Absatz 1 Satz 2 und § 34 VwGO auf die Beamtenbeisitzerinnen und Beamtenbeisitzer nicht angewandt" werden, nichts anderes bestimmt. Die Vorschrift ist gemessen an ihrem gesetzgeberischen Ziel, die Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung über ehrenamtliche Richter, die auf Beamtenbeisitzerinnen und Beamtenbeisitzer nicht passen oder an deren Stelle eigenständige Regelungen im Hamburgischen Disziplinargesetz treten sollen, von der entsprechenden Anwendung nach § 22 HmbDG auszuschließen, zu weit gefasst, soweit sie von der Anwendung auch die richterliche Entscheidungszuständigkeit eines Senats des Oberverwaltungsgerichts nach § 24 Abs. 3 VwGO ausnimmt. Die Gesetzeslage ist in diesem Punkt nicht anders zu beurteilen als der vergleichbare Gesetzesbefund nach den Vorschriften in §§ 3, 47 Abs. 2 Bundesdisziplinargesetz (v. 9.7.2001, BGBl. I S. 1510 - BDG -), für den anerkannt ist, dass § 47 Abs. 2 BDG in Bezug auf § 24 Abs. 3 VwGO zu weit gefasst ist und eine einschränkende Auslegung erfordert (OVG Hamburg, Beschl. v. 14.9.2005, NvwZ-RR 2006, 489; VGH Mannheim, Beschl. v. 27.11.2002, DÖV 2003, 341; VGH München; Beschl. v. 22.1.2003, 5 S 03.156, juris; OVG Berlin, Beschl. v. 10.4.2003, 4 E 9.03, juris). Auch die Beamtenbeisitzer nach dem Hamburgischen Disziplinargesetz haben den Status ehrenamtlicher Richter, die nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 HmbDG und entsprechend § 19 VwGO i.V.m. § 22 HmbDG bei der mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit gleichen Rechten wie die Berufsrichter mitwirken. Diesem Status eines Richters entspricht es nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung, dass sie nicht durch die Exekutive oder das Wahlorgan (hier gemäß § 46 Abs. 2 HmbDG der Landespersonalausschuss), sondern nur kraft richterlicher Entscheidung sollen abberufen werden können. Dass das Hamburgische Disziplinargesetz im Unterschied zu § 50 BDG keine Regelung für die Entbindung von dem Amt des Beamtenbeisitzers enthält, ist ersichtlich dem Konzept geschuldet, die als erheblich angesehenen Entbindungsgründe als gesetzliche Erlöschensgründe auszugestalten, § 47 Abs. 4 HmbDG. In der Begründung zum Gesetzentwurf (Bü-Drs. 17/3377 v. 23.9.2003) ist dazu ausgeführt: § 47 Abs. 4 "entspricht weitgehend § 50 des Bundesdisziplinargesetzes. Abweichend vom Bundesrecht ist aus Gründen der Entlastung der Verwaltungsgerichte ein Erlöschen des Amtes anstelle eines Entbindungsverfahrens vorgesehen." (S. 34). Dass in Fällen der Entbindung von dem Amt des Beamtenbeisitzers allein eine richterliche Entscheidungszuständigkeit besteht, liegt damit auch der von dem Gesetzgeber des Hamburgischen Disziplinargesetzes gewählten Erlöschens-Konzeption als Prämisse zugrunde. Tritt trotz dieser Konzeption - wie im vorliegenden Fall - ein Entscheidungsbedarf wegen eines Entbindungsantrags auf, entspricht die Nichtanwendbarkeit der richterlichen Entscheidungszuständigkeit nach § 24 Abs. 3 VwGO mithin nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers.

2. Dem Antrag auf Entbindung kann nicht entsprochen werden. Das Hamburgische Disziplinargesetz sieht die rechtliche Möglichkeit, auf eigenen Antrag von dem Amt des Beamtenbeisitzers in besonderen Härtefällen entbunden werden zu können, im Unterschied zu § 50 Abs. 2 BDG nicht vor.

Der Entbindungsgrund einer besonderen Härte, wie er sich in § 50 Abs. 2 BDG und auch in § 24 Abs. 2 VwGO findet, liegt außerhalb der vom Gesetzgeber gewählten Konzeption des gesetzlichen Erlöschens des Amtes gemäß § 47 Abs. 4 HmbDG, weil das Vorliegen einer besonderen Härte nur nach Maßgabe der individuellen Umstände des Einzelfalles festgestellt werden kann. Für eine unbeabsichtigte Lücke des Gesetzes gibt es nach Maßgabe dieses Regelungsprogramms keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die bereits zitierte Textstelle aus der Begründung des Gesetzentwurfs spricht im Gegenteil eher dafür, dass der Gesetzgeber abweichend vom Bundesrecht das Entbindungsverfahren insgesamt durch ein Erlöschens-Konzept ersetzen wollte. Sollen aber die Erlöschenstatbestände in § 47 Abs. 4 HmbDG an die Stelle des Entbindungsverfahrens treten, ist das Fehlen des Entbindungsgrundes einer besonderen Härte systematisch folgerichtig und liegt darin keine planwidrige Lücke des Gesetzes. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften in § 50 Abs. 2 BDG oder in § 24 Abs. 2 VwGO scheidet deshalb aus.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Sie ist unanfechtbar (§ 22 HmbDG i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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