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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 3 Bf 172/04
Rechtsgebiete: StAG, Zuwanderungsgesetz


Vorschriften:

StAG § 10
StAG § 11
Zuwanderungsgesetz Art. 5
1. Die Vorschriften der §§ 10 und 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) sind auch auf vor deren Inkrafttreten gestellte Einbürgerungsanträge anzuwenden.

2. Mit der Teilnahme an der Selbsterklärungs-Kampagne der PKK "Auch ich bin ein PKK`ler" im Jahr 2001 sind im Sinne des Hinderungsgrundes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG Bestrebungen unterstützt worden, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind.

3. Für das Abwenden von einer früheren Unterstützung genügt ein Unterlassen weiterer Unterstützungshandlungen nicht. Glaubhaft zu machen ist eine geänderte innere Einstellung.


3 Bf 172/04

Verkündet am 6. Dezember 2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Jahnke und Kollak und die Richterin Langenohl sowie die ehrenamtliche Richterin Kringel und den ehrenamtlichen Richter Meyer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. April 2004 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

Der am 29. Oktober 1963 in P./Türkei geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger. Er reiste im April 1982 ins Bundesgebiet ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, seit 1978 Mitglied der "Apocular" zu sein. Nach der Militärmachtübernahme seien er und andere Gesinnungsgenossen wegen der Tätigkeit für diese Organisation verhaftet worden. Er habe sich für drei Monate im Gefängnis in E. befunden. Seine Freunde seien zu Gefängnisstrafen von 10 bis 15 Jahren verurteilt worden. Er habe nach seiner Haftentlassung E. verlassen und sei nach Istanbul geflüchtet.

Nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers zunächst abgelehnt hatte, verpflichtete das Verwaltungsgericht Hamburg die Bundesrepublik Deutschland mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 3. September 1986 (14 VGA 4272/84), den Kläger als asylberechtigt anzuerkennen: Es müsse davon ausgegangen werden, dass türkische Behörden im Jahre 1980 ein Verfahren gegen den Kläger eingeleitet hätten, in dem es unter anderem um seine Aktivitäten für - verbotene - kurdische Organisationen gegangen sei. Weiter habe der Kläger in Hamburg seit mehreren Jahren den Arbeiterverein aus Kurdistan e.V. aufgesucht und, ohne dessen Mitglied geworden zu sein, mehr oder weniger aktiv an den von diesem Verein veranstalteten oder unterstützten politischen Aktionen innerhalb und außerhalb Hamburgs teilgenommen. Der Arbeiterverein aus Kurdistan sei nach den Informationen, die das Gericht vom Landesamt für Verfassungsschutz erlangt habe, an der PKK orientiert gewesen. Mit Bescheid vom 8. Dezember 1986 erkannte das Bundesamt den Kläger als Asylberechtigten an. Am 10. Januar 1987 erhielt er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

Mit Schreiben vom 5. Februar 1991 bzw. mit Formularantrag vom 3. März 1994 beantragte der Kläger, der mittlerweile als selbständiger Kaufmann tätig war, bei der Beklagten seine Einbürgerung. In diesen Antrag hatte er weder seine Ehefrau, mit der er seit 1981 verheiratet war, noch den im Jahr 1992 geborenen gemeinsamen Sohn einbezogen. Beide lebten zu diesem Zeitpunkt in der Türkei.

Auf Anfrage der Beklagten teilte das Landesamt für Verfassungsschutz im November 1994 mit, dass dort eigene gerichtsverwertbare Erkenntnisse über die Zugehörigkeit des Klägers zur im November 1993 verbotenen PKK bzw. ERNK nicht vorlägen. Aus den übersandten Unterlagen ergebe sich aber zweifelfrei, dass der Kläger bereits in der Türkei zumindest Sympathisant der PKK gewesen sei. Die ERNK sei die Propagandaeinheit der PKK in Europa, an deren Aktivitäten der Kläger offenbar 1985 teilgenommen habe und der er - wie sich aus dem Auffinden einer ERNK-Fahne bei der Durchsuchung seines Büros im Jahr 1992 erkennen lasse - auch in jüngster Zeit vermutlich nahe gestanden habe. Später fügte das Landesamt für Verfassungsschutz ergänzend hinzu, dass das möglicherweise noch bestehende Engagement des Klägers für die PKK allerdings keine Sicherheitsbedenken rechtfertige.

Mit Bescheid vom 5. September 1995 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung gemäß § 8 RuStAG, weil beachtliche in seiner Person liegende Gründe entgegenstünden. Er sei in einem Zeitraum von 6 Jahren (1987 bis 1993) achtmal polizeilich in Erscheinung getreten. Damit seien ihm die für seine Einbürgerung erforderlichen charakterlichen Mindesteigenschaften abzusprechen. Der Kläger erhob erfolglos Widerspruch. Das Verwaltungsgericht Hamburg verpflichtete die Beklagte mit Urteil vom 26. August 1996 (20 VG 832/96) unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. In der mündlichen Verhandlung vom 30. März 1998 hob sie die angefochtenen Bescheide auf Anraten des Berufungsgerichtes auf. Kurz darauf setzte sie das Einbürgerungsverfahren gemäß § 88 Abs. 3 AuslG bis zum Abschluss des gegen den Kläger geführten Steuerstrafverfahrens aus.

Dieses steuerrechtliche Strafverfahren endete mit Strafbefehl vom 13. August 1999 ( ). Das Amtsgericht Hamburg setzte gegen den Kläger eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50,-- DM wegen vorsätzlicher und versuchter Einkommen- und Gewerbesteuerverkürzung fest.

Im Dezember 1999 teilte das Landesamt für Verfassungsschutz der Beklagten auf Nachfrage mit, dass der Kläger nach den dort vorliegenden Erkenntnissen Sympathisant der PKK sei. Er sei ihrer Anhängerschaft im weiteren Sinne zuzurechnen. Diese Information könne im Einbürgerungsverfahren verwertet werden. Der Sachverhalt sei auf nachrichtendienstlichem Wege bekannt geworden. Es sei daher nicht möglich, weitere Einzelheiten offen zu legen.

Dazu erwiderte der Kläger im Rahmen einer persönlichen Anhörung durch die Beklagte im Januar 2000 und in späteren an die Beklagte gerichteten Schreiben: Die vom Landesamt für Verfassungsschutz geäußerten Mutmaßungen entsprächen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Er sei nie Mitglied der PKK oder der ERNK gewesen. Er habe nur gelegentlich an genehmigten Demonstrationen teilgenommen. Bei früheren Wohnungs- und Bürodurchsuchungen habe man kein Informationsmaterial über diese Gruppierungen gefunden. Solches Material habe er auch nie besessen. Das Volkshaus sei keine Begegnungsstätte der PKK, sondern offen für jeden Bürger. Zwar sei die PKK in Deutschland verboten, aber nicht das Volkshaus. Hätte dort ein Verbotsschild gehangen, hätte er das Volkshaus auch nicht betreten. Er bestreite, in den vergangenen zehn Jahren die PKK bzw. eine ihr nahe stehende Organisation finanziell unterstützt zu haben. Er habe lediglich für den "Kurdischen Halbmond" - vergleichbar mit dem Roten Kreuz - gespendet, nicht jedoch für die PKK. Nachdem seine Ehefrau und sein Sohn - im Jahr 1999 aus der Türkei - zu ihm gezogenen seien, habe er ausschließlich für den Unterhalt seiner Familie gearbeitet.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2000 entschied die Beklagte, dass eine Einbürgerung nicht in Betracht komme. Die Einbürgerungsvoraussetzungen hätten nicht vollständig überprüft werden können, weil es an der erforderlichen Mitwirkung des Klägers gemangelt und dieser dennoch auf den Erlass einer rechtsmittelfähigen Entscheidung bestanden habe. Es habe noch eine abschließende Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz ausgestanden. Weiter hätten Angaben des Klägers zur Höhe seines Nettoeinkommens, der Miethöhe, des Kindergeldes, des Wohngeldes und zur Tilgung der erheblichen Steuerschulden gefehlt.

Das Landesamt für Verfassungsschutz erklärte unter dem 27. Juli 2000, dass die Einwendungen des Klägers an den dortigen Erkenntnissen nichts änderten. Ob allein diese Erkenntnisse einer Einbürgerung entgegenstünden, bleibe allerdings der Bewertung der Beklagten vorbehalten.

Den gegen den Bescheid vom 26. Juli 2000 gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2000 zurück. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger auf Dauer den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe bestreiten könne, wie es § 85 Abs. 1 Nr. 3 AuslG vorsehe. Der Kläger habe die Angaben zu seiner finanziellen Situation nicht belegt. Selbst wenn man seine Angaben zu Grunde lege, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sein Lebensunterhalt gesichert sei. Hinzukomme, dass nach der Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz das Einbürgerungshindernis des § 86 Nr. 2 AuslG bestehe.

Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner beim Verwaltungsgericht Hamburg erhobenen Klage (7 VG 4984/2000). Laut Sitzungsniederschrift gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2001 an, dass seine Ehefrau Anfang März dieses Jahres in die Türkei zurückgekehrt sei und sein Sohn weiter bei ihm lebe. Der Vertreter der Beklagten erklärte:

"1. Die derzeitigen Vorwürfe des Verfassungsschutzes alleine rechtfertigen eine Ablehnung des Einbürgerungsantrages nicht.

2. Wenn unter den folgenden Umständen die Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 Nr. 3 AuslG vorliegen, steht nach dem derzeitigen Erkenntnisstand einer Einbürgerung des Klägers nichts entgegen:..

Der Kläger nahm daraufhin seine Klage zurück. Einem Vermerk des in diesem Termin erschienen Vertreters der Beklagten zufolge habe sich das Gericht der Auffassung der Beklagten im Ergebnis angeschlossen. Allerdings rechtfertigten die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes allein nicht die Ablehnung der Einbürgerung. Er habe zu Protokoll erklärt, dass die Beklagte dem Kläger bei einem neuen Antrag die derzeitigen Erkenntnisse nicht vorhalten würde und bei Vorlage entsprechender Nachweise über die Sicherung des Lebensunterhaltes und der sonstigen Voraussetzungen der §§ 85 ff. AuslG eine Einbürgerung wohl erfolgen werde.

Nachdem der Kläger im Oktober 2001 Unterlagen über seine finanzielle Situation bei der Beklagten eingereicht hatte, teilte die Beklagte ihm mit, dass für die Beantragung der Einbürgerung ein neuer, formgerecht gestellter Einbürgerungsantrag erforderlich sei. Denn nach ihrer Auffassung seien die Bescheide vom 26. Juli 2000 und der Widerspruchsbescheid vom 10. November 2000 bestandskräftig geworden, weil der Kläger die dagegen gerichtete Klage zurückgenommen habe.

Am 11. Januar 2002 erschien der Kläger persönlich bei der Beklagten und stellte einen Antrag auf Einbürgerung, meinte aber später, dass sein Begehren nicht als Neuantrag behandelt werden dürfe und seiner Einbürgung nach Vorlage diverser Unterlagen nichts mehr entgegenstehe.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 unterrichtete das Landesamt für Verfassungsschutz die Beklagte darüber, dass der Kläger eine so genannte "Identitätserklärung" unterzeichnet habe. Über die Erklärung hinaus könnten keine verwertbaren Erkenntnisse übermittelt werden.

Die von dem Kläger unterschriebene Erklärung, die mit den Worten "Selbsterklärung: Auch ich bin ein PKKŽler" betitelt ist und die als Datum der Unterschrift den 28. Juni 2001 aufweist, lautet wie folgt:

"Da dem kurdischen Volk selbst das elementare Lebensrecht vorenthalten wurde, blieb ihm keine andere Wahl als der Griff zu den Waffen. Nach über zwanzig Jahren Krieg, wurde von unserer nationalen Führung, Abdullah Öcalan, ein strategischer Wechsel eingeleitet. Seit zwei Jahren kämpft unsere Partei mit ausschließlich politischen Mitteln für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage. Auf der Grundlage dieser neuen Strategie durchlebt die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine umfassende Erneuerung. Zu einer Lösung fest entschlossen, hat sie ihre politischen Aktivitäten entgegen aller Widerstände weiter entwickelt, ohne den legalen Rahmen zu verlassen. ...

1. Auf dieser Grundlage erkläre ich als Angehöriger des kurdischen Volkes, dass ich die neue Linie der PKK teile, die seit zwei Jahren ihren politischen Kampf auf legaler Grundlage führt. Weiterhin erkläre ich mich der PKK zugehörig...

3. Weiterhin fordere ich die offizielle Anerkennung der kulturellen und politischen Werte, welche das kurdische Volk in einem großen Kampf geschaffen hat. In diesem Zusammenhang fordere ich die Achtung der nationalen und politischen Identität meines Volkes.

4. Ich unterstütze die Linie des demokratischen Kampfes der PKK, welche auch von ihrem 7. Kongress bestätigt wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass die PKK in einem Zeitraum von zwei Jahren keine einzige Aktion unter Anwendung von Gewalt durchgeführt hat, fordere ich die Aufhebung sämtlicher Verbote, die sich gegenüber der PKK in Anwendung befinden.

5. Desweiteren erkläre ich, dass die einzige Garantie für eine dauerhafte Lösung, die Freiheit unseres nationalen Führers, Abdullah Öcalan, und die Schaffung von Möglichkeiten für sein politisches Wirken sind. Deshalb fordere ich: 'Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan'.

Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt."

Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nunmehr Erkenntnisse vorlägen, die seine Einbürgerung gemäß § 86 Nr. 2 AuslG ausschlössen, da er sich nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs schriftlich zu der Mitgliedschaft in der PKK bekannt habe.

Der Kläger wandte ein, dass die PKK als Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr existiere und er zu keinem Zeitpunkt Mitglied dieser Organisation gewesen sei. Im Hinblick auf seine Identität als Kurde besuche er in unregelmäßigen Abständen die kurdische Kulturgemeinde, um dort mit Landsleuten zusammenzutreffen und gegebenenfalls kurdische Zeitungen zu lesen. Im Rahmen eines dieser Besuche hätten dort auch Unterschriftenlisten in Form einer Flugblattaktion ausgelegen, um sich für die kurdische Sache einzusetzen. Lediglich in diese Unterschriftenliste habe er sich als Anhänger für mehr demokratische Rechte für die Kurden mit eingetragen. Bei dieser europaweit angelegten Unterschriftensammlung habe es sich um eine demokratische Meinungsäußerung gehandelt, die gar nichts mit einer behaupteten Mitgliedschaft in der PKK zu tun habe. Die Liste sei im Hamburger Rathaus als Petition für die kurdische Sache eingereicht und dort öffentlich übergeben worden. Außerdem habe er das Schreiben, zumal eng gefasst und klein gedruckt, nicht genauer durchgelesen, da es sich hierbei um eine Flugblattaktion gehandelt habe.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Einbürgerung mit Bescheid vom 12. Juni 2002 ab. Die Einbürgerung sei gemäß § 86 Nr. 2 AuslG ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung der Einbürgerungsbewerber bestünden. Der Kläger habe sich nach den vorliegenden Erkenntnissen offensichtlich nicht glaubhaft zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Nach den von ihm im Asylverfahren gemachten Angaben sei er bereits in der Türkei Anhänger der PKK gewesen. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sei er dem "Kurdistan Volkshaus e.V." in Hamburg beigetreten. Nach Auffassung des Landesamtes für Verfassungsschutz gehöre dieser Verein zur "Föderation kurdischer Vereine in Hamburg e.V.", der wichtige Funktionen übernommen habe, nachdem im Jahr 1993 ein Betätigungsverbot sowohl gegen die PKK als auch die ERNK verhängt worden sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger ein aktives politisches Mitglied der PKK bzw. ERNK sei. Die Versagung der Einbürgerung sei im vorliegenden Fall auch gerechtfertigt, wenn er sich als bloßer Unterstützer einer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Organisation erweise und nicht als aktives, kämpferisches Mitglied. Jegliche Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen dokumentiere die mangelnde Identifikation mit der Staatsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger habe sich bis zum damaligen Zeitpunkt in keiner Weise von den Zielen der PKK abgegrenzt geschweige denn, sich in einer Loyalitätserklärung von der Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele abgewandt.

Mit seinem dagegen gerichteten Widerspruch betonte der Kläger, dass er die Erklärung unterschrieben habe, ohne sich den Inhalt genauer durchgelesen oder sich damit weitergehend auseinander gesetzt zu haben. Er sei der Auffassung gewesen, dass es sich um eine Unterschriftensammlung für mehr demokratische Rechte der Kurden gehandelt habe. Hieraus könne nicht die Vermutung abgeleitet werden, dass er sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, da die im angefochtenen Bescheid dargelegten Gesamtumstände berechtigte Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers begründen würden. Der Widerspruchbescheid wurde dem Kläger am 6. Februar 2003 zugestellt.

Mit der am 4. März 2003 beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Er bekenne sich ausdrücklich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und distanziere sich ausdrücklich von dem in Rede stehenden "Flugblatt", dessen Tragweite er seinerzeit überhaupt nicht zur Kenntnis genommen habe. Weiter hat er unter Berufung auf in Kopie eingereichte, in türkischer Sprache abgefasste Urkunden - einige davon mit deutschen Übersetzungen - vorgebracht, aus der Türkei ausgebürgert und darüber hinaus inzwischen geschieden worden zu sein, wobei ihm das alleinige Sorgerecht für seine beiden minderjährigen Kinder übertragen worden sei.

Laut Sitzungsniederschrift vom 22. April 2004 hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, vor zwei oder drei Jahren zuletzt auf einer politischen Demonstration gewesen zu sein. Diese habe im Zusammenhang mit der Entführung von Öcalan gestanden. Mittlerweile habe er für all diese Betätigungen schon deshalb keine Zeit mehr, weil er mit seinen beiden Kindern allein lebe und sie erziehen müsse. Die Identitätserklärungen seien damals überall in Cafés und auf der Straße verteilt worden. Es sei um die Aufhebung des Verbots der PKK gegangen. Was genau darin gestanden habe, habe er gar nicht gelesen. Er könne das auch nicht so gut. Er wisse nicht mehr genau, unter welchen Umständen er diese Erklärung damals unterschrieben habe. Er sei schon dafür, dass das PKK-Verbot aufgehoben werde. Er glaube, dass die PKK das kurdische Volk weltweit bekannt gemacht habe. Natürlich habe die PKK Fehler gemacht, "Gewaltsachen und so was". Darum sei es aber nicht gegangen und man müsse auch sehen, dass jeder, der Fehler gemacht habe, sich auch bessern könne.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 21. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 22. April 2004 hat das Verwaltungsgericht die Bescheide der Beklagten vom 12. Juni 2001 und vom 21. November 2002 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der geltend gemachte Einbürgerungsanspruch folge vorrangig aus der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 16. März 2001 von der Beklagten gegebenen Einbürgerungszusicherung (§ 38 HmbVwVfG). Unstreitig habe der Kläger zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die ihm zugesicherte Einbürgerung erfüllt. Die Beklagte sei auch noch an diese Zusicherung gebunden: Die Teilnahme des Klägers an der Selbsterklärungs-Kampagne stelle keinen Umstand dar, der die maßgebliche Sachlage derart verändert habe, dass die Beklagte bei deren Kenntnis die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen (§ 38 Abs. 3 HmbVwVfG). Der Einbürgerungsanspruch des Klägers sei nicht im Hinblick auf den Ausschlussgrund des § 86 Nr. 2 AuslG (in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15.7.1999, BGBl. I S. 1618) entfallen. Allein aus dem Unterzeichnen der Selbsterklärung im Juni 2001 könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger jene Ziele der PKK verfolge, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland entgegenstünden bzw. die Sicherheit Deutschlands gefährdeten. Dies könne zwar auch nicht ausgeschlossen werden. Die Annahme einer solchen Haltung eines Unterzeichners bedürfe jedoch weiterer Anhaltspunkte, die beim Kläger aber nicht feststellbar seien. Der Wortlaut der Erklärung "Auch ich bin ein PKK'ler" treffe, weil diese allein in Deutschland über 40.000 Menschen unterschrieben hätten, auf die meisten Erklärenden nicht zu. Mit hinreichender Sicherheit spreche die Teilnahme an der Aktion lediglich für eine gewisse Sympathie mit der PKK, und zwar nur mit jener PKK, wie sie sich nach der so genannten "zweiten Friedensoffensive" aus dem Mai 2001 öffentlich darstelle. Auch wenn das Unterschreiben der Erklärung eine strafbare Zuwiderhandlung gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot darstellen sollte, lege dies nicht nahe, dass der Unterzeichner Bestrebungen verfolge oder unterstütze, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit Deutschlands gerichtet seien. Vielmehr tue er mit der Erklärung lediglich kund, ein Parteiverbot nicht mehr zu akzeptieren, weil sich seiner Meinung nach die PKK zum Guten gewandelt habe und deshalb nicht mehr verboten gehöre. Der Kläger identifiziere sich nur mit jenen Zielen der Partei, die als solche keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue und Friedliebendheit begründeten.

Durch Beschluss vom 8. September 2005 hat das Berufungsgericht auf Antrag der Beklagten die Berufung zugelassen. Die Beklagte trägt mit ihrer am 20. September 2005 bei Gericht eingegangen Berufungsbegründung vor: Die Einbürgerung sei bereits für die Sympathisanten der PKK gemäß § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ausgeschlossen, ohne dass eine eigene aktive und/oder kämpferische Betätigung zu fordern sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dies könne nicht für die Personen gelten, die nicht in die Parteistruktur eingebunden seien und sich nur mit den friedlichen Zielen der Partei identifizierten, werde nicht geteilt. Der Ausschlusstatbestand des § 86 Nr. 2 AuslG bzw. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG wäre letztlich unanwendbar, wenn im Falle einer Organisation mit verschiedenen Zielsetzungen der Nachweis einer bestimmten inneren Überzeugung zu führen wäre. Es dürfte kaum möglich sein zu ermitteln, welche der Zielsetzungen einer Partei von dem Einbürgerungsbewerber konkret unterstützt würden. Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers seien somit nicht erforderlich. Ferner würde die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Zielsetzung der PKK sei neben der Selbstbestimmung auch das Bestreben nach Demokratie für die Kurden in der Türkei, Zweifeln begegnen. Auch mit der von der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK noch im Jahr 2002 aufrecht erhaltenen Gewaltoption setze sich das Gericht nicht auseinander. Außerdem entspreche der Sinngehalt der Selbsterklärung, wie ihn das Verwaltungsgericht verstehe, nicht der tatsächlichen - auch höchstrichterlich anerkannten - mit der Selbsterklärungs-Kampagne verfolgten Zielsetzung der PKK. Es habe sich bei dieser Kampagne um eine groß angelegte Aktion gehandelt, die den verbotenen Vereinsaktivitäten der PKK förderlich gewesen sei. Ferner zeigten die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, dass es eher unwahrscheinlich sei, dass der Kläger eine Erklärung unterzeichne, über deren Bedeutungsgehalt er sich im Unklaren gewesen sei. Bei Würdigung aller Umstände müsse festgestellt werden, dass der Kläger über einen sehr langen Zeitraum regelmäßig die PKK und die ERNK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen unterstützt habe. Dies mache die dauernde Identifikation des Klägers mit der Tätigkeit der PKK deutlich. Schließlich gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon aus, dass der Kläger die Voraussetzungen der Sicherung des Lebensunterhalts erfülle. Er müsse nunmehr für zwei unterhaltsberechtigte Kinder sorgen. Dabei reiche es nicht aus, wenn er nur vorübergehend keine Sozial- oder Arbeitslosenhilfe beziehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. April 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger einzubürgern.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, den Wortlaut der Selbsterklärung nicht richtig erfasst zu haben. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass er damit den Anschein habe setzen können, sich sämtliche von der PKK verfolgten Ziele zu eigen zu machen. Seine Biographie weise keine Nähe zu den politischen Zielen der PKK auf. Er habe sich lediglich öfter im Volkshaus getroffen, um dort türkischsprachige Zeitungen zu lesen und sich, nachdem seine damalige Ehefrau zu ihm nach Hamburg gezogen sei, über die Verhältnisse in der Türkei zu informieren. Er habe glaubhaft gemacht, dass er sich von jedweden inkriminierten Bestrebungen im Sinne des § 86 Nr. 2 AuslG abgewandt habe und dass er auch schon früher keinerlei Bestrebungen in diese Richtung habe erkennen lassen. Bereits früher habe er nie an politischen Bestrebungen aktiv teilgenommen. Zur gänzlichen Abwendung habe auch die Trennung von seiner Ehefrau geführt. Wie die Ehescheidung belege, sei es zu einem inneren individuellen Lernprozess gekommen, aus dem ersichtlich sei, dass er zukünftig mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht irgendwelche extremistische Aktivitäten unterstützen werde. Die persönlichen Rahmenbedingungen hätten sich durch seine neue Lebenspartnerin und die besondere Sorge um seine Söhne sowie aufgrund eines inneren Reifeprozesses grundlegend verändert. Seine Söhne seien hier integriert und er erziehe sie unter Mithilfe seiner neuen Lebenspartnerin nach demokratischen Wertvorstellungen. Mit der Teilnahme an der schulischen Entwicklung seiner Kinder habe er sich weiter in die Rechts- und Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland integriert.

Die von der Beklagten vorgelegten Sachakten, die Akten der verwaltungsgerichtlichen Verfahren 20 VG 832/96, 7 VG 4984/2000, 14 VGA 4272/84 sowie die Bundestags-Drucksache 14/ 5525 vom 12. März 2001 sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist Bedenken an der Zulässigkeit des in der ersten Instanz gestellten Bescheidungsantrags durch die Umstellung seines Klagantrags begegnet. Er beantragt nunmehr, die Beklagte zu verpflichten, ihn einzubürgern. Der Kläger durfte sein bisher verfolgtes Begehren noch im Berufungsverfahren erweitern, und zwar auch ohne eine Anschlussberufung eingelegt zu haben. Einer Anschlussberufung bedarf es nämlich nicht, wenn keine Klagänderung im Sinne des § 91 VwGO vorliegt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., 2005, § 127 Rdnr. 7). Die Umstellung eines Bescheidungsantrags zum Verpflichtungsantrag stellt keine derartige Klagänderung dar, da in einem solchen Fall der Klagantrag ohne Änderung des Klagegrundes erweitert wird (§§ 173 VwGO i.V.m. 264 Nr. 2 ZPO).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 21. November 2002 sind rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach der hier maßgeblichen Vorschrift des § 10 Abs. 1 StAG, da ihm die Einbürgerung gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG zu versagen ist (a). Ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch nicht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2001 zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts gegebenen Erklärung der Beklagten (b).

a) Die für eine Anspruchseinbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage ist die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (siehe dazu BVerwG, Beschl. v. 28.6.1985, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 151; Beschl. v.19.8.1996, InfAuslR 1996, 399; VGH Mannheim, Urteil vom 11.7.2002 - 13 S 1111/01, in juris; Beschl. v. 13.12.2004 - 13 S 1276/04, in juris; VGH München, Urt. v. 27.5.2003 - 5 B 00.1819, in juris).

Die Frage, ob der Kläger seine Einbürgerung beanspruchen kann, beurteilt sich mithin materiell nicht mehr nach dem Ausländergesetz vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354, 1356), das gemäß Artikel 15 Abs. 3 Nr. 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I. S. 1950) am 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten ist, sondern nach den mit Wirkung vom 1. Januar 2005 neu gefassten Vorschriften der §§ 10, 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes - StAG -, die die bis dahin für die Erteilung einer Anspruchseinbürgerung maßgeblichen Regelungen der §§ 85, 86 AuslG abgelöst haben (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. I S. 1950; diese Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze vom 14. März 2005 (BGBl. I. S. 721) geändert). Da die Neuregelung keine Übergangsvorschrift enthält, die für den vorliegend im Oktober 2001 bzw. Januar 2002 gestellten Einbürgerungsantrag des Klägers die Geltung des früheren Rechts vorschreibt, lässt sich der gesetzlichen Neuregelung der Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass auch für bereits eingeleitete Einbürgerungsverfahren das neu geltende materielle Recht - hier also §§ 10 und 11 StAG - anzuwenden ist. Der Berufungssenat geht dabei davon aus, dass die mit der Klage in dem Verfahren 7 VG 4984/2000 angegriffenen Bescheide der Beklagten mit der Klagrücknahme bestandskräftig geworden und die diesen Bescheiden zugrunde liegenden Anträge damit endgültig beschieden worden sind. Der Kläger hat zur Erlangung seiner Einbürgerung einen neuen Antrag stellen müssen, was möglicherweise mit Schreiben vom 12. Oktober 2001, spätestens aber mit Formularantrag vom 11. Januar 2002 auch geschehen ist.

Ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG besteht nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die - unter anderem - gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung solcher Bestrebungen abgewandt hat. Die Voraussetzungen dieses Ausschlussgrundes sind im vorliegenden Fall gegeben, weil der Kläger im Juni 2001 eine so genannte Selbsterklärung mit der Überschrift "Auch ich bin ein PKK`ler" unterschrieben hat. Die PKK ist zu diesem Zeitpunkt eine Organisation gewesen, die Bestrebungen verfolgt hat, die gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet waren (aa). Mit seiner Unterschrift hat der Kläger diese Bestrebungen der PKK im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG unterstützt (bb). Der Kläger hat nicht nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG glaubhaft gemacht, dass er sich von der früheren Unterstützung abgewandt hat (cc).

aa) Die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne dieser Bestimmung ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht. Sie umfasst die innere und äußere Sicherheit (vgl. Legaldefinition in § 92 Abs. 3 Nr. 2 StGB) und schützt nach innen den Bestand und die Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.3.2005, dort zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG, NVwZ 2005, 1091).

Die PKK hat noch im Juni 2001 Bestrebungen verfolgt, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet gewesen sind.

Gegen die PKK und ihre 1985 gegründete Auslandsorganisation ERNK erließ das Bundesministerium des Innern mit Verfügung vom 22. November 1993 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1, 17 i.V.m. 3 VereinsG ein Betätigungsverbot. Ferner wurden weitere der PKK nahe stehende Organisationen und zahlreiche Teilorganisationen der PKK verboten und aufgelöst. Das Betätigungsverbot der PKK und ERNK begründete das Bundesministerium des Innern damit, dass diese Organisationen gegen Strafgesetze verstoßen, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet und die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet hätten (BAnz. 1993, Nr. 222, S. 10313 f.). Während die PKK und ERNK die Verbotsverfügung nicht angefochten haben, haben andere betroffene Organisationen und einige zu Recht als Teilorganisationen der PKK eingestufte Organisationen einstweiligen Rechtsschutz beantragt und Anfechtungsklage erhoben, die ohne Erfolg blieben (siehe BVerwG, Urt. v. 28.1.1997, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26; Beschlüsse vom 19. 8.1994, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 19 sowie vom 6. 7.1994, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 17 und Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 18).

Dieses noch im maßgeblichen Zeitpunkt des Unterschreibens der Selbsterklärung im Juni 2001 - und im Übrigen auch noch bis heute - geltende Betätigungsverbot der PKK bildet ein entscheidendes Indiz für die Annahme, dass die PKK Bestrebungen verfolgt hat, die im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet gewesen sind. Dies gilt deshalb, weil das Verbot gerade auch zum Schutz der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ergangen ist und damit denselben Zweck verfolgt, dem auch die hier zu prüfende Alternative des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG dient. Im Falle einer vereinsrechtlichen Verfügung, die über die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes hinaus die Auflösung der Organisation zur Folge hat, könnte der Nachweis der Gefährdung der Sicherheit des Bundes im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bereits dadurch als geführt gelten, dass das Vereinsverbot vollziehbar ist und noch besteht (vgl. Berlit in: GK-StAR, § 86 AuslG, Rdnr. 66, Stand: Januar 2002; siehe aber BVerwG, Urt.v. 30.3.1999, BVerwGE Bd. 109 S. 1, wonach ein fortbestehendes Verbot die Gerichte bei Entscheidungen nach § 51 Abs. 3 Satz 1 AuslG nicht bindet). Bei einer aufgelösten Organisation wird sich nämlich kaum erweisen können, dass die Verbotsgründe zwischenzeitlich nicht mehr greifen, da Aktivitäten, an denen sich eine etwaige neue Ausrichtung der Vereinigung messen lassen könnte, gar nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Gegenüber der PKK sowie der ERNK ist nur ein Betätigungsverbot ausgesprochen worden, das - naturgemäß - auf den räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes begrenzt ist. In einer solchen Konstellation ist es nicht auszuschließen, dass die betroffene Organisation im Rahmen von nicht verbotenen Handlungen im Ausland zwischenzeitlich unter Beweis stellt, dass sie von den früheren Zielen abgerückt ist und nunmehr lediglich nicht zu beanstandende Zielsetzungen verfolgt. Deshalb kann nicht allein wegen des Fortbestehens des Betätigungsverbots angenommen werden, die PKK habe auch noch im Juni 2001 Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verfolgt. Es kommt vielmehr darauf an, ob gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verbotsgründe trotz aufrechterhaltenen Verbots in diesem Zeitpunkt gar nicht mehr vorgelegen haben. Dies ist jedoch zu verneinen.

Das Betätigungsverbot war erlassen worden, weil die PKK und die ERNK zur Erreichung ihrer Ziele in Deutschland nicht nur mit Gewalt gegen türkische Einrichtungen vorgegangen waren, sondern sich ebenso gewalttätig gegen "Verräter" in den eigenen Reihen sowie gegen Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen gewandt hatten. Beide Organisationen hatten nicht davor zurückgeschreckt, in Deutschland Parteiabweichler und sonstige "Verräter" zu verfolgen, ihrer Freiheit zu berauben und zu töten. Die Durchführung solcher Maßnahmen war von zahlreichen gegen Angehörige der PKK durchgeführten Strafverfahren belegt worden, die zu strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Tötungsdelikten geführt hatten. Durch dieses Verhalten hatte sich die PKK eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt und dadurch die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verletzt und gefährdet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.7.1994, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 17; bestätigt im Hauptsacheverfahren: Urt. v. 9.12.1997 - 1 A 9.93, zitiert nach VGH Mannheim, Urt. v. 11.7.2002 - 13 S 1111/01, in juris; im Ergebnis ebenso: BVerwG, Urt. v. 30.3.1999, a.a.O.). Weiter hatte die Auslandsorganisation zur Finanzierung der Guerilla in der Türkei Beiträge und "Spenden" mit Einschüchterung und Anwendung körperlicher Gewalt von möglichst vielen Kurden beigetrieben (siehe BVerwG, Urt. v. 30.3.1999, BVerwGE Bd. 109, S. 12).

Anhaltspunkte dafür, dass sich die PKK entscheidend gewandelt hätte und die Verbotsgründe im Juni 2001 nicht mehr bestanden, liegen nicht vor.

Im September 1999 verkündete die PKK-Führung zwar ihre so genannte Friedensstrategie, deren konkrete Ausgestaltung auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000 beschlossen wurde. Es wurde die Umwandlung der PKK in eine nur noch politisch handelnde Organisation verkündet. Ihr Ziel - die kulturelle Autonomie für die Kurden innerhalb der Grenzen der Türkei - wolle sie nur noch mit friedlichen und politischen Mitteln erreichen. Ein eigener Kurdenstaat wurde nach Aussagen der Organisationsführung nicht mehr angestrebt und der Rückzug der bewaffneten Einheiten aus der Türkei angeordnet (vgl. Verfassungsschutzbericht 2002 des Bundesministeriums des Innern, S. 201). Im Mai 2001 proklamierte die PKK den Beginn ihrer zweiten "Friedensoffensive", in deren Rahmen sich alle Kurden zu ihrer nationalen und politischen Identität bekennen sollten (vgl. Auskunft des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalens an das OVG Münster vom 30.10.2001, G 43/01 der Asyldokumentation des Gerichts).

Seit diesem von der PKK verbalisierten Kurswechsel hat es in Deutschland keine demonstrativen Gewalttaten der PKK mehr gegeben. Gleichwohl ist es aber weiter zu Gewalttaten durch Anhänger der PKK, insbesondere zu Disziplinierungen in den eigenen Reihen gekommen (vgl. dazu im Einzelnen: BT-Drs. 14/5525 vom 12.3.2001, S. 3). Weiter hat die PKK ihren in der Krisenregion befindlichen bewaffneten Flügel unter Hinweis auf ein Selbstverteidigungsrecht beibehalten (vgl. Verfassungsschutzbericht 2002 des Bundesministeriums des Innern, S. 203). Dadurch wird deutlich, dass die PKK ihre gewaltorientierte Vorgehensweise zunächst nicht wesentlich verändert hat und insbesondere Spendengeld-Erpressungen und Bestrafungsaktionen zur Aufrechterhaltung der Disziplin und Befolgung der Anweisungen der PKK-Führung, mit denen das staatliche Gewaltmonopol in Frage gestellt wurde, auch nach Verkündung der so genannten Friedensstrategie zum Erscheinungsbild der PKK gehörten (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.7.2002 - 13 S 1111/01, in juris). Die PKK ist nach den formalen Veränderungen des 7. Parteikongresses darüber hinaus eine hierarchisch ausgerichtete, von den Direktiven ihres Vorsitzenden abhängige Organisation geblieben. Auch die konspirativen Kommunikationswege und Verhaltensweisen sind beibehalten worden. Diese undemokratischen, auf Kaderprinzipien beruhenden Organisationsstrukturen gewährleisteten die unmittelbare Einflussnahme der Führung der PKK auf das Verhalten der Anhängerschaft und ließen trotz des propagierten Friedenskurses einen Richtungswechsel zurück zu militanten, gewalttätigen Aktionsformen jederzeit möglich erscheinen (BT-Drs. 14/5525, S. 2). Dementsprechend hat das Bundesministerium des Innern das im Jahr 1993 ausgesprochene Betätigungsverbot der PKK noch im März 2001 ausdrücklich aufrecht erhalten (siehe BT-Drs. 14/5525). Diese Zweifel an der Ernsthaftigkeit des offiziell von der Führung der PKK erklärten Richtungswechsels sind im Übrigen vom Rat der Europäischen Union bestätigt worden. Dieser hat am 2. Mai 2002 beschlossen, die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufzunehmen (vgl. Anhang unter 2. Nr. 9 zu dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 2. Mai 2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl 2002 L 116, S. 75 ). Dieser Index war aufgrund einer Verordnung des EU-Rates vom 27. Dezember 2001 zur Bekämpfung des Terrorismus aufgestellt worden.

bb) Der Kläger hat die gegen die Sicherheit des Bundes gerichteten Bestrebungen der PKK unterstützt. Als tatbestandserhebliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.3.2005, DVBl. 2005, 1203, dort zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG, m.w.N.). Dazu zählt jedes Tätigwerden auch eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer inkriminierten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es dabei nicht an. Allerdings muss es für den Ausländer grundsätzlich erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein, dass sein Handeln die Vereinigung und ihre Bestrebungen unterstützt. An einem Unterstützen fehlt es, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung der inkriminierten Ziele befürwortet und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung der inkriminierten Bestrebungen zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG vor. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist insoweit beschränkt (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urt. v. 15.3.2005, a.a.O., m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger mit dem Unterschreiben der Selbsterklärung missbilligte Bestrebungen der PKK im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG unterstützt. Die Unterzeichner der so genannten Selbsterklärung mögen zwar vorrangig Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk gefordert und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangt haben. Es ist den Unterzeichnern aber auch darum gegangen, unter allen Umständen, also gerade auch für den zu erwartenden Fall, dass es bei dem Verbot verbliebe, durch die - massenhafte - Selbstfestlegung, das Verbot auch künftig nicht zu beachten, die Solidarität mit der PKK selbst zu stärken und einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Solche Selbstfestlegungen verschaffen den Verantwortlichen der PKK nämlich Planungsgrundlagen für künftige Aktionen und erleichtern ihnen die Fortsetzung der verbotenen Vereinstätigkeit und damit auch der inkriminierten Bestrebungen. Zudem gibt jeder Unterzeichner durch die Beteiligung an einer groß angelegten Selbstbekenntnisaktion auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stehen, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen. Weiter bewirkt die Teilnahme an dieser Aktion, dass es einzelnen Mitgliedern und Sympathisanten bei künftig verbotenen Aktivitäten leichter fallen wird, die Schwelle zur Strafbarkeit zu überschreiten, da sie bei einer erfolgreich verlaufenen Kampagne die Gewissheit erlangen können, nicht allein zu stehen (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2003, NJW 2003, 2621).

Es ist für den Kläger auch erkennbar gewesen, dass er mit seiner Teilnahme an der Selbsterklärungs-Kampagne die PKK selbst vorbehaltlos fördern würde. Zwar heißt es in der Selbsterklärung, dass der Unterzeichner die neue Linie der PKK teile, die seit zwei Jahren ihren politischen Kampf auf legaler Grundlage führe, und dass er die Linie des demokratischen Kampfes der PKK unterstütze. Aber insbesondere wegen der Überschrift "Auch ich bin ein PKK`ler" und der Formulierungen "weiterhin erkläre ich mich der PKK zugehörig" sowie "weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt" musste dem Kläger deutlich werden, dass er mit seiner Unterschrift die PKK uneingeschränkt unterstützt und nicht nur einzelne Meinungen, die auch die PKK vertritt, oder nur bestimmte der von ihr verfolgten Ziele. Der Kläger kann sich schon wegen des Fortbestehens des Betätigungsverbotes nicht darauf berufen, nicht erkannt oder gewusst zu haben, dass die PKK nach wie vor missbilligten Bestrebungen nachging. Dies behauptet der Kläger auch nicht.

Er behauptet lediglich, dass er die Selbsterklärung nicht so schnell habe durchlesen können und deshalb der Auffassung gewesen sei, dass es sich um eine "Unterschriftensammlung" für mehr demokratische Rechte der Kurden gehandelt habe. Dem Kläger kann aber nicht geglaubt werden, dass er kurze Zeit nach der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2001 ohne Kenntnis des genauen Inhalts und ohne sich die für das sorgfältige Lesen des Textes erforderliche Zeit zu nehmen, eine Erklärung unterschreibt, deren gut lesbare und leicht verständliche Überschrift den Unterzeichner wenn nicht als Mitglied der PKK, so doch als Unterstützer der Sache der PKK ausgibt. Denn in dieser mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist erörtert worden, ob die Vorwürfe des Landesamtes für Verfassungsschutz in Bezug auf das zurückliegende Engagement des Klägers für die PKK derart gewichtig sind, dass sie seiner Einbürgerung entgegenstehen. Der Kläger wusste somit um die nachteiligen Folgen des Verdachts, die PKK zu unterstützen, und ihm bedeutet die Einbürgerung nach eigenem Bekunden viel. Im Übrigen ist auch ein Grund, warum sich der Kläger nicht die notwendige Zeit zum Lesen der Erklärung hätte nehmen können, weder dargetan noch ersichtlich, zumal er den Ort, an dem er die Erklärung unterschrieben haben will, sonst zum Lesen kurdischer Zeitungen oder um Landsleute zu treffen aufgesucht hat. Es ist nach allem nicht anzunehmen, dass der Kläger aus Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit den Anschein in Kauf genommen hätte, auch die inkriminierten Bestrebungen der PKK zu billigen, wenn er tatsächlich nur die unschädlichen Ziele hätte unterstützen wollen. Hätte sich der Kläger allein für die demokratischen Rechte der Kurden und nicht auch für die PKK einsetzen wollen, hätte er dies deutlich machen müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Kläger muss sich vor diesem Hintergrund den objektiven Aussagewert der Selbsterklärung zurechnen und sich als Unterstützer der PKK behandeln lassen, ohne dass es noch auf seine tatsächlichen Motive für das Unterschreiben der Erklärung ankommt.

Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung ergeben sich auch nicht deshalb, weil der Kläger als bloßer unpolitischer Mitläufer der PKK anzusehen wäre und deshalb die Teilnahme an der Selbsterklärungs-Kampagne nicht die erforderliche Nähe zur PKK begründen könnte. Die Biographie des Klägers enthält deutliche Hinweise auf seine innere Verbundenheit mit der PKK und ihren politischen Zielen: Der Kläger ist seinen Angaben im Asylverfahren zufolge in seiner Jugend Mitglied der linksideologisch ausgerichteten Vereinigung "Apocular" gewesen. Diese Organisation hat Abdullah Öcalan angeführt, bevor dieser im November 1978 die PKK gegründet hat. Nach seiner Einreise ins Bundesgebiet im Jahr 1982 suchte der Kläger den Feststellungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. September 1986 (14 VG A 4272/84) zufolge mehrere Jahre hindurch den Arbeiterverein aus Kurdistan e.V. auf und nahm an den von diesem Verein veranstalteten Aktionen teil. Dieser Verein stand nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts der PKK nahe. Ferner ist bei einer Durchsuchung seiner Geschäftsräume im Jahr 1992 eine ERNK-Fahne gefunden worden. Auch aus dem Besitz dieser Fahne spricht eine Sympathie für die Auslandsorganisation der PKK, zumal der Kläger irgendwelche Angaben, die das Auffinden der Fahne in seinen Geschäftsräumen erklären könnten, nicht gemacht hat. Weiterhin hat er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 22. April 2004 anlässlich der "Entführung" Öcalans an einer Demonstration teilgenommen. Auch im Mai 2000 hatte der Kläger der Beklagten berichtet, an - genehmigten - Demonstrationen teilgenommen und das kurdische Volkshaus besucht zu haben. Schließlich hat der Kläger in unregelmäßigen Abständen eine "kurdische Kulturgemeinde" aufgesucht. Da seinen Angaben zufolge in deren Räumen die hier streitigen Selbsterklärungen ausgelegen haben, ist auch in Bezug auf diese Vereinigung der Schluss gerechtfertigt, dass sie der PKK nahe gestanden hat. Bei einer wertenden Gesamtschau gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass sich der Kläger seit seiner Jugend - wenn nicht als Mitglied der PKK, so doch als Sympathisant - mit deren politischen Zielen identifiziert sowie sich für ihren Führer Abdullah Öcalan eingesetzt und seine innere Verbundenheit mit dieser Organisation zuletzt im Unterschreiben der Selbsterklärung zum Ausdruck gebracht hat. Selbst wenn die Mehrzahl der mehr als 40.000 weiteren Teilnehmer an der Selbsterklärungskampagne nur die friedlichen und demokratischen Ziele der PKK unterstützen wollte, änderte dies nichts an dieser Beurteilung. Denn die vermuteten Motive einer Mehrzahl der Unterzeichner der Selbsterklärung lassen keinen Schluss auf die innere Haltung des Klägers zu.

cc) Der Kläger hat schließlich nicht nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG glaubhaft gemacht, dass er sich von seiner früheren Unterstützung der Bestrebungen der PKK abgewandt hätte.

Für ein Abwenden genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der Unterstützungshandlungen nicht. Der Umstand, dass der Kläger seit Juni 2001 nicht durch weitere Aktivitäten im Umfeld der PKK aufgefallen ist, kann dem Kläger allein nicht zum Erfolg verhelfen, ferner nicht seine Behauptung, wegen seiner familiären Verpflichtungen keine Zeit mehr für ein politisches Engagement zu haben. Vielmehr ist die Glaubhaftmachung eines individuellen Lernprozesses erforderlich, der annehmen lässt, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung inkriminierter Bestrebungen - auch in Ansehung der durch eine Einbürgerung erworbenen Rechtsposition - auszuschließen ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 13. 7.2005 - 5 ZB 05.901, in juris; Urt. v. 27.5.2003 - 5 B 01.1805, in juris; Urt. v. 27.5.2003 - 5 B 00.1819, in juris; VGH Mannheim, Urt. v. 11.7.2002, a.a.O.; Berlit in: GK-StAR, § 86 AuslG, Rdnr. 143). Die Glaubhaftmachung einer veränderten Auffassung verlangt angesichts der nur schwer zu fassenden Anhaltspunkte aus der (inneren) Sphäre des Ausländers und der ihn treffenden materiellen Beweislast eine substantiierte Darlegung von Umständen, die den nachvollziehbaren Schluss auf eine geänderte innere Einstellung zulässt. Die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen hängen von Art und Gewicht des eigenen Beitrags sowie der zuvor verfolgten bzw. unterstützten Bestrebungen ab (vgl. VGH München, Beschl. v. 13.7.2005 - 5 ZB 05.901, in juris; Berlit in: GK-StAR, § 86 AuslG, Rdnr. 147).

Das Vorbringen des Klägers lässt keine Anhaltspunkte erkennen, die ein Abwenden in dem geschilderten Sinne begründen könnten. Um eine geänderte innere Einstellung glaubhaft zu machen, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Kläger einräumt oder zumindest nicht bestreitet, die PKK früher unterstützt zu haben (vgl. auch VGH Mannheim, Urt. v.11.7.2002, a.a.O.). Der Kläger behauptet dazu einerseits, "nie aktiv an politischen Bestrebungen teilgenommen" zu haben, und bestreitet damit entgegen vorherigen Angaben jegliches auch früheres Engagement für die PKK bzw. ihr nahe stehenden Organisationen. Ebenso wenig gesteht er mit seinen Ausführungen zu den Umständen der von ihm unterschriebenen Selbsterklärung ein, dass er damit die PKK unterstützen wollte, sondern bestreitet - nicht überzeugend -, deren Tragweite erkannt zu haben. Andererseits führt er aus, es sei doch zu einem Abwenden gekommen. Diese unstimmigen Angaben belegen keine geänderte politische Haltung des Klägers. Eine glaubhafte Schilderung einer - gewandelten - Einstellung stellt es darüber hinaus nicht dar, wenn der Kläger weiter ausführt, dass die Ehescheidung das Abwenden belege. Die Scheidung der Ehe kann nicht erklären, warum seine langjährige innere Verbundenheit mit der PKK danach nicht mehr bestehen sollte. Es ist schon nicht erkennbar, dass sein politisches Engagement im Zusammenhang mit seiner Ehe gestanden hat. Der Kläger hat sich noch vor der Eheschließung für die "Apocular" eingesetzt; er hat seine politischen Aktivitäten in einer Zeit ausgeübt, in der seine Ehefrau noch nicht im Bundesgebiet gelebt hat und in der sie schon wieder in die Türkei zurückgekehrt war. Dementsprechend besteht kein Anlass anzunehmen, die Scheidung seiner Ehe hätte zur Änderung seiner politischen Einstellung geführt. Ferner lässt die Behauptung des Klägers, die persönlichen Rahmenbedingungen hätten sich durch seine neue Lebenspartnerin und die besondere Sorge um seine beiden in Deutschland integrierten Söhne und aufgrund des inneren Reifeprozesses grundlegend verändert, nicht die Gewissheit entstehen, der Kläger werde auch nach einer Einbürgerung keine die Sicherheit des Bundes gefährdenden Bestrebungen der PKK mehr unterstützen. Sein Vorbringen ist nicht überzeugend, weil es vage bleibt und sich im Wesentlichen auf Andeutungen beschränkt. Der Kläger beschreibt weder seine früheren inneren Gründe für die Unterstützung der PKK noch seine gegenwärtige Haltung zu ihren Zielen und Aktivitäten. Seine Behauptung, er erziehe seine Söhne nach demokratischen Wertvorstellungen, kann allein nicht belegen, dass er sich nach einer jahrelang gezeigten Verbundenheit zur PKK nunmehr endgültig von dieser Organisation distanziert hätte.

Der Kläger macht schließlich nicht geltend, sich von seiner Unterstützung der Bestrebungen der PKK abgewandt zu haben, indem er einen kollektiven Lernprozess mitgetragen habe (vgl. VGH München, Urt. v. 27.5.2003 - 5 B 01.1805, in juris). Es braucht nicht geklärt zu werden, ob die PKK gegenwärtig noch Bestrebungen verfolgt, die die Sicherheit des Bundes im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG gefährden (siehe dazu im Übrigen den Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 17. Oktober 2005, mit dem die PKK in der Liste der terroristischen Organisationen belassen worden ist <siehe Anhang unter 2. Nr. 22 zu dem Gemeinsamen Standpunkt 2005/727/GASP des Rates vom 17.10.2005 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2005/427/GASP, ABl 2005 L 272, S. 28>). Denn dieser Frage müsste nur dann nachgegangen werden, wenn der Kläger behauptet, dass er einen etwaigen Lernprozess innerhalb der PKK mitgetragen hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Es kann sich allenfalls derjenige mit Erfolg auf einen kollektiven Lernprozess berufen, der glaubhaft macht, diesen Lernprozess ebenfalls durchlaufen zu haben. Denn von einem Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG kann nicht die Rede sein, wenn sich der Betroffene einem Wandel der von ihm unterstützten Organisation verschließt, innerhalb der Organisation gegen einen solchen Wandel eintritt oder sich einer anderen Organisation anschließt, die die missbilligten Zielsetzungen weiter verfolgt. Das Vorbringen des Klägers enthält keinen Anhaltspunkt für die Annahme, er habe sich einem etwaigen grundlegenden Wandel innerhalb der PKK angeschlossen. Er bestreitet jegliches gegenwärtige politische Engagement für die PKK.

b) Ein Einbürgerungsanspruch des Klägers besteht auch nicht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2001 zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts gegebenen Erklärung der Beklagten.

Es kann auf sich beruhen, ob es sich dabei um eine - bedingte - Zusicherung der Einbürgerung nach § 38 HmbVwVfG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.5.2004 - 9 B 111/03, in juris; Urt. v. 25. 1.1995, BVerwGE Bd. 97 S. 323) oder um eine sonstige Form der Zusage handelt. Unabhängig davon, welches Maß der Selbstbindung der Beklagten man dieser Erklärung beimisst, ist festzustellen, dass eine solche nicht mehr besteht.

Im Falle des Vorliegens einer bedingten Zusicherung wäre § 38 Abs. 3 HmbVwVfG anwendbar. Nach dieser Vorschrift ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Maßgebend für die Beurteilung, ob nachträgliche rechtsvernichtende Umstände im Sinne des § 38 Abs. 3 HmbVwVfG eingetreten sind, ist ein Vergleich der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der ursprünglichen Zusicherung mit denjenigen im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 25.1.1995, a.a.O.). Der Kläger hat - wie sich aus den Ausführungen unter Punkt 2 a) ergibt - mit dem Unterschreiben der Selbsterklärung den Tatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfüllt und damit nachträglich einen rechtlichen Grund gesetzt, der seine Einbürgerung gemäß § 10 Abs. 1 StAG verbietet.

Auch in dem Fall, dass sich die Beklagte mit ihrer Erklärung vom 16. März 2001 nicht zum Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern lediglich dahingehend verpflichtet hat, in einem neuen Antragsverfahren die damaligen Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz allein nicht für eine Ablehnung der Einbürgerung genügen zu lassen, kann sich der Kläger nicht mehr auf eine Selbstbindung der Beklagten berufen. Die Erklärung ist dahin zu verstehen, dass eine Selbstbindung der Beklagten nur solange andauern sollte, wie sich keine neuen Erkenntnisse über - auch zurückliegende - Aktivitäten des Klägers im Umfeld der PKK ergeben. Solche Erkenntnisse sind ohne Weiteres in der vom Kläger im Juni 2001 unterschriebenen Selbsterklärung zu sehen. Im Übrigen wäre für die so verstandene Zusage § 38 Abs. 3 HmbVwVfG entsprechend anzuwenden und - wie oben dargelegt - in Hinblick auf die vom Kläger unterschriebene Selbsterklärung auch als erfüllt anzusehen.

Da einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegensteht, kann auf sich beruhen, ob - was zwischen den Beteiligten streitig ist - der Kläger die für eine Einbürgerung erforderliche Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG erfüllt und den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann.

3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags im Rahmen des § 8 StAG. Selbst wenn dessen Tatbestandvoraussetzungen erfüllt sein sollten, wäre das Ermessen der Beklagten mit Blick auf das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG von vornherein in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung in Betracht käme.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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