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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: 3 Bf 317/02
Rechtsgebiete: JAO


Vorschriften:

JAO § 11 Abs. 5
JAO § 12 Abs. 3
JAO § 15 Abs. 2
Die Vorschriften der Juristenausbildungsordnung, nach denen der "Präsident des Landesjustizprüfungsamtes" die Aufgabe der häuslichen Arbeit (§ 11 Abs. 5 Satz 1 JAO) sowie die Aufgaben der Aufsichtsarbeiten (§ 12 Abs. 3 Satz 1 JAO) aussucht und die Mitglieder des Landesjustizprüfungsamtes bestimmt, die die schriftlichen Arbeiten begutachten und bewerten (§ 15 Abs. 2 Satz 1 JAO), sind nicht dahin zu verstehen, dass der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes diese Tätigkeiten in eigener Person wahrzunehmen hat. Diese Vorschriften bezeichnen nicht den Präsidenten als Person, sondern die von ihm repräsentierte Behörde. Ob die einzelnen Vorschriften der Juristenausbildungsordnung jeweils den Präsidenten als Person oder das von ihm geleitete Landesjustizprüfungsamt meinen, ist durch Auslegung zu ermitteln.
3 Bf 317/02

Verkündet am 04. November 2003

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Pradel, Fligge und Korth sowie den ehrenamtlichen Richter Maitré und die ehrenamtliche Richterin Mor-Eppen für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Juni 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung, sie habe die Erste Juristische Staatsprüfung nicht bestanden.

Die im Jahre 1971 geborene Klägerin wurde am 17. Juni 1999 zur Wiederholung der Ersten Juristischen Staatsprüfung zugelassen. Sie erzielte in der häuslichen Arbeit und in den drei Aufsichtsarbeiten jeweils die Note mangelhaft. Mit Bescheid vom 31. März 2000 erklärte die Beklagte die Prüfung gem. § 17 JAO für nicht bestanden.

Die Klägerin legte Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Sie beantrage, ihre Hausarbeit sowie ihre Aufsichtsarbeiten im Zivilrecht und öffentlichen Recht neu zu bewerten. Bei der Bewertung sei verkannt worden, dass eine vertretbare und folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch beurteilt werden dürfe. Zudem hätten die Prüfer die Schwierigkeit der Aufgaben verkannt. Die positiven Teile ihrer Arbeiten seien nicht hinreichend gewürdigt worden. Schließlich seien sachfremde Erwägungen angestellt worden. Dies wurde im Einzelnen ausgeführt.

Die Beklagte gab den Prüfern Gelegenheit, zu dem Widerspruch Stellung zu nehmen. Diese hielten an ihren Bewertungen fest.

Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens rügte die Klägerin, dass der Beklagten eine Reihe von Verfahrensfehlern unterlaufen sei. Nach § 10 a JAO bestimme der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Reihenfolge und den Zeitpunkt der schriftlichen Arbeiten. In ihrem Fall habe diese Entscheidungen aber nicht der Präsident, sondern unzulässigerweise der Referent Dr. L. getroffen. Das ergebe sich auch aus der Verfügung des früheren Präsidenten des Prüfungsamts vom 15. Januar 1998. Nach § 11 Abs. 5 JAO wähle der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Aufgabe für die häusliche Arbeit aus. In ihrem Falle habe der Präsident diese Entscheidung jedoch nicht getroffen. Zwar könne er nach § 11 Abs. 5 Satz 2 JAO andere Mitglieder des Amtes beteiligen. Der Begriff "Beteiligung" sei aber so zu verstehen, dass die Endentscheidung von dem Präsidenten selbst getroffen werden müsse. Nach § 12 Abs. 3 JAO wähle der Präsident die Aufgaben der Aufsichtsarbeiten aus. Auch diese Vorschrift sei verletzt worden. Es gelte Entsprechendes wie im Falle von § 11 Abs. 5 JAO. Schließlich bestimme nach § 15 Abs. 2 JAO der Präsident die Mitglieder, die die schriftlichen Arbeiten zu begutachten und zu bewerten hätten, und die Reihenfolge der Beurteilungen. Auch dagegen sei verstoßen worden. In diesem Fall sei bemerkenswert, dass die Prüfungsordnung noch nicht einmal die Möglichkeit einer Beteiligung anderer Mitglieder des Landesjustizprüfungsamts vorsehe. Innerhalb des Prüfungsamts gebe es vier Regelungsarten:

1. Höchstpersönliche Entscheidungen des Präsidenten bzw. seines amtlich bestellten Stellvertreters;

2. Höchstpersönliche Entscheidungen des Präsidenten bzw. seines Stellvertreters unter Beteiligung von Mitgliedern des Amtes;

3. Höchstpersönliche Entscheidungen der bestellten Prüfer, bezogen auf Hausarbeit, Aufsichtsarbeiten und mündliche Prüfungen;

4. Entscheidungen und Regelungen außerhalb der Bereiche Nr. 1 - 3, die der Präsident delegieren dürfe.

Die Klägerin wies auf Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Bremen hin, die ihren Standpunkt nach ihrer Ansicht bestätigten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Bewertung der schriftlichen Arbeiten der Klägerin sei frei von Fehlern. Dies wurde im einzelnen näher dargelegt. Auch Verfahrensfehler seien nicht festzustellen. Was Reihenfolge und Zeitpunkt der schriftlichen Arbeiten angehe, so entspreche es ständiger, von dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts angeordneter Übung, dass zunächst die Hausarbeit und sodann die Klausuren in der Reihenfolge Zivilrecht - Strafrecht - öffentliches Recht anzufertigen seien. Die Auswahl der schriftlichen Arbeiten sei in Übereinstimmung mit der Verfügung des früheren Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts Dr. R. vom 15. Januar 1998 durch den geschäftsführenden Referenten des Landesjustizprüfungsamts Dr. L. erfolgt. Die Beteiligung anderer Mitglieder des Prüfungsamts sei gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2, § 12 Abs. 4 Satz 1 JAO zulässig gewesen. Im Übrigen sei zu beachten, dass gerade bei Handlungen mit Außenwirkung Behörden keinesfalls immer durch ihren Leiter vertreten werden müssten. Die Vertretung könne nach Maßgabe organisatorischer Vorschriften auch durch Vertreter des Behördenleiters und sonstige Beauftragte wahrgenommen werden. Die Verfügung vom 15. Januar 1998 stelle eine interne Geschäftsverteilungsregelung dar. Im Übrigen lasse schon § 8 Abs. 4 JAO erkennen, dass es nicht Sache des Präsidenten sei, eher alltägliche Aufgaben zu erledigen. Bei ca. 600 Prüfungsverfahren pro Jahr gebe es eine Fülle von zu treffenden Einzelentscheidungen. Nach ständiger Übung sei Präsident des Landesjustizprüfungsamts der Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts, also ein schon im Hauptamt mit einer Vielzahl weiterer Aufgaben betrauter Richter. Die persönliche Wahrnehmung aller ihm durch die Juristenausbildungsordnung zugeschriebenen Aufgaben sei ihm rein faktisch unmöglich. Auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs könne die Klägerin sich nicht stützen. Der Verwaltungsgerichtshof sehe den Sinn einer Entscheidung durch den Präsidenten persönlich darin, dass hierdurch die Chancengleichheit der Prüfungskandidaten am besten gewahrt werden könne. Bei einer nur nebenamtlichen Wahrnehmung des Präsidentenamts würde die Chancengleichheit der Prüflinge in Hamburg aber gerade gravierend beeinträchtigt, wenn der Präsident persönlich die Aufgaben auswählen würde. Ihm wäre nämlich insbesondere im Bereich der Zuteilung der häuslichen Arbeit eine einzelfallbezogene Prüfung nicht mehr möglich. Hierzu sei nur der hauptamtliche geschäftsführende Referent in der Lage. Für die Frage, wer die Beurteiler der schriftlichen Arbeiten auszuwählen habe, gelte Entsprechendes.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 26. November 2001 zugestellt. Die Klage ist am 16. Dezember 2001 bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin das Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zwar sei es verständlich, dass es für die Beklagte einfacher sei, wenn sie die gesetzliche Vorgabe, dass der Präsident selbst entscheiden müsse, durch die Regelung ersetze, dass an seiner Stelle ein beliebiges Mitglied des Justizprüfungsamts entscheiden könne. Jedoch müsse bedacht werden, dass es hier um die Organisation eines grundrechtsrelevanten Bereichs (Art. 12 GG) gehe, in dem der Gesetzgeber in sämtlichen wesentlichen Stufen des Prüfungsverfahrens eine qualifizierte Entscheidung treffe. Der Präsident sei der Garant für die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und für die fachliche Qualifikation bei den von ihm selbst zu treffenden Entscheidungen. Er dürfe sich zwar durch andere Beamte unterstützen lassen, jedoch dürften diese ihn nicht völlig ersetzen. Dass die Beklagte lediglich einen nebenamtlichen Präsidenten eingesetzt habe, sei unerheblich. Damit dem Willen des Gesetzes genügt werde, müsse eben ein hauptamtlicher Präsident berufen werden, wie das in anderen Bundesländern auch der Fall sei. Eine quasi ehrenamtliche Tätigkeit sei nicht hinnehmbar und vom Gesetzgeber nicht gewollt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Landesjustizprüfungsamts bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht vom 31. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die strafrechtliche Hausarbeit der Klägerin sowie deren öffentlich-rechtliche Aufsichtsarbeit neu bewerten zu lassen,

hilfsweise, der Klägerin die Möglichkeit zu geben, die strafrechtliche Hausarbeit sowie die Aufsichtsarbeiten erneut anzufertigen, soweit ihre Leistungen nicht mindestens mit der Note "ausreichend" bewertet worden sind,

hilfsweise, der Klägerin Gelegenheit zu geben, die gesamte Prüfung erneut abzulegen,

hilfsweise, die Klägerin neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Durch Urteil vom 19. Juni 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 6. März 2003 ist die Berufung zugelassen worden. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 13. März 2003 zugestellt worden. Die Begründung der Berufung ist am 6. April 2003 bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor: Die ihrer Meinung nach festzustellenden Verfahrensmängel führten nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der gesamten Prüfung. Diejenigen Leistungen, für die sie mindestens die Note "ausreichend" erhalten habe, seien ihr "gut zu schreiben". - Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht das Vorhandensein von Verfahrensmängeln verneint. An Stelle des zuständigen Präsidenten Dr. R. habe dessen Referent Dr. L. gehandelt. Dieser sei an den Entscheidungen nicht nur "beteiligt" worden, sondern habe als alter Ego für den Präsidenten gehandelt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts treffe nicht zu, dass RiAG Dr. L. oder dessen Vertreter im Rahmen konkreter Weisungen des Präsidenten tätig geworden seien. Der Präsident habe nicht Einfluss auf das Prüfungsgeschehen genommen. Dies sei ihm als Vizepräsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts auch gar nicht möglich gewesen. Für ihn sei das Amt des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts eher ein Ehrenamt. Die für das Landesjustizprüfungsamt eigentlich tätigen Personen seien RiAG Dr. L. und sein Vertreter RiLG P. . Wenn die Juristenausbildungsordnung dem Präsidenten das Recht gebe, andere Mitglieder des Amtes bei bestimmten Maßnahmen zu beteiligen, so müsse er die Entscheidung gleichwohl selbst treffen. Die Referenten dürften seine Regelungen zwar vorbereiten, hätten ihm die Vorgänge aber zumindest zum Abzeichnen vorzulegen. Hiergegen sei im vorliegenden Fall verstoßen worden. - Im Übrigen wiederholt die Klägerin das bisherige Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Juni 2002 und unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 31. März 2000 und vom 19. November 2001 die Beklagte zu verurteilen, das Prüfungsverfahren fortzusetzen und

a) der Klägerin Gelegenheit zu geben, erneut eine strafrechtliche Hausarbeit sowie die Aufsichtsarbeiten anzufertigen,

hilfsweise

b) die gefertigten Arbeiten neu zu bewerten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbringen in erster Instanz. Ferner legt sie Pläne "Geschäftsverteilung in der Verwaltung", Stand 1. Januar 1998 und 22. Februar 2000, vor. Als gemeinsame Urheber dieser Pläne werden der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts und der Präsident bzw. die Präsidentin des Landesjustizprüfungsamts genannt. Aus Teil C und Teil G bzw. F der Pläne ergebe sich, dass die Referenten im Auftrag des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts hätten handeln dürfen. Dass in den Geschäftsverteilungsplänen dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts keine konkreten Aufgaben zugewiesen worden seien, liege in der Systematik und Funktion dieser Pläne begründet. Aus ihren allgemeinen Bestimmungen (Teil F bzw. Teil G) ergebe sich jedoch eine Verpflichtung der Referenten, in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung vorzutragen und Bearbeitungshinweise einzuholen. Daraus folge, dass die Entscheidungsbefugnis und Letztver-antwortung selbstverständlich dem jeweiligen Präsidenten vorbehalten bleibe.

Die Klägerin entgegnet: In Teil C der von der Beklagten vorgelegten Pläne werde nicht dargestellt, wer Präsident des Landesjustizprüfungsamts sei. Konsequenterweise würden die Aufgaben des Amtschefs nicht spezifiziert. Leiter des Amtes sei allein der geschäftsführende Referent. In Wirklichkeit sei dieser der Präsident. Es stelle sich die Frage, warum der Referent Dr. L. nicht von vornherein zum Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts bestellt worden sei. Nach dem Geschäftsverteilungsplan sei auch nicht nachvollziehbar, wie der Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts das Amt des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts ausüben könne. Dem Vizepräsidenten sei in dem Geschäftsverteilungsplan nämlich das Referat PV zugewiesen; außerdem habe er zu 50 % rechtsprechende Tätigkeit im 10. Zivilsenat wahrzunehmen. Danach solle der Vizepräsident offenbar zu 0 % Präsident des Landesjustizprüfungsamts sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Prüfungsakten der Klägerin. Diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, die häusliche Arbeit (§ 11 JAO) oder eine der Aufsichtsarbeiten (§ 12 JAO) erneut anzufertigen. Die Auswahl dieser Aufgaben ist ohne Verfahrensfehler erfolgt. Auch im Zusammenhang mit der Anfertigung der Arbeiten hat die Beklagte nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, durch Mängel im Prüfungsverfahren oder sonstige regelwidrige Prüfungsbedingungen gehindert worden zu sein, die ihrem wahren Leistungsvermögen entsprechenden Prüfungsleistungen zu erbringen.

1. Die Beklagte hat nicht gegen § 10 a JAO verstoßen. Nach § 10 a Satz 2 bestimmt der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Reihenfolge und den Zeitpunkt der Arbeiten. Dazu hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausgeführt, es entspreche ständiger, von dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts angeordneter Übung, dass zuerst die Hausarbeit und sodann die Klausuren in der Reihenfolge Zivilrecht - Strafrecht - öffentliches Recht anzufertigen seien. Hieran zu zweifeln besteht um so weniger Anlass, als die Klägerin das Bestehen einer derartigen Übung nicht bestreitet. Einer konkreten Anordnung des seinerzeitigen Präsidenten Dr. R. im Hinblick gerade auf das Prüfungsverfahren der Klägerin bedurfte es insoweit nicht, da es überflüssig war.

Den Zeitpunkt der Arbeiten hat der Präsident entgegen der Annahme der Klägerin durchaus selbst bestimmt, und zwar mit einem Schreiben, in dem den Gerichten für ein Jahr im Voraus der Terminplan der Klausuren mitgeteilt worden ist. Das ergibt sich aus der Erklärung des geschäftsführenden Referenten Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2003.

Im Übrigen kann die Klägerin auch nicht geltend machen, dass ein Verstoß gegen § 10 a Satz 2 JAO sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt hätte. Dies ist aber erforderlich, wenn ein Verfahrensfehler zur Aufhebung einer Prüfungsentscheidung führen soll (BVerwG, Urt. v. 4.5.1999, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395; Beschl. v. 3.4.1997, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 379).

2. Die Beklagte hat nicht gegen § 11 Abs. 5 JAO verstoßen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift wählt der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Aufgabe für die häusliche Arbeit aus. Er kann hierbei andere Mitglieder des Amtes beteiligen (Satz 2).

§ 11 Abs. 5 Satz 1 JAO gebietet nicht, dass der Präsident in eigener Person die Aufgabe auswählt. Wenn die Juristenausbildungsordnung von dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts spricht, meint sie in der Regel nicht den Präsidenten als Person, sondern die von ihm repräsentierte Behörde. Dies entspricht herkömmlicher Gesetzgebungstechnik. Es ist in der Rechtspraxis nicht ungewöhnlich, dass von der Spitze einer Behörde gesprochen wird, wenn diese als Ganzes gemeint ist (vgl. z.B. BVerwG, Urt. vom 20. 11.1964, DVBl 1965 S. 163, 164). Zwar enthält die Juristenausbildungsordnung unzweifelhaft auch Regelungen, in denen mit "Präsident" ausschließlich der Leiter des Landesjustizprüfungsamts gemeint sein kann. Das ist evident für die Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 1 JAO, und auch für § 15 Abs. 3 Satz 3 JAO kann dies schwerlich bezweifelt werden. Andererseits ist das Wort "Präsident" in Normen enthalten, in denen damit nur sein Amt bezeichnet worden sein kann, weil es allen Prinzipien vernünftiger Arbeitsorganisation widerspräche, den Präsidenten selbst mit den betreffenden Aufgaben zu belasten, etwa mit der bloßen Mitteilung einer von anderen Mitgliedern des Landesjustizprüfungsamts getroffenen Entscheidung (vgl. § 17 Satz 2 JAO). Ob im Einzelfall jeweils der Präsident als Person oder vielmehr die von ihm vertretene Behörde gemeint ist, muss durch Auslegung der im konkreten Fall anzuwendenden Norm ermittelt werden (vgl. speziell für den Bereich des Justizprüfungsrechts: VGH Kassel, Urt. vom 5.7.1990, NVwZ-RR 1991 S. 246; OVG Münster, Urt. vom 14.3.1994, NVwZ-RR 1994 S. 585; OVG Bremen, Urt. vom 24.11.1999, NordÖR 2000 S. 156).

Insbesondere die Vielzahl der Aufgaben, die dem bloßen Wortlaut des Gesetzes nach scheinbar dem Präsidenten obliegen sollen, nötigt zu einer einschränkenden Interpretation dieses Tatbestandsmerkmals. Dies gilt auch dann, wenn man den Umstand, dass in Hamburg traditionsgemäß der Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts zugleich Präsident des Landesjustizprüfungsamts ist, außer Betracht lässt. Der Gesetzgeber, dem bekannt war, dass das Landesjustizprüfungsamt mit genügend Planstellen für hinreichend qualifizierte Bedienstete ausgestattet ist, kann nicht gewollt haben, dass diese dem Präsidenten lediglich assistieren, nicht aber eigenständige Entscheidungen treffen sollen. Das wäre keine sachgerechte Verwendung der vorhandenen personellen Ressourcen.

Diese grundsätzlichen Erwägungen gelten ungeachtet des Umstands, dass die Juristenausbildungsordnung gelegentlich das Wort "Landesjustizprüfungsamt" in Zusammenhängen verwendet, in denen nach den vorstehenden Ausführungen auch die Wendung "Präsident des Landesjustizprüfungsamts" denkbar gewesen wäre (§§ 10 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 6, Abs. 8, 12 Abs. 3 Satz 6, 13 Abs. 2 Satz 2 JAO). Angesichts des uneinheitlichen, ein System nicht erkennen lassenden Sprachgebrauchs des Gesetzes wäre der Umkehrschluss aus den aufgeführten Normen, dass mit "Präsident" stets der Leiter des Amtes gemeint ist, nicht gerechtfertigt.

Insbesondere die Auswahl der Aufgabe für die häusliche Arbeit, um die es hier geht, erscheint nicht als so bedeutsam, dass sie dem Leiter des Prüfungsamts vorbehalten werden müsste. Dass dieser ihre generelle Eignung für den Zweck der Prüfung grundsätzlich nicht selbst feststellen soll, dürfte außer Frage stehen. Dies ist Sache der Referenten. § 11 Abs. 5 JAO setzt voraus, dass die Auswahl aus geeigneten Aufgaben getroffen wird. Gegenstand der Entscheidung nach § 11 Abs. 5 JAO ist vielmehr die Zuordnung einer geeigneten Aufgabe zu einem bestimmten Kandidaten. Dies kann ein Referent, der der Aufsicht des Präsidenten unterliegt und dessen Weisungen zu befolgen hat, ebenso gut leisten wie der Präsident. Die Beachtung der in § 11 Abs. 3 JAO niedergelegten Grundsätze ist nicht so schwierig, dass nur jemand, der - wie typischerweise der Präsident des Landesjustizprüfungsamts - besonders qualifiziert ist, den Anforderungen der genannten Vorschrift gerecht werden könnte. Daher wäre es mit dem Gebot personalwirtschaftlicher Vernunft und dem Erfordernis einer sachgemäßen, insbesondere ökonomischen Verwendung des vorhandenen personellen Potentials nicht vereinbar, die Arbeitskraft des Präsidenten über seine Leitungsfunktion hinaus in nennenswertem Umfang für den in Rede stehenden Zweck zu verwenden. Dem kann die Klägerin auch nicht entgegen halten, dass der Präsident jedenfalls die Vorschläge seiner Referenten in jedem Falle hätte abzeichnen müssen. Ein Abzeichnen ohne inhaltliche Prüfung der Vorschläge durch den Präsidenten könnte nur den Sinn haben, der Form zu genügen. Damit wäre nichts gewonnen. Gegen eine echte Prüfung der Vorschläge seiner Mitarbeiter durch ihn aber sprächen die vorstehend dargelegten Bedenken.

Der Präsident hätte danach im Prüfungsverfahren der Klägerin zwar ohne Frage die Aufgabe für die häusliche Arbeit auch selbst auswählen dürfen, er musste dies aber nicht tun. Es ist nicht zu beanstanden, dass dies in seinem Auftrag - mit dem Zusatz "i.A." - sein Referent getan hat. Es unterliegt seiner durch das Gesetz nicht eingeschränkten Entscheidungsfreiheit, in welcher Weise er die Aufsicht über die Referenten, deren Entscheidungen letztlich er zu verantworten hat, ausübt. Es wäre auch nicht erforderlich gewesen, dass der Referent Mitglied des Landesjustizprüfungsamts war, wie es tatsächlich der Fall gewesen ist. Denn die Beauftragung des Referenten war kein "Beteiligen" im Sinne des § 11 Abs. 5 Satz 2 JAO. Von "Beteiligen" im Sinne dieser Vorschrift kann nur gesprochen werden, wenn der Präsident gemeinsam mit einem anderen Mitglied des Amtes die Auswahl der Aufgabe vornimmt.

3. Die Beklagte hat nicht gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 JAO verstoßen. Danach wählt der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Aufgaben der Aufsichtsarbeiten aus. Es kann insoweit nichts anderes gelten, als was vorstehend zu § 11 Abs. 5 JAO ausgeführt worden ist. Im Gegenteil ist sogar festzustellen, dass Entscheidungen, die denen nach § 11 Abs. 3 JAO vergleichbar wären, hier nicht zu treffen sind.

Ein Verfahrensfehler ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Auswahl der Aufsichtsarbeiten nicht in Übereinstimmung mit der Verfügung des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts vom 15. Januar 1998 erfolgt ist. Nach Abschnitt II erfolgt die Auswahl grundsätzlich durch den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts persönlich, der sich diese Entscheidung vorbehalten hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der geschäftsführende Referent Dr. L. erklärt, dass die Praxis des Amtes mit Wissen und Billigung des Präsidenten eine andere sei. Die Aufsichtsarbeiten würden stets durch ihn, Dr. L. , ausgewählt. Er entscheide, welche Aufgaben gestellt würden, und stimme dies mit der Universität ab. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamts habe davon Kenntnis. Er habe die Möglichkeit, im Einzelfall anders zu entscheiden, und habe hiervon auch schon Gebrauch gemacht.

Die Verfügung vom 15. Januar 1998 trifft hinsichtlich der Auswahl der Aufsichtsarbeiten eine Regelung, die vom Gesetz nicht vorgeschrieben wird. Das ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Dem Präsidenten des Landesjustizprüfungsamts stand es allerdings auf Grund seiner Leitungskompetenz (§ 8 Abs. 4 Satz 1 JAO) frei, die Zuständigkeit für die Auswahl so zu regeln, wie geschehen. Ebenso war er indes auch befugt, seine Anordnung jederzeit zu ändern. Dabei unterlag er in formeller Hinsicht keinerlei Einschränkungen. Insbesondere musste die Änderung nicht in Schriftform erfolgen. Entscheidend ist, dass die Praxis des Landesjustizprüfungsamts bei der Auswahl der Aufsichtsarbeiten jederzeit mit dem Willen des Präsidenten übereinstimmte. Dies ist nach der Erklärung des geschäftsführenden Referenten der Fall gewesen. Demgemäß ist die schriftliche Zuständigkeitsregelung durch abweichende, jedoch von dem Präsidenten gebilligte Verwaltungsübung obsolet geworden. Da die Verfügung vom 15. Januar 1998 ein reines Verwaltungsinternum ist, kann die Klägerin sich demgegenüber auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, ganz abgesehen davon, dass sie insoweit mit Sicherheit kein Vertrauen betätigt hat.

4. Ob die Beklagte gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 2 JAO verstoßen hat, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn eine etwaige Verletzung dieser Norm kann, weil sie erfolgt wäre, nachdem die Klägerin ihre schriftlichen Arbeiten fertiggestellt hatte, keine Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit und ihre Chancen, ein gutes Prüfungsergebnis zu erzielen, gehabt haben. Eine Zuwiderhandlung gegen die genannte Vorschrift könnte nur einen Anspruch auf Neubewertung der schriftlichen Arbeiten begründen.

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihre schriftlichen Arbeiten neu bewertet werden.

1. Die Beklagte hat im Prüfungsverfahren der Klägerin nicht gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 1 JAO verstoßen. Danach bestimmt der Präsident des Landesjustizprüfungsamts die Mitglieder, die die schriftlichen Arbeiten begutachten und bewerten, und die Reihenfolge der Beurteilungen. Für die Auslegung dieser Norm gelten die oben unter I.2) gemachten Ausführungen erst recht. Die Bestimmung der Mitglieder, die die schriftlichen Arbeiten zu begutachten und zu bewerten haben, ist keine für einen ordnungsmäßigen Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Verwirklichung der Prüfungsgerechtigkeit so wichtige Tätigkeit, dass sie nur von einem so hoch qualifizierten Bediensteten wie dem Präsidenten sachgemäß wahrgenommen werden könnte. Dementsprechend muss angenommen werden, dass der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal "Präsident des Landesjustizprüfungsamts" hier untechnisch verwendet hat und eine Übertragung dieser Tätigkeit auf Mitarbeiter des Präsidenten - die nicht einmal Mitglieder des Landesjustizprüfungsamts sein müssen - zulässt.

2. Die "Richtigkeit" der Bewertung ihrer schriftlichen Arbeiten stellt die Klägerin nach ihrer ausdrücklichen Erklärung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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