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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 3 Bf 392/05
Rechtsgebiete: StVO


Vorschriften:

StVO § 12 Abs. 1 Nr. 9
Das Abschleppen eines unberechtigt auf einer als Taxenstand ausgewiesenen Verkehrsfläche geparkten Fahrzeugs ist auch ohne konkrete Beeinträchtigung des Taxiverkehrs verhältnismäßig.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

3 Bf 392/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke, und Larsen am 7. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. September 2005 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 111,30 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (I.).

Auch eine Abweichung von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht dargelegt worden (II.).

I.

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Der Kläger begründet das Vorliegen ernstlicher Zweifel damit, dass das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit davon ausgegangen sei, dass es für die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme nicht darauf ankomme, ob das verbotswidrige Parken am Taxenstand ein betriebsbereites Taxi konkret an der Benutzung der Fläche gehindert habe oder nicht. Es sei polizeibekannt, dass der Taxenstand in der B straße nicht zweckentsprechend genutzt werde, weshalb die Möglichkeit der Behinderung betriebsbereiter Taxis nicht vorgelegen habe. Infolgedessen sei der Taxenstand auch vorübergehend entfernt worden und es sei davon auszugehen, dass die nunmehr wieder als Taxenstand ausgewiesene, etwas kleinere Fläche kurzfristig wieder in eine reguläre Parkfläche umgewidmet werde.

Der Senat versteht dieses Vorbringen nicht so, dass der Taxenstand seinerzeit - polizeibekannt - niemals von einem Taxi angefahren worden sei und dies deshalb auch in der konkreten Situation für die Dauer des Parkvorgangs vollständig auszuschließen gewesen sei. Denn so umfassend stunden- oder minutengenau über die Nutzung des Taxenstandes Bescheid zu wissen, wäre nach allgemeiner Lebenserfahrung auch der ortskundigen Polizei nicht möglich. Einem derartigen Beweisthema brauchte in einem Berufungsverfahren schon mangels geeigneten Beweismittels nicht nachgegangen zu werden. Bei verständiger Würdigung ist daher davon auszugehen, dass der Kläger geltend machen will, dass der Taxenstand seinerzeit auch nach polizeibehördlicher Einschätzung nur sehr selten zweckentsprechend genutzt worden und damit eigentlich als überflüssig zu bewerten gewesen sei.

Aus dem so verstandenen Vorbringen ergeben sich jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Mit ihm wird die Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme nicht ernstlich in Frage gestellt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 18.2.2002, NJW 2002 S. 2122) rechtfertigt zwar nicht jeder Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme und reicht auch allein die Berufung auf eine bloße Vorbildwirkung des fehlerhaften Verhaltens und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention insoweit nicht aus; andererseits ist aber regelmäßig ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer geboten wie beispielsweise bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim verbotswidrigen Parken in Feuerwehranfahrzonen und auf Behindertenparkplätzen. Dementsprechend ist aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Nachteile, die mit der Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, außer Verhältnis stehen zu dem bezweckten Erfolg, das heißt vor allem: dem Wegfall von Behinderungen oder Belästigungen von anderen Verkehrsteilnehmern.

Nach diesen Maßstäben ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Zulassungsantrag davon auszugehen, dass die Anordnung, sein Fahrzeug abschleppen zu lassen, verhältnismäßig war. Grundsätzlich rechtfertigt der Verstoß gegen das in § 12 Abs. 1 Nr. 9 StVO normierte Verbot, an ausgeschilderten Taxenständen zu halten, bereits aufgrund der zu jeder Zeit bestehenden Möglichkeit, dass ein den Taxenstand anfahrendes Taxi durch das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug behindert wird, stets die Anordnung des Abschleppens. Dies wird vom Kläger nicht in Frage gestellt. Entgegen seiner Ansicht ändern jedoch auch die besonderen Umstände des vorliegenden Falles an diesem Ergebnis nichts.

Bereits die Tatsache, dass der Taxenstand durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde nach vorübergehender Aufhebung wieder neu eingerichtet worden ist, deutet darauf hin, dass der Taxenstand entgegen der Annahme des Klägers seinerzeit nicht wirklich überflüssig war. Entscheidungserheblich ist dieser Umstand nicht. Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme sind folgende Erwägungen maßgebend: Das Abschleppen eines unberechtigt auf einer als Taxenstand ausgewiesenen Verkehrsfläche geparkten Fahrzeugs ist auch ohne konkrete Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Verkehrsteilnehmers, d.h. eines betriebsbereiten Taxis, verhältnismäßig. Für die erforderliche Abwägung, ob die Nachteile, die der Verkehrsteilnehmer mit dem Abschleppen seines Fahrzeugs hinnehmen muss, noch in einem angemessenen Verhältnis stehen zu dem Gewicht oder der Bedeutung des Schutzzweckes, dem das Abschleppen dient, nämlich hier dem Freihalten des Taxistandes im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs, kann es insbesondere nicht darauf ankommen, mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit im Einzelfall mit einer konkreten Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Taxifahrers zu rechnen ist. So wie bei Behindertenparkplätzen (vgl. insoweit OVG Hamburg, Urt. v. 25.3.2003 - 3 Bf 113/02 -) wird die Funktion von Taxenständen nur gewährleistet, wenn diese jederzeit von verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen freigehalten werden. Dies entspricht auch der Wertung des Verordnungsgebers, der mit der Änderungsverordnung vom 14. Dezember 1993 das bis dahin bestehende Parkverbot an Taxenständen durch ein Haltverbot ersetzt hat (vgl. zur Begründung der Änderungsverordnung: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. § 12 Rn. 15). Die Einrichtung eines Taxenstandes von einer bestimmten Größe beruht dabei auf der Entscheidung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, dass an dem jeweiligen Ort im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs die Freihaltung einer entsprechenden Fläche von anderen Fahrzeugen erforderlich ist. Ist der Bedarf zu groß angesetzt oder zum Teil entfallen, kann das Haltverbot rechtswidrig (geworden) sein. Die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme wird davon aber nicht berührt, solange die Verkehrszeichenregelung wirksam ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.2.2002, NordÖR 2002 S. 469 m.w.N.). Der konkrete Bedarf ist zudem im Zeitpunkt der Entscheidung über das Abschleppen eines unberechtigt abgestellten Fahrzeugs nicht vorhersehbar, zumal zumeist auch nicht erkennbar ist, wann dieses Fahrzeug wieder weggefahren würde. Weder ist dem nicht-berechtigten Verkehrsteilnehmer eine Einschätzungsbefugnis darüber zuzugestehen, ob voraussichtlich die vollständige Fläche des Taxenstandes in überschaubarer Zeit zweckentsprechend genutzt werden wird, noch ist den einschreitenden Bediensteten der Verkehrsordnungsbehörden die Pflicht aufzuerlegen, den Bedarf an freizuhaltender Fläche fortlaufend zu überprüfen und hiervon ein Einschreiten abhängig zu machen (vgl. zu mehreren nebeneinander liegenden Behindertenparkplätzen: BVerwG, Beschluss v. 11.8.2003 - 3 B 74.03 -). II.

Eine Abweichung von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht dargelegt worden (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Berufungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.1997, BayVBl 1998 S. 507).

Vorliegend fehlt es bereits an einer Darlegung, von welchem Rechtssatz des Berufungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen worden sein soll. III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, 47, 52 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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