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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.04.2005
Aktenzeichen: 3 Bs 40/05
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG


Vorschriften:

AufenthG § 61 Abs. 1 Satz 2
AuslG § 56 Abs. 3 Satz 2
§ 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG schließt nicht anders als zuvor § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG die Ermächtigung ein, einem (hier: im Hinblick auf ein laufendes Strafverfahren) geduldeten Ausländer, dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu Studienzwecken abgelehnt worden ist, im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung die Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums zu verbieten, um einer Aufenthaltsverfestigung vorzubeugen und den mit der weiteren Anwesenheit des Ausländers verbundenen Aufwand an öffentlichen Mitteln möglichst gering zu halten.
3 Bs 40/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke, und Kollak am 21. April 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen die Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht. Mit dem angegriffenen Beschluss hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, vorläufigen Rechtsschutz gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2004 zu gewähren, durch die die Antragsgegnerin die dem Antragsteller erteilte Duldung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit der Auflage "Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums nicht gestattet" versehen hat.

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des hier streitigen Studierverbots bestehen (I.) oder sich der von der Antragsgegnerin für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebenen Begründung kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Studierverbots entnehmen lässt (II.).

I.

Die vom Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit des Studierverbots erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

1. Der Auffassung des Antragstellers, § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ermächtige nicht zu einem Studierverbot, ist nicht zu folgen. Obwohl der Widerspruchsbescheid vom 29. Septem-ber 2004 noch unter der Geltung des Ausländergesetzes erlassen worden ist, ist - jedenfalls auch - auf die Regelungen in dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz abzustellen, weil es sich bei dem hier strittigen Studierverbot um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. zur Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung abzustellen ist, BVerwG, Urt. v. 27.1.1993, BVerwGE Bd. 92 S. 32, 35 f.). In § 61 Abs. 1 AufenthG heißt es in Anlehnung an die Vorgängervorschrift des § 56 Abs. 3 AuslG, dass der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt ist (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. im Wesentlichen ebenso § 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG) und dass weitere Bedingungen und Auflagen angeordnet werden können (§ 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bzw. § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Für die gleichlautende Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG ist anerkannt, dass durch Auflage auch das Verbot der Aufnahme einer Ausbildung ausgesprochen werden kann (vgl. Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 56 AuslG Rdnr. 20, Stand: Juli 2004). Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ersichtlich, dass die Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG gegenüber der Bestimmung des § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG einen eingeschränkten Anwendungsbereich haben soll. Wenn es in der amtlichen Begründung zu § 61 Abs. 1 AufenthG (BT-Drucks. 15/420 S. 92) heißt, Absatz 1 ermögliche es, das Untertauchen eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers zu erschweren und die Erfüllung der Ausreisepflicht besser zu überwachen, so folgt daraus nicht, dass nur diesem Zweck dienende Bedingungen und Auflagen verfügt werden dürfen, zumal es in der Begründung zwei Sätze weiter ganz allgemein heißt, dass die Ausländerbehörde daneben die Möglichkeit habe, weitere Bedingungen und Auflagen anzuordnen. Dass § 61 AufenthG die Überschrift trägt "Räumliche Beschränkung; Ausreiseeinrichtungen", ist nicht aussagekräftig, weil eine Überschrift häufig nur den wesentlichen und nicht den vollständigen Inhalt der betreffenden Rechtsvorschrift wiedergibt. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der Umstand, dass die in § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG enthaltene Bestimmung "Insbesondere können das Verbot oder Beschränkungen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit angeordnet werden" in § 61 AufenthG nicht enthalten ist. Denn dies ist mit der in § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG getroffenen Regelung zu erklären, nach der Ausländer eine Beschäftigung nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt, so dass der Besitz einer Duldung von vornherein grundsätzlich nicht zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt. Der Hinweis des Antragstellers auf die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 22. Dezember 2004 führt schon deshalb nicht zu einem anderen Ergebnis, weil es sich bei den Anwendungshinweisen lediglich um eine Verwaltungs- und keine Rechtsvorschrift handelt. Abgesehen davon heißt es in Nummer 61.1.2 Satz 1 der Anwendungshinweise ganz allgemein, dass die Anordnung weiterer Bedingungen und Auflagen im Ermessen der Behörde liege. Nummer 61.1.2 Satz 2 der Anwendungshinweise, wonach der Ausländer durch Auflage verpflichtet werden kann, in einer bestimmten Gemeinde oder einer bestimmten Unterkunft zu wohnen, bezeichnet erkennbar nur einen Beispielsfall.

2. Dem Vorbringen des Antragstellers ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin das ihr in § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG bzw. § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.

a) Die Rüge des Antragstellers, das durch Auflage angeordnete Studierverbot beruhe auf einer Vorverurteilung und missachte seinen Freispruch im strafgerichtlichen Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Februar 2004, trifft nicht zu. Denn die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht sind weder ausdrücklich noch sinngemäß davon ausgegangen, dass der Antragsteller verurteilt worden sei oder noch verurteilt werde. Insbesondere beruht das Studierverbot nicht etwa auf Tatvorwürfen, von denen der Antragsteller freigesprochen worden ist. Sowohl die Antragsgegnerin als auch das Verwaltungsgericht sind allein von Feststellungen ausgegangen, die im freisprechenden Strafurteil enthalten sind. Dass das Urteil wegen des vom Generalbundesanwalt eingelegten Rechtsmittels noch nicht rechtskräftig ist, schließt die Heranziehung des Urteils nicht aus. Einen Umstand, der Zweifel an der Richtigkeit der für den Antragsteller nachteiligen Feststellungen im Strafurteil aufzeigen könnte, führt der Antragsteller nicht an.

b) Fehl geht auch die Rüge des Antragstellers, der Rechtmäßigkeit des Studierverbots stehe bereits die Tatsache entgegen, dass die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. August 2004 - 3 Nc 3/04 - im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden sei, ihn vorläufig zum Studium im Studiengang Informations- und Elektrotechnik im zweiten Studienabschnitt zuzulassen und dass sie ihn auch zum Studium zugelassen habe. Die Ansicht des Antragstellers, dass allein die Hochschule darüber zu befinden habe, ob ein Ausländer, der sich hier rechtmäßig oder geduldet aufhalte, studieren dürfe, ist nicht richtig. Vielmehr ermächtigt die Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG bzw. des § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG die Ausländerbehörde dazu, im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung aus aufenthaltsrechtlich erheblichen Gründen gegenüber einem geduldeten Ausländer die Auflage eines Studierverbots zu verhängen, auch wenn er hochschulrechtlich über einen Studienplatz verfügt. Insbesondere ist anerkannt, dass sich gegen ein auf § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG gestütztes ausländerbehördliches Verbot der Erwerbstätigkeit, das nicht spezifisch arbeitsmarktpolitischen, sondern einwanderungspolitischen Interessen dient, keine Bedenken aus der arbeitsmarktpolitischen Zuständigkeit der Arbeitsverwaltung herleiten lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.9.1981, EZAR 221 Nr. 17; GK-AuslR, § 56 AuslG Rdnr. 15, Stand: April 2001). Ebenso wenig ergeben sich Bedenken gegen ein ausländerrechtliches Studierverbot aus der Zuständigkeit der Hochschulen für die Zulassung bzw. Immatrikulation von Studenten.

c) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, es sei für die Prüfung des Rechtsschutzbegehrens von der Situation auszugehen, dass der Antragsteller über keinen seinen Aufenthalt legitimierenden Titel verfüge, sondern nur im Besitz einer Duldung sei, ferner, dass dieser grundsätzlich ausreisepflichtig sei, weil sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken (§ 28 AuslG) abgelehnt worden sei, die von ihm dagegen erhobene Klage gemäß § 72 Abs. 1 AuslG keine aufschiebende Wirkung habe und dass der Antragsteller insoweit einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht gestellt habe. Im Hinblick auf diese Ausgangslage hat das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der - im Bescheid vom 12. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2004 erfolgten - Versagung der beantragten Aufenthaltsbewilligung bzw. der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken (§ 16 AufenthG) im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht geprüft. Der Antragsteller hat nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargetan, dass und weshalb diese Vorgehensweise und die genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichts falsch seien. Insbesondere hat er sie nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen des § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO [a.F.] BVerfG - 2. Kammer des Ersten Senats -, Beschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000 S. 1163, 1164).

Der Einwand des Antragstellers, die ihm von der Antragsgegnerin erteilte Duldung legitimiere seinen Aufenthalt, wenn auch nicht in Form eines Aufenthaltstitels, trifft nicht zu. Denn die Duldung begründet keinen rechtmäßigen Aufenthalt, sondern lässt die Ausreisepflicht unberührt (§ 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60 a Abs. 3 AufenthG).

Außerdem macht der Antragsteller geltend, die Antragsgegnerin habe ihm durch die Duldungserteilung die Möglichkeit genommen, die aufschiebende Wirkung der Klage über den hier beantragten Umfang hinaus (d.h. auch bezüglich der Versagung eines Aufenthaltstitels) zu beantragen; denn ihm könnte zu Recht entgegengehalten werden, dass ihm dafür das Rechtsschutzinteresse fehle, weil er insoweit nichts Zusätzliches erreichen würde, insbesondere deshalb nicht, weil eine Duldung ihn prinzipiell nicht am Studium hindere. Ob dieser Beurteilung des Rechtsschutzinteresses zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn dieses Vorbringen, mit dem der Antragsteller erklärt, weshalb er gegen die Versagung eines Aufenthaltstitels keinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt hat, zeigt nicht auf, dass und weshalb das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, die Rechtmäßigkeit der Versagung des beantragen Aufenthaltstitels zu prüfen, und dass es insoweit zum Ergebnis hätte gelangen müssen, die Rechtmäßigkeit begegne zumindest erheblichen Zweifeln. Hierzu fehlt es dem Beschwerdevorbringen an der gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung. Insbesondere beruft sich der Antragsteller nicht etwa darauf, das Verwaltungsgericht habe die Rechtmäßigkeit der Versagung eines Aufenthaltstitels aus Gründen der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) inzident im vorliegenden Verfahren prüfen müssen, auch wenn insoweit für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO das Rechtsschutzinteresse fehle. Der bloße Hinweis des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin ihn ausgewiesen habe und dass er sich dagegen zur Wehr setze, reicht für die erforderliche Darlegung nicht aus, zumal es in diesem Zusammenhang nicht um die Ausweisung, sondern um die Versagung eines Aufenthaltstitels geht, die nicht nur auf die Ausweisung, sondern eigenständig auch auf weitere Gründe gestützt ist. Die pauschale Rüge, sowohl die angegriffene Verfügung als auch der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts hätten das freisprechende Strafurteil missachtet, trägt dem Darlegungserfordernis auch in diesem Zusammenhang nicht Rechnung. Sie trifft zudem, wie oben dargelegt, nicht zu.

d) Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller dagegen, dass das Verwaltungsgericht sinngemäß ausgeführt hat: Da der Antragsteller grundsätzlich ausreisepflichtig sei, dürfte der Antragsgegnerin ein weiter Ermessensspielraum dahingehend zustehen, jedwede weitere Verfestigung des Aufenthalts des Antragstellers zu unterbinden. Denn es entspreche gerade dem Zweck des Ausländergesetzes, den Aufenthalt von Ausländern, die nicht über einen Aufenthaltstitel verfügten, möglichst effektiv zu beenden. Im konkreten Fall gehe es darum, dass der Aufenthalt des Antragstellers unmittelbar nach Abschluss des Strafverfahrens solle beendet werden können. Die Antragsgegnerin habe demnach darauf abstellen dürfen, eine weitere Verfestigung des Aufenthalts des Antragstellers zu vermeiden.

Im Einzelnen macht der Antragsteller geltend: Die verfügte Auflage diene dem Zweck nicht, eine Aufenthaltsverfestigung oder eine Aufenthaltsverlängerung zu verhindern. Denn ein Studium, selbst wenn es mit einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken durchgeführt werde, könne niemals zu einer Verfestigung des Aufenthalts führen und dies schon gar nicht, wenn es lediglich im Rahmen einer Duldung fortgesetzt werde.

Diese Einwendungen sind nicht stichhaltig. Vielmehr ist das Studierverbot als ein geeignetes Mittel anzusehen, um einer Verfestigung und Verlängerung des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet vorzubeugen und beidem von vornherein entgegenzuwirken. Für die in § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG geregelte Auflage des Verbots einer Erwerbstätigkeit entspricht es herrschender und zutreffender Auffassung, dass es den Ausländerbehörden grundsätzlich nicht verwehrt ist, den Aufenthalt eines lediglich geduldeten Ausländers durch ein Erwerbstätigkeitsverbot so auszugestalten, dass eine seine spätere Entfernung aus dem Bundesgebiet unter Umständen hindernde - auch nur faktische - Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse von vornherein vermieden und einer Verfestigung des Aufenthalts vorgebeugt werde, um nach dem Wegfall des Abschiebungshindernisses die Ausreisepflicht ohne Verzögerungen und Erschwernisse durchsetzen zu können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.12.1990, Buchholz 402.24, § 17 AuslG Nr. 8; Beschl. v. 23.9.1981, EZAR 221 Nr. 17; VGH Mannheim, Beschl. v. 25.9.2003, InfAuslR 2004 S. 70; Hailbronner, Ausländerrecht, § 56 AuslG Rdnr. 9, Stand: Oktober 1997; GK-AuslG, § 56 AuslG Rdnr. 15). Für das hier angeordnete Studierverbot hat Gleiches zu gelten. Dürfte der Antragsteller sein Studium fortsetzen, würde dies dazu beitragen, die - faktische - Integration des Antragstellers in hiesige Lebensverhältnisse zu fördern und seine Bereitschaft zu schwächen, die Bundesrepublik Deutschland nach Beendigung des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens umgehend zu verlassen, und damit die Gefahr begründen, dass die Durchsetzung der Ausreisepflicht unmittelbar nach Beendigung des Strafverfahrens verzögert und erschwert wird. In besonderem Maße wäre dies dann zu besorgen, wenn der Antragsteller bei Beendigung seines Strafverfahrens etwa kurz vor seinem Studienabschluss stände. Die Antragsgegnerin hat zu Recht auch darauf abgestellt, dass die Fortsetzung des Studiums die Wahrscheinlichkeit steigern würde, dass über den für das Strafverfahren erforderlichen Duldungszeitraum hinaus ein weiterer Verbleib zu Studienzwecken angestrebt und versucht werde, diesen unter Umständen zu erstreiten. Diese Erwägungen gewinnen noch dadurch an Bedeutung, dass der Antragsteller - wie das Verwaltungsgericht ohne substantiierte Einwände des Antragstellers ausgeführt hat - noch mindestens vier bis fünf Semester bis zum Studienabschluss benötigt. Dementsprechend ist nicht etwa davon auszugehen, dass der Antragsteller sein Studium im Zeitpunkt des Abschlusses des Strafverfahrens beendet haben wird.

e) Der Einwand des Antragstellers, weder im Ausländergesetz noch im Aufenthaltsgesetz finde sich eine Vorschrift, die eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Aufenthaltserlaubnis zur Voraussetzung für die Fortsetzung eines Studiums mache, wird dem Inhalt der - allerdings missverständlich formulierten - Ausführungen des Verwaltungsgerichts (auf S. 13 f. der Beschlussabschrift) und der Antragsgegnerin (auf S. 6 des Widerspruchsbescheides) nicht gerecht. Weder die Antragsgegnerin noch das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass wegen der Versagung eines Aufenthaltstitels eine Verpflichtung zur Auferlegung des Studierverbots bestehe. Vielmehr haben die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass die Auferlegung des Studierverbots als Auflage zur Duldung im Ermessen der Antragsgegnerin stehe. Sie haben es lediglich als eine zulässige - der gesetzlichen Systematik entsprechende - Ermessenserwägung angesehen, - zusätzlich zum Gesichtspunkt der Vermeidung einer Aufenthaltsverfestigung - darauf abzustellen, dass der Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu Studienzwecken abgelehnt worden sei und dass es im Rahmen der darin zum Ausdruck kommenden Interessenbewertung liege, den Antragsteller hinsichtlich der Studiermöglichkeit nicht deshalb günstiger zu stellen, weil ihm der vorübergehende weitere Aufenthalt bis zum Abschluss des Strafverfahrens im Duldungswege ermöglicht werden müsse. Gegen die Berechtigung dieser Ermessenserwägung bringt der Antragsteller keinen triftigen Einwand vor.

f) Gegenüber dem weiteren, vom Verwaltungsgericht als Ermessenserwägung im Hinblick auf fiskalische Interessen der Bundesrepublik Deutschland gebilligten Gesichtspunkt, dass Studienplätze nur begrenzt zur Verfügung stünden und von Deutschen oder von Ausländern mit erlaubtem Aufenthalt eingenommen werden sollten, macht der Antragsteller geltend: Es sei widersinnig, den Abbruch eines begonnenen Studiums zu erzwingen und dazu fiskalische Gründe ins Feld zu führen; vielmehr ließen sich ebenso viele fiskalische Gründe dafür aufführen, ihm zu ermöglichen, das begonnene Studium zu beenden. Dieser Einwand entkräftet die auf einen vorrangigen Schutz anderer Studienbewerber abstellende Erwägung nicht.

g) Der Rüge, das Studierverbot diene in keiner Weise aufenthaltsrechtlich erheblichen Zwecken, fehlt die erforderliche nähere Darlegung. Sie ist in dieser Allgemeinheit nicht berechtigt. Insbesondere gehören zu den aufenthaltsrechtlich erheblichen Zwecken sowohl das Ziel, einer Aufenthaltsverfestigung vorzubeugen, um die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nach Ablauf der Duldung nicht zu gefährden, als auch das öffentliche Interesse daran, dass der mit der weiteren Anwesenheit des Ausländers verbundene Aufwand an öffentlichen Mitteln möglichst gering gehalten wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1981, BVerwGE Bd. 64 S. 285, 288; Beschl. v. 28.12.1990, Buchholz 402.24 § 17 AuslG Nr. 8 S. 2 f.; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 56 AuslG Rdnr. 19, Stand: Juli 2004).

h) Erfolglos bemängelt der Antragsteller die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, es könne dem Antragsteller nicht zu Gute kommen, dass seine Abschiebung aus Gründen der Strafverfolgung gegenwärtig (noch) nicht betrieben werde; denn diese Gründe seien vorübergehender Natur und hätten keinen Einfluss auf seine aufenthaltsrechtliche Situation. Diese Ausführungen sind entgegen der Meinung des Antragstellers nicht deshalb fehlerhaft, weil die Möglichkeit besteht, dass das Strafverfahren mit einem rechtskräftigen Freispruch endet. Denn die Antragsgegnerin hat dem Antragssteller die Erteilung eines Aufenthaltstitels auch für den Fall eines rechtskräftigen Freispruchs versagt.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Gewichtung des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers im Hinblick auf den Abschluss seines Studiums davon ausgegangen ist, der Antragsteller habe sich während seines Studiums im Jahre 2000 ein Semester lang in einem Ausbildungslager der Al Qaida in Afghanistan aufgehalten. Das Verwaltungsgericht greift insoweit auf die Feststellung im freisprechenden Strafurteil vom 5. Februar 2004 zurück, nach der der Antragsteller Ende April/Anfang Mai 2000 in das Ausbildungslager der Al Qaida nahe Kandahar reiste und sich dort bis Ende Juli 2000 aufhielt (UA S. 17). Dass der Antragsteller im Strafverfahren geschwiegen hat und das Strafurteil nicht rechtskräftig ist, steht der Heranziehung dieser Feststellung nicht entgegen.

II.

Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Studierverbots.

1. Der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe keine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben, weshalb die Anordnung des Sofortvollzugs im öffentlichen Interesse liegen solle, genügt nicht dem Darlegungserfordernis. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung sowohl in ihrer Verfügung vom 3. September 2004 als auch im Widerspruchsbescheid vom 29. September 2004 eingehend begründet; das Verwaltungsgericht hat diese Begründung zudem gebilligt. Auf sie geht der Antragsteller nicht ein. Weshalb sie nicht nachvollziehbar sein soll, führt er nicht aus.

Abgesehen davon greift sein Einwand auch in der Sache nicht durch. Die Antragsgegnerin leitet das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO) daraus her, dass das Studierverbot seinen Zweck nur dann erfüllen könne, wenn es sofort wirksam sei. Dieser Zweck liege insbesondere darin, einer Verfestigung des Aufenthalts des Antragstellers vorzubeugen und zu verhindern, dass er einen der raren Studienplätze in Anspruch nehme. Denn er halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, habe sein Studium nicht zielstrebig betrieben und durch sein Handeln (er habe sich in einem Ausbildungslager der Al Qaida in Afghanistan aufgehalten) sowie durch seine radikale Einstellung Sicherheitsbelange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Diese Begründung zeigt schon im Hinblick auf eine Verfestigung des Aufenthalts ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung auf. Würde die vom Antragsteller erhobene Klage (5 K 5411/04) bis zu dem in § 80 b Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Zeitpunkt aufschiebende Wirkung entfalten, könnte das mit dem Studierverbot insoweit verfolgte Ziel auch dann, wenn das Klageverfahren beschleunigt betrieben wird, nicht hinreichend wirksam erreicht werden.

2. Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller, es fehle an jeglicher nachvollziehbarer Begründung, weshalb die Fortsetzung seines Studiums Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland auch nur berühren könnte, weil die Antragsgegnerin ihm nicht vorwerfe, an der Hochschule aufwiegelnd oder in anderer Weise Sicherheitsinteressen zuwider aktiv geworden zu sein. Dem ist entgegen zu halten, dass die Fortsetzung des Studiums - wie oben ausgeführt - die Gefahr begründet, dass sich der hiesige Aufenthalt des Antragstellers verfestigt und seine Ausreisepflicht nicht unmittelbar nach dem Abschluss des anhängigen Strafverfahrens beendet werden kann.

3. Zu folgen ist auch nicht der Ansicht des Antragstellers, im öffentlichen Interesse könne nur liegen, wenn er nicht tatenlos herumsitze, sondern sein Studium beende und dadurch die Zeit, die ihm bis zur Fortsetzung seines Strafverfahrens verbleibe, sinnvoll nutze. Damit ist allein das persönliche Aussetzungsinteresse des Antragstellers, nicht aber ein öffentliches Interesse bezeichnet. Dieses private Interesse ist wegen der bestehenden Ausreisepflicht gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug von nachrangiger Bedeutung.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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