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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: 3 Bs 503/04
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 56
Einer Duldung darf nach § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG auch eine auflösende Bedingung beigefügt werden, die an den Wegfall eines der Abschiebung entgegenstehenden Grundes anknüpft. Aus § 56 Abs. 5 AuslG folgt anderes nicht.

Die auflösende Bedingung "Erlischt mit Flugtermin" ist hinreichend bestimmt.


3 Bs 503/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Fligge und Kollak am 16. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Die von ihm dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, führen nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt: Soweit der Antragsteller meine, er könne sich darauf berufen, dass ihm eine Duldung bis zum 15. Februar 2005 erteilt worden sei und dass diese Frist von der Antragsgegnerin in rechtswidriger Weise auf den 20. August 2004 verkürzt worden sei, dürfte dem entgegen zu halten sein, dass dem Antragsteller die auflösende Bedingung für die Duldungsfrist - nämlich ein früherer Flugtermin - von vornherein habe bekannt sein müssen, weil ein entsprechender Text in seiner - in der Form des Ausweisersatzes erteilten - Duldung eingestempelt sei. Mit der Bestätigung der Flugbuchung, die er im Übrigen am 17. August 2004 persönlich auf der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts abgegeben habe, sei diese auflösende Bedingung eingetreten. Eines Widerrufs der bis zum Februar 2005 erteilten Duldung habe es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bedurft, weil die Duldungsfrist sich mit Eintritt der auflösenden Bedingung automatisch verkürzt habe.

Hiergegen wendet der Antragsteller ein: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die dem Antragsteller zunächst bis zum 15. Februar 2004 erteilte Duldung nicht habe widerrufen werden müssen, weil eine auflösende Bedingung - nämlich ein früherer Flugtermin - in seiner Duldung eingestempelt gewesen sei. In § 56 Abs. 5 AuslG sei unmissverständlich klargestellt, dass die Duldung widerrufen werde, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfielen. Es widerspreche dem Wortlaut des Gesetzes, dass eine Duldung mit Eintritt einer "auflösenden Bedingung" ohne Widerruf erlösche. Zudem sehe das Gesetz eine "auflösende Bedingung" nicht vor. Zwar ermächtige § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG die Ausländerbehörde zur Anordnung "weiterer Bedingungen und Auflagen", in Betracht könnten hier jedoch nur Melde- und Anzeigepflichten kommen.

Die Auffassung des Antragstellers, eine Duldung dürfe nicht unter einer auflösenden Bedingung erteilt werden, trifft nicht zu. Somit kann offen bleiben, ob die hier strittige auflösende Bedingung "Erlischt mit Flugtermin" nicht nur rechtswidrig, sondern darüber hinaus nichtig wäre, wenn der Antragsteller Recht hätte. Dass seiner Auffassung nicht zu folgen ist, ergibt sich aus § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG, wonach weitere Bedingungen und Auflagen angeordnet werden können. Zu den Bedingungen zählen nicht nur aufschiebende, sondern auch auflösende Bedingungen (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), für die bei der Erteilung von Duldungen eher ein Bedürfnis besteht als für aufschiebende Bedingungen. Dafür, dass sich § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG nur auf Melde- und Anzeigepflichten bezieht, gibt es keine Anhaltspunkte; auch die vom Antragsteller zitierten Textstellen geben dafür nichts her. Aus § 56 Abs. 5 AuslG folgt nichts anderes. Nach dieser Bestimmung wird die Duldung widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Im Interesse einer beschleunigten Abschiebung hat der Gesetzgeber die Behörde hier in Abweichung von der Ermessen einräumenden Regelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts (vgl. § 49 Abs. 2 VwVfG) zum Widerruf nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Der darin zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck, nämlich eine beschleunigte Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer zu ermöglichen, würde missachtet, wenn man der Regelung des § 56 Abs. 5 AuslG entnähme, dass es der Ausländerbehörde verwehrt sei, von § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG durch die Beifügung einer auflösenden Bedingung, die an den Wegfall eines hinreichend bestimmten, der Abschiebung entgegenstehenden Grundes anknüpft, Gebrauch zu machen und die Duldung dadurch ohne das Erfordernis eines Widerrufs zum Erlöschen zu bringen. Es wäre zudem ein unsinniges Ergebnis, wenn zwar eine - ein Aufenthaltsrecht gewährende - Aufenthaltsgenehmigung unter einer auflösenden Bedingung erteilt werden darf (§ 14 Abs. 1 Satz 1 AuslG), dies bei einer - ein Aufenthaltsrecht nicht vermittelnden - Duldung aber nicht zulässig wäre.

Demgemäß entspricht es der herrschenden Rechtsauffassung, dass eine Duldung unabhängig von § 56 Abs. 5 AuslG unter einer hinreichend bestimmten auflösenden Bedingung erteilt werden darf (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 20.9.2000, InfAuslR 2001 S. 158; OVG Greifswald, Beschl. v. 16.8.2004 - 2 L 128/04 -, juris; GK-AuslR, § 56 AuslG Rdnr. 21, Stand: April 2001; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 56 AuslG Rdnr. 19 a, Stand: Juli 2004; Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl. 1999, § 56 AuslG Rdnr. 5).

Obwohl der Antragsteller insoweit keine Einwendungen erhoben hat, weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass die hier streitige auflösende Bedingung "Erlischt mit Flugtermin" hinreichend bestimmt ist. Im Wege der Auslegung ergibt sich, dass das zum Erlöschen der Duldung führende Ereignis die Bekanntgabe des Flugtermins an den Antragsteller darstellt und nicht etwa schon der lediglich interne Vorgang der Bekanntgabe des Flugtermins durch das betreffende Reisebüro an die Antragsgegnerin. Erst die Bekanntgabe des Flugtermins an den Antragsteller kann hier unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts als der maßgebliche, eindeutig zu bestimmende Vorgang angesehen werden (siehe in diesem Sinne auch den Schriftsatz der Antragsgegnerin v. 8.9.2004 und den verwaltungsgerichtlichen Beschluss). Der Flugtermin (am 20.8.2004) ist dem Antragsteller am 17. August 2004 kurze Zeit nach der Verlängerung der Duldung bekannt gegeben worden. Durch diese Bekanntgabe ist die Duldung erloschen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1, 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004.

Ende der Entscheidung

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