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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.08.2007
Aktenzeichen: 3 So 79/07
Rechtsgebiete: VwGO, RVG, RVG-VV


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1
VwGO § 147 Abs. 1
RVG § 55
RVG § 56 Abs. 2
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 7
RVG-VV Nr. 1000
1. Zum "Verfahren der Prozesskostenhilfe" im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO gehört auch die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung an den im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt nach § 55 RVG mit der Folge, dass für Beschwerden nach §§ 56 Abs. 2 RVG - hier: der Staatskasse - jedenfalls deshalb kein Vertretungszwang besteht.

Ob für Beschwerden nach § 56 Abs. 2 RVG eine Ausnahme von dem Vertretungszwang vor dem Oberverwaltungsgericht - trotz der Vorschrift in § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO - spezialgesetzlich in § 33 Abs. 7 RVG normiert ist, bleibt offen.

2. Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 RVG-Vergütungsverzeichnis entsteht im hochschulrechtlichen Zulassungsstreitverfahren durch das Mitwirken des beigeordneten Rechtsanwalts an der Einigung zwischen der Hochschule und dem Studienbewerber dahin, dass jene diesen endgültig zum erstrebten Studium zulässt, wenn dieser den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurücknimmt (sogenannter "Hamburger Vergleich"). Für ein Mitwirken genügt es auch, dass der beigeordnete Rechtsanwalt das vom Verwaltungsgericht übermittelte Einigungsangebot der Hochschule mit dem Studienbewerber berät und ihn zur Annahme bewegt.

3. Die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr im Verfahren nach § 55 RVG hängt nicht davon ab, dass die Einigung im Rahmen des zugrunde liegenden Gerichtsverfahrens als Vergleich protokolliert worden ist (Abgrenzung zu BGH, Beschl. v. 28.3.2006, NJW 2006, 1523; Anschluss an BGH, Beschl. v. 14.4.2007, NJW 2007, 2187).


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 So 79/07

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Niemeyer am 22. August 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 8. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung, die dem Antragsteller als - im Rahmen eines beim Verwaltungsgericht anhängig gewesenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - beigeordnetem Rechtsanwalt von der Antragsgegnerin (der Staatskasse) zu gewähren ist.

Der Mandant des Antragstellers beantragte am 12. Oktober 2006 beim Verwaltungsgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Universität Hamburg verpflichtet werden sollte, ihn vorläufig zum Studiengang Magister/Sinologie zuzulassen. Das Verwaltungsgericht bewilligte ihm mit Beschluss vom 20. Oktober 2006 für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung und ordnete den Antragsteller als Rechtsanwalt bei. Mit Schriftsatz vom 23. November 2006 nahm der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung "aufgrund der richterlichen Verfügung vom 20.10.2006 und dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich" zurück. Die genannte gerichtliche Verfügung enthielt laut einem später eingereichten Schriftsatz des Antragstellers den Hinweis, "dass die Universität nach Rücksprache mit Herrn Oberregierungsrat G. bereit ist, den beantragten Studienplatz für das Wintersemester 2006/2007 vergleichsweise zuzuweisen". Voraussetzung für den Vergleichsschluss sei es gewesen, dass der Mandant seinen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Universität, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und ggf. eine bereits erhobene Klage zurücknehme (vgl. den Schriftsatz des Antragstellers an das Verwaltungsgericht vom 16.1.2007). Das Verwaltungsgericht stellte das Eilverfahren mit Beschluss vom 30. November 2006 ein und setzte den Streitwert auf 3.750,- Euro fest.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht, seine Vergütung aus der Staatskasse mit 567,47 Euro festzusetzen; dabei machte er u. a. eine Einigungsgebühr gemäß § 49 RVG i. V. m. Nrn. 1000, 1003 des Vergütungsverzeichnisses (VV) geltend. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle teilte daraufhin mit Schreiben vom 11. Januar 2007 mit, gebührenrechtlich mangele es an dem für eine Einigung erforderlichen anwaltlichen Mitwirken, da die Erledigung des Verfahrens im Wege des sogenannten "Hamburger Vergleichs" ausschließlich durch das Gericht herbeigeführt worden sei. Der Antragsteller wies mit Schriftsatz vom 16. Januar 2007 auf die (oben dargestellten) Modalitäten des Vergleichsschlusses hin und führte ergänzend aus, er habe die Angelegenheit mit seinem Mandanten besprochen und sodann die entsprechenden Schriftsätze zur Vorlage bei der Universität vorbereitet. Somit habe er die notwendigen Voraussetzungen für den Vergleichsschluss geschaffen; dies rechtfertige die in Ansatz gebrachte Einigungsgebühr.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle wies mit Beschluss vom 22. Januar 2007 das Gesuch des Antragstellers zurück, soweit dieses einen Betrag von 330,83 Euro überstieg. Zur Begründung hieß es, die gebührenrechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der "Vergleichsgebühr" lägen nicht vor. Der Antragsteller habe nicht maßgebend bei dem Vergleichsschluss mitgewirkt, da er lediglich einen Vergleichsvorschlag des Gerichts angenommen habe. Unter dem Begriff des Mitwirkens sei vorrangig nicht das Einwirken auf den eigenen Mandanten zu verstehen, sondern die Korrespondenz mit der Gegenseite zur Herbeiführung eines gütlichen Konsenses; dieser sei ausschließlich durch das Gericht erzielt worden. Der Antragsteller beantragte gegen diesen (ihm laut seinen Angaben am 29.1.2007 zugestellten) Beschluss am 12. Februar 2007 die Entscheidung des Gerichts. Er trug zur Begründung vor, er habe den vom Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag mit seinem Mandanten besprochen und sich mit der Universität in Verbindung gesetzt, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen; dies genüge für das Entstehen der Einigungsgebühr.

Mit Beschluss vom 8. Juni 2007 änderte das Verwaltungsgericht den Beschluss des Urkundsbeamten vom 22. Januar 2007 dahin, dass eine weitere Vergütung in Höhe von 236,64 Euro aus der Staatskasse an den Antragsteller auszukehren sei. Zur Begründung führte es aus, dem Antragsteller stehe auch die in Ansatz gebrachte Einigungsgebühr (nebst diesbezüglicher Umsatzsteuer) zu. Es sei unschädlich, dass der Antragsteller nicht selbst an den Gesprächen zur Vorbereitung des "Hamburger Vergleichs" mitgewirkt habe. Gemäß Nr. 1000 Abs. 1 VV komme es in erster Linie darauf an, dass der Rechtsanwalt beim Abschluss des Vergleichs mitgewirkt habe; dazu gehöre auch eine Beratung des Mandanten über die Annahme eines Vergleichsangebots. Zu diesem Ergebnis führe im Umkehrschluss ebenfalls die Regelung in Nr. 1000 Abs. 2 VV, nach der die Einigungsgebühr auch dann anfalle, wenn der Rechtsanwalt lediglich bei Vertragsverhandlungen, aber nicht beim Vertragsschluss mitgewirkt habe. Am 13. Juni 2007 wurde die Vorlage des Beschlusses an den Vertreter der Antragsgegnerin verfügt.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 hat die Antragsgegnerin Beschwerde gegen Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegt; das Verwaltungsgericht hat am 25. Juni 2007 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Antragsgegnerin vor: Die Einigungsgebühr sei nicht entstanden. Ein vollständiges Nachgeben einer Partei, wozu auch der Erlass eines zunächst abgelehnten Verwaltungsakts gehöre, schließe das Entstehen der Einigungsgebühr aus. Ob über einen hoheitlichen Akt wie die Zulassung zum Studium rechtsgeschäftlich verfügt werden könne, sei zumindest fraglich. Zudem stellten Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 28.3.2006 - VIII ZB 29/05) und Kommentierung auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Protokollierung des Vergleiches ab; hier sei keine Protokollierung erfolgt. Schließlich sei für Fälle der hier vorliegenden Art die Erledigungsgebühr in Nr. 1002 VV geschaffen worden. Eine Umdeutung der in Ansatz gebrachten Einigungsgebühr in eine Erledigungsgebühr sei in Sachen, welche die Vergütung aus der Staatskasse beträfen, nicht tunlich. Es handele sich um Parteianträge; das Gericht und die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle seien bei Vergütungen aus der Staatskasse gemäß § 55 RVG i. V. m. § 308 Abs. 1 ZPO nicht befugt, Parteianträge umzudeuten. Der Urkundsbeamte habe somit zu Recht die beantragte Einigungsgebühr von der Vergütung abgesetzt.

Der Antragsteller hält der Beschwerde entgegen, die von der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2006 (betreffend die Erforderlichkeit der gerichtlichen Protokollierung eines Vergleichs für die Einigungsgebühr) sei überholt: Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs habe in einem Beschluss vom 13. April 2007 (II ZB 10/06) ausgeführt, dass es für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren genüge, wenn sich die für das Entstehen der Einigungsgebühr erforderlichen Voraussetzungen aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergäben; der VIII. Zivilsenat habe laut dem Beschluss des II. Zivilsenats auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner gegenteiligen Auffassung aus dem Beschluss vom 28. März 2006 nicht festhalte. Im vorliegenden Fall sei ein Vergleich geschlossen worden, an dem er (der Antragsteller) mitgewirkt habe durch das Erarbeiten der gerichtlichen und außergerichtlichen Voraussetzungen für die Annahme des Vergleichsvorschlags; zusätzlich habe er diese Punkte mit seinem Mandanten diskutieren müssen und damit auf ihn eingewirkt. Weiterhin sei zu beachten, dass die Universität gerade nicht den Anspruch seines Mandanten anerkannt, sondern eine Zuweisung außerhalb der eigentlich vorhandenen Kapazitäten vorgenommen habe. Daher habe der Mandant seinen Widerspruch zurücknehmen müssen. Die Hauptsache habe sich also nicht durch eine Entscheidung der Universität erledigt, sondern durch die Rücknahme des Widerspruchs, einer Handlung des Mandanten. Der ursprünglich angegriffene Verwaltungsakt - die Ablehnung der Studienplatzzuweisung - sei damit in Bestandskraft erwachsen; die letztlich erfolgte Zuweisung stelle einen eigenständigen Verwaltungsakt dar.

Der zunächst berufene originäre Einzelrichter hat das Verfahren nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 7. August 2007 gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat übertragen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig (1.), aber nicht begründet (2.).

1. a) Die fristgemäß (vgl. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) erhobene Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 Euro (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG), da sich die vom Verwaltungsgericht (gegenüber dem Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 22.1.2007) zusätzlich zu Lasten der Antragsgegnerin festgesetzte Vergütung auf 236,64 Euro beläuft.

b) Die Antragsgegnerin ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG beschwerdeberechtigt.

Sie ist in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren auch postulationsfähig. Zwar muss sich nach § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, vor dem Oberverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt (oder durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule mit Befähigung zum Richteramt) als Bevollmächtigten vertreten lassen; dies gilt auch für Beschwerden und sonstige Nebenverfahren, bei denen in der Hauptsache Vertretungszwang besteht, mit Ausnahme der Beschwerden gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe. Daraus ergibt sich für die vorliegende Beschwerde jedoch kein Vertretungszwang.

aa) Es kann dahinstehen, ob der in § 147 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO schon für das Einlegen von Beschwerden an das Oberverwaltungsgericht vorgesehene Vertretungszwang hier bereits deshalb nicht gilt, weil außerhalb der Verwaltungsgerichtsordnung eine Ausnahme vom Vertretungszwang spezialgesetzlich normiert sein könnte (zu diesem Ansatz vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 22.1.2003, NVwZ-RR 2003 S. 689; Beschl. v. 30.4.2002, NVwZ-RR 2002 S. 898; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, 2. Aufl. 2006, § 147 Rdnrn. 11, 12; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 67 Rdnr. 28). Die Bestimmungen der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 7 RVG könnten möglicherweise so zu verstehen sein, dass in derartigen Beschwerdeverfahren generell kein Vertretungszwang gelten soll:

Zwar enthält § 33 Abs. 7 RVG - anders als etwa die Bestimmung des § 11 Abs. 6 RVG oder als die Vorgängerregelung in §§ 128 Abs. 4 Satz 2, 10 Abs. 4 BRAGO - nicht (ausdrücklich) die Maßgabe, dass Beschwerden ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts eingelegt werden können. Jedoch können nach § 33 Abs. 7 RVG Beschwerden zu Protokoll der Geschäftsstelle eingereicht werden. Dies führt im unmittelbaren Geltungsbereich der Zivilprozessordnung gemäß der Regelung in § 78 Abs. 5 ZPO dazu, dass die Vorschriften über den Anwaltsprozess insoweit nicht gelten. Wohl nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird in der kostenrechtlichen Literatur - ohne nach Gerichtsbarkeiten zu differenzieren - angenommen, für Beschwerden gemäß § 33 Abs. 3 RVG bestehe generell kein Anwaltszwang (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl. 2006, § 33 Rdnr. 18; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 33 RVG, Rdnr. 29); die Kommentierung zu § 67 VwGO gelangt hinsichtlich der Beschwerden vor den Oberverwaltungsgerichten zum Teil ebenfalls zu diesem Ergebnis (vgl. Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 67 Rdnr. 18). Auch scheint der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) davon ausgegangen zu sein, dass für Beschwerden gemäß § 33 Abs. 7 RVG generell kein Vertretungszwang bestehen solle (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 15/1971 S. 156 und 196).

Allerdings ist für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beachten, dass es zwar einerseits auch gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO möglich ist, eine Beschwerde zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen, andererseits aber davon nach § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Bestimmung des § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO unberührt bleibt; dies könnte wiederum dafür sprechen, dass die eigentlich gemäß § 173 VwGO entsprechend anwendbare Regelung in § 78 Abs. 5 ZPO bei Beschwerden an das Oberverwaltungsgericht generell von § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO als speziellerer Regelung verdrängt wird (vgl. Czybulka in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 67 Rdnrn. 75, 78). Die obergerichtliche Rechtsprechung zum Verhältnis dieser Normen ist nicht einheitlich (vgl. einerseits: VGH Mannheim, Beschl. v. 18.11.2002, NVwZ-RR 2003 S. 690, 691: Vertretungszwang für die Beschwerde eines Zeugen gegen ein vom Verwaltungsgericht verhängtes Ordnungsgeld trotz der in §§ 98, 173 VwGO enthaltenen Verweisung auf §§ 380 Abs. 3, 569 Abs. 3 Nr. 3, 78 Abs. 5 ZPO; dem im Ergebnis folgend: OVG Hamburg, Beschl. v. 27.6.2007 - 3 So 68/07 -; OVG Münster, Beschl. v. 14.7.2004, NVwZ-RR 2005 S. 292; andererseits: VGH Mannheim, Beschl. v. 1.9.2005, NJW 2006 S. 251, 252: Auch nach der Neufassung des Gerichtskostengesetzes durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz kein Vertretungszwang für die Streitwertbeschwerde, da das Gerichtskostengesetz in §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 5 Satz 1 GKG i. V. m. § 78 Abs. 5 ZPO eine dem § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO als lex specialis vorgehende Sonderregelung enthalte; dem folgend: VGH München, Beschl. v. 3.1.2006 - 26 C 05.3036 -, juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 10.7.2006 - 3 O 86/06 -, juris).

bb) Die vorliegende Beschwerde der Antragsgegnerin unterliegt jedenfalls deshalb nicht dem Vertretungszwang, weil sie im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Beschwerde gegen einen Beschluss "im Verfahren der Prozesskostenhilfe" einzuordnen ist. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts über die Höhe der Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts. Damit ist sie noch dem "Verfahren der Prozesskostenhilfe" zuzuordnen. Denn dieser Begriff ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen:

Das Verfahren der Prozesskostenhilfe endet nicht ohne weiteres mit deren Bewilligung (ggf. unter Beiordnung eines Rechtsanwalts) durch das betreffende Instanzgericht. So kann die Staatskasse unter den in § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 3 ZPO bestimmten Voraussetzungen Beschwerde gegen die Bewilligung einlegen; auch das Gericht selbst kann unter Umständen die Bewilligung aufheben (vgl. § 124 ZPO) oder seine Entscheidung über Ratenzahlungen ändern (vgl. § 120 Abs. 4 ZPO), und diese Entscheidungen können ihrerseits zum Gegenstand von Beschwerdeverfahren werden. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Ausschluss des Vertretungszwangs nicht auch für Beschwerden gegen solche Beschlüsse "im Verfahren der Prozesskostenhilfe" gelten sollte, und zwar unabhängig davon, welcher Beteiligte die Beschwerde einlegt. Weiterhin können sich, wie der vorliegende Fall zeigt, aber auch nach Beendigung des eigentlichen Rechtsstreits im Rahmen der Abwicklung bereits bewilligter Prozesskostenhilfe neue (zu Beschwerdeverfahren nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 bis 7 RVG führende) Streitigkeiten ergeben. Es wäre nicht einleuchtend, wenn die Staatskasse für eine solche - eher einen Annex zum eigentlichen PKH-Bewilligungsverfahren darstellende - Beschwerde nicht postulationsfähig wäre, während sie auf das Bewilligungsverfahren als solches durch eine Beschwerde gemäß §§ 166 VwGO, 127 Abs. 3 ZPO Einfluss nehmen könnte, ohne dafür eine Vertretung im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu benötigen. Auch steht der Umstand, dass der hilfeberechtigte Bürger an Beschwerdeverfahren nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 bis 7 RVG nicht mehr beteiligt ist, der Einordnung dieser Beschwerden als solcher gegen "Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe" nicht entgegen. Derartige Beschwerdeverfahren verdeutlichen vielmehr, dass an "Verfahren der Prozesskostenhilfe" auch andere Personen und Organe (der beigeordnete Rechtsanwalt und die Staatskasse) mit jeweils eigenen Interessen beteiligt sein können.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die dem Antragsteller von der Antragsgegnerin zu gewährende Vergütung zu Recht auf die in Ansatz gebrachte Einigungsgebühr (nebst diesbezüglicher Umsatzsteuer) erstreckt. Die diesbezüglichen Gegenargumente des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts bzw. der Antragsgegnerin greifen nicht durch.

a) Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Dies gilt nach Nr. 1000 Abs. 4 VV auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts, soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann. Diese Voraussetzungen von Nr. 1000 Abs. 1 und 4 VV sind hier erfüllt.

aa) Die Beteiligten des Eilverfahrens 20 ZE 2194/06 haben einen Vertrag geschlossen, durch den der Streit über ein Rechtsverhältnis - darüber, ob der Mandant des Antragstellers beanspruchen konnte, außerhalb der festgesetzten Studienkapazität von der Universität zum Studium zugelassen zu werden - beseitigt worden ist. Dieser Vertrag hat sich nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis (der Universität) oder auf einen Verzicht (des Mandanten) beschränkt. Vielmehr haben beide Seiten jeweils nachgegeben und Vorteile erlangt, indem - zum einen - der Mandant durch Rücknahme des Eilantrags das gerichtliche Eilverfahren zu seinen Lasten beendet und durch Rücknahme des Widerspruchs den Versagungsbescheid der Universität hat in Bestandskraft erwachsen lassen (wodurch die Universität von allen Verfahrenskosten freigestellt worden ist), während - zum anderen - die Universität sich unter der Bedingung dieser Rücknahmen verpflichtet hat, den Mandanten des Antragstellers endgültig zum Studium zuzulassen (wodurch dieser mehr erhalten hat, als er im Rahmen des Eilverfahrens durch eine einstweilige Anordnung hätte erreichen können). Ein solcher Vertrag ist ein Vertrag im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 VV (vgl. Hartmann, Kostengesetze, a. a. O., RVG, Nr. 1000 VV, Rdnr. 32; von Eicken in: Gerold/Schmidt, a. a. O., Nr. 1000 VV, Rdnrn. 27 - 30). Schließlich konnten die Beteiligten des Eilverfahrens auch vertraglich über den Streitgegenstand verfügen (Nr. 1000 Abs. 4 VV): Der Umstand, dass die Zulassung zum Studium als solche einen Verwaltungsakt ("Hoheitsakt") darstellt, ändert nichts daran, dass Hoheitsträger sich zur Beseitigung rechtlicher Ungewissheiten grundsätzlich (in gewissen Grenzen, vgl. § 59 VwVfG) auch vertraglich dazu verpflichten können, gegen bestimmte Gegenleistungen einen Verwaltungsakt zu erlassen. Eine Ausnahme hiervon (wie dies im Verfahren der Finanzgerichte häufiger vorkommen mag) bestand im Hinblick auf den Streitgegenstand des hier geführten Eilverfahrens nicht.

Der Antragsteller hat für das Entstehen der Einigungsgebühr auch hinreichend beim Abschluss des Vertrags "mitgewirkt". Hierfür genügt es, dass er (wie er unbestritten vorträgt) seinen Mandanten nach dem Empfang des vom Verwaltungsgericht übermittelten Einigungsangebots der Universität beraten und auf ihn eingewirkt hat, um ihn zur Annahme des Angebots zu bewegen. Unschädlich ist es demgegenüber, dass die diesbezügliche Initiative nicht von dem Antragsteller ausgegangen ist und dass er nicht an etwaigen Sondierungsgesprächen zwischen dem Verwaltungsgericht und der Universität teilgenommen hat. Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Teilnahme des Rechtsanwalts an Vertragsverhandlungen vor dem Vertragsschluss für sich genommen zwar bereits genügen kann, jedoch nicht zwingend erforderlich ist, um die Einigungsgebühr entstehen zu lassen; andernfalls wäre die in Nr. 1000 Abs. 1 und 2 VV getroffene Unterscheidung über die Mitwirkung an Vertragsverhandlungen einerseits und am Vertragsschluss andererseits nicht sinnvoll (vgl. Hartmann, a.a.O., Nr. 1000 VV Rdnr. 60 f.).

bb) Die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr im Verfahren gemäß § 55 RVG hängt nicht davon ab, ob die Einigung im Rahmen des zugrunde liegenden Gerichtsverfahrens als Vergleich protokolliert worden ist. Der von der Antragsgegnerin angesprochene Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2006 (NJW 2006 S. 1523 ff.) führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

Der Bundesgerichtshof (VIII. Zivilsenat) hat in dem Beschluss vom 28. März 2006 (a.a.O. S. 1524) ausgeführt, zwar setze nicht das Entstehen der Einigungsgebühr die gerichtliche Protokollierung eines Vergleichs voraus, wohl aber die Festsetzungsfähigkeit dieser Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO. Dies ergebe sich aus dem Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, welches gerade auch im Kostenfestsetzungsverfahren gelte. Es könne nicht in jedem Fall von Prozesserklärungen wie Teilrücknahmen und Anerkenntnissen hinsichtlich der verbleibenden Klageforderung eine Einigung angenommen werden; solche Prozesserklärungen könnten auch ohne zugrunde liegende Einigung gegenüber dem Gericht abgegeben werden. Das Erfordernis eines protokollierten Vergleichs entfalle auch dann nicht, wenn die Feststellung eines vertraglichen Konsenses im Einzelfall ohne Schwierigkeiten möglich sein sollte.

Das Beschwerdegericht vermag bereits nicht zu erkennen, dass diese für das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO angestellten Überlegungen ohne weiteres auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG übertragbar wären (a.A. OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.8.2005, NJW-RR 2006 S. 1367, insoweit ohne Begründung). Während das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO die Erstattung von Prozesskosten durch den Prozessgegner betrifft, diesem gegenüber das Vorliegen eines Vollstreckungstitels voraussetzt (§ 103 Abs. 1 ZPO) und dem Prozessgegner gegenüber zu einem neuen Vollstreckungstitel führt (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bzw. § 168 Abs. 1 Nr. 4 VwGO), hat das Verfahren nach § 55 RVG die Erstattungspflicht der Staatskasse gegenüber dem beigeordneten Rechtsanwalt zum Gegenstand, ohne dass bereits ein Vollstreckungstitel vorliegen müsste. Die Festsetzung der Vergütung durch den Urkundsbeamten entfaltet keine Rechtskraftwirkung gegenüber den Parteien des zugrundeliegenden Prozesses und stellt auch ihrerseits keinen Vollstreckungstitel dar; sollte sich die Staatskasse weigern, den festgesetzten Betrag auszuzahlen, muss der beigeordnete Rechtsanwalt sich durch Klage beim Verwaltungsgericht erst einen Vollstreckungstitel beschaffen (vgl. von Eicken/Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rdnrn. 11, 12). Von den Vorschriften des Kostenfestsetzungsverfahrens gilt im Rahmen von §§ 55 ff. RVG lediglich die Bestimmung des § 104 Abs. 2 ZPO entsprechend (§ 55 Abs. 5 Satz 1 RVG); nach § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt es zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Dass es hierfür im Fall des Geltendmachens einer Einigungsgebühr zwingend erforderlich wäre, auf einen gerichtlich protokollierten Vergleich Bezug nehmen zu können, leuchtet nicht ein.

Im Übrigen ist inzwischen eine neue Lage eingetreten, nachdem der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 14. April 2007 (NJW 2007 S. 2187, 2188) der o.g. Auffassung des VIII. Zivilsenats ausdrücklich nicht gefolgt ist und dabei darauf hingewiesen hat, der VIII. Zivilsenat halte an seiner Auffassung nicht mehr fest, "wie er auf Anfrage mitgeteilt" habe. Nach dieser neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es auch im Kostenfestsetzungsverfahren für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr, dass die Erfüllung der für ihr Entstehen erforderlichen Voraussetzungen glaubhaft gemacht ist; insoweit reiche die überwiegende Wahrscheinlichkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen, denn es gelte "der normale Maßstab des § 294 ZPO". Erforderlichenfalls seien auch im Kostenfestsetzungsverfahren schwierige Rechtsfragen zu entscheiden und tatsächliche Fragen zu klären.

Nach diesem Maßstab ist das Vorliegen einer Einigung im Sinne von Nr. 1000 VV im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht. Insbesondere angesichts des von dem Antragsteller wiedergegebenen Schreibens des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2006 und des dort skizzierten Einigungsvorschlags unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, dass die Rücknahmeerklärungen seines Mandanten und die Zusicherung der Universität, ihn endgültig zum Studium zuzulassen, keinen anderen Hintergrund haben als eine eben dahingehende Einigung der Beteiligten des Eilverfahrens.

b) Ist somit im vorliegenden Fall eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV in Ansatz zu bringen, so scheidet (entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin) die Festsetzung einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV aus. Bei dieser Erledigungsgebühr handelt es sich um einen Ersatz für die Einigungsgebühr, der vor allem dann in Betracht kommt, wenn eine Einigungsgebühr nicht entstehen kann, weil die Prozessparteien nicht vertraglich über den Verfahrensgegenstand verfügen können (vgl. von Eicken in: Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 1002 VV, Rdnrn. 2, 3; Hartmann, a.a.O., Nr. 1002 VV, Rdnr. 1). Dem entspricht es, dass hier die Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr (Nr. 1002 Satz 2 VV) nicht vorliegen; die Rechtssache (das Eilverfahren 20 ZE 2194/06) hat sich nicht durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Auf die zutreffenden, oben (unter "I.") wiedergegebenen Ausführungen des Antragstellers in seiner Beschwerdeerwiderung vom 30. Juli 2007 (siehe dort S. 3 unten) wird Bezug genommen.

Davon abgesehen weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass es nicht die Ansicht der Antragsgegnerin teilt, es sei in Verfahren nach § 55 RVG ausgeschlossen, anstelle einer von dem Rechtsanwalt zu Unrecht beantragten Einigungsgebühr eine erkennbar tatsächlich entstandene Erledigungsgebühr festzusetzen. Der Umstand, dass der Urkundsbeamte in Anlehnung an § 308 Abs. 1 ZPO an den Festsetzungsantrag des beigeordneten Rechtsanwalts gebunden ist, bedeutet zwar, dass eine Festsetzung über den von dem Rechtsanwalt beantragten Betrag hinaus nicht zulässig ist. Beantragt in diesem Sinne ist aber der Betrag, dessen Festsetzung der Rechtsanwalt nach dem Gesamtinhalt des Antrags von der Staatskasse verlangt. Die Bindung an den Antrag bedeutet somit - ebenso, wie ein Zivilgericht nicht durch § 308 Abs. 1 ZPO an eine vom Kläger genannte unzutreffende Rechtsgrundlage für den eingeklagten Anspruch gebunden ist - nicht, dass der Urkundsbeamte rechtlich daran gehindert wäre, innerhalb des beantragten Betrags und im Rahmen des zugrunde gelegten Sachverhalts einen Positionsaustausch dahin vorzunehmen, statt einer geforderten, aber nicht entstandenen eine nicht geforderte, aber ersichtlich entstandene (gleich hohe oder niedrigere) Gebühr zu berücksichtigen (vgl. von Eicken/Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rdnr. 27; Hartmann, a.a.O., § 55 Rdnr. 24; Hartung in: Hartung/Römermann/Schoms, RVG, 2. Aufl. 2006, § 55 Rdnr. 57).

3. Eine Kostenentscheidung ist nach § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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