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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: 4 Bf 104/06
Rechtsgebiete: SGB VIII


Vorschriften:

SGB VIII § 75 Abs. 1 Nr. 2
1. Die für eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe erforderliche Verfolgung gemeinnütziger Ziele liegt nur vor, wenn der Träger selbstlos handelt, wie es auch im Steuerrecht für die Anerkennung der Förderung gemeinnütziger Zwecke gefordert wird.

2. Es verstößt weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängig macht.

3. Europäisches Gemeinschaftsrecht verlangt keine andere Auslegung des Gemeinnützigkeitsbegriffs.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 Bf 104/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch den Richter Pradel, die Richterin Huusmann und den Richter Graf von Schlieffen sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Dr. Busch und Boddien für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Januar 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, sie als Trägerin der freien Jugendhilfe anzuerkennen.

Die Klägerin ist in der Form einer GmbH organisiert. Gegenstand des Unternehmens sind nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 10. Februar 1999 die Erbringung sozialer und medizinischer Dienstleistungen sowie alle damit direkt oder indirekt in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Gemäß § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages stellt die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss fest und bestimmt über die Gewinnverwendung, insbesondere darüber, inwieweit der Bilanzgewinn in eine Rücklage eingestellt oder an die Gesellschafter ausgeschüttet wird.

Mit Schreiben vom 5. März 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung als Trägerin der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2003 ab. Ungeachtet der übrigen Voraussetzungen des § 75 SGB VIII könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin gemeinnützige Ziele verfolge, wie § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII dies voraussetze. Wenn eine Gesellschaft nicht von der zuständigen Steuerbehörde als gemeinnützig anerkannt sei, wie im Falle der Klägerin, müsse geprüft werden, ob sie gemeinnützige Ziele verfolge. Die anhand der §§ 51 bis 68 Abgabenordnung (AO) entwickelten Prüfmaßstäbe erfülle die Klägerin nicht. Gemäß § 55 Abs. 1 AO dürften mit der Tätigkeit nicht vorrangig eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthalte keine festen Regelungen über die Gewinnverwendung, sondern überlasse es der jährlichen Gesellschafterversammlung, jeweils über die Gewinnverwendung zu entscheiden. Auch seien weitere wesentliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit aus dem Organisationsstatut nicht ersichtlich.

Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend: Der Bescheid verletze ihre Rechte aus Art. 12 und 14 GG und verstoße gegen Art. 3 GG. Sie erbringe seit April 1999 fortlaufend und mit steigender Tendenz Leistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, sei mit Sitz und Stimme Mitglied der bezirklichen Arbeitsgemeinschaften gemäß § 78 SGB VIII und seit dem 1. Juni 2003 bestehe eine ungekündigte Leistungs- und Vergütungsvereinbarung gemäß § 77 SGB VIII mit der Beklagten. Damit erfülle sie die Anerkennungsvoraussetzungen des § 75 SGB VIII. Weitere Anforderungen wegen ihrer privatrechtlichen Organisationsform könne die Beklagte im Hinblick auf Art. 3 GG nicht stellen. Die Verhaltensweise der Beklagten sei auch unter Beachtung des Europarechts bedenklich. Der angefochtene Bescheid könne im Zweifel keinen Bestand haben, weil das Europäische Recht von einer Trägerpluralität ausgehe, innerhalb derer auch privatrechtlich organisierte Träger eine gleichwertige Chance haben müssten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin gemeinnützige Ziele verfolge, wie § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII dies voraussetze. Nach Nr. 5.2 der Hamburgischen "Richtlinie für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe" sei die Verfolgung von gemeinnützigen Zielen dann anzunehmen, wenn eine steuerrechtliche Gemeinnützigkeitserklärung vorliege. Fehle eine solche Erklärung, wie im Falle der Klägerin, sei zu prüfen, ob die Angaben des Trägers die Annahme rechtfertigten, er verfolge gemeinnützige Ziele. Dabei seien die Prüfmaßstäbe der Vorschriften über steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO geschehe eine Förderung selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und die Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet würden. Auch dürften die Gesellschafter keine Gewinnanteile erhalten. Diese Voraussetzung erfülle der Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht, der in § 6 Abs. 2 vorsehe, dass die Gesellschafterversammlung über die Gewinnverwendung bestimme, insbesondere darüber, ob Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet oder in die Rücklage eingestellt würden.

Am 26. März 2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie habe als Trägerin der freien Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII einen Anspruch auf Anerkennung. Sie erfülle die Voraussetzung der Verfolgung gemeinnütziger Ziele. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien für die Auslegung des Begriffs der Gemeinnützigkeit nicht ohne Weiteres die Maßstäbe des Steuerrechts heranzuziehen. Der Gesetzgeber habe sich nicht an den steuerrechtlich etablierten Begriff der Gemeinnützigkeit anlehnen wollen, sondern im Gegenteil werde ausweislich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit des Bundestages (BT/Drs. 11/6748) mit der Normierung gemeinnütziger Ziele im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nicht die Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts verstanden. Der Begriff sei daher dem Regelungszusammenhang des § 75 SGB VIII und nicht dem des Steuerrechts zu entnehmen. Die heute geltende Regelung verfolge nicht den Zweck, die privaten Träger auszuschließen, sondern nur die Anbieter, die "auf dem Trittbrett der Jugendhilfe" andere Zwecke verfolgten. Die Verweigerung der Anerkennung verletze sie, die Klägerin, in ihren Rechten aus Art. 3 GG und Art. 12 GG. Darüber hinaus verstoße die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des Begriffs der gemeinnützigen Ziele im Sinne des § 75 SGB VIII gegen Wertungen des Europäischen Rechts. Die Beschränkung der Anerkennung auf gemeinnützige Träger der freien Jugendhilfe habe eine mittelbar wettbewerbsverzerrende Wirkung. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2005 (C-498/03, "Kingscrest") zu der Thematik der Umsatzsteuerbefreiung für Einrichtungen mit sozialem Charakter Anhaltspunkte für eine europarechtskonforme Auslegung aufgezeigt. Auch in der Wissenschaft werde für eine weite Auslegung des Gemeinnützigkeitserfordernisses des § 75 SGB VIII plädiert.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 27. November 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 8. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Träger der freien Jugendhilfe anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zur Erwiderung vorgetragen, sie folge bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "gemeinnützige Ziele" den von den Obersten Landesbehörden aufgestellten Grundsätzen für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe und der Hamburgischen Richtlinie für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe. Nach Nr. 2.2 der Grundsätze und Nr. 5.2 der Richtlinie seien in den Fällen, in denen keine Gemeinnützigkeitserklärung vorliege, die Prüfmaßstäbe der Vorschriften über steuerbegünstigte Zwecke (§§ 51 - 68 AO) sinngemäß anzuwenden. Es sei richtig, dass der Gesetzgeber den Begriff der Gemeinnützigkeit nicht auf den im Sinne des Steuerrechts habe beschränken wollen. Ziel des Gesetzgebers sei es aber gewesen, durch dieses Tatbestandsmerkmal solche Träger nicht als Träger der freien Jugendhilfe anzuerkennen, die auf kommerzieller Basis jugendhilferechtliche Leistungen erbrächten und damit letztlich Interessen verfolgten, die außerhalb der Jugendhilfe lägen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Januar 2006 (ZKJ 2006, 377) die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Klägerin als Trägerin der freien Jugendhilfe anzuerkennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Gegenstand des Rechtsstreits sei allein die Frage, wie der Begriff der Verfolgung gemeinnütziger Ziele im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII auszulegen sei, da die Klägerin die übrigen Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 SGB VIII unstreitig erfülle. Die von der Beklagten in sinngemäßer Anwendung der steuerrechtlichen Prüfmaßstäbe vorgenommene Auslegung sei zu eng. Folge man ihr, wären gewerbliche Anbieter von Jugendhilfeleistungen in der Regel von der Anerkennung ausgeschlossen. Was unter der "Verfolgung gemeinnütziger Ziele" im Sinne des § 75 SGB VIII zu verstehen sei, ergebe sich nicht aus dem Gesetz und sei auch nicht den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Nach Bericht und Empfehlung des federführenden Ausschusses des Bundestages solle es jedenfalls nicht die Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts sein (BT-Drs 11/6748 S. 82). Die Weiterentwicklung des Jugendhilferechts hin zu wettbewerblichen Strukturen der Leistungserbringung gebiete eine Inhaltsbestimmung des Gemeinnützigkeitsbegriffs unter Berücksichtigung spezifisch jugendhilferechtlicher Bedürfnisse. Nach bisheriger enger Auslegung dieses Begriffes seien die freigewerblichen Träger, die von der Anerkennung ausgeschlossen gewesen seien, auch von den Teilhabemöglichkeiten an der Jugendhilfeplanung ausgeschlossen gewesen, auch wenn sie langjährig anerkannte Arbeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe geleistet hätten. Dies sei unangemessen. Eine steuerrechtliche Anerkennung als gemeinnützig vermittle finanzielle Vorteile. Daher möge es gerechtfertigt sein, dort einen engen Gemeinnützigkeitsbegriff anzulegen. Dagegen führe im Bereich der Jugendhilfe die Anerkennung vor allem zur Teilhabe an Planungs- und Entscheidungsprozessen. Daher sollten Fachlichkeit, Qualität und Effizienz der Arbeit im Vordergrund stehen. Der Absicht, für eine anerkannte Arbeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe zusätzlich auch Gewinn zu erzielen, stehe nicht entgegen, dass darüber hinaus gemeinnützige Ziele im Sinne des SGB VIII verfolgt würden. Beides scheine miteinander vereinbar. Eine grundrechtskonforme Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 3 GG und Art. 12 GG gebiete ebenfalls die Anerkennung der Klägerin. Weiterhin dürfte eine Bevorzugung privat-gemeinnütziger Träger gegenüber gewerblichen Trägern der Jugendhilfe nicht als europarechtskonform anzusehen sein. Der Begriff "Verfolgung gemeinnütziger Ziele" sei unter Berücksichtigung spezieller jugendhilferechtlicher Belange grundrechts- und europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass mehr auf den Inhalt der erbrachten Leistungen abzustellen sei. Nicht jegliche Motivation des Trägers müsse altruistisch sein. Ausschlaggebend solle sein, dass die Aufgabenerfüllung gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Realisierung des Sozialstaatsprinzips diene und dadurch das Leistungsprofil des Trägers charakterisiert werde. Soweit ein Träger über den erforderlichen Zeitraum des § 75 Abs. 2 SGB VIII fachlich und qualitativ gleichwertige Leistungen der Jugendhilfe erbringe, wie die Klägerin, dürfe allein die Absicht, damit auch Gewinn zu erzielen, kein Differenzierungskriterium für die Anerkennung sein. Unter Berufung auf dieses unzulässige Merkmal der Verfolgung gemeinnütziger Ziele habe die Beklagte der Klägerin die Anerkennung als freier Träger nicht versagen können. Es werde Aufgabe des Gesetzgebers und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sein, einen jugendhilferechtlichen Gemeinnützigkeitsbegriff zu entwickeln.

Nach Zustellung des Urteils am 21. März 2006 hat die Beklagte am 7. April 2006 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Mit der nach Fristverlängerung am 10. Juli 2006 eingegangenen Berufungsbegründung trägt die Beklagte vor: Die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung sei weder mit dem Wortlaut noch mit der Gesetzessystematik oder der Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII vereinbar. Das Sozialrecht unterscheide bewusst zwischen Leistungsträgern mit gemeinnützigem Charakter und solchen Leistungsanbietern, die diese Anforderungen nicht erfüllten. Im Bereich der Entgeltfinanzierung stelle das Gesetz keine besonderen Anforderungen an die Organisationsform. Gehe es hingegen um die geregelte Zusammenarbeit der öffentlichen Träger mit der freien Jugendhilfe, deren institutionelle Förderung sowie deren besondere Aufgaben und Verantwortung im sozialen Bereich, stelle das Gesetz qualitativ höhere Anforderungen. Die Gesetzessystematik ziele darauf ab, dass für eine auf Dauer angelegte Förderung gemäß § 74 SGB VIII die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe erforderlich sei. Während des Gesetzgebungsverfahrens habe der Bundesrat eingewandt, dass die Anerkennung als freier Träger davon abhängig gemacht werden müsse, dass der Träger auf dem Gebiet der Jugendhilfe gemeinnützig tätig sei (BR-Drs. 503/1/89). Die Bundesregierung habe dies abgelehnt (BT-Drs. 11/6002). Der zuständige Jugendausschuss habe dem Plenum empfohlen, die Verfolgung gemeinnütziger Ziele in das Gesetz mit aufzunehmen. Der Bundestag habe daraufhin die jetzt Gesetz gewordene Fassung beschlossen. Angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers könne nun keine Interpretation vorgenommen werden, die durch eine Inhaltsbestimmung des Gemeinnützigkeitsbegriffs das vom Gesetzgeber abgelehnte Konzept verwirkliche. Europarecht stehe dieser Auslegung ebenfalls nicht entgegen. Art. 13 der RL 77/388/EWG beruhe auf Art. 99 und Art. 100 EWG-V, heute Art. 93 und 94 EGV. Nach diesen Bestimmungen habe der Gemeinschaftsgesetzgeber die Befugnis zur Harmonisierung indirekter Steuern. Insoweit komme ihr keine Aussagekraft für die Frage zu, inwieweit eine Tätigkeit gemeinnützige Ziele im Sinne des Sozialrechts verfolge. Auch nach dem primären Gemeinschaftsrecht sei das Erfordernis der Gemeinnützigkeit nicht restriktiv zu interpretieren. Verfassungsrecht stehe der so ausgelegten Tatbestandsvoraussetzung der Verfolgung gemeinnütziger Ziele ebenfalls nicht entgegen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Januar 2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Forderung in § 75 SGB VIII, dass gemeinnützige Ziele verfolgt werden müssten, sei verfassungs- und europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Gemeinnützigkeit im Sinne des deutschen Steuerrechts nicht erforderlich sei. Diese habe der Gesetzgeber ausdrücklich nicht gemeint. Die inhaltliche Ausformung des Begriffs sei der Rechtspraxis überlassen worden, die eine trennscharfe Begriffsbestimmung bisher noch nicht vorgenommen habe. Bei der Beteiligung im Jugendhilfeausschuss handele es sich um eine Aufgabe der öffentlichen Fürsorge, die nur nicht kommerziell arbeitenden Personen vorbehalten bleiben müsse. Dem europäischen Umsatzsteuerrecht lasse sich entnehmen, dass es für den Begriff der dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeit weder auf das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht ankomme noch darauf, ob nationale Regelungen zur steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit einschlägig seien. Das europäische Steuerrecht verbiete unter Wettbewerbsgesichtspunkten eine Ungleichbehandlung, um Marktverzerrungen vorzubeugen. Auch wenn diese Vorschriften nicht unmittelbar die Norm des § 75 SGB VIII beträfen, seien sie als übergeordnete Wertungen zu berücksichtigen. Eine Verweigerung der Anerkennung verstoße auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Auslegung des § 75 SGB VIII, wie sie die Beklagte vornehme, wirke wie eine klassische berufsrechtliche Reglementierung. Die Beklagte steuere hiermit die Erbringung von bestimmten Leistungen der Jugendhilfe und grenze bestimmte Anbieter von der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Jugendhilfe aus. Es sei nicht erkennbar, welche vernünftigen Gemeinwohlerwägungen einen solchen Zweck prägen könnten. Da der Zweck der Regelung nicht ersichtlich sei, fehle es auch an der Erforderlichkeit einer solchen Regelung. Sie sei unverhältnismäßig und entspreche nicht dem Erfordernis an eine verfassungsgemäße Schranke des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelung verstoße auch gegen Art. 3 GG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Sachakte der Beklagten. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage, weil die Klägerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch darauf hat, nach § 22 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder und Jugendhilfe - vom 25. Juni 1997 (HmbGVBl 1997, 273 ff., m. spät. Änd. -AG SGB VIII-) als Trägerin der freien Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs - Kinder- und Jugendhilfe - vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163) i. d. F. der Neufassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3134 ff. -SGB VIII -) anerkannt zu werden.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil sie als gewerbliche Anbieterin von Jugendhilfeleistungen auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg nicht - wie es § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII voraussetzt - gemeinnützige Ziele verfolgt. Von einer Verfolgung gemeinnütziger Ziele im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII ist nur dann auszugehen, wenn der Träger - was bei der Klägerin nicht der Fall ist - selbstlos handelt, wie es auch im Steuerrecht für die Anerkennung der Förderung gemeinnütziger Zwecke gefordert wird (1.). Dieser Auslegung steht Verfassungsrecht nicht entgegen (2.). Sie widerspricht auch nicht europarechtlichen Vorgaben (3.).

1. Gemäß § 75 Abs. 2 SGB VIII hat Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe, wer als juristische Person unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen ist. Die Klägerin als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist zwar seit April 1999 und damit mehr als drei Jahre auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig. Unstreitig erfüllt die Klägerin auch die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 SGB VIII, nämlich insbesondere, dass sie aufgrund ihrer fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lässt, einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe leisten zu können und die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bietet. Sie erfüllt jedoch nicht die Voraussetzung des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII, weil sie nicht gemeinnützige Ziele im Sinne dieser Vorschrift verfolgt.

a) Unter welchen Voraussetzungen von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele im jugendhilferechtlichen Sinne auszugehen ist, ist im SGB VIII nicht ausdrücklich geregelt. Der Wortlaut des Begriffs ist nicht eindeutig. Legt man den Begriff der gemeinnützigen Ziele systematisch sowie historisch aus, so ist darunter der Verzicht auf privatnützige Gewinne, also Selbstlosigkeit zu verstehen. Das ergibt sich aus Folgendem:

aa) § 75 SGB VIII steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der im Gesetz vorhergehenden Regelung des § 74 SGB VIII. Diese Regelung betrifft die Förderung der freien Jugendhilfe. Nach ihrem Abs. 1 Satz 1 sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe anregen; nach ihrem Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sie fördern, wenn der jeweilige Träger gemeinnützige Ziele verfolgt. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII setzt eine auf Dauer angelegte Förderung in der Regel die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 voraus, die ihrerseits u.a. daran geknüpft ist, dass gemeinnützige Ziele verfolgt werden. Regelungen über die Förderung enthalten zudem die übrigen Nummern des Absatzes 1 sowie die weiteren Absätze. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 1. Dezember 1989 fasst diese Vorschrift die im Jugendwohlfahrtsgesetz vom 25. April 1977 (BGBl I, S. 633, 795 -JWG-) verstreuten Bestimmungen zusammen und knüpft insbesondere an die Förderungsvoraussetzungen des § 9 JWG an (BT-Drs. 11/5948 S. 98 zum damaligen Entwurf eines § 66). Sie verlangt darüber hinaus ausdrücklich die Verfolgung gemeinnütziger Ziele (BT-Drs. 11/5948, a.a.O.). Die weitere Gesetzgebungsgeschichte belegt, dass die Bundesregierung hierunter die Selbstlosigkeit im oben genannten Sinne, nämlich den Verzicht eines Trägers auf privatnützige Gewinne verstanden hat. In ihrer Gegenäußerung zu dem - später noch näher zu beleuchtenden - Änderungsvorschlag des Bundesrates zum damaligen Entwurf eines die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe betreffenden § 67, dem heutigen § 75 SGB VIII, hat die Bundesregierung die Auffassung vertreten, die Beschränkung der Anerkennung auf gemeinnützige Träger würde "rein privatgewerbliche Träger" ausschließen (BT-Drs. 11/6002, S. 10). Die Bundesregierung hat damit gezeigt, wie sie den Begriff der Verfolgung gemeinnütziger Ziele, den sie selbst in ihrem Entwurf des § 66, dem heutigen § 74 SGB VIII, verwendet hatte, verstanden wissen wollte. Sie hat darin einen Gegensatz zu denjenigen Trägern verstanden, die auch privat zu verwendende Gewinne anstreben.

Dieses Verständnis entspricht inhaltlich dem Gemeinnützigkeitsbegriff, wie er im Steuerrecht verwendet wird. In § 52 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) wird definiert, dass eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke verfolgt, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Selbstlosigkeit liegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - zum Beispiel gewerbliche oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgt werden; so dürfen die Mitglieder der Körperschaft oder die Gesellschafter u.a. keine Gewinnanteile aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Unerheblich ist es, dass - worauf die Klägerin hinweist - im Steuerrecht in den §§ 64 ff. AO eine Gewinnerzielungsabsicht nicht notwendig einer Anerkennung als gemeinnützig entgegensteht. Es geht nicht um die Gewinnerzielungsabsicht, sondern um die privatnützige Verwendung der Gewinne.

Dieses Verständnis des in § 74 SGB VIII verwendeten Begriffs der Verfolgung gemeinnütziger Ziele entsprach auch dem damaligen Verständnis des § 9 JWG, an den - wie ausgeführt - die Förderungsvoraussetzungen des § 74 SGB VIII anknüpften. Die Verfolgung gemeinnütziger Ziele war nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz zwar nicht ausdrücklich Förderungsvoraussetzung, entsprach jedoch bereits vor Inkrafttreten des SGB VIII langjähriger Jugendhilfepraxis (vgl. Wabnitz in GK-SGB VIII, Stand Januar 2008, § 74 Rn. 24; Bernzen in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, 3. Aufl., Stand Dezember 2007, § 74 Rn. 9; vgl. auch OVG Koblenz, Urt. v. 9.6.1988, NVwZ-RR 1989, 254).

bb) § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII verwendet denselben Begriff wie § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, indem er fordert, dass der Träger gemeinnützige Ziele verfolgen muss. Hiervon macht diese Vorschrift nur etwas anderes abhängig als die voranstehende Regelung, nämlich nicht mehr - wie dort - die Förderung, sondern nunmehr die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe. Dies wirkt sich insbesondere bei der auf Dauer angelegten Förderung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII und vor allem bei der institutionellen Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe aus. Anerkannte Träger können anders als die übrigen freien Träger im Jugendhilfeausschuss mitarbeiten (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) und sie werden an der Jugendhilfeplanung (§ 80 Abs. 3 SGB VIII) sowie ggf. an der Durchführung der anderen Aufgaben (§ 76 Abs. 1 SGB VIII) beteiligt.

Weder dem Sinn und Zweck des Gesetzes noch seiner Entstehungsgeschichte lässt sich entnehmen, dass mit dem Begriff der Verfolgung gemeinnütziger Ziele in § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII etwas anderes gemeint sein könnte als in § 74 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII.

(1) Eine Beschränkung auf selbstlos tätige Träger widerspricht nicht dem Sinn und Zweck der Regelungen über die auf Dauer angelegte Förderung oder der institutionellen Zusammenarbeit von öffentlicher und freier Jugendhilfe.

Das Verwaltungsgericht stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass mit der Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe eine Art "jugendhilferechtliches Gütesiegel" verbunden ist, weil die Anerkennung u.a. voraussetzt, dass der Träger aufgrund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lässt, dass er einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande ist und dass er die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bietet (§ 75 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB VIII). Auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht darauf abstellen wollte, dass es für eine institutionelle Zusammenarbeit nicht notwendig auf die Selbstlosigkeit ankommen müsste, sondern in erster Linie auf dieses Gütesiegel, so bedeutet das nicht, dass es dem Zweck dieser Regelungen bereits widerspricht, wenn neben diesem Gütesiegel auch die Selbstlosigkeit gefordert wird. Es lässt sich mit dem Zweck der Reglungen über die institutionelle Zusammenarbeit sehr wohl vereinbaren, wenn man aus dem Kreis fachlich kompetenter Träger nur die selbstlos tätigen beteiligt. So wird z.B. mit der Jugendhilfeplanung auch über die Verwendung öffentlicher Mittel entschieden, so dass es sich als sinnvoll erweisen kann, dass bei dieser Entscheidung private Gewinninteressen von vornherein ausgeblendet werden. Ob man dies will oder ob man bei der institutionellen Zusammenarbeit auch auf eine etwa vorhandene Fachkompetenz eines auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätigen, wenn auch nicht anerkannten und nicht selbstlos tätigen Trägers der freien Jugendhilfe zurückgreifen will, ist vielmehr eine politische Entscheidung.

Es widerspricht auch nicht dem Zweck der Regelung über die auf Dauer angelegte Förderung, die nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII regelmäßig nur anerkannte Träger erhalten können. Mit dieser Beschränkung wird von vornherein ausgeschlossen, dass Förderungsmittel dafür verwendet werden können, privatnützige Gewinne zu finanzieren.

(2) Aus der Gesetzeshistorie ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Tatbestandsvoraussetzung der Verfolgung gemeinnütziger Ziele in § 75 SGB VIII anders hat verwenden wollen als in § 74 SGB VIII.

Im Gesetzentwurf der Bundesregierung war dieses Tatbestandsmerkmal in § 75 SGB VIII nicht enthalten (vgl. Entwurf des § 67, BT-Drs. 11/5948, S. 23). Die Bundesregierung wollte lediglich - wie oben ausgeführt - die Förderung freier Träger von der Selbstlosigkeit abhängig machen. Dem war der Bundesrat in seiner Stellungnahme nach Art. 76 Abs. 2 GG entgegengetreten. Er hatte empfohlen, die Nummer 1 des Entwurfs dahingehend zu ändern, dass er gelautet hätte:

Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe hat, wer

1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinn von § 1 mindestens ein Jahr gemeinnützig tätig gewesen ist und...

Zur Begründung führte er an, dass die Beteiligung an der Jugendhilfeplanung auf gemeinnützig tätige Träger beschränkt sein solle (BT-Drs. 11/5948, S. 143). Hieraus ergibt sich nicht, dass der Bundesrat unter dem Begriff der Gemeinnützigkeit etwas anderes verstanden hat als unter demselben Begriff in der vorhergehenden Regelung, dem Entwurf eines § 66 (heute: § 74 SGB VIII).

Die Bundesregierung hat in ihrer schon erwähnten Gegenäußerung den vom Bundesrat vorgeschlagenen Begriff der Gemeinnützigkeit in demselben Sinn verstanden wie in ihrem Entwurf des § 66. Sie hat beanstandet, dass durch eine Beschränkung auf gemeinnützige Träger rein privatgewerbliche Träger, die eine anerkannt gute fachliche Arbeit leisteten, von der institutionellen Zusammenarbeit ausgeschlossen würden (BT-Drs. 11/6002, S.10). Damit hat sie ihr Verständnis des Begriffs der Gemeinnützigkeit konsequent auf die Zusammenarbeit angewandt und den politischen (s.o.) Versuch unternommen, hier künftig auch solche Träger zu beteiligen, die nicht allgemein als Träger freier Jugendhilfe anerkannt sind.

Ein anderes Verständnis des Begriffs der Gemeinnützigkeit in § 75 als in § 74 SGB VIII ergibt sich auch nicht aus der Empfehlung des federführenden Ausschusses des Bundestags (BT-Drs. 11/6748, S. 82). Er hatte empfohlen, die Anerkennung von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängig zu machen und dem Entwurf des § 67 die schließlich (mit kleiner redaktioneller Änderung) beschlossene Fassung des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII zu geben (BT-Drs. 11/6748, S.41). Zur Begründung hat der Ausschuss ausgeführt (a.a.O., S.82):

Mit der Normierung gemeinnütziger Ziele in Absatz 1 Nr. 2 wird nicht die Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts verstanden. Die Regelung geht auf eine Anregung des Bundesrats zurück...

Auch diese Begründung spricht nicht dagegen, dass unter dem hier verwendeten Begriff der Verfolgung gemeinnütziger Ziele dasselbe zu verstehen sein sollte wie in der vorhergehenden Regelung des heutigen § 74 SGB VIII, nämlich die Selbstlosigkeit. Die geäußerte Auffassung, dass hierunter nicht die Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts zu verstehen sei, ist für sich genommen nicht so eindeutig, dass sie geeignet wäre, den systematischen Zusammenhang der Regelungen in den §§ 74 und 75 SGB VIII in Frage zu stellen. Aus dieser Abgrenzung zum Steuerrecht ergibt sich nicht zwingend, dass der Begriff einen anderen Inhalt erhalten sollte. Diese Erläuterung kann nämlich ebenso gut bedeuten, dass es nach Auffassung des Ausschusses lediglich nicht erforderlich sein sollte, dass ein Träger, um als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt zu werden, auch die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit nachweisen muss, dass er also nicht auch von den Steuerbehörden als gemeinnützig anerkannt sein muss (in diesem Sinne auch: GK-SGB VIII, Stand Januar 2008, Wabnitz zu § 74 Rn. 25 und Heinrich zu § 75 Rn. 14; Bernzen in Jans/Happe/Saurbier/ Maas, Jugendhilferecht, 3. Aufl., Stand Dezember 2007, § 74 Rn. 10 und § 75 Rn. 13; Krug/Rhiele, SGB VIII, Stand Januar 2008, § 74 Anm. 3 und § 75 Anm. 2; Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 74 Rn. 19 und § 75 Rn. 10; Kunkel/Steffan in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 74 Rn. 8).

b) Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin nicht als Trägerin der freien Jugendhilfe anerkannt werden. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Nachweis der Gemeinnützigkeit allein mit der steuerlichen Anerkennung durch das Finanzamt gemäß §§ 51 ff. AO geführt werden kann, da die Klägerin diese nicht besitzt. Jedenfalls steht der Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 10. Februar 1999 der Annahme entgegen, die Gesellschaft verfolge gemeinnützige Ziele im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII.

Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmt die Gesellschafterversammlung über die Gewinnverwendung, insbesondere darüber, ob der Bilanzgewinn in eine Rücklage eingestellt oder an die Gesellschafter ausgeschüttet wird. Zwar darf auch ein gemeinnütziger freier Träger aus Gewinnen angemessene Rücklagen bilden (vgl. Bernzen, a.a.O., § 74 Rdn. 10; Wabnitz, a.a.O., § 74, Rdn. 24). Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin wird aber die Absicht deutlich, ggf. auch privatnützige Gewinne zu erzielen, und es kommt in Betracht, dass sämtliche Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.

2. Die vorstehende Auslegung des § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

a) Es verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, wenn § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII die Verfolgung gemeinnütziger Ziele zur Voraussetzung einer Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe macht.

Das Grundrecht des Art. 12 GG umfasst die Freiheit der Berufswahl und -ausübung. Die Berufswahl ist durch eine Beschränkung der Anerkennung auf gemeinnützige Träger gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII schon deshalb nicht berührt, weil sich die Träger freier Jugendhilfe, die allgemein anerkannt sind, von den nicht allgemein anerkannten nicht durch die Zugehörigkeit zu einem eigenständigen Beruf unterscheiden, sondern nur durch die allgemeine Anerkennung, die allenfalls Auswirkungen auf die Berufsausübung haben kann. Die Freiheit der Berufsausübung umfasst die gesamte berufliche Tätigkeit, insbesondere Form, Mittel und Umfang, sowie den Inhalt der Betätigung (Jarass/Pieroth, GG, 8.Aufl. 2006, Art. 12 Rdn. 8). Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübung liegt bereits dann vor, wenn das betreffende hoheitliche Handeln aufgrund seiner tatsächlichen Auswirkungen die Berufsfreiheit mittelbar beeinträchtigt oder eine schwer wiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit zur Folge hat. Davon ist u.a. auszugehen, wenn durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und Konkurrenten deutlich benachteiligt werden (BVerfG, Beschl.v. 25.3.1992, BVerfGE 86, 28,37; Beschl. v. 12.6.1990, BVerfGE 82, 209, 223 f.; BVerwG, Urt. v. 17.12.1991, BVerwGE 89, 281, 283; Urt. v. 18.4.1985, BVerwGE 71, 183, 189 f.; vgl. auch Jarass/Pieroth, GG, 8.Aufl. 2006, Art. 12 Rdn. 15).

aa) § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII betrifft nicht die Berufsausübungsfreiheit. Diese ist zwar nicht nur dann berührt, wenn sich die Maßnahmen auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, sondern schon dann, wenn sie die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (BVerfG, Urt. v. 13.7.2004, BVerfGE 111, 191). Die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe oder die Versagung der Anerkennung haben für sich genommen jedoch keine derart berufsregelnde Tendenz. Mit seiner Anerkennung wird der Träger formal aus dem Kreis anderer Träger herausgehoben. Das Fehlen dieser formalen Stellung ist jedoch nicht kausal für etwaige Beeinträchtigungen der Berufstätigkeit. Zwar kann dann, wenn ein Unternehmen oder ein Gutachter nicht auf einer Liste geführt wird, aus der ein Auftraggeber seinen potentiellen Geschäftspartner auswählt, bereits diese Nichtaufnahme auf die Liste eine solche berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, BVerfGE 86, 28; BVerwG, Urt. v. 17.12.1991, BVerwGE 89, 281). Hiermit ist die fehlende Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe jedoch nicht vergleichbar. Mit der Anerkennung sind für sich genommen keine Vorteile im beruflichen Wettbewerb verbunden. Dies geschieht erst auf der Grundlage spezieller Regelungen. Für bestimmte Tätigkeiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe werden jeweils nähere Anforderungen gestellt, zu denen auch die Anerkennung als Träger freier Jugendhilfe gehören kann, die wiederum von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängt. Die Berufsausübung wird dann erst auf Grund einer solchen Norm betroffen, die für eine bestimmte Tätigkeit diese Anerkennung fordert. Es stellt sich dann konkret die Frage, ob die jeweilige Berufsausübung davon abhängig gemacht werden darf, dass gemeinnützige Ziele verfolgt werden. Das ist dann aber eine Frage des Programms der jeweiligen die Berufsausübung regelnden Norm, etwa des § 80 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, soweit es um die Beteiligung freier Träger bei der Jugendhilfeplanung geht, die von deren Anerkennung abhängig gemacht wird. Es ist jedoch nicht eine Frage der allgemeinen Anerkennungsvoraussetzung in § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII. Ob der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG berechtigt war, diese formale Anerkennungsvoraussetzung von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängig zu machen, kann im Hinblick auf die Folgen für die Berufsausübung nur auf der Grundlage des Zwecks der jeweiligen Normen beurteilt werden, die für die jeweilige Tätigkeit darauf abstellen, dass eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe vorliegt.

Dass sie durch derartige Normen in ihrer Berufsausübung konkret beeinträchtigt wird, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Insofern stellt sie nicht konkrete berufsregelnde Normen, in denen die Anerkennung als freie Trägerin der Jugendhilfe vorausgesetzt wird, auf den Prüfstand. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, einzelne Folgen zu bezeichnen, die es für die Berufsausübung haben kann, wenn die Anerkennung versagt wird, ohne jedoch darzutun, dass es ihr konkret darum geht, bestimmte ihr verschlossene Tätigkeiten auszuüben oder Pflichten abzuwehren. Es ist insofern nicht Aufgabe des Gerichts, die zahlreichen Regelungen des SGB VIII, in denen auf die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe abgestellt wird, im Hinblick auf deren unterschiedliche Zwecke dahingehend zu durchleuchten, ob diese Zwecke es jeweils rechtfertigen, die Berufsausübung im konkreten Fall (auch) von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängig zu machen. Sollte sich dies nicht rechtfertigen lassen, so müsste zunächst geprüft werden, ob überhaupt die jeweiligen weiteren Voraussetzungen vorliegen, unter denen das jeweilige Recht gewährt oder die Pflicht auferlegt wird; nur dann ließe sich feststellen, ob ein etwaiger Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG überhaupt entscheidungserheblich ist. Dies alles ist jedoch nicht Gegenstand des Klagebegehrens, das sich allein auf die formalen Anerkennungsvoraussetzungen bezieht.

bb) Die Klage hat aber auch dann keinen Erfolg, wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass - trotz der näheren Ausgestaltung der Berufsausübung in den verschiedenen von der Klägerin angeführten Vorschriften des SGB VIII - bereits dem § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII eine berufsregelnde Wirkung zukommt.

Welche Anforderungen an die gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu stellen sind, hängt von der jeweiligen Intensität des Eingriffs ab. Bei Regelungen der Berufsausübung muss das zulässige Maß des Eingriffs umso deutlicher in der gesetzlichen Ermächtigung bestimmt werden, je empfindlicher die freie berufliche Betätigung beeinträchtigt und eine auf Dauer angelegte Lebensentscheidung des Einzelnen und das Interesse der Allgemeinheit berührt werden (BVerfG, Beschl.v. 25.3.1992, BVerfGE 86, 28, 40). Eine aufgrund von § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII bestehende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit, soweit sie von der Klägerin geltend gemacht und die institutionelle Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe betrifft, ist als gering einzuordnen. Insoweit genügt § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII den gesetzlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.

Die Klägerin führt an, dass ein nicht anerkannter Träger freier Jugendhilfe nicht dem Jugendhilfeausschuss angehören könne (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) und nicht an der Jugendhilfeplanung beteiligt werde (§ 80 Abs. 3 SGB VIII). Diese Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern ist vorwiegend ideeller Art. Zwar dürfte sie auch Kenntnisse und Einflussmöglichkeiten auf die Durchführung von bestimmten Projekten und damit u. U. auch die Förderung eigener Projekte des Trägers vermitteln, jedoch ist dies nur eine Nebenwirkung, nicht hingegen Zweck der Zusammenarbeit.

Ein hierauf bezogener Eingriff ist gerechtfertigt. Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des Erfolgs geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, Beschl.v. 17.8.2004 - 1 BvR 378/00-, NJW 2005, 273; Beschl.v. 5.12.1995, BVerfGE 93, 362, 369; Beschl.v. 19.11.1985, BVerfGE 71, 183,196 f.). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Regelung bewirkt, dass nur solche Träger an der Jugendhilfeplanung beteiligt werden, die keine privatnützigen Gewinne anstreben, sondern mit ihrer Tätigkeit gemeinnützige Ziele verfolgen. Dieser Zweck ist durch das Gemeinwohl gerechtfertigt. Bei der institutionellen Zusammenarbeit handelt es sich um einen Kernbereich der öffentlichen Jugendhilfe, in dem auch über künftige Projekte und über die Verwendung öffentlicher Gelder entschieden wird. Dies rechtfertigt es, von derartigen Planungen und Entscheidungen von vornherein solche Träger auszuschließen, deren Handeln möglicherweise von privaten Gewinnerwartungen und nicht allein von der bestmöglichen Hilfe für die Jugendlichen beeinflusst wird. Dies ist für die betroffenen Träger auch zumutbar.

Erheblicher dürfte ein Eingriff sein, der darin liegt, dass ein freier Träger möglicherweise keine allgemeinen Subventionen nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII beanspruchen kann, die in der Regel anerkannten Trägern vorbehalten sind. Die Klägerin macht hierzu geltend, dass in der Vergabepraxis der Beklagten insbesondere die sog. niedrigschwelligen Angebote nach dieser Norm finanziert werden und dass hierbei ausschließlich anerkannte Träger der freien Jugendhilfe berücksichtigt würden. Aber auch dieser Eingriff in die Berufsausübung ist durch vernünftige Gemeinwohlerwägungen gerechtfertigt. Um die sparsame und zweckgerichtete Verwendung von Haushaltsmitteln zu sichern, die über das allgemeine Steueraufkommen finanziert sind, ist es ohne Weiteres nachvollziehbar, in der Regel von vornherein solche Träger von der dauerhaften Förderung durch öffentliche Mittel auszuschließen, die diese Mittel möglicherweise dazu verwenden, privatnützige Gewinne zu erzielen. Auch dieser Ausschluss ist für die betroffenen Träger zumutbar, da ihnen weitere berufliche Betätigungsfelder und Einnahmemöglichkeiten jedenfalls auf dem Gebiet der entgeltfinanzierten Leistungen (vgl. § 78a ff. SGB VIII) offen stehen. Dass diese Einnahmemöglichkeiten von vornherein nicht ausreichen, um weiterhin auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig zu sein, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Es ist sachlich gerechtfertigt, der Klägerin als gewerblicher Anbieterin von Jugendhilfeleistungen im Unterschied zu selbstlos tätigen freien Trägern die staatliche Anerkennung zu versagen.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.2.2007, NJW 2007, 1343 f.; Beschl. v. 9.11.2004, BVerfGE 112, 50, 67; Urt. v. 12 2. 2003, BVerfGE 107, 205, 213 f.).

aa) § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Vorschrift regelt für sich genommen allein, unter welchen Voraussetzungen ein Träger als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden kann. Mit der Anerkennung als solcher wird lediglich eine formale Position verliehen; der Gesetzgeber hebt aus der Gruppe aller freien Träger bestimmte Träger heraus, denen er eine andere Bezeichnung gibt. Über diese bloße formale Stellung hinaus sind nach dieser Norm mit der Anerkennung keine Rechtsfolgen verbunden. Derartige Rechtsfolgen finden sich vielmehr - wie oben bereits ausgeführt - in einer Reihe von Vorschriften, in denen bestimmte Rechte oder Pflichten von dieser Anerkennung abhängig gemacht werden. Eine dort zu verzeichnende Ungleichbehandlung kann nicht losgelöst von den Gründen beurteilt werden, die für die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen bei der Einräumung der jeweiligen Rechtsposition oder der Auferlegung bestimmter Pflichten sprechen. Dies ist mithin nicht allein eine Frage des § 75 SGB VIII. Hinsichtlich der in dieser Vorschrift allein geregelten formalen Anerkennungsvoraussetzungen steht dem Gesetzgeber hingegen ein sehr weiter Spielraum zu. Sachgerecht ist jeder Grund, der geeignet ist, bestimmte Gruppen von Trägern aus der gesamten Menge der Träger herauszuheben. Hierzu ist die Forderung, dass der Träger gemeinnützige Ziele verfolgen muss, grundsätzlich geeignet.

Die Klägerin macht nicht im Einzelnen geltend, dass der allgemeine Gleichheitssatz dadurch verletzt wird, dass ihr bestimmte Aufgaben vorenthalten oder bestimmte Pflichten auferlegt werden, weil ihr die für die Anerkennung als Trägerin freier Jugendhilfe erforderliche gemeinnützige Zielsetzung fehlt. Sie greift auch in diesem Zusammenhang - wie schon im Hinblick auf die Einschränkung der Berufsfreiheit - allein diese abstrakte Anerkennungsvoraussetzung an, begehrt jedoch nicht konkret, dass ihr solche Rechtspositionen eingeräumt werden, die nach der Gesetzeslage nur anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe eingeräumt werden können, z.B. die Beteiligung an der Jugendhilfeplanung gemäß § 80 Abs. 3 SGB VIII oder eine dauerhafte institutionelle Förderung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Es ist deshalb auch in diesem Zusammenhang nicht Aufgabe des Gerichts, die zahlreichen Regelungen des SGB VIII, in denen zwischen anerkannten und nicht anerkannten Trägern unterschieden wird, im Hinblick auf deren unterschiedliche Zwecke dahingehend zu durchleuchten, ob diese Zwecke es jeweils rechtfertigen, die Verfolgung gemeinnütziger Ziele zu fordern. Sollte diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sein, so müsste zunächst geprüft werden, ob überhaupt die jeweiligen weiteren Voraussetzungen vorliegen, unter denen das jeweilige Recht gewährt oder die Pflicht auferlegt wird; nur dann ließe sich feststellen, ob ein etwaiger Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt entscheidungserheblich ist. Dies alles ist nicht Gegenstand des Klagebegehrens.

bb) Die Klage hat aber auch dann keinen Erfolg, wenn man diejenigen Normen auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG untersucht, die die Klägerin anführt um aufzuzeigen, welche Folgen es hat, wenn eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe versagt wird. Die in den angeführten Normen erfolgte Unterscheidung zwischen anerkannten und - wegen des Fehlens der Selbstlosigkeit - nicht anerkannten Trägern verstößt nach den o.g. Maßstäben nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Klägerin führt auch insofern an, dass ein nicht anerkannter Träger freier Jugendhilfe nicht dem Jugendhilfeausschuss angehören könne (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) und nicht an der Jugendhilfeplanung beteiligt werde (§ 80 Abs. 3 SGB VIII). Anders, als die Klägerin meint, stellt sich nicht die Frage, ob es sachlich vertretbar wäre, an dieser institutionellen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher und freier Jugendhilfe auch solche freien Träger teilnehmen zu lassen, die nicht anerkannt sind, insbesondere auch solche, die nicht selbstlos tätig sind und privatnützig verwendbare Gewinne anstreben. Dies wäre eine politisch zu beantwortende Frage. In rechtlicher Hinsicht stellt sich nach den o.g. Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 GG allein die Frage, ob die fehlende Gemeinnützigkeit ein Umstand ist, der es rechtfertigt, sie von der institutionellen Arbeit auszuschließen. Diese Frage ist zu bejahen. Die sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der jeweiligen Träger liegt darin, dass es sich bei der institutionellen Zusammenarbeit um einen Kernbereich der öffentlichen Jugendhilfe handelt, in dem auch über künftige Projekte und über die Verwendung öffentlicher Gelder entschieden wird. Es ist sachlich vertretbar, wenn von derartigen Planungen und Entscheidungen von vornherein solche Träger ausgeschlossen werden, deren Handeln möglicherweise von privaten Gewinnerwartungen beeinflusst wird. Entsprechendes gilt für die - von der Klägerin ebenfalls angeführte - auf Dauer angelegte institutionelle Förderung, von der nicht selbstlos tätige Träger nach § 74 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII regelmäßig ausgeschlossen werden. Auch hier ist es sachlich vertretbar, solche Träger in der Regel von vornherein von der dauerhaften Förderung durch öffentliche Mittel auszuschließen, die diese Mittel möglicherweise dazu verwenden, privatnützige Gewinne zu erzielen.

3. Der Begriff der Gemeinnützigkeit verlangt unter Berücksichtigung des Europarechts ebenfalls keine andere Auslegung (a). Es verstößt auch nicht gegen europarechtliche Wettbewerbsvorschriften, die Anerkennung eines Trägers der freien Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII davon abhängig zu machen, dass er gemeinnützige Ziele verfolgt (b).

a) Die "Sechste Richtlinie des Rates vom 17.Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG)" (ABl. L 145 v. 13.6.1977, 1 ff.) gebietet auch bei unmittelbarer Anwendung keine andere Auslegung des Begriffs der Gemeinnützigkeit. Zwar sind nach Art. 13 Teil A der Richtlinie bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Steuer zu befreien, wie z.B. gemäß Art 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g Dienstleistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind und nach Buchst. h Dienstleistungen, die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden sind. Diese Vorschriften betreffen aber nur steuerrechtliche Regelungen. Der Begriff der Gemeinnützigkeit wird in der Richtlinie nicht definiert und kann auch nur, wie oben ausgeführt, aus dem Sinn und Zweck des Jugendhilferechts heraus interpretiert werden. Wenn die Richtlinie bestimmte Tätigkeiten steuerlich privilegiert, hat dies keine Bedeutung für die Frage, inwieweit eine Tätigkeit als gemeinnützig im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII zu betrachten ist.

Ebenso wenig kann die Entscheidung "Kingscrest" des EuGH (Urt.v. 26. Mai 2005 - C 498/03 -, Slg 2005 Seite I - 04427) für den hier zu entscheidenden Fall und die Definition der Gemeinnützigkeit herangezogen werden. Gegenstand des Verfahrens war die steuerrechtliche Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 der RL 77/388/EWG der " Kingscrest Residental Care Homes", einer Personengesellschaft, die Heime für betreutes Wohnen im Vereinigten Königreich betreibt. Der EuGH führt dazu aus, dass für bestimmte im sozialen Sektor erbrachte Leistungen, die dem Gemeinwohl dienen, eine günstigere Mehrwertsteuerbehandlung gewährt werde. Er erinnert daran, dass es der gewerbliche Charakter einer Tätigkeit im Rahmen der RL 77/388/EWG nicht ausschließt, dass es sich um eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit handelt (Rd. 30/31). In dieser Entscheidung wird nur die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen eine Steuerbefreiung zu gewähren ist. Vorgaben zu der im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Frage, inwieweit eine Tätigkeit gemeinnützige Ziele im Sinne des Jugendhilferechts verfolgt, kann der Entscheidung nicht entnommen werden.

b) Ein Verstoß gegen europarechtliche Wettbewerbsvorschriften liegt auch insoweit nicht vor, als § 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII die Anerkennung eines freien Trägers von der Verfolgung gemeinnütziger Ziele abhängig macht.

Es ist schon fraglich, inwieweit europarechtliche Vorgaben auf das deutsche Sozialrecht Anwendung finden können. Denn die Ausgestaltung des Systems der sozialen Sicherheit obliegt dem jeweiligen Mitgliedstaat (EuGH, Urt. v. 18.7.2007 - Geven -, C - 213/05 -, InfAuslR 2007, 371 ff.; Urt.v. 17.6.1997 - Sodemare -, C - 70/95-, Slg. 1997, Seite I 3395; Benicke, EG-Wirtschaftsrecht und die Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, ZFSH/SGB 1998, 22,24). Für die Anwendung der EU-Regeln ist weiterhin erforderlich, dass die nationale Regelung grenzüberschreitende Bedeutung hat (Kunkel/Steffan in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 74 Rdn. 47).

Auch wenn man dies unterstellt und das europäische Beihilfenrecht insoweit anwenden will, erfasst dies den vorliegenden Fall nicht. Denn Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Anerkennung als freier Träger unter der Voraussetzung der Verfolgung gemeinnütziger Ziele im Sinne des § 75 SGB VIII. Ein unmittelbarer Anspruch auf die Zuwendung öffentlicher Gelder, die möglicherweise gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen könnte, besteht damit nicht. Allein mit der Anerkennung des anerkannten gewerblichen Trägers können noch keine Wettbewerbsverzerrungen eintreten, allenfalls erst mit der Zuweisung bestimmter öffentlicher Gelder. Auch wenn die Anerkennung mittelbar dazu führen kann, finanzielle Vorteile zu erhalten, wie z. B. eine auf Dauer angelegte Förderung gemäß § 74 Abs. 1 S. 2 SGB VIII, führt die Anerkennung als solche nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung im Verhältnis zu nicht anerkannten Trägern. Entsprechende Zuwendungen sind nicht gleichsam automatisch mit der Anerkennung verbunden, sondern sie bedürfen eines Antrags und einer Prüfung im Einzelfall. Um den Erhalt einer derartigen Förderung streitet die Klägerin im vorliegenden Verfahren jedoch nicht.

II.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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