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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: 4 Bs 351/04
Rechtsgebiete: BSHG, SGB IX


Vorschriften:

BSHG § 3 Abs. 2
BSHG § 40 Abs. 1 Nr. 8
BSHG § 93 Abs. 2
BSHG § 93 Abs. 3
BSHG § 93 b Abs. 3
SGB IX § 55 Abs. 2 Nr. 6
1. Auf teilstationäre bzw. ambulante Leistungen - hier der Eingliederungshilfe in Form des sog. Betreuten Wohnens - durch eine Einrichtung ist § 3 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht anzuwenden.

2. Soweit der Hilfeempfänger die Eingliederungshilfe bedarfsdeckend durch eine selbst gewählte Einrichtung erhält, mit dessen Träger der Träger der Sozialhilfe eine Vereinbarung im Sinne von § 93 Abs. 2 BSHG abgeschlossen hat, entfällt dessen Verpflichtung zur Übernahme der Vergütung für die Leistung regelmäßig nicht schon deshalb, weil die der Vereinbarung zugrunde liegende Betreuungskapazität der Einrichtung (Anzahl der betreuten behinderten Menschen) durch Aufnahme weiterer Hilfeempfänger überschritten wird.


4 Bs 351/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, durch den Richter Pauly, die Richterin Dr. Thies sowie den Richter Wiemann am 6. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin - die im Übrigen zurückgewiesen wird - wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Juli 2004 geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten der Betreuung der Antragstellerin in der Einrichtung "Betreutes Wohnen Treffpunkt .......................", für die Dauer eines Monats ab Bekanntgabe dieser Entscheidung vorläufig zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin und die Antragstellerin tragen die Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe:

Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde hat teilweise Erfolg.

Aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) ist die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern, und die Antragsgegnerin ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die von der Antragstellerin in diesem Verfahren begehrten Sozialhilfeleistungen (Eingliederungshilfe durch Betreutes Wohnen) für den aus dem Tenor ersichtlichen Zeitraum zu gewähren (1.). Dagegen muss die Beschwerde ohne Erfolg bleiben, soweit die Antragstellerin eine weiter in die Zukunft reichende Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin sowie die Übernahme von in der Vergangenheit aufgelaufenen Zahlungsrückständen (ab 21.6.2004) gegenüber dem Träger der Einrichtung erstrebt (2.).

1. Die Antragstellerin hat mit der Beschwerde ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie aufgrund ihrer Behinderung die vorläufige Übernahme der Kosten ihrer Betreuung durch die Einrichtung "Betreutes Wohnen Treffpunkt .........." (im Folgenden "Treffpunkt") als Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX beanspruchen kann. Diesem Anspruch steht entgegen der Ansicht der Antragstellerin eine sog. Platzzahlbegrenzung für die genannte Einrichtung nicht entgegen.

a. Die 53jährige Antragstellerin leidet an paranoider Schizophrenie und war wegen dieser Behinderung über 20 Jahre stationär untergebracht. Seit Anfang dieses Jahres lebt sie in Hamburg im eigenen Wohnraum und erhält seit März die hier streitige Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch den "Treffpunkt". Zum Umfang dieser Leistungen gehören u.a. regelmäßige Hausbesuche, Betreuung in den Räumen der Einrichtung, Geldverwaltung, Unterstützung in behördlichen Angelegenheiten und die Kontrolle der Medikamenteneinnahme. Die Antragsgegnerin und der Träger der Einrichtung, haben am 30. September 2003/11. Februar 2004 für die Einrichtung eine Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG geschlossen. Im Rahmen der darin enthaltenen Leistungsvereinbarung (vgl. § 93 Abs. 2 Nr. 1 BSHG) ist für die Einrichtung - auf der Basis von drei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses voll besetzten Dipl.-Sozialpädagogenstellen - ein sog. Betreuungsschlüssel von "1 : 8 = 16 Plätze" bzw. von "1 : 3 = 3 Plätze" festgeschrieben worden (Nr. 6 der Anlage 1 zur Vereinbarung: "Personelle Ausstattung und Qualifikation"). In der Vergütungsvereinbarung (vgl. § 93 Abs. 2 Nr. 2 BSHG) ist unter der Annahme von 19 Betreuungsplätzen als Vergütung für die teilstationären Leistungen der Einrichtung für den Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2006 ein Tagessatz von 30,49 Euro (monatlich 926,90 Euro) vereinbart worden (Anlage 2 zur Vereinbarung).

b. Die Antragstellerin kann verlangen, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch Betreutes Wohnen (§ 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX), die sie unstreitig beanspruchen kann, gerade durch die Einrichtung "Treffpunkt" erbracht werden und die Antragsgegnerin die mit dem Träger vereinbarten Kosten hierfür übernimmt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BSHG soll Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung der Hilfe richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Die Antragstellerin hat ihren Wunsch nachvollziehbar damit begründet, dass ihr Verlobter schon seit Jahren vom "Treffpunkt" betreut wird und sie diese ortsnahe Einrichtung, die ein umfangreiches Tagesbetreuungsprogramm vorhält, gemeinsam aufsuchen können. Die Antragsgegnerin trägt ihrerseits nicht vor, dass der Wunsch der Antragstellerin unangemessen sei oder dass die Betreuung durch den "Treffpunkt" im Vergleich zu - gleichermaßen bedarfsdeckenden - Alternativeinrichtungen zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führen würde (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG). Die Einrichtungswahl der Antragstellerin erfährt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung auch keine Einschränkung durch § 3 Abs. 2 Satz 2 BSHG. Diese Vorschrift bezieht sich (nur) auf den Wunsch eines Hilfeempfängers, die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung zu erhalten und erfasst damit die vollstationäre Unterbringung. Auf teilstationäre bzw. ambulanten Leistungen an Hilfeempfänger durch eine Einrichtung, die hier allein in Frage steht, ist § 3 Abs. 3 Satz 2 BSHG insoweit nicht anzuwenden (vgl. Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. § 3 Rdnr. 27).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht dem Hilfeanspruch der Antragstellerin aber auch die - hier einschlägige - Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht entgegen. Durch sie wird zwar das Wahlrecht des Hilfeempfängers, die Leistungen (hier der Eingliederungshilfe) durch einen bestimmten Träger zu erhalten, in der Sache ebenfalls eingeschränkt. Denn der Träger der Sozialhilfe ist - von der in Abs. 3 Satz 1 genannten Ausnahme abgesehen - zur Übernahme der Vergütung für die Leistungen der Einrichtung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Leistungs- , Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung besteht. Eine solche Vereinbarung, die den Vorgaben der §§ 93 Abs. 2, 93 a BSHG genügt, haben die Antragsgegnerin als Träger der Sozialhilfe und der Träger der Einrichtung für den "Treffpunkt" geschlossen. Die Antragstellerin hat insoweit nach § 93 Abs. 2 i.V.m. §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG einen Anspruch auf Übernahme der in dieser Vereinbarung für die Leistung "Betreutes Wohnen" festgesetzten Vergütung.

Das Vorliegen einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG wird entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht dadurch in Frage gestellt, dass der "Treffpunkt" zur Zeit 21 bzw. 22 behinderte Personen (einschließlich der Antragstellerin) betreut, während die Antragsgegnerin und der Träger der Einrichtung beim Vertragsabschluss von (nur) 19 Betreuungsplätzen ausgegangen sind. Diese (geringfügige) "Mehrbetreuung" führt nicht dazu, dass die Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG obsolet geworden ist und deshalb die Übernahme der Vergütung für die Betreuung der Antragstellerin nur im Ausnahmeweg nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG in Betracht kommt. Das Überschreiten der "Betreuungskapazität" der Einrichtung "Treffpunkt", von der die Vertragsparteien beim Vertragsabschluss zunächst ausgegangen sind, entlässt den Einrichtungsträger und den Sozialhilfeträger (ebenso wie im Fall einer etwaigen "Unterbelegung") nicht aus ihren vertraglichen Rechten und Pflichten, insbesondere nicht in Bezug auf die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung. Die Veränderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistungen des "Treffpunkt" durch eine unterschiedlich hohe Zahl von Leistungsempfängern verleiht der Einrichtung insoweit (noch) nicht den Status einer nichtvertragsgebundenen Einrichtung im Sinne von § 93 Abs. 2 und 3 BSHG.

Dabei kann dahinstehen, ob ggf. dann von einem vereinbarungslosen Zustand auszugehen ist, wenn der Träger der Sozialhilfe und der Einrichtungsträger in ihrer Vereinbarung ausdrücklich eine Belegungs- bzw. Betreuungsobergrenze (hier für 19 Plätze) festgeschrieben und einen Vergütungsanspruch für darüber hinausgehende Betreuungsfälle insoweit ausgeschlossen haben. Eine derartige "Platzzahlbegrenzung" für den "Treffpunkt" lässt sich der hier vorliegenden Vereinbarung nicht entnehmen. Insoweit kann offen bleiben, ob sie - was die Antragstellerin bestreitet - in zulässiger Weise Gegenstand einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG sein kann und insoweit ihrem Anspruch auf Übernahme der vereinbarten Vergütung entgegenstehen könnte. Denn die in der Vereinbarung für den "Treffpunkt" erwähnte Betreuungskapazität von 19 Plätzen war offenkundig zunächst eine Folge des personellen Ist-Zustands der Einrichtung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Besetzung von drei vollen Dipl.-Pädagogenstellen) und des - im Hinblick auf die Sicherung einer angemessenen Qualität der Leistungserbringung vereinbarten - Betreuungsschlüssels von 1 : 8 bzw. von 1 : 3 (vgl. Nr. 6 der Anlage 1 zur Vereinbarung vom 30.9.2003). Die daraus resultierende Anzahl von (seinerzeit) 19 Betreuungsplätzen ist sodann - neben dem Aufwand des Trägers der Einrichtung für die Erbringung der vereinbarten Leistungen - eine der kalkulatorischen Grundlagen bei der Berechnung der Vergütung gewesen (Teilung des Aufwands durch Platzzahl). Eine Verpflichtung des Einrichtungsträgers, diese Betreuungskapazität nicht zu verringern bzw. nicht zu erhöhen, lässt sich der Vereinbarung insoweit nicht entnehmen. Darin hat sich der Träger des "Treffpunkt" u.a. (nur) verpflichtet, die Betreuung der aufgenommenen Hilfeempfänger nach dem vereinbarten Betreuungsschlüssel vorzunehmen und insoweit ausreichend qualifiziertes Personal zur Sicherstellung der Leistungserbringung vorzuhalten (vgl. §§ 93 Abs. 2 Nr. 2, 93 a Abs. 1 BSHG). Soweit sich durch die Betreuung von mehr als 19 Hilfeempfängern der vereinbarte Vergütungssatz von täglich 30,49 Euro möglicherweise deshalb verringern könnte, weil die "festen" Kosten der Einrichtung (z.B. Verwaltungskosten, Miete, sonstige Sachkosten) durch eine höhere Platzzahl zu teilen sind (vgl. dazu die Stellungnahme des Fachamtes der Antragsgegnerin vom 23.6.2004), kann das nicht zu der Annahme führen, durch die "Mehrbetreuung" von zwei bzw. drei Personen im "Treffpunkt" sei die Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG insgesamt entfallen. Für die Annahme, dass die Vertragsparteien diese (weitreichenden) Rechtsfolgen gewollt haben, bietet die vorliegende Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und dem Einrichtungsträger keinen Anhalt, und solche Folgen ergeben sich auch nicht aus den §§ 93 ff BSHG. Soweit sich aus der Überschreitung der zunächst angenommenen Aufnahmekapazität einer Einrichtung ein Konflikt der Vertragsparteien über die - aus Sicht eines der Beteiligten - nicht (mehr) angemessene Höhe der Vergütung für die vereinbarten Leistungen der Einrichtung ergibt, darf dieser Streit bei einer bestehenden Vereinbarung, die ansonsten den Anforderungen des § 93 Abs. 2 BSHG genügt, nicht zu Lasten des Hilfeempfängers ausgetragen werden. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen dem Leistungsverhältnis des Hilfeempfängers zu dem Träger der Sozialhilfe einerseits, das sich hier nach den §§ 39, 40 BSHG richtet und das insoweit (nur) auf das Bestehen einer Vereinbarung nach § 92 Abs. 3 BSHG mit dem Leistungserbringer abstellt, und dem konkreten Vertragsverhältnis zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Träger der Einrichtung. Soweit in dem letztgenannten Rechtsverhältnis Streit über die angemessene Vergütung der Leistungen der Einrichtung, der sich ggf. aus der Aufstockung der Betreuungskapazität ergeben kann, entsteht, wird dadurch das Vorliegen einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG nicht berührt (zur Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung wegen gröblicher Vertragsverletzung vgl. § 93 c BSHG). In diesem Fall ist es den Vertragsparteien unbenommen, ggf. nach § 93 b Abs. 3 BSHG vorzugehen und eine Anpassung der Vergütungssätze durch Neuverhandlung anzustreben. Insoweit wird die Zahl der Betreuungsplätze einer Einrichtung zu den Annahmen rechnen, die der Vereinbarung oder Entscheidung über die Vergütung zugrunde lagen und bei deren wesentlicher Veränderung auf Verlangen einer Vertragspartei die Vergütungen für den laufenden Vereinbarungszeitraum neu zu verhandeln und ggf. neu festzusetzen sind. Diese ggf. bestehenden Möglichkeiten einer Vertragsanpassung lassen jedoch das Leistungsverhältnis der Antragstellerin zur Antragsgegnerin zunächst unberührt.

Die Antragsgegnerin kann die Erfüllung des Hilfeanspruchs der Antragstellerin (durch Übernahme der für die Einrichtung vereinbarten Vergütung) schließlich auch nicht deshalb verweigern, weil der Eingliederungshilfebedarf der Antragstellerin durch Leistungen des "Treffpunkt" nicht ausreichend und entsprechend den Grundsätzen des § 3 Abs. 1 Satz 1 BSHG gedeckt wird. Soweit dies anzunehmen wäre und die Leistungen der Einrichtung den Besonderheiten des vorliegenden Hilfefalles und insbesondere der Art des Bedarfs der Antragstellerin nicht entsprechen würden, müsste nach dem sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz eine Hilfe für eine - ggf. nur teilweise bedarfsdeckende - Leistung ausscheiden. Nach dem insoweit glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin ist jedoch nicht von einer unzureichenden Bedarfsdeckung durch den "Treffpunkt" auszugehen. Insoweit behauptet auch die Antragsgegnerin nicht, dass die Qualität der gegenüber der Antragstellerin erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch Betreutes Wohnen hier wegen der Überschreitung der "Platzzahl" unzureichend ist und die Hilfe deshalb in einer anderen Einrichtung erbracht werden müsste. Nach dem Vortrag der Antragstellerin, den sie durch entsprechende Schreiben belegt hat, hat der Einrichtungsträger für die Betreuung weiterer Personen im "Treffpunkt" (zusätzliches) Personal zur Verfügung gestellt. Die Antragsgegnerin hat nicht geltend gemacht, dass dies unzutreffend ist bzw. dass der Träger dabei den vereinbarten Betreuungsschlüssel nicht ausreichend beachtet hat und die Antragstellerin insoweit keine bedarfsdeckenden Leistungen erhält.

c. Die Antragstellerin kann ihren Anspruch auf Kostenübernahme im Wege der einstweiligen Anordnung jedoch nur insoweit mit Erfolg durchsetzen, als ihr - auch - ein Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO zur Seite steht. Das ist hier hinsichtlich des aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Zeitraums nach dem Schreiben des Trägers des "Treffpunkt" vom 11. Juni 2004 anzunehmen. Darin wird der Antragstellerin für den Fall, dass eine Kostenregulierung nicht umgehend erfolgt, die Einstellung der Betreuung angekündigt. Danach dürfte die weitere Leistungserbringung durch den "Treffpunkt" ernsthaft gefährdet sein, soweit die Antragsgegnerin nicht bereit ist bzw. dazu verpflichtet wird, jedenfalls für die laufenden Kosten mit Sozialhilfeleistungen einzutreten.

2. Dagegen hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund betr. die Übernahme der in der Vergangenheit (mit dem Eilantrag wird insoweit die Kostenübernahme ab dem 21.6.2004 geltend gemacht) aufgelaufenen Betreuungsvergütung nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts können Regelungen betr. die Bewilligung laufender Sozialhilfeleistungen im Wege der einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur für die Gegenwart und Zukunft, nicht aber für im Zeitpunkt der Entscheidung des (Beschwerde-)Gerichts bereits zurückliegende Zeiträume getroffen werden, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass eine in der Vergangenheit liegende Notsituation nicht fortbesteht (vgl. z.B. Beschl. v. 4.4.1990, NVwZ 1990 S. 975; v. 22.10.2002 - 4 Bs 331/02). Das gilt im Grundsatz auch für Hilfe in besonderen Lebenslagen, sofern der Hilfesuchende in der Vergangenheit die streitigen Leistungen (hier Betreuung durch den "Treffpunkt") tatsächlich erhalten hat und auch weiterhin erhält und er insoweit zunächst (nur) mit Zahlungsansprüchen des Einrichtungsträgers belastet ist (vgl. dazu auch Beschl. des Senats v. 22.1.2003 - 4 Bs 414/02, dort ausdrücklich für vorläufige Leistungen der Eingliederungshilfe).

Insoweit ist dem weitergehenden Eilantrag für den schon verstrichenen Zeitraum der Hilfeleistung nicht stattzugeben. Nach dem Inhalt des oben erwähnten Schreibens und dem sonstigen Verhalten des Einrichtungsträgers drohen der Antragstellerin keine - durch die begehrte einstweilige Anordnung abzuwendenden - darüber hinausgehenden Nachteile, sofern die Antragsgegnerin nunmehr die laufenden Betreuungskosten erstattet und der Einrichtungsträger die ausstehenden Beträge - ggf. nach einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren - nachträglich erhält. Die Antragstellerin wird trotz Zahlungsrückständen nach wie vor betreut, und eine Kündigung ist nach ihrem Beschwerdevorbringen bisher weder angedroht noch ausgesprochen worden.

Ebenso muss die Beschwerde ohne Erfolg bleiben, soweit die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Übernahme der Kosten der Betreuung nicht nur für einen Monat ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, sondern für die Dauer des Hauptsacheverfahrens und damit für einen weiter in die Zukunft reichenden, nicht begrenzten Zeitraum begehrt. In ständiger Rechtsprechung spricht das Beschwerdegericht in Sozialhilfesachen eine Verpflichtung der Antragsgegnerin im Hinblick auf zukünftige Zeiträume nur für einen Monat aus (vgl. z.B. Beschl. v. 30.4.1996, HmbJVBl. 1996 S. 67 ff.; v. 3.5.2002 - 4 Bs 12/02 [Regelsatzhilfe]; v. v. 22.1.2003 - 4 Bs 414/02 [Leistungen der Eingliederungshilfe]). Diese zeitliche Begrenzung ist unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten - Sozialhilfe (gleich welcher Form) ist grundsätzlich keine rentengleiche wirtschaftliche Dauerleistung, sondern Hilfe in einer konkreten Notlage, die sich prinzipiell täglich ändern kann und daher gleichsam täglich erneut regelungsbedürftig ist (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 26.9.1991, BVerwGE Bd. 89, S. 81) - und nach prozessualen Kriterien - für in der Zukunft liegende Zeiträume lässt sich die Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht prognostizieren - geboten (Beschl. v. 30.4.1996, a.a.O.). In dem vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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