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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.01.2005
Aktenzeichen: 8 Bf 222/04.PVL
Rechtsgebiete: HmbPersVG


Vorschriften:

HmbPersVG § 86 Abs. 1 Nr. 18
Die Rückforderung überzahlter Löhne, Gehälter oder sonstiger Bezüge oder Bestandteile davon stellt eine Maßnahme der Dienststelle dar, die gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG der Mitbestimmung des Personalrates unterliegt.
Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz

8 Bf 222/04.PVL

Beschluss

In der Personalvertretungssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz, durch den Richter E.-O. Schulz und die ehrenamtlichen Richterinnen Blix, Dittmann und Schlote sowie den ehrenamtlichen Richter Lokoschat am 10. Januar 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Februar 2004 wird geändert. Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zusteht, sofern die Dienststelle von Arbeitnehmern oder Beamten überzahlte Gehälter, Löhne oder sonstige Bezüge oder Bestandteile davon zurückfordert.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Dienststelle streiten darüber, ob dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zusteht, sofern die Dienststelle von Arbeitnehmern oder Beamten überzahlte Gehälter oder Löhne oder sonstige Bezüge oder Bestandteile davon zurückfordert.

Im April 2001 forderte die Beteiligte von einer Angestellten Überzahlungen des Ortszuschlages von ca. 5.000,-- DM zurück, ohne den Personalrat an dieser Maßnahme zu beteiligen. Das von der Angestellten angerufene Arbeitsgericht Hamburg stellte mit Urteil vom 21. November 2002 fest, dass die Angestellte nicht verpflichtet sei den geforderten Betrag zurückzuzahlen, solange der Personalrat der Beteiligten der Geltendmachung dieser Ersatzansprüche nicht zugestimmt habe bzw. die Zustimmung des Personalrates nicht rechtskräftig ersetzt worden sei.

Nachdem die Beteiligte dem Antragsteller im Dezember 2002 mitgeteilt hatte, dass sie keinen Anlass sehe, der Forderungen des Personalrates nach Mitbestimmungsverfahren bei der Rückzahlung von Bezügen und Bezügebestandteilen nachzukommen, hat der Antragsteller am 6. März 2002 das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Er hat vorgetragen, zu einer nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG mitbestimmungspflichtigen Maßnahme, Geltendmachung von Ersatzansprüchen, zähle auch die Rückforderung von überzahlten Dienstbezügen oder Bestandteilen derselben. Der Gesetzgeber habe mit dieser Vorschrift bewusst den Begriff Ersatzansprüche und nicht den Begriff Schadensersatzansprüche verwendet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift solle die Beteiligung des Personalrates bewirken, dass die Gleichbehandlung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes nach den Grundsätzen des § 77 HmbPersVG beachtet würden. Auch sollten der Dienststelle die Beurteilung der Angelegenheit aus der Sicht des Personalrats vermittelt und die besonderen sozialen Folgewirkungen in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Kommentierung bei Homann/Matthiessen, Hamburgisches Personalvertretungsgesetz § 89 Randziff. 36 vertrete ebenso die Auffassung, dass zu den Ersatzansprüchen im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG nicht nur die Schadensersatzansprüche, sondern auch die Rückforderungsansprüche der Dienststelle gegen den Bediensteten gehörten.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, dass dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zusteht, sofern die Dienststelle von Arbeitnehmern oder Beamten überzahlte Gehälter, Löhne oder sonstige Bezüge oder Bestandteile davon zurückfordert.

Die Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat ausgeführt: Sie halte an ihrer langjährigen Verwaltungspraxis fest. Diese entspreche auch der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg im Beschluss vom 1. Juli 1977 (VG I FL 19/77). Das Verwaltungsgericht habe in dieser Entscheidung festgestellt, dass der Begriff der Geltendmachung von Ersatzansprüchen in § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG nur Schadensersatzansprüche und gerade nicht Ansprüche auf Rückforderung überzahlter Bezüge erfasse. Bei der Rückforderung zuviel gezahlter Dienstbezüge von Beamten ergäbe sich der Anspruch aus § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 92 HmbBG. Hier handele es sich um einen Herausgabeanspruch nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB nicht aber um einen Schadensersatzanspruch. Der Begriff Ersatzansprüche sei schon von seinem Wortlaut her als Kurzform des Begriffes Schadensersatzanspruch zu verstehen. Diese Wortlautinterpretation entspreche auch den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 20. Februar 2004 abgelehnt. Zu Recht gehe die Beteiligte davon aus, dass die Rückforderung überzahlter Bezüge nicht der Mitbestimmung nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG unterliege. Diese Auffassung entspreche ganz überwiegender Meinung in der personalvertretungsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung. Die Rückzahlung überzahlter Dienstbezüge sein eine Rückabwicklung rechtsgrundlos gewährter Leistungen. Der gegenteiligen Auffassung des Arbeitsgerichts Hamburg im Urteil vom 21. November 2002 könne sich die Kammer nicht anschließen.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend: Der Gesetzgeber habe im § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG bewusst den Begriff "Ersatzansprüche" und nicht den Begriff "Schadensersatzansprüche" verwendet. Hätte der Gesetzgeber die Mitbestimmungsrechte des Personalrats auf Schadensersatzansprüche beschränkt, hätte er dies durch die Verwendung dieses Begriffes deutlich machen und klarstellen können. Der weitere Begriff "Ersatzansprüche" lasse demgegenüber erkennen, dass eine entsprechende Beschränkung durch den Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sei. Auch dem Sinn der Vorschrift entspreche eine einschränkende Auslegung nicht. Sowohl die Geltendmachung von Schadensersatz als auch die von Bereicherungsansprüchen stehe im Ermessen der Dienststelle. In beiden Fällen seien die Belange der Beschäftigten und die Grundsätze der Gleichbehandlung bei der Rückforderung zu beachten und hierauf seitens des Personalrates hinzuwirken. Eine Aufspaltung der Mitbestimmungspflichtigkeit zwischen Schadensersatzansprüchen und bereicherungsrechtlichen Ersatzansprüchen führe zu einem sinnwidrigen Ergebnis. Denn je nachdem, ob die Dienststelle im Falle der Überzahlung von Bezügen die Rückforderung auf deliktische oder vertragliche Anspruchsgrundlagen stützte, sei die Maßnahme mitbestimmungspflichtig oder nicht. Dies führe dazu, dass der Dienststelle die Möglichkeit eröffnet werde, durch Wahl der Anspruchsgrundlage das Mitbestimmungsrecht zu umgehen.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Februar 2004 abzuändern und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer ein Mitbestimmungsrecht nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zusteht, sofern die Dienststelle von Arbeitnehmern oder Beamten überzahlte Gehälter, Löhne oder sonstige Bezüge oder Bestandteile davon zurückfordert.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Es entspreche langjähriger Verwaltungspraxis der Hamburgischen Verwaltung, dass die Rückforderung überzahlter Löhne, Gehälter oder Bezüge bzw. von Bestandteilen davon nicht der Mitbestimmung nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz unterliege. Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung habe das Verwaltungsgericht Hamburg bereits mit Beschluss vom 1. Juli 1977 bestätigt. Die Rückforderung überzahlter Bezüge und Bezügebestandteile richte sich nach den Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Mithin handele es sich um einen Herausgabeanspruch, nicht aber um einen Schadensersatzanspruch. Der Herausgabeanspruch beruhe auf ungerechtfertigter Bereicherung bei rechtsgrundloser Überzahlung von Bezügen. Dies ergäbe sich aus § 12 BBesG i.V.m. § 92 HmbBG, § 36 Abs. 6 BAT bzw. § 31 Abs. 6 MTA. Diese Vorschriften verwendeten den Begriff Rückforderung nicht aber den des Ersatzanspruches. Auch vom Sinn und Zweck der Regelung des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG sei eine Einbeziehung von Herausgabeansprüchen nach rechtsgrundloser Überzahlung in die Mitbestimmung nicht geboten. Denn im Gegensatz zu bereicherungsrechtlichen Ansprüchen müsse bei Schadensersatzansprüchen ein Verschulden vorliegen. Bei der Beurteilung, ob ein solches Verschulden vorliege, solle der Personalrat maßgeblich bei der Beurteilung der Sachlage und zur Bewertung der Verschuldensfrage beteiligt werden. Eine solche Beteiligung sei im Falle der verschuldensunabhängigen Geltendmachung bereicherungsrechtliche Herausgabeansprüche nicht angezeigt.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

1. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG hat der Personalrat, außer bei einer Regelung durch Rechtsvorschriften oder einer allgemeinen Regelung der obersten Dienstbehörde in folgenden sozialen Angelegenheiten mitzubestimmen: 18. Geltendmachung von Ersatzansprüchen. Unzweifelhaft ist, worauf der Antragsteller mit Recht hinweist, nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die Mitbestimmung bei der Geltendmachung eines Ersatzanspruches dann nicht ausgeschlossen, wenn die Überzahlung von Dienstbezügen im Wege des Schadensersatzes gemäß § 78 Abs. 1 BBG geltend gemacht wird (OVG Münster, Urt. v. 18.11.1982 ZBR 1983 S. 239). Der Begriff "Ersatzansprüche" ist schon nach seinem Wortlaut weiter als der Begriff des Schadensersatzanspruches. Er umfasst nicht nur den Ersatz von Schäden, sondern z.B., wie § 818 Abs. 2 BGB zeigt, den Wertsatz in dem Falle, in dem ein Herausgabeanspruch deshalb nicht durchsetzbar ist, weil die Herausgabe für den Verpflichteten unmöglich ist. In diesem Falle hat er Wertersatz zu leisten. Im Falle der Rückforderung von Überzahlungen, hinsichtlich derer die Mitbestimmung im Streit ist, kommt in aller Regel nur ein Anspruch auf Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB in Betracht. Denn die erlangte Überzahlung, sei es in bar, sei es in Form von Gutschriften auf dem Konto, wird ein Bediensteter zum Zeitpunkt der Rückforderung der Überzahlung nicht mehr in Händen halten. Mithin wird sowohl die Herausgabe etwa empfangener Geldscheine als auch die Herausgabe der Forderung gegen seine Bank im Falle bargeldloser Zahlung unmöglich sein. Es wird also in jedem Falle gemäß § 818 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Wertersatz geltend gemacht, wenn die Dienststelle überzahlte Beträge zurückverlangt. Bei dieser Sachlage ist es nicht fernliegend, zu dem Begriff "Ersatzansprüche" auch diejenigen Ersatzansprüche zu zählen, die der Bedienstete als Wertersatz wegen Überzahlung von Bezügen schuldet.

Dagegen spricht auch nicht, dass der Wertersatzanspruch des § 818 Abs. 2 BGB an der grundsätzlichen Rechtsnatur des Rückzahlungsanspruches als eines Herausgabeanspruches von ungerechtfertigt empfangenen Leistungen nichts ändert. Er modifiziert diesen Herausgabeanspruch dahingehend, dass nicht nur dass ursprünglich Empfangene herausgegeben werden muss, sondern bei Unmöglichkeit der Herausgabe ein Wertersatz geleistet werden muss. Dieser Wertersatz stellt aber in der Sache wiederum einen Schadensersatz für die untergegangene, herauszugebende Sache dar, so dass sich schon aus den Begrifflichkeiten ein deutlicher Hinweis darauf ergibt, dass zu den Ersatzansprüchen des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG auch die Wertersatzansprüche des § 818 Abs. 3 BGB gehören.

2. Neben dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG, dass die Rückerstattungsansprüche zu den mitbestimmungspflichtigen Ersatzansprüchen zählen. Zu Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2002 (6 P 4.01 - , ZBR 2002, 361 dort insofern nicht abgedruckt) ausgeführt:

"Für diese Auslegung sprechen insbesondere Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes. Mit ihm soll auf die Gleichbehandlung der Beschäftigten hingewirkt und die Berücksichtigung sozialer Belange wie die Vermittlung des Falles aus der Sicht der übrigen Beschäftigten ermöglicht werden (...). Die Beteiligung der Personalvertretungen ist insbesondere in den Fällen angezeigt, in denen Ersatzansprüche für Schäden aus schadensgeneigter Tätigkeit geltend gemacht werden. Hier kann der Personalrat durch die Einführung zusätzlicher Informationen über die konkreten Arbeitsbedingungen und das Maß der Arbeitsbelastung zu einer tatsächlich und rechtlich möglicherweise anderen Beurteilung der Sachlage beitragen. Diese Form der Mitbestimmung kann vielfach sowohl in der Phase der Prüfung, ob der Erstanspruch besteht, als auch bei der Entscheidung, ob dieser gegen den Beschäftigten durchgesetzt werden soll, nur dadurch verwirklicht werden, dass auch eine rechtliche Prüfung angestellt wird, insbesondere, ob der Schaden fahrlässig oder grob fahrlässig verursacht worden ist. Anderenfalls würde die Mitbestimmung meist ins Leere laufen, weil die Verschuldensfrage in der Regel zwischen den Beteiligten am meisten umstritten ist. Es kann auch zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, ob einem Beschäftigten wegen der Art der von ihm zu erledigenden Arbeit der Vorwurf der groben oder nur der leichten Fahrlässigkeit gemacht wird. Der Personalrat kann hier darauf dringen, dass der Dienstherr im Interesse der Gleichbehandlung auch andere Fälle berücksichtigt, in denen von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen abgesehen wurde".

Nach diesem Sinn und Zweck der Regelung dürfte eine Mitbestimmung kaum erforderlich sein bei der Beurteilung, ob ein Anspruch auf Rückerstattung bei einer Überzahlung von Bezügen überhaupt entstanden ist. Denn dieses richtet sich ausschließlich danach, ob es an einem rechtlichen Grunde für die Zahlung mangelte. Verschulden des Bediensteten oder Überlegungen zu gleichmäßiger Behandlung der Bediensteten spielen an dieser Stelle keine Rolle. Die Entschließung, ob der entstandene Rückerstattungsanspruch geltend gemacht wird, steht aber, ebenso wie die Entschließung ob Teilerlass, Stundung oder Ratenzahlung gewährt wird im pflichtgemäßen Ermessen der Dienststelle. Die Ausübung dieses Ermessens ist nicht nur von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängig. Berücksichtigung finden muss dabei auch die Verwaltungsübung in vergleichbaren Fällen. Bei letzterer Beurteilung spielt die Gleichbehandlung der Angehörigen der Dienststelle eine zentrale Rolle. Auf sie hinzuwirken ist einer der Zwecke der Mitbestimmungsregelung des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG.

Außerdem kann der Bedienstete dem Erstattungsanspruch der Dienststelle den sogenannten Entreicherungseinwand entgegenhalten. Gemäß § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatze des Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Auf diese Entreicherungseinrede kann sich der Bedienstete allerdings gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht berufen, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang der Leistung kannte. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes verschärft die Haftung der Beamten bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung wird gleichgestellt, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 26.2.1991, ZBR 1991 S. 251, 253 m.w.N.; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.5.1998, ZBR 1999 S. 316) ist ein Mangel des rechtlichen Grundes im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG offensichtlich, wenn der Empfänger ihn deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außeracht gelassen, also grob fahrlässig gehandelt hat. Für die Auslegung des Begriffs der Sorgfaltsverletzung kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten an, wobei insbesondere seine Vorbildung und seine dienstliche Stellung zu berücksichtigen sind. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG knüpft an die allgemeine beamtenrechtliche Treuepflicht an, kraft derer den Beamten im Hinblick auf seine Besoldung die Obliegenheit trifft, die Besoldung betreffenden Unterlagen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Offensichtlichkeit des Mangels des rechtlichen Grundes muss daher angenommen werden, wenn dem Beamten auf Grund der ihm ausgehändigten Unterlagen nach seinem individuellen Erkenntnisvermögen durch einfache und naheliegende Überlegungen hätte bewusst werden müssen, dass ihm ein Teil der gewährten Bezüge mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht zustehen könnte, wobei er gehalten ist, sich bei Unklarheiten oder Zweifeln durch Rückfragen bei der zuständigen Stelle seines Dienstherrn Gewissheit darüber zu verschaffen, ob eine Zahlung zu Recht erfolgt ist. Diese - allerdings nur für Beamte geltendenden - verschärften Maßstäbe stellen auf den Grad der Fahrlässigkeit bei der Unkenntnis über den Mangel des rechtlichen Grundes für die zu Unrecht erhaltenen Bezüge ab. Damit wird ähnlich wie beim Schadensersatzanspruch auf die individuelle Vorwerfbarkeit eingetretener Überzahlungen bei Beamten abgestellt. Ob der Beamte im Einzelfall leicht oder grob fahrlässig keine Kenntnis von der Überzahlung hatte, ist eine häufig schwierig abzugrenzende Frage des Einzelfalles. Wie beim Schadensersatzanspruch spielen dabei die individuellen Kenntnisse des Beamten, seine dienstliche Stellung und die Art seines Einsatzes eine nicht unerhebliche Rolle. Damit stellt sich die Interessenlage bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge gegenüber Beamten ähnlich dar wie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ihnen gegenüber. Meistens ist auch im Rückforderungsfall die Verschuldensfrage, nämlich die Frage, ob der Beamte grob fahrlässig keine Kenntnis von der Überzahlung hatte, umstritten. Es kann auch zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, nämlich ob dem Beamten der Vorwurf grober oder nur leichter Fahrlässigkeit gemacht werden kann. Der Personalrat kann in solchen Fällen, ähnlich wie bei den Schadensersatzansprüchen darauf dringen, dass der Dienstherr im Interesse der Gleichbehandlung auch andere Fälle berücksichtigt, in denen von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen abgesehen wurde.

Angesichts von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG ist nicht von der Hand zu weisen, dass nach Sinn und Zweck der Mitbestimmungsregelung des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG auch die Fälle der Inanspruchnahme der Beamten auf Wertersatz zuviel gezahlter Bezüge mit umfasst sind.

3. Die Entstehungsgeschichte des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG gibt keine verlässlichen Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffes "Ersatzansprüche". Ob der Gesetzgeber eher davon ausgegangen ist, dass unter "Ersatzansprüche" Schadensersatzansprüche und solche nach dem Erstattungsgesetz zu verstehen sind, nicht aber Rückforderungsansprüche wegen zuviel gezahlter Bezüge dazugezählt werden können, erscheint derart zweifelhaft, dass die historische Auslegung dem aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Regelung gefundenen Ergebnis nicht entgegensteht.

§ 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG in der Fassung vom 17. November 1972 (HmbGVBl. 1972 S. 211) geht auf § 66 Abs. 2 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes in der Fassung vom 18. Oktober 1957 (HmbGVBl. S. 473) zurück und lässt nur das noch in § 66 Abs. 2 HmbPersVG 1957 enthaltene Antragserfordernis entfallen (vgl. Bericht des Ausschusses für den öffentlichen Dienst, Drucksache der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg VII/2366 S. 14). § 66 Abs. 2 HmbPersVG 1957 ist weitgehend § 66 Abs. 3 BPersVG vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477) angeglichen worden (vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft 1956 Nr. 299 v. 21. September 1956 S. 912, 918). Damit hat sich der Hamburgische Gesetzgeber hinsichtlich der Reichweite des Begriffes "Ersatzansprüche" an den im § 66 Abs. 3 BPersVG verwandten angeschlossen. Nach der Entstehungsgeschichte des § 66 Abs. 3 BPersVG 1955 ist nicht festzustellen, was der Gesetzgeber unter dem Begriff Ersatzansprüche verstanden hat. Denn diese Vorschrift ist ohne weitere Erläuterung durch den Unterausschuss Personalvertretung in der zweiten Wahlperiode des Deutschen Bundestages (Drucksache 1189 S. 10) eingefügt worden. Der historische Gesetzeber hat demnach nicht verlautbart, was er unter "Ersatzansprüche" versteht. Zwar dürfte davon ausgegangen werden können, dass dem Gesetzgeber die begriffliche Differenzierung zwischen Schadensersatzanspruch einerseits und Herausgabe bzw. Rückforderung wegen überzahlter Bezüge bei der Wortwahl des § 66 Abs. 3 BPersVG bewusst gewesen ist und er die Mitbestimmung nicht für alle Ansprüche des Dienstherrn gegen die Bediensteten einrichten wollte. Ebenso kann aber auch zugrundelegt werden, dass im Gesetzgebungsverfahren bekannt gewesen sein dürfte, dass überzahlte Bezüge, - weil regelmäßig verbraucht - nahezu niemals in Natura zurückgegeben werden können, sonder stets der (Schadens-) Ersatzanspruch des § 818 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden muss.

4. Die in Rechtsprechung und Literatur weitgehend vertretene gegenteilige Auffassung überzeugt nicht. Die bisher veröffentlichte Rechtsprechung (BayVGH, Beschl. v. 14.7.1993, PersR 1993 S. 563, VG Köln, Beschl. v. 10.9.1981, PersV 1982 S. 334) wie auch das Verwaltungsgericht Hamburg (Beschl. v. 1.7.1977 - VG I FL 19/77 -) ist einhellig der Meinung, dass das Mitbestimmungsrecht über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Beschäftigte sich nicht auf Ansprüche des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers gegen Beamten, Angestellte oder Arbeiter erfolgte Zahlung überzahlter Dienstbezüge, Gehälter oder Löhne erstrecke. Begründet wird dieses im Wesentlichen mit der begrifflichen Differenz des von der Mitbestimmung erfassten Ersatzanspruches zu dem des Herausgabeanspruches im Falle von überzahlten Löhnen und Gehältern.

Dabei wird nicht hinreichend bedacht, dass sich der ursprüngliche Herausgabeanspruch des § 812 BGB in aller Regel wegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten - die Überzahlung ist regelmäßig verbraucht - in einen (Schadens-) Ersatzanspruch gemäß § 818 Abs. 2 BGB umgewandelt hat. Auch werden Sinn und Zweck der Mitbestimmungsregelungen nicht hinreichend in Bedacht genommen.

Die ältere personalvertretungsrechtliche Kommentierung geht ohne Weiteres davon aus, dass zu den Ersatzansprüchen nur die Schadensersatzansprüche des Dienstherrn gegen den Bediensteten zählen (Molitor, Personalvertretungsgesetz v. 5. August 1955, Komm. 1955 § 67 Rdnr. 10; Handbuch für Personalräte herausgegeben vom Hauptvorstand der Gewerkschaft der Eisenbahner, Deutschlands zweite Auflage 1963 § 67 Anmerkung zu Abs. 3; Grabendorff/Windschreid, Personalvertretungsgesetz 1955, § 66 Anmerkung 4).

Dies greift zu kurz. Damit werden Sinn und Zweck der Mitbestimmungsregelung nicht hinreichend bedacht. Der (einzige) Kommentar zum Hamburgischen Personalvertretungsrecht von Homann/Matthiessen aus dem Jahre 1974 (§89 Anm. 36) geht davon aus, dass nach Sinn und Zweck der Bestimmung der Personalrat bei der Geltendmachung aller Ansprüche, die der Dienstherr gegen die bei ihm beschäftigten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu haben glaubt, mitzubestimmen hat, gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage dieser Anspruch sich gründet. Deshalb seien auch Rückforderungen überzahlter Bezüge mitbestimmungspflichtig. Gleiches vertritt der Kommentar von Altvater u.a. (BPersVG 4. Aufl. 1996 Randziffer 28 a) weil der Begriff des Ersatzanspruches auch den Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Folge Überzahlung von Arbeitslohn bzw. Bezügen umfasse. Dagegen sind Ilberts/Wittmeyer, (BPersVG 10. Aufl. § 76 Randziffer 55; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder § 76 Randziffer 53 a sowie Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, BPersVG Kommentar § 76 Randziffer 109 der Ansicht, dass zu den in § 76 Abs. 2 Nr. 9 BPersVG aufgeführten Ersatzansprüchen nicht alle Ansprüche auf Geldleistungen zu zählen seien, sondern nur Schadensersatzansprüche. Rückforderungsansprüche wegen Überzahlung von Bezügen seien der Rechtsnatur nach Herausgabe- und Rückforderungsansprüche nicht aber Schadensersatzansprüche.

Auch wenn der Wortlaut des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG die Mitbestimmung auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen beschränkt und damit schon nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Ausdehnung auf alle Ansprüche der Dienststelle gegen die Bediensteten nicht in Betracht kommt, ist der Wortlaut doch mit einer nach Sinn und Zweck der Regelung gebotenen Auslegung vereinbar, die die in Ersatzansprüche gewandelten Herausgabeansprüche wegen Überzahlung der Mitbestimmung unterwirft.

III.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der angesprochenen Rechtsfragen wird die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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