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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 03.02.2009
Aktenzeichen: 12 Sa 28/08
Rechtsgebiete: AGG


Vorschriften:

AGG § 1
AGG § 2
AGG § 7
AGG § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 15.11.2007 - 1 Ca 384/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche der Klägerin aufgrund eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot bei der Ausschreibung einer Arbeitsstelle.

Die Klägerin ist seit dem 1.10.1989 bei der Beklagten beschäftigt und erhielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von € 2.129,80 (Entgeltgr. 3, Stufe 7). Zunächst war sie als Finanzdienstleisterin (FDL) eingesetzt, nunmehr arbeitet sie im Schalterdienst in wechselnden Filialen. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Manteltarifvertrag sowie die Entgelttarifverträge der A Anwendung.

Am 31.01.2007 schrieb die Beklagte zum 1.03.2007 intern die Stelle "Assistent Planung Abteilungsleitung 330-6" mit Dienstsitz in Langgöns aus. Die Stellenausschreibung enthält neben der Positionsbezeichnung "Assistent" im weiteren Text Angaben zu den wesentlichen Aufgaben und den fachlichen sowie persönlichen Anforderungen und schließt mit "Hinweise(n) für Bewerber/innen" ab (Bl. 5 d. A.).

Die Klägern bewarb sich am 5.02.2007 auf diese Stelle (Bl. 6 d. A.). Es gingen noch weitere drei Bewerbungen, sämtlich von Männern, ein. Im Rahmen der anlassbezogenen Beurteilung wurden zwei Bewerber/innen, darunter die Klägerin, als "geeignet" beurteilt, der Bewerber B als "gut geeignet". Ein weiterer Bewerber zog vor der Beurteilung seine Bewerbung zurück. Der Betriebsrat stimmte auf Antrag der Beklagten am 28.02.2007 der Besetzung der Stelle mit dem Mitarbeiter B zu. Die Beklagte besetzte die Stelle zum 1.03.2007 mit dem Mitarbeiter B. Die Klägerin erhielt spätestens am 12.03.07 die Absage der Beklagten vom 7.03.07. Sie sah in der ihrer Meinung nach nicht geschlechtsneutralen Ausschreibung der Stelle und der Besetzung durch einen Mann eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, forderte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2007 erfolglos die Zahlung einer Entschädigung und von Schadensersatz von der Beklagten und hat darauf mit denselben Zielen Klage beim Arbeitsgericht eingereicht.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vorbringens beider Parteien in erster Instanz, der vor dem Arbeitsgericht gestellten Anträge und der Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 62 - 69 d.A.).

Die Klägerin hat gegen das ihr am 6.12.2007 zugestellte, die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts am 7.01.2008 Berufung eingelegt und sie nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.03.2008 am 3.03.2008 begründet.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, dass die ausgeschriebene Position ausschließlich männlich ausgeschrieben sei. Zur Beurteilung der Frage müsse auf den Eindruck abgestellt werden, den die Ausschreibung zunächst vermittle. Dieser Eindruck werde geprägt durch die ins Auge fallende, auch optisch hervorgehobene Überschrift, die lediglich in männlicher Form abgefasst sei. Die Überschrift entscheide darüber, ob potentielle Bewerber überhaupt weiterlesen. Das Gebot der geschlechtsneutralen Ausschreibung müsse im gesamten Text durchgehalten werden. Zudem vermittle die Ausschreibung den Eindruck, dass die einzelnen Überschriften wie auch die "Hinweise für "Bewerber/innen" standardmäßig verwendet werden und nur die konkrete Stellenbezeichnung und -beschreibung individuell geändert werde. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass hier eine Beweislastumkehr Anwendung finde. Da die von ihr vorgelegte nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung eine Vermutung für eine Diskriminierung begründe, sei es an der Beklagten, sich zu entlasten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gießen vom 15.11. 2007 - 1 Ca 384/07 - die Beklagte zu verurteilen:

an die Klägerin 1770,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 354,13 € brutto seit. 1. April, 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli und 1. August 2007 zu zahlen,

monatlich ab 1. August 2007 an die Klägerin 354,13 € brutto über das derzeitige Gehalt der Klägerin in Höhe von € 2.183,05 brutto hinaus jeweils am Monatsende zu zahlen,

an die Klägerin eine Entschädigung für den immateriellen Schaden nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. März 2007 zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber einen Betrag von 7.611,54 € nicht unterschreiten sollte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass sich aus der Stellenausschreibung keine Indizien, die zu einer Beweislastumkehr führen könnten, ergäben. Bei der Beurteilung der Ausschreibung sei vom Gesamteindruck auszugehen. Hier sei zu beachten, dass die "Hinweise für Bewerber/innen" durch Fettdruck deutlich hervorgehoben seien. Die Beklagte behauptet, eine Geschlechtsdiskriminierung sei auch nicht beabsichtigt gewesen. Die Bezeichnung "Assistent" sei im gegebenen Kontext eine nicht auf ein Geschlecht bezogene Dienstpostenbezeichnung. Die Stelle sei nach dem Prinzip der Bestenauslese mit dem am besten beurteilten Bewerber besetzt worden. Daneben behauptet sie, der Klägerin sei durch die Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung kein Schaden entstanden; denn die Höhergruppierung, verbunden mit einem Abrutschen in der Gruppenstufe, hätte zu keinen höheren Einkünften der Klägerin geführt. Daran hätte sich aufgrund einer dynamischen Besitzstandsregelung auch in fernerer Zukunft nichts geändert. Für die Einzelheiten zur Gehaltsentwicklung wird auf die Berechnungen der Beklagten in Anlage zur Berufungserwiderung vom 6.05.2009 verwiesen (Bl. 112 - 114 d. A.).

Zur Ergänzung des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 15.11. 2007 ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 3 b ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs-. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO).

Die Berufung bleibt jedoch ohne Erfolg, weil sie unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin aus § 15 AGG auf Zahlung einer Entschädigung und Leistung von Schadensersatz verneint und die Klage abgewiesen. Die Kammer folgt zur Begründung den überzeugenden Gründen der angegriffenen Entscheidung und macht sie sich inhaltlich zu Eigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

Ansprüche der Klägerin aus § 15 Abs. 1 u. 2 AGG könnten nur berechtigt sein, wenn es zu einer Beweislastumkehr gemäß § 22 AGG käme. Die Klägerin beruft sich hier allein auf den Inhalt der Stellenausschreibung vom 31.01.2007 und hält keinen weiteren Vortrag, aus dem eine Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Besetzung der Stelle "Assistent Planung" abgeleitet werden könnte.

Die Stellenausschreibung ist jedoch kein hinreichendes Indiz für eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts; denn die Stellenausschreibung ist nach ihrem gesamten Inhalt geschlechtsneutral formuliert und nicht nur auf Männer zugeschnitten. Bei der Beurteilung dieser Frage kann nicht isoliert nur auf die Überschrift und die dortige Positionsbezeichnung, die in der Tat männlich formuliert ist, abgestellt werden. Auch der übrige Text ist zu berücksichtigen, soweit er beim Lesen leicht zugänglich ist. Das trifft auf die "Hinweise für Bewerber/innen" zu. Der Schriftzug ist in Fettdruck gehalten und auf diese Weise, wie die weiteren Überschriften zu den einzelnen Absätzen der Ausschreibung auch, nicht zu übersehen. Dem Ausschreibungstext ist mit dem Wort "Bewerber/innen" in aller Deutlichkeit zu entnehmen, dass sich die Ausschreibung sowohl an Männer als auch an Frauen richtet. Durch die Verwendung dieses beide Geschlechter einschließenden Begriffs ist es auch gerechtfertigt, die Bezeichnung "Assistent" nicht als Hinweis darauf, dass nur männliche Bewerber erwünscht sind, anzusehen, sondern mit dem Arbeitsgericht als geschlechtsneutrale Dienstpostenbeschreibung.

Auch der Umstand, dass die "Hinweise für Bewerber/innen" Bestandteil eines generell eingesetzten Formulars sind, spricht nicht für diskriminierende Absichten der Beklagten. Der Umstand, dass das Formular für Stellenausschreibungen hier geschlechtsneutral gefasst ist, spricht eher dafür, dass die Beklagte generell alle Stellen für beide Geschlechter ausschreiben will; denn Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte hier nur vergessen habe, das Formular in diesem Punkt ihren "wahren" Absichten anzupassen, bestehen nicht.

Die Klägerin hat gemäß §§ 64 Abs. 6, 97 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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