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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.05.2003
Aktenzeichen: 15 Sa 896/01
Rechtsgebiete: TVG, VTV-Bau 1986, VTV-Bau 2000, ArbGG


Vorschriften:

TVG § 1 Tarifverträge: Bau
TVG § 4 Abs. 2
TVG § 5 Abs. 4
VTV-Bau 1986 § 1 Abs. 2 Abschn. II
VTV-Bau 1986 § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15
VTV-Bau 1986 § 24
VTV-Bau 1986 § 27
VTV-Bau 1986 § 29
VTV-Bau 2000 § 1 Abs. 2 Abschn. II
VTV-Bau 2000 § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15
VTV-Bau 2000 § 21
ArbGG § 61 Abs. 2 Satz 1
1. Werden von einem Arbeitgeber im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs neben anderen gewerblichen Tätigkeiten auch bauliche Leistungen an eigenen Immobilien erbracht, sind auch diese baulichen Leistungen an den eigenen Immobilien als gewerblich zu qualifizieren.

2. Die Höhe der Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bei Klagen der ZVK-Bau VVaG auf Auskunft und Entschädigung beläuft sich regelmäßig auf 25 % der mutmaßlichen nach dem VTV-Bau geschuldeten Beiträge (Abkehr von der ständigen B AG-Rechtsprechung seit BAG vom 27. August 1986 - 4 AZR 280/85 -AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 15 Sa 896/01

Verkündet laut Protokoll am 13. Mai 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 15 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2003 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. B als Vorsitzenden und den ehrenamtlicher Richter B und den ehrenamtlicher Richter W als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts W vom 10. April 2001 - 8 Ca 2245/00 - wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.456,56 Euro zu zahlen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. April 2001 - 8 Ca 942/00 - teilweise abgeändert, und zwar unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, wobei der Tenor zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst wird:

Der Beklagte wird verurteilt,

1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

1.1 wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Rentenversicherung -(SGB VI) Versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

1.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung -(SGB VI) Versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch 8SGB IV) - in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:

zu Nr. 1.1: 8.628,05 Euro, zu Nr. 1.2: 129,48 Euro, Gesamtbetrag: 8.757,53 Euro.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 21 % und der Beklagte 79 % zu tragen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten, an den Kläger für den Zeitraum von Mai bis Juni 1999 Beiträge (für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte) zu zahlen, und darum, ob der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Juli 1999 bis März 2000 einschließlich Auskünfte (betreffend gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte) zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu zahlen hat, wobei auch die Höhe der Entschädigung im Streit steht.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Er ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle aller Sozialkassen des Baugewerbes; er führt das gemeinsame Beitragskonto eines jeden tarifunterworfenen Arbeitgebers.

Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung hinsichtlich der Frage, ob der Betrieb des Beklagten in den Jahren 1999 und 2000 dem betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV 1986) - vgl. § 1 Absatz 2 VTV 1986 - in den für den genannten Zeitraum des Jahres 1999 maßgeblichen jeweiligen Fassungen, in welchen der VTV 1986 durchgehend für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, und dem betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV 2000) - vgl. § 1 Abs. 2 VTV 2000 - in der für die Monate Januar bis März 2000 geltenden Fassung, in welcher der VTV 2000 für allgemein verbindlich erklärt war, unterfiel und ob der Beklagte damit für den Gesamtzeitraum von April 1999 bis März 2000 einschließlich beitrags- bzw. auskunftspflichtig ist.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Betrieb des Beklagten sei in den Jahren 1999 und 2000~dem Geltungsbereich des VTV 1986 bzw. des VTV 2000 unterfallen, der Beklagte sei mithin beitrags- und auskunftspflichtig. Er hat dazu behauptet, im Betrieb des Beklagten seien in den beiden Kalenderjahren jeweils zu mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit folgende Arbeiten ausgeführt worden:

Maurerarbeiten, Gipserarbeiten, Rigipsarbeiten, Fliesenlegerarbeiten, Trockenbauarbeiten sowie die damit in Zusammenhang stehenden Nebentätigkeiten.

Der Beklagte schulde ihm 20.086,16 DM an vom Beklagten selbst gemeldeten Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer bezüglich des Zeitraums von April (Rest) bis Juni 1999 und 365,10 DM an vom Beklagten selbst gemeldeten Beiträgen für Angestellte bezüglich des Zeitraum von April bis Juni 1999 (für die weitere Aufgliederung der Beträge wird Bezug genommen auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 24. Oktober 2000 = Blatt 10 d.A. 15 Sa 896/01). Der Kläger hat weiter gemeint, dass der Beklagte ihm im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung für den Zeitraum von Juli 1999 bis März 2000 einschließlich eine Entschädigungssumme vom insgesamt 54.810,-- DM (54.000,-- bezüglich gewerblicher Arbeitnehmer, 810,-- DM bezüglich Angestellter) zu zahlen habe. Die Entschädigungssumme belaufe sich auf etwa 80 % der Beitragsschuld für diesen Zeitraum.

Der Kläger hat den Beklagten erstinstanzlich in zwei separaten Rechtsstreiten in Anspruch genommen.

Er hat in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 8 Ca 2245/00 vor dem Arbeitsgericht beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.451,26 DM zu zahlen.

Er hat außerdem im Verfahren mit dem Aktenzeichen 8 Ca 942/00 erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

1.1 wie viele Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) Versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,

1.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) - in den Monaten Juli 1999 bis März 2000 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind, und

2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an ihn folgende Entschädigung zu zahlen:

zu Nr. 1.1: 54.000,-- DM, zu Nr. 1.2: 810,-- DM, Gesamtbetrag: 54.810,-- DM.

Demgegenüber hat der Beklagte in beiden Verfahren beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, nicht auskunftspflichtig und beitragspflichtig zu sein. Bei seinem Betrieb habe es sich nicht um einen Betrieb gehandelt, der dem VTV 1986 und dem VTV 2000 unterfallen sei. Die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer seien arbeitszeitlich ganz überwiegend in den Bereichen "Handel" und "Arbeiten an eigenen Immobilienobjekten, die der Kapitalanlage dienten" eingesetzt gewesen (insoweit wird auf den ausführlichen Schriftsatz vom 08. März 2001 mit Anlagen = Blatt 52 ff. d.A. 15 Sa 896/01 Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteilen vom 10. April 2001 (Blatt 78 bis 88 d.A. 15 Sa 897/01 und Blatt 83 bis 91 d.A. 15 Sa 896/01) den Klagen in vollem Umfang stattgegeben, die Kosten jeweils dem Beklagten auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf DM 20.451,26 (Az.: 8 Ca 2245/00) bzw. 54.810,-- DM (Az.: 8 Ca 942/00) festgesetzt. Auf diese Urteile wird hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes und bezüglich der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klagen für zulässig erachtet und die Klagen auch für begründet gehalten. Die in den Jahren 1999 und 2000 im Betrieb des Beklagten jeweils arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Arbeiten seien als baugewerbliche Tätigkeiten im Sinne des VTV 1986 und des VTV 2000 zu qualifizieren, und sie seien insgesamt nach dem Gesamtbild nicht mehr der bloßen Kapitalanlage zuzuordnen.

Die Urteile des Arbeitsgerichts sind dem Beklagten am 21. April 2001 zugestellt worden. Er hat dagegen mit Schriftsätzen vom 17. Mai 2001, die am 21. Mai 2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangen sind, Berufung eingelegt und diese nach Verbindung der beiden Rechtsstreite (mit den ursprünglichen Aktenzeichen 15 Sa 896/0] und 897/01) zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen 15 Sa 896/01 mit Beschluss vom 24. Mai 2001 (Leseabschrift Blatt 103 d A. 15 Sa 896/01) mit weiterem Schriftsatz vom 20 Juni 2001 - eingegangen per Fax am selben Tage - begründet.

Der Beklagte hält die Urteile des Arbeitsberichts für unzutreffend, er hält an seiner Auffassung fest, dem Kläger keine Auskünfte und keine Beiträge zu schulden. Er vertieft dazu seine Ausführungen insbesondere bezüglich der Arbeiten an den eigenen Immobilienobjekten. Außerdem ist er der Ansicht, dass die Entschädigungssummen zu hoch abgesetzt seien. Für die Einzelheiten des Vertrages des Beklagten im Berufungsrechtszug in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sowie die zugehörigen Beweisantritte wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 20. Juni 2001 (Blatt 127 bis 146 d.A.) und vom 24. Mai 2002 (Blatt. 175 bis 185 d.A), vom 29. Mai 2002 (Blatt 187 d.A.), vom 20. Juli 2002 mit Anlage (Blatt 205 bis 212 d.A.), vom 30. September 2002 (Blatt 232 bis 235 d.A.), vom 09. Dezember 20902 mit Ablage (Blatt 237 bis 251 d.A.) sowie vom 30. Dezember 2002 (Blatt 258/259 d.A.).

Der Beklagte beantragt dementsprechend in der Sache,

unter Abänderung der Urteile des Arbeitsgerichts W vom 10. April 2&01 - 8 Ca 942/00 und & Ca 2245/00 - die Klagen abzuweisen.

Der Kläger beantragt demgegenüber,

die Berufungen zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass der Zahlungsbetrag 10.456,56 Euro beträgt und sich die Entschädigungsbeträge auf 27.609,76 Euro, 414,15 Euro und 28.023,91 Euro belaufen.

Der Kläger verteidigt unter Auseinandersetzung mit dem zweitinstanzlichen Beklagtenvortrag die angefochtenen Urteile und hält an seiner bereits erstinstanzlich vertretenen Sichtweise fest. Er sieht den Beklagten nach wie vor als auskunfts- und beitragspflichtig, da er die Tätigkeiten an den Immobilienobjekten des Beklagten als baugewerblich einstuft, und er erachtet die eingeklagten Entschädigungsbeträge angesichts der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für zutreffend. Für den Vortrag des Klägers im Berufungsrechtszug in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht im Einzelnen (einschließlich der Beweisangebote) wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 09. August 2001 (Blatt 161 bis 169 d.A.), vom 31. Juli 2002 (Blatt 213 bis 216 d.A.), vom 30. September 2002 (Blatt 227 bis 231 d.A.) und vom 30. Dezember 2002 (Blatt 261 bis 263 d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung zur Beitragszahlung bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist lediglich der DM-Betrag auf den entsprechenden Euro-Betrag umzustellen. Hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunftserteilung und Entschädigungszahlung hat die Berufung teilweise - bezüglich der Höhe der Entschädigungszahlung - Erfolg.

Die Zahlungsklage ist zulässig, wobei sich weitere Ausführungen dazu erübrigen, nach der Beklagte nach entsprechender Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt hat, die diesbezügliche Rüge nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Sie ist auch begründet. Der Beklagte schuldet dem Kläger als Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer bezüglich des Zeitraums von April (Rest) bis Juni 1999 20.086,16 DM und als Beiträge für Angestellte bezüglich des Zeitraums von April bis Juni 1999 365,10 DM. In der Summe errechnen sich 20.451,26 DM, und dem entspricht der Betrag von 10.456,56 Euro.

Die Höhe der eingeklagten Beiträge steht nicht im Streit, und es liegt angesichts der Angaben im Tatbestand weder ein Fall von Verjährung noch des Verfalls vor.

Der Anspruch gründet sich auf § 24 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 VTV 1986 (i.V.m. §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 4 TVG). Der Betrieb des Beklagten unterfiel im Jahre 1999 dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV 1986 (§ 1 Abs. 2).

Nach § 1 Abs. 2 VTV 1986 unterfallen dem betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages "Betriebe des Baugewerbes". Das sind u.a. solche Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt I) oder Betriebe, die - soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst - nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt II) oder die gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt III).

Zu den erfassten betrieblichen Tätigkeiten zählen u.a. die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV 1986 aufgeführten Tätigkeiten.

Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien ist danach ein Betrieb dem Baugewerbe im tariflichen Sinne dann zuzuordnen, wenn seine betrieblichen Tätigkeiten entweder in der Einzelaufstellung (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV 1986) genannt sind oder unter die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte I bis III des § 1 Abs. 2 VTV 1986 fallen (ständige Rechtsprechung seit BAG AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau) Ob ein Betrieb unter den vorbeschriebenen Geltungsbereich der Bautarifverträge fällt, richtet sich dabei danach, ob arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten oder baufremde Arbeiten im Sinne des Tarifvertrages erbracht werden; nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz oder Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (vgl. etwa BAG AP Nr. 13, 24, 81, 82 87, 88 und 123 § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 11. Dezember 1996 - 10 AZR 376/96 - AP Nr. 199 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei wiederum ist von der überwiegenden Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres auszugehen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebes mindestens über ein Kalenderjahr erstrecken (vgl. BAG AP Nr. 82 und 106 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Sofern arbeitszeitlich überwiegend eine oder mehrere der in den Bespielen des Abschnitts V des § 1 Abs. 2 VTV 1986 genannten Tätigkeiten ausgeführt werden, ist nicht mehr zu prüfen, ob die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis II des § 1 Abs. 2 VTV 1986 erfüllt sind (BAG Urteil vom 11. Dezember 1996 - 10 AZR 376/96 - AP Nr. 199 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Im Übrigen ist die Regelung in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV 1986 zu beachten, wonach bestimmte Betriebe vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen sind.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer festzustellen, dass der Betrieb des Beklagten im Jahre 1999 dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV 1986 unterfiel, wobei die nachstehenden Ausführungen ergeben, dass es auf die Frage, ob die Klage in früheren Verfahrensstadien schlüssig war, nicht mehr ankommt.

Im Jahre 1999 überwogen arbeitszeitlich die baugewerblichen Tätigkeiten.

Die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung haben als unstreitig ergeben, dass im Jahre 1999 von den Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern des Beklagten vier Tätigkeitsbereiche abgedeckt worden sind

- Fliesenverlegungsarbeiten für Dritte,

- Handel mit Fliesen und Klinkern (einschließlich Ausstellung),

- Arbeiten an eigenen Immobilienobjekten des Beklagten, die vermietet wurden (Aufteilung im Wesentlichen: Fliesenverlegung, Malerarbeiten, Installationsarbeiten, Schreinerarbeiten) und

- Mietbuchhaltung (einschließlich Schriftverkehr).

Dabei ist ausgehend von der im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den Kläger erstellten Aufstellung (Kopie Blatt 77 d.A. 15 Sa 896/01, hierauf wird Bezug genommen) - dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass dies nach bestrittener Darstellung des Klägers nicht die endgültigen Zahlen waren, diese vielmehr nachträglich noch korrigiert wurden - gleichfalls unstreitig geworden, dass die Tätigkeiten der gewerblichen Arbeitnehmer im Rahmen der Fliesenverlegung für Dritte und im Rahmen der Arbeiten an den eigenen Immobilienobjekten des Beklagten zusammengerechnet arbeitszeitlich klar überwogen, wobei dieses Überwiegen nur durch die Einbeziehung der Arbeiten an den eigenen Immobilienobjekten zustande kommt. Die exakten Stundenzahlen sind damit ohne Belang.

Die Fliesenverlegungsarbeiten für Dritte sind als baugewerbliche Tätigkeiten im Sinne des VTV 1986 zu qualifizieren (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 15 VTV 1986 in der seinerzeitigen Fassung).

Die Arbeiten an den eigenen Immobilienobjekten des Beklagten sind gleichfalls als baugewerbliche Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 VTV 1986 anzusehen.

Diese Tätigkeiten sind zunächst ohne weiteres als bauliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV 1986 zu sehen, die der Erstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken dienten, wobei keiner der Ausnahmefälle des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV 1986 einschlägig ist, da dafür erforderlich wäre, dass auf eines der in dem Ausnahmekatalog aufgeführten Gewerke mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfallen wäre, woran es jedoch fehlt.

Sie sind auch als gewerblich zu qualifizieren. Zwar ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts von Folgendem auszugehen: Die Errichtung und/oder Instandsetzung von Gebäuden zum Zwecke der Vermietung oder Verpachtung durch den Eigentümer ist regelmäßig kein Gewerbebetrieb des Vermieters, sondern eine Art der Nutzung des Eigentums. Sie dient gewöhnlich nicht der Absicht, sich aus der Vermietung eine berufsmäßige Erwerbsquelle zu verschaffen, sondern der Kapitalanlage (vgl. BAG Urteil vom 11. März 1998 - 10 AZR 220/97 - mit weit. Nachw.; BAG Urteil vom 12. August 1998 - 10 AZR 600/97 -). Eine solche Zwecksetzung kann allerdings dann nicht mehr angenommen werden, wenn durch die baulichen Leistungen eine berufsmäßige, auf fortgesetzte Gewinnerzielung ausgerichtete Erwerbsquelle geschaffen wird (BAG Urteil vom 12. August 1998 -10 AZR 600/97 -). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verwaltung des Bauwerks eine besonders umfangreiche berufsmäßige Tätigkeit erfordert, so dass nach dem Gesamtbild der zu beurteilenden Tätigkeit auch die zur Schaffung dieser Erwerbsquelle notwendigen baulichen Leistungen als gewerblich einzustufen sind (BAG Urteil vom 11. März 1998 - 10 AZR 220/97 -; BAG Urteil vom 12. August 1998 - 10 AZR 600/97 -). Dies ist gleichfalls der Fall, wenn die baulichen Leistungen an eigenen Immobilien im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs erbracht werden, in dessen Rahmen auch sonstige gewerbliche Tätigkeiten erbracht werden - dann hat der Immobilieneigentümer selbst dafür gesorgt, dass nach dem Gesamtbild die baulichen Leistungen als gewerblich einzustufen sind.

Die letztgenannte Konstellation ist hier gegeben. Der Beklagte hat eingeräumt, dass es für die aufgeführten verschiedenen Tätigkeitsbereiche keine gesonderte Buchhaltung gab (Seite 6 des Schriftsatzes vom 24. Mai 2002 = Blatt 180 d.A. 15 Sa 896/01), und in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, dass alle Mitarbeiter auch steuerlich dem einheitlichen Gewerbebetrieb zugeordnet waren. Dies korrespondiert mit dem klägerischen Vortrag, dass es lediglich einen einheitlichen Gewerbebetrieb ohne tatsächliche oder rechtliche Unterteilung gab. Damit bedarf es keiner Erörterung mehr, ob die Verwaltung der Immobilien eine besonders umfangreiche berufsmäßige Tätigkeit erforderte.

Gleichermaßen begründet ist die Auskunftsklage - für deren Zulässigkeit gelten die Ausführungen oben zur Zulässigkeit der Zahlungsklage entsprechend - betreffend gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für den Zeitraum von Juli 1999 bis März 2000 einschließlich. Der Anspruch des Klägers insoweit gründet sich auf § 27 Abs. 1 und 4 VTV 1986 und § 21 Abs. 1 und 3 VTV 2000 (jeweils i.V.m. §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 4 TVG).

Soweit es um das Jahr 1999 geht, gelten die obigen Ausführungen zur Anwendbarkeit des VTV 1986. Bezüglich des Jahres 2000 ist aus denselben Erwägungen die Anwendbarkeit des VTV 2000 zu bejahen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt II und Abschnitt V Nr. 15 VTV 2000, insoweit dem VTV 1986 entsprechend).

Nur teilweise begründet ist jedoch die zulässige (dazu bereits oben) Klage auf Entschädigung für den Fall nicht fristgerechter Auskunftserteilung (§ 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG), wobei es im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei der Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung bleibt.

Der Kläger hat den nach dem Gesetz erforderlichen Antrag gestellt, und das Urteil spricht die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung (Auskunftserteilung) aus, womit der Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen ist, die der Höhe nach im freien Ermessen des Gerichts liegt.

Bei dieser Entschädigung handelt es sich nach einhelliger Auffassung um den Ausgleich des Schaden in der auf der Basis der Angaben des Klägers geschätzten Höhe (§ 287 ZPO), der voraussichtlich bei nicht fristgerechter Erfüllung der Handlungspflicht entstehen wird (vgl. nur etwa BAG Urteil vom 27. August 1986 - 4 AZR 280/85 - AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Hauck/Helml, ArbGG, 2. Aufl., § 61 Rz. 12 mit weit. Nachw.; GK-ArbGG/Dörner, § 61 Rz. 24; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 61 Rz. 36a).

Insoweit geht bei den Auskunftsklagen des Klägers das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtssprechung bis zuletzt davon aus, dass sich die Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG regelmäßig auf 80 % der mutmaßlichen Beiträge zu belaufen hat (grundlegend BAG Urteil vom 27. August 1986 - 4 AZR 280/95 - AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; kritisch dazu etwa Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4 Aufl., § 61 Rz. 36).

Mit dem Bundesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass es sachgerecht ist, bezüglich der Entschädigungshöhe bei Auskunfts- und Entschädigungsklagen des Klägers für den Regelfall auf Grund typisierender Betrachtung auf einen bestimmten Prozentsatz der mutmaßlichen Beiträge abzustellen. Doch ist es nicht mehr gerechtfertigt, regelmäßig 80 % der mutmaßlichen Beiträge als zu erwartenden Schaden anzusetzen.

Der Kläger arbeitet gerichtsbekannt seit Jahren auch ohne vorausgehende Auskunftserteilung und ohne Verwendung von Stufenklagen mit Mindestbeitragsklagen. Auch wenn er dies als Notbehelf zur Unterbrechung (jetzt: Hemmung) der Verjährung bezeichnet, ändert das nichts daran, dass die fehlende Auskunft allein den Kläger nicht hindert, bezifferte Mindestbeitragsklagen zu erheben, wenn er, was regelmäßig der Fall ist (so auch hier), zumindest im Wesentlichen über die Zahl der im streitbefangenen Zeitraum beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs des beklagten Arbeitgebers informiert ist. Es kommt hinzu, dass es seit dem 01. September 1997 und auch im hier streitbefangenen Zeitraum für das Baugewerbe Mindestlöhne gab (TV Mindestlohn vom 17. Juli 1997, geltend ab 01. September 1997 bis zum 31. August 1999, allgemeinverbindlich ab 01. September 1997 [Bundesanzeiger Nr. 157 vom 23. August 1997); Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 25. August 1999, geltend ab dem 01. September 1999 bis zum 31. August 2000, und TV Mindestlohn vom 26. Mai 1999), womit eine untere Lohnhöhe für die meisten als gewerbliche Arbeitnehmer Beschäftigten ohnehin feststand.

Angesichts dessen ist es weit überhöht, den Schaden, der dem Kläger durch die Nichterteilung der ausgeurteilten Auskunft voraussichtlich entstehen wird, mit 80 % der mutmaßlichen Beiträge anzusetzen. Wenn der Kläger die begehrten Auskünfte nicht erhält, besteht gewiss die Wahrscheinlichkeit, dass ihm ein Teil der ihm zustehenden Beiträge verloren gehen kann, weil er die Beitragssumme eben nicht exakt errechnen kann und weil die Mindestbeitragsklagen in der Durchführung auf Schwierigkeiten stoßen können. Doch ist es vor dem Hintergrund der Mindestbeitragsklagen und der Mindestlöhne im Baugewerbe nur gerechtfertigt, den potentiell zu erwartenden Schaden auf Grund der fehlenden Auskunft typisierend regelmäßig mit 25 % der mutmaßlichen Beiträge anzusetzen. Im Einzelfall mag dann auf der Basis des konkreten Parteivortrags zu der zu erwartenden Schadenshöhe ein höherer oder auch niedriger Betrag angemessen sein. Der hier für angemessen erachtete Regel-Prozentsatz trägt den Interessen des Klägers in nicht zu kleinlicher Weise Rechnung und berücksichtigt auch die vom Kläger angeführten generelleren Gesichtspunkte (vgl. dazu den Schriftsatz vom 31 Juli 2002 auf Seiten 2 und 3 = Blatt 214/215 d.A. 15 Sa 896/01). Der bloße Aspekt, auf den beklagten Arbeitgeber Druck auszuüben, die Auskunft auch tatsächlich zu erteilen, rechtfertigt es hingegen nicht, die Entschädigungssumme möglichst hoch anzusetzen (GK-ArbGG/Dörner, § 61 Rz. 24: kein Zwangsmittel, sondern Schadensersatz; anderer Ansicht allerdings BAG Urteil vom 27. August 1986 - 4 AZR 591/85 - AP Nr. 71 zu § 1 TVG Tarifverträge. Bau; ebenso der Kläger im Schriftsatz vom 30. Dezember 2002 auf Seite 3 = Blatt 263 d.A. 15 Sa 896/01). Zwar soll über die Vorschrift des § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG Druck ausgeübt werden, doch ist dieser Druck nach der oben angesprochenen Zwecksetzung der Norm begrenzt auf den potentiell zu erwartenden Schadensersatzbetrag.

Da der Parteivortrag hier keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung bietet, bleibt es dabei, dass der Entschädigungsbetrag auf 25 % der mutmaßlichen Beiträge festzusetzen ist. Es errechnen sich danach die im Tenor ausgewiesenen Beträge.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ausmaß des Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien (§ 92 Abs. 1 ZPO) unter Berücksichtigung der Wertfestsetzung (vgl. dazu die Erläuterung der Wertfestsetzungsabsicht mit Schreiben vom 12. Juni 2003, Blatt 280 ff. d.A.).

Die Revision gegen dieses Urteil wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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