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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2005
Aktenzeichen: 15 Ta 688/04
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 33
Eine allgemeine Feststellungsklage neben der Klage gegen eine Kündigung ist mit dem Betrag eines Bruttomonatsverdienstes zu bewerten (Aufgabe der bisherigen Kammerrechtsprechung seit Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156)
Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Dezember 2004 - 5 Ca 8523/04 - wird zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegebühr in Höhe von 40,00 Euro zu tragen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.132,31 Euro beschäftigt gewesen war, hat Klage erhoben mit folgenden Anträgen:

1. Festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 31. August 2004, zugegangen am 01. September 2004, rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31. August 2004, zugegangen am 01. September 2004, rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist am 01. September 2004 bzw. 15 September 2004 hinaus weiter unverändert fortbesteht;

4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt, zu erteilen;

5. hilfsweise für den Fall, dass der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 und 2 abgewiesen wird, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Am 29. Oktober 2004 ist ein gerichtlicher Vergleich protokolliert worden, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. September 2004 geendet hat und wonach die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.

Auf Antrag der Beklagtenvertreter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2004 den Wert gem. § 33 RVG für das Verfahren und den Vergleich auf jeweils 8.529,24 Euro festgesetzt. Zur Begründung ist darauf hingewiesen, dass für den Feststellungsantrag drei Bruttomonatsgehälter anzusetzen seien, weil dieser Antrag keine Einschränkung enthalten habe.

Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2004 - eingegangen beim Arbeitsgericht am 23. Dezember 2004 - hat die Beklagte gegen den Beschluss "sofortige Beschwerde" eingelegt, mit der Begründung, es sei unangemessen, der Gegenstandswertberechnung einen Vierteljahresbezug zugrunde zu legen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Dezember 2004 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde der Beklagten gegen die vom Arbeitsgericht zutreffend im Verfahren gem. § 33 RVG vorgenommene Wertfestsetzung (dazu bereits Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156, wobei die dortige Begründung auch für den neuen Rechtszustand für die Zeit ab dem 01. Juli 2004 gilt) ist zulässig.

Die Beschwerde, die unschädlicherweise zu Unrecht als sofortige Beschwerde bezeichnet worden ist (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG), ist form- und fristgerecht beim Arbeitsgericht eingelegt worden (§ 33 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 7 RVG).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch wie von § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG vorgeschrieben den Betrag von 200 Euro.

Zwar ist es grundsätzlich geboten angegeben, welchen Wert die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer festgesetzt wissen. Denn nur so lässt sich beurteilen, ob der Wert des Beschwerdegegenstande 200 Euro übersteigt. Die Auslegung der Beschwerdebegründung ergibt jedoch, und dies reicht aus, dass die Beschwerdeführerin den Wert für das Verfahrens und den Vergleich um jedenfalls den Betrag einer Bruttomonatsvergütung herabgesetzt wissen will. Damit übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro, da der Unterschied zwischen einer vollen Gebühr für den vom Arbeitsgericht festgesetzten Wert und für den von der Beschwerdeführerin jedenfalls angestrebten Wert 74 Euro beträgt und hier die Einigungsgebühr (Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG: Gebührensatz 1,5), die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG: Gebührensatz 1,3) und die Terminsgebühr (Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG: Gebührensatz 1,2) zu berücksichtigen sind.

Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Die Klageanträge zu 1. und 2. sind zusammen mit dem Betrag eines Quartalsbezuges zu bewerten, also mit dem Betrag von 6.396,93 Euro (§ 42 Abs. 4 Satz 1 GKG), da damit die außerordentliche fristlose Kündigung und die im selben Schreiben hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung angegriffen worden sind (Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156). Eine Reduzierung dieses Betrages scheidet aus, da die Klageanträge und deren Begründung nicht ergeben, dass nur um den zeitlich begrenzten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gestritten werden sollte; auf die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, die Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses und die Erfolgsaussichten der Klage kommt es dabei nicht an (Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156).

Hinzu kommt der Betrag eines Bruttomonatsgehaltes in Höhe von 2.132,31 Euro, womit sich der Gesamtbetrag von 8.529,24 Euro errechnet.

Es ist nämlich bereits der Klageantrag zu 3. als zusätzlicher allgemeiner Feststellungsantrag mit dem Betrag eines Bruttomonatsgehaltes anzusetzen. Die bisherige gegenteilige Rechtsprechung der Kammer (vgl. Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156 mit weit. Nachw.) wird damit aufgegeben.

Auch wenn der allgemeine Feststellungsantrag regelmäßig und auch hier (noch) keinen separaten und zusätzlichen Beendigungstatbestand abdeckt, ist es nicht gerechtfertigt, diesen Antrag nicht eigenständig zu bewerten. Es handelt sich insoweit regelmäßig (zunächst) um einen prozesstaktischen Antrag, der auf potentielle Folgekündigungen oder anderweitige Beendigungstatbestände abzielt. Als solcher hat dieser Antrag für den Kläger durchaus einen wirtschaftlichen Wert, der hier zu berücksichtigen ist (insoweit vom Ansatz her ebenso LAG Hamm Beschluss vom 03. Februar 2003 - 9 Ta 520/02 - LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 128). Soweit das LAG Hamm im eben zitierten Beschluss davon ausgeht, die eigenständige Bewertung des allgemeinen Feststellungsantrags habe deswegen zu unterbleiben, weil eine solche mit §§ 4 Satz 1, 6 KSchG unvereinbar sei, kann dem inzwischen schon wegen der Neugestaltung der §§ 4, 6 KSchG mit Wirkung vom 01. Januar 2004 (danach erfasst die Klage gegen eine Kündigung grundsätzlich - abgesehen von der Frage der Schriftform - alle Unwirksamkeitsgründe) nicht mehr gefolgt werden. Da die Kammer Folgekündigungen regelmäßig mit dem Betrag eines Bruttomonatsverdienstes bewertet (Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156), ist es im Hinblick auf die Wertung des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG angemessen, auch den allgemeinen Feststellungsantrag entsprechend zu bewerten.

Weil im Verfahren nach § 33 RVG das Verschlechterungsverbot (Verbot der "reformatio in peius") gilt (Kammerbeschluss vom 21. Januar 1999 - 15/6 Ta 630/98 - NZA-RR 1999, 156) und eine Werterhöhung damit ausscheidet, kann es auf sich beruhen, ob an sich ein weiterer zusätzlicher Betrag in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes deswegen anzusetzen wäre, weil im Vergleich eine Regelung über den Gegenstand des Hilfsantrages (Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses) getroffen worden ist (vgl. insoweit § 23 Abs. 1 RVG und § 19 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 GKG).

Die Beschwerdeführerin hat wegen der Erfolglosigkeit ihrer Beschwerde die Beschwerdegebühr in Höhe von 40 Euro zu tragen (Nr. 8613 des Kostenverzeichnisses zum GKG n.F.). Eine weitergehende Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet werden (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).

Ende der Entscheidung

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