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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 16/10 Sa 1086/03
Rechtsgebiete: AEntG, ZPO


Vorschriften:

AEntG § 1 a
AEntG § 3
ZPO § 138
ZPO § 287 Abs. 2
1. Die in § 1 a AEntG normierte Bürgenhaftung eines Generalbauunternehmers für Urlaubskassenbeiträge verstößt nicht gegen die Verfassung.

2. Der Generalbauunternehmer, der von der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse im Wege der Bürgenhaftung auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die Arbeitnehmer seines Subunternehmers in Anspruch genommen wird, kann die Richtigkeit der von der Kasse insoweit vorgetragenen Tatsachen mit Nichtwissen bestreiten, soweit er über keine Kenntnisse verfügt.

3. Bestreitet der Generalbauunternehmer zulässigerweise die Richtigkeit der von der Kasse zur Höhe der Beitragsforderung vorgetragenen Tatsachen, ist es Sache der Kasse, die verlangte Höhe zu beweisen.Verbleiben nach Ausschöpfung der Beweismittel noch Zweifel hinsichtlich der Höhe, ist diese nach § 287 Abs.2 ZPO zu schätzen.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Mai 2003 - 14 Ca 6511/01 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 22.255,40 (i.W.: Zweiundzwanzigtausendzweihundertfünfundfünfzig 40/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 % (i.W.: fünf Prozent) über dem Basiszinssatz aus € 13.901,48 (i.W.: Dreizehntausendneunhunderteins 48/100 Euro) für die Zeit vom 7. Juni 2001 bis 27. Februar 2002 zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/20, die Beklagte 17/20 zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Arbeitsgerichts Wiesbaden entstanden sind und die der Kläger trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) als Bürgin für Urlaubskassenbeiträge in Anspruch.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte, die ihren Sitz in Xxxxxxxxxx hat, betreibt ein Bauunternehmen. Als Mitgesellschafterin der Arbeitsgemeinschaft Uxxxxxx, die beauftragt war, in Xxxxxxxxxx, Mxxxx-Xxxxx-Straße ein Bürogebäude zu errichten, beauftragte sie als Subunternehmerin das bulgarische Bauunternehmen Axxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxx Ltd. mit der Erbringung von Rohbauarbeiten an dieser Baustelle. Zu diesem Zweck setzte dieses bulgarische Unternehmen im Zeitraum von September 1999 bis April 2000 aus Bulgarien nach Deutschland entsandte gewerbliche Arbeitnehmer ein. Die für den entsprechenden Einsatz vorgesehenen Arbeitnehmer meldete das bulgarische Unternehmen monatlich unter Angabe des Beginns und der voraussichtlichen Dauer der Beschäftigung dem zuständigen Landesarbeitsamt. Hinsichtlich des Inhalts der Meldungen wird auf Bl. 210 - 259 d.A. Bezug genommen. Dem Kläger meldete das bulgarische Unternehmen die im Monat Januar 2000 bei ihm beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer inklusive der erzielten Bruttolöhne (Bl. 89 - 109 d.A.). Aus diesen Meldungen errechnet sich ein Urlaubskassenbeitrag für diesen Monat in Höhe von DM 11.164,27. Beitragsmeldungen für die Monate Februar bis April 2000 wurden von dem bulgarischen Unternehmen gegenüber dem Kläger nicht abgegeben.

Auf schriftliche Bitte der Beklagten vom 03. April 2000 (Bl. 190 d.A.) unterrichtete der Kläger die Beklagte über Beitragsmeldungen und Zahlungen des bulgarischen Unternehmens.

Mit seiner der Beklagten am 07. Juni 2001 zugestellten, zunächst vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden erhobenen und von dort an das Arbeitsgericht Frankfurt am Main verwiesenen Klage vertritt der Kläger unter Berufung auf § 1 a AEntG die Ansicht, die Beklagte sei als Bürgin verpflichtet, die von dem bulgarischen Unternehmen geschuldeten, auf der Baustelle Uxxxxx angefallenen Urlaubskassenbeiträge für den Zeitraum Januar bis April 2000 an ihn zu zahlen. Bezüglich deren Höhe gelte folgendes: Zum einen ergebe sich aus den von dem bulgarischen Unternehmen abgegebenen Beitragsmeldungen für Januar 2000 ein Betrag in Höhe von DM 10.242,64 (= € 5.236,98). Dieser Betrag entspreche den gemeldeten Beiträgen, die bezüglich der im Januar 2000 auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzten Arbeitnehmer angefallen seien. Welche das gewesen seien, ergebe sich aus den Arbeitserlaubnissen, weil sich aus diesen die Baustelle entnehmen lasse. Darüber hinaus habe das bulgarische Unternehmen keine vollständigen Beitragsmeldungen für Januar 2000 abgegeben. Auch das folge aus den Meldungen des bulgarischen Unternehmens gegenüber dem Landesarbeitsamt. So seien mehrere dort gemeldete Arbeitnehmer bei der Beitragsmeldung ihm gegenüber nicht berücksichtigt worden. Bei einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer von 7,8 Stunden und unter Ansetzung des tariflichen Mindestlohns sowie des Urlaubskassenbeitragssatzes errechne sich für Januar 2000 ein weiterer Betrag in Höhe von € 997,91. Da das bulgarische Unternehmen zudem für die Monate Februar bis April 2000 gar keine Beitragsmeldungen ihm gegenüber abgegeben habe, verlange er für diese Monate Urlaubskassenbeiträge ausgehend von den gegenüber dem Landesarbeitsamt für die Baustelle Uxxxxx gemeldeten Arbeitnehmern, einer wöchentlichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer von 39 Stunden, dem tarifvertraglichen Mindestlohn und dem tarifvertraglichen Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge. Daraus errechne sich für Februar 2000 eine Beitragsforderung in Höhe von € 11.974,91, für März 2000 in Höhe von € 7.239,93 und für April 2000 in Höhe von € 1.384,85. Zugrunde gelegt worden seien insofern nur die Arbeitnehmer, die das bulgarische Unternehmen auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt habe. Hinsichtlich der Berechnung des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 17. Februar 2003 nebst Anlagen (Bl. 295 - 392 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 26.834,58 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus € 13.901,48 für die Zeit vom 01. Juni 2001 bis 27. Februar 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, eine Zahlungsverpflichtung ihrerseits bestehe schon deshalb nicht, weil § 1 a AEntG gegen höherrangiges Recht verstoße und damit unwirksam sei. Darüber hinaus bestreite sie mit Nichtwissen, dass die vom Kläger bezeichneten Arbeitnehmer tatsächlich solche des bulgarischen Unternehmens und diese Arbeitnehmer tatsächlich in dem angegebenen Zeitraum vollzeitig und ununterbrochen tätig gewesen seien. Insoweit könne sich der Kläger zur Berechnung seiner Forderung nicht auf Meldungen des bulgarischen Unternehmens gegenüber dem Landesarbeitsamt berufen, weil aufgrund dieser Meldungen keinesfalls feststehe, dass die angemeldeten Arbeitnehmer tatsächlich in dem vom Kläger dargelegten Umfang beschäftigt worden seien. Zweifel ergäben sich schon daraus, dass der Kläger vorgerichtlich eine andere Anzahl von Arbeitnehmern aufgelistet habe. Auch der Vortrag des Klägers im Rechtsstreit sei widersprüchlich.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07. Mai 2003 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe den begehrten Zahlungsanspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 325 - 334 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger, der mittlerweile gegen das bulgarische Unternehmen am 10. September 2004 (die Datumsangabe auf dem Urteil des Arbeitsgerichts ist offenbar unrichtig) ein rechtskräftiges Versäumnisurteil auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für den Zeitraum August 1999 bis April 2000 in Höhe von € 56.670,20 erwirkt hat (Bl. 93/93 R der Beiakte 6 Ca 3775/03 ArbG Wiesbaden), innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2004 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er reduziert seine Forderung um € 1.333,94 und trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer unschlüssigen Klage ausgegangen. Soweit er für Januar 2000 Beiträge in Höhe von € 5.236,98 verlange, habe er nur die Arbeitnehmer zugrunde gelegt, die auf der Baustelle Uxxxxx ausweislich der Arbeitserlaubnisse und der § 3 AEntG-Meldungen dieser Baustelle zuzurechnen seien. Soweit er darüber hinaus seine Forderung aus mindestens seitens des bulgarischen Unternehmens ihren Arbeitnehmern geschuldeten Bruttolöhnen berechne, sei auch das nicht zu beanstanden. Er habe die nach seiner Behauptung auf der Baustelle Uxxxxx beschäftigten Arbeitnehmer im Einzelnen aufgelistet. Richtig sei lediglich, dass er irrtümlich einige Arbeitnehmer erfasst habe. Demzufolge seien die Mindestbeiträge zu korrigieren und beliefen sich nunmehr für Januar 2000 auf € 621,15, für Februar 2000 auf € 11.547,23, für März 2000 auf € 6.710,43 und für April 2000 auf € 1.384,85. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11. August 2003 nebst Anlagen (Bl. 342 - 434 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 07.05.2003 - 14 Ca 6511/01 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 25.500,64 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 13.901,48 für die Zeit vom 01.06.2001 bis 27.02.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, es müsse rein vorsorglich behauptet werden, dass auch weitere Arbeitnehmer über die vom Kläger berücksichtigten hinaus vor Ablauf der in den § 3 AEntG-Meldungen genannten Zeit abgereist seien. Im Übrigen seien die Berechnungen des Klägers nicht nachvollziehbar, gegebenenfalls sei die Forderung zu schätzen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlungen am 18. Oktober 2004 und 07. März 2005 Bezug genommen. Die Akten des zwischen dem Kläger und dem bulgarischen Unternehmen geführten Rechtsstreits 6 Ca 3775/03 Arbeitsgericht Wiesbaden waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie, soweit das angefochtene Urteil nicht ohnehin, nämlich in Höhe von € 1.333,94 aufgrund der jedenfalls mit stillschweigender Zustimmung der Beklagten erteilten Klagerücknahme wirkungslos ist, unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von € 22.255,40 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist die in §§ 1 a, 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG i.V.m. §§ 8 Ziffer 15.1 BRTV/Bau, 18 VTV normierte Bürgenhaftung.

Nach § 1 a AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinn von § 211 Abs. 1 SGB III beauftragt, u.a. für die Verpflichtung dieses Unternehmers zur Zahlung von Beiträgen zu einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 1 Abs. 1 AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis zu den Parteien gegeben.

Nach § 1 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 AEntG werden die Rechtsnormen eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages des Bauhauptgewerbes oder Baunebengewerbes im Sinne der §§ 1 und 2 BaubetriebeVO auch auf ein Arbeitsverhältnis erstreckt, das zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern besteht. Die Erstreckung setzt voraus, dass der ausländische Arbeitgeber in seinem Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringt. Dann hat der ausländische Arbeitgeber, ebenso wie ein inländischer Arbeitgeber, den im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, u.a. soweit die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld betroffen sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AEntG).

Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erstreckung liegen hier vor. Das bulgarische Unternehmen befasste sich mit Rohbauarbeiten. Damit unterliegt sie der BaubetriebeVO. Als in Bulgarien ansässiges Bauunternehmen beschäftigte sie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von ihr aus Bulgarien entsandte Arbeitnehmer. Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien errichtet. Er zieht dazu u.a. zur Sicherstellung der tariflichen Urlaubsansprüche im Baugewerbe Beiträge ein und gewährt Leistungen.

§ 1 AEntG ist wirksam. Das hat das BAG mehrfach entschieden (vgl. BAG 25. Juni 2002, AP Nr. 12 und 15 zu § 1 AEntG). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung der Berufungskammer (vgl. z.B. Kammerurteil v. 14. Juli 2003 - 16 Sa 512/00 AR-Bl.370.3 Nr.11). Auf die vorzitierten Entscheidungen wird, zur Vermeidung bloßer Wiederholungen, Bezug genommen.

Auch die durch § 1 AEntG erstreckten Tarifnormen sind wirksam. Sie verstoßen weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den Unabdingbarkeitsgrundsatz in § 13 Abs. 2 BUrlG oder die Regelungen des Datenschutzes (vgl. BAG 25. Juni 2002, a.a.O.).

Danach war die bulgarische Subunternehmerin der Beklagten verpflichtet, am Urlaubskassenverfahren teilzunehmen und an den Kläger Urlaubskassenbeiträge nach § 18 VTV zu zahlen. Für diese Beitragsschulden hat die Beklagte nach § 1 a AEntG einzustehen.

§ 1 a AEntG ist rechtswirksam. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG scheidet aus, weil die Bürgenhaftung sowohl Arbeitgeber mit Sitz im Ausland wie im Inland betrifft. Damit kann von einer unzulässigen Differenzierung keine Rede sein. Der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Bürgenhaftung dient der Sicherstellung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer, durch sie soll zugleich der Durchführung von Schwarzarbeit entgegengewirkt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland erreicht werden. Die verschuldensunabhängige Haftung ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie rechtfertigt sich aus der Verantwortung des Generalbauunternehmens für die getroffene Vergabeentscheidung und daraus, dass der Generalbauunternehmer bei seinem Schuldner Rückgriff nehmen und sich, etwa durch Einbehaltung von Werklohn, vorsorgliche Sicherheiten zu verschaffen vermag. Das alles hat das BAG in der den Parteien bekannten Entscheidung vom 20. Juli 2004 (9 AZR 345/03) im Einzelnen ausgeführt. Diese Ausführungen überzeugen, ihnen schließt sich die Berufungskammer an und verweist, zur Vermeidung bloßer Wiederholungen, auf dieselben.

Die Frage eines Verstoßes von § 1 a AEntG gegen Art. 49 EG (ex Art. 59 EG-Vertrag) stellt sich nicht, weil die bulgarische Subunternehmerin ihren Sitz in einem Land hat, der nicht Mitglied der EG ist. Im Übrigen ist, wie der 5. Senat des BAG auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH vom 12. Oktober 2004 (AP Nr. 9 zu Art. 49 EG Wolff & Müller) erkannt hat, ein Verstoß von § 1 a AEntG gegen Art. 49 EG nicht gegeben (vgl. BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 617/01).

Eine Geltendmachung von Ansprüchen des Klägers gegen die Beklagte aufgrund der Bürgenhaftung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die (Haupt-)Schuld des bulgarischen Unternehmens erloschen wäre. Denn das ist nicht der Fall.

Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin sind nicht verfallen. Nach § 25 VTV verfallen Ansprüche des Klägers gegen einen Arbeitgeber, wenn sie nicht innerhalb von 4 Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Für den Beginn der Frist gilt § 199 BGB entsprechend. Fällig waren die Beitragsansprüche des Klägers gegenüber der bulgarischen Subunternehmerin am jeweiligen 15. des Folgemonats (§ 22 Abs. 2 VTV), also hier am 15. Februar, 15. März, 15. April und 15. Mai 2000. Diese Verfallfrist hat der Kläger eingehalten. Denn er hat seine Beitragsforderung für den Klagezeitraum gegenüber dem bulgarischen Unternehmen bereits mit Schreiben vom 07. August 2003 außergerichtlich und zudem klageweise durch die am 12. Dezember 2003 beim Arbeitsgericht eingegangene Klageschrift im Verfahren 6 Ca 3775/03 ArbG Wiesbaden geltend gemacht.

Die Forderung des Klägers ist auch nicht durch Erfüllung seitens der Hauptschuldnerin erloschen. Dass das bulgarische Unternehmen seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger erfüllt hat, hat dieser ausdrücklich verneint. Dann war es Sache der Beklagten die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich eine Begleichung der Forderung durch die Hauptschuldnerin herleiten ließe. Denn darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit der Bürge. Dadurch wird er auch nicht überfordert. Denn er hat Anspruch auf Einsicht in die Bücher des Klägers nach § 810 BGB (vgl. BGH 18. Mai 1995, NJW 1995, 2161, 2162). Letzteres hat die Beklagte nicht verlangt.

Der Kläger hat seinen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten auch der Höhe nach schlüssig dargelegt. Denn das eigene Vorbringen des Klägers rechtfertigt, als richtig unterstellt, die geltend gemachte Höhe.

Verlangen kann der Kläger nach § 18 VTV vom Hauptschuldner Zahlung der Urlaubskassenbeiträge in Höhe des tarifvertraglich normierten Prozentsatzes der im jeweiligen Beschäftigungsmonat angefallenen Bruttolohnsumme der vom Hauptschuldner beschäftigten Arbeitnehmer. Ist der Hauptschuldner im Klagezeitraum für mehrere Generalbauunternehmen tätig, ist die Haftung des Bürgen für die Urlaubskassenbeiträge freilich begrenzt auf die Beiträge, die aus den Bauleistungen resultieren, die die Subunternehmerin im Auftrag des Generalbauunternehmens erbracht hat (vgl. Koberski/Asshoff/Held, AEntG, 2. Aufl. 2002, § 1 a Rz 21; Ulber, AÜG und AEntG, 2. Aufl. 2002, § 1 a AEntG Rz 7). Das folgt schon daraus, dass § 1 a AEntG den Zweck verfolgt, den Generalbauunternehmer anzuhalten, dafür Sorge zu tragen, dass sein Nachunternehmer die Mindestarbeitsbedingungen einhält. Das kann er nur im Rahmen der Bauleistungen, die er selbst in Auftrag gegeben hat.

Dem hat der Kläger bei seinem Vortrag zur Höhe der Klageforderung Rechnung getragen.

Zum einen hat er für den Monat Januar 2000 die ihm gegenüber von der Subunternehmerin abgegebenen Beitragsmeldungen für diesen Monat vorgelegt und vorgetragen, welche der dort aufgeführten Arbeitnehmer im Rahmen des Werkvertrags zwischen der Subunternehmerin und der Beklagten auf der Baustelle Uxxxxx beschäftigt waren. Dass er insoweit im Laufe des Verfahrens Korrekturen vorgenommen hat, ist ohne Belang. Es steht einer Partei frei, im Laufe des Rechtsstreits ihren Vortrag richtig zu stellen. Nur wenn er dadurch widersprüchlich wird, kann das zur Unschlüssigkeit des Vorbringens führen. Widersprüchlich ist der klägerische Vortrag durch die vorgenommenen Korrekturen nicht geworden.

Zum anderen hat der Kläger behauptet, dass weitere, von den Meldungen der Subunternehmerin nicht erfasste Arbeitnehmer im Januar 2000 auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt worden seien. Insoweit hat er die Namen dieser Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsdauer und die geleistete Arbeitszeit angegeben. Bezüglich der Monate Februar bis April 2000 behauptet der Kläger, dass bestimmte monatlich benannte Arbeitnehmer auf der Baustelle Uxxxxx mit bestimmten Arbeitszeiten eingesetzt worden seien.

Diese Angaben des Klägers rechtfertigen, als richtig unterstellt, die Höhe der Beitragsforderung. Wurden die Arbeitnehmer nämlich, entsprechend den Angaben des Klägers, im behaupteten Zeitumfang auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt - für Januar 2000 zusätzlich zu den gemeldeten -, so schuldete die Subunternehmerin der Beklagten nach § 1 Abs. 1 AEntG i.V.m. § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung eines Mindestlohns im Baugewerbe den als Mindestlohn festgelegten Stundenlohn. Dieser belief sich in den alten Bundesländern, nach dem Mindestlohntarifvertrag vom 26. Mai 1999, auf DM 18,50.

Diese tarifvertragliche Regelung ist durch die auf § 1 Abs. 3 a AEntG beruhende Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 25. August 1999 (BGBl. I, S. 1894) auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt worden. Ob das bulgarische Unternehmen diesen Betrag tatsächlich an seine Arbeitnehmer zahlte, spielt keine Rolle. Denn Berechnungsgrundlage für den Urlaubskassenbeitrag ist der Bruttolohn. Daraus folgt, dass es für Grund und Höhe der Beitragsschuld nur darauf ankommt, ob die Lohnansprüche zugunsten der Arbeitnehmer entstanden sind, nicht jedoch darauf, ob sie auch seitens des Arbeitgebers jeweils erfüllt worden sind (vgl. BAG 20. Oktober 1982, AP Nr. 45 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Die vom Kläger vorgenommene Berechnungsweise der Urlaubskassenbeiträge ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Denn der Kläger ist befugt, Beitragsforderungen aus tarifvertraglichen Mindestlöhnen zu errechnen (vgl. BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 106/01).

Gegenüber dem danach schlüssigen Vortrag des Klägers zur Höhe ist der Vortrag der Beklagten freilich insoweit erheblich, als die Beklagte bestritten hat, dass die vom Kläger bezeichneten Arbeitnehmer tatsächlich alle in dem vom Kläger angegebenen Zeitraum und mit der behaupteten Arbeitszeit gearbeitet haben. Derartiges Bestreiten mit Nichtwissen war der Beklagten prozessual möglich.

Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmungen sind. Diesen entsprechen bei juristischen Personen Handlungen und Wahrnehmungen ihrer gesetzlichen Vertreter (vgl. BGH 09. Juli 1987, ZIP 1987, 1102, 1104). Für die Beurteilung, ob ein Bestreiten mit Nichtwissen zulässig ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, in dem sich die Partei im Prozess zu erklären hat.

Allerdings trifft die mit Nichtwissen bestreitende Partei unter Umständen eine Informationspflicht (vgl. BGH 07. Oktober 1998, NJW 1999, 53, 54). Sie ist verpflichtet, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmen und von denjenigen Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind.

Nach diesen Maßstäben konnte die Beklagte nicht mit Nichtwissen bestreiten, dass überhaupt Arbeitnehmer ihrer Subunternehmerin auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt worden sind. Denn unstreitig wurde die Subunternehmerin für die Beklagte auftragsgemäß tätig, ihre entsprechenden Verpflichtungen konnte sie nur mit Hilfe von Arbeitnehmern nachkommen. Insoweit hat die Beklagte erkennbar auch gar nicht mit Nichtwissen bestritten. Denn sie geht, wie ihr Schreiben an den Kläger vom 03. April 2002 belegt, davon aus, dass ihre Subunternehmerin gewerbliche Arbeitnehmer eingesetzt hatte und hat dies auch im Rechtsstreit nicht in Frage gestellt.

Dagegen konnte die Beklagte die vom Kläger angegebene Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und deren Einsatzzeiten mit Nichtwissen bestreiten und hat dies auch getan. Dass die Beklagte über die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Arbeitszeiten dieser Arbeitnehmer Kenntnis hatte oder nunmehr hat, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Eine solche Kenntnis musste die Beklagte sich auch nicht verschaffen. Das ergibt sich aus folgendem:

Der nach § 1 a AEntG in Anspruch genommene Bürge schuldet dem Kläger keine Auskunft über die von den Arbeitnehmern erzielten Bruttolöhne oder gar die Höhe des Urlaubskassenbeitrags. Aus § 1 a AEntG ergibt sich derartiges nicht. Durch die gesetzlich normierte Generalunternehmerhaftung werden nicht automatisch auch solche Auskunftspflichten, die die Subunternehmerin gegenüber dem Kläger hat (§§ 5ff VTV), Gegenstand der Haftung des Bürgen.

Eine entsprechende Nebenpflicht resultiert auch nicht daraus, dass die Beklagte als Generalbauunternehmen gesetzlich für die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen ihrer Subunternehmer einzustehen hat. Diese gesetzlich normierte Verpflichtung könnte nur dann Informationspflichten des Generalbauunternehmens gegenüber dem Kläger begründen, wenn der Generalbauunternehmer durch seine Vertragsgestaltung zur Subunternehmerin letztlich entscheiden könnte, in welchem zeitlichen Umfang eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern eingesetzt wird (vgl. zu Nebenpflichten des Bürgen: BGH 20. Juni 1989, NJW-RR 1989, 1393). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte in werkvertraglichen Beziehungen zu ihrer Subunternehmerin stand, ergibt sich nämlich nicht, dass sie auf die Zahl der von der Subunternehmerin eingesetzten Arbeitnehmer und deren Beschäftigungszeit auf der Baustelle Uxxxxx Einfluss nehmen konnte. Denn beim Werkvertrag organisiert der Auftragnehmer die zur Erreichung des wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen, und damit auch den Einsatz von Arbeitnehmern, nach eigenen betrieblichen Bedürfnissen selbst und stellt nicht etwa Arbeitnehmer zur Verfügung. Letzteres wäre Arbeitnehmerüberlassung.

Aus § 138 ZPO ergibt sich nichts anderes. Die Darlegungs- und Beweislast im Rechtsstreit hat allgemein die Aufgabe, den zu bestimmen, dem es am ehesten zugemutet werden kann, die Gefahr eines Fehlurteils zu tragen. Das ist hier, soweit es um die Höhe des von der Beklagten geforderten Urlaubskassenbeitrages geht, der Kläger.

Sich Informationen über die von der Subunternehmerin geschuldeten Urlaubskassenbeiträge zu verschaffen, ist, wie die durch § 1 AEntG erstreckten Tarifnormen zeigen, in erster Linie Sache des Klägers. Dieser hat umfassende Auskunftsansprüche gegenüber der Subunternehmerin (§§ 5 ff. VTV). Diese Rechte kann er unter Umständen klageweise geltend machen. Hierzu ist er tarifvertraglich auch verpflichtet, weil er nach § 32 Abs. 1 VTV die einzuziehenden Beiträge rechtzeitig und vollständig zu erheben hat und dies nur möglich ist, wenn ihm die entsprechende Höhe bekannt ist. Damit steht dem Kläger zugleich ein Instrumentarium zur Verfügung, auch gegenüber dem Bürgen Urlaubskassenzahlungen in korrekter Höhe durchzusetzen. Verfügt er, notfalls nach gerichtlicher Durchsetzung seines Auskunftsbegehrens gegenüber der Subunternehmerin, über die entsprechenden Meldungen des Subunternehmers ist es ihm angesichts der ihm durch die zuständigen öffentlichen Stellen vermittelte Kenntnis von den § 3 AEntG-Meldungen des Subunternehmers unschwer möglich, auch die Arbeitnehmer zu ermitteln, die auf der Baustelle tätig waren, auf der ein Einsatz im Auftrag eines bestimmten Generalbauunternehmens erfolgte. Denn nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AEntG ist neben dem Namen der Arbeitnehmer auch der Ort der Beschäftigung, nämlich die Baustelle, anzugeben.

Unterlässt der Kläger dagegen, wie hier, die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen gegenüber dem Subunternehmer, ist es dann nur konsequent und sachgerecht, dass er die Höhe der Urlaubskassenforderung, für die der Generalbauunternehmer als Bürge haftet, unter Umständen nicht in der gewünschten Höhe durchzusetzen vermag, weil diese nicht bewiesen wird. Dieses Risiko kann nicht dadurch auf den Generalbauunternehmer verlagert werden, dass von diesem substantiierte Angaben zur Zahl der von seinem Subunternehmer eingesetzten Arbeitnehmer und deren Beschäftigungsumfang verlangt werden. Das gilt umso mehr, als der Generalbauunternehmer sich seinerseits solche Informationen erst von seinem Subunternehmer, u.U. gerichtlich, verschaffen müßte mit allen Schwierigkeiten, die sich insoweit im Hinblick auf die Anspruchsgrundlage und die eventuelle Notwendigkeit, solche Ansprüche im Ausland durchsetzen zu müssen, stellen.

Den dem Kläger danach angesichts des erheblichen Bestreitens der Beklagten erforderlichen Beweis hinsichtlich der Höhe der Forderung hat der Kläger teilweise, unter Berücksichtigung einer gebotenen Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO, geführt.

Insoweit gilt im Einzelnen für die Monate des Klagezeitraums Folgendes:

Januar 2000:

Soweit der Kläger für diesen Monat den sich aus den Meldungen der Subunternehmerin errechnenden, sich auf die auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzten Arbeitnehmer beziehenden Betrag von € 5.236,98 verlangt, ist die Berufungskammer unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Parteien davon überzeugt, dass dieser Betrag zutreffend ist.

Die eigenen Meldungen der Subunternehmerin der Beklagten sind ein erhebliches und hier überzeugendes Indiz dafür, dass in der Tat im Monat Januar 2000 Bruttolohnsummen und damit Urlaubskassenbeiträge in der von der Subunternehmerin angegebenen Höhe angefallen sind. Denn nichts spricht dafür, dass die Subunternehmerin ihrer durch § 1 AEntG auf sie erstreckten tarifvertraglich normierten Verpflichtung zur Erteilung von Meldungen unzutreffend nachgekommen ist. Im Gegenteil spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese sich rechtskonform verhalten hat.

Es kann und darf auch davon ausgegangen werden, dass die vom Kläger insoweit seiner Berechnung zugrunde gelegten Arbeitnehmer auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt waren. Denn der Kläger hat - unter Heranziehung der § 3 AEntG-Meldungen und der Arbeitserlaubnisse - nur die Arbeitnehmer berücksichtigt, die nach diesen Meldungen auf der Baustelle Uxxxxx tätig waren. Dafür, dass die vorbezeichneten Meldungen unrichtig sind, spricht nichts. Berechnungsfehler, die erstinstanzlich noch vorgenommen worden sind, hat der Kläger zweitinstanzlich beseitigt. Bei dieser Sachlage hat die Berufungskammer keinen vernünftigen Zweifel daran, dass im Januar 2000 hinsichtlich der auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzten Arbeitnehmer Urlaubskassenbeiträge in Höhe von € 5.236,98 angefallen sind.

Soweit der Kläger für den Monat Januar 2000 über den vorgenannten Betrag hinaus weitere Zahlung verlangt, kann er diese allerdings nicht fordern. Denn insoweit ist er beweisfällig geblieben.

Richtig ist, dass die vom Kläger allein als Beweismittel für eine Tätigkeit weiterer Arbeitnehmer als der ihm von der Subunternehmerin gemeldeten herangezogenen § 3 AEntG-Meldungen ein Beweismittel sind. Den Beweis für die Tatsache, die zum Tatbestand des § 18 VTV gehört, nämlich die Höhe der Urlaubskassenbeiträge pro Monat, kann der Kläger damit freilich nicht unmittelbar führen. Denn Auskunft über die erzielten Verdienste geben Meldungen nach § 3 AEntG nicht, den Meldungen lässt sich auch nicht entnehmen, dass jeder der dort aufgeführten Arbeitnehmer täglich tatsächlich einen Lohnanspruch auf Vergütung von 7,8 Arbeitsstunden, wie er vom Kläger behauptet wird, erworben hat (vgl. Kammerurteile vom 04. Oktober 2004 - 16/15 Sa 143/03 und vom 17. Mai 2004 - 16/10 Sa 2019/99). Ein Weiteres kommt hinzu. Die Meldungen geben auch keine zuverlässige Auskunft darüber, ob der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich überhaupt, und wenn ja, wie lange, beschäftigt worden ist. Denn anzugeben ist in diesen Meldungen der Beginn und die voraussichtliche Dauer, nicht die tatsächliche Dauer der Beschäftigung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AEntG).

Allerdings haben die Meldungen nach § 3 AEntG hinsichtlich der tatsächlichen Beschäftigung dieser Arbeitnehmer einen erheblichen Indizwert. Dafür, dass die dort aufgeführten Arbeitnehmer tatsächlich jedenfalls nach Deutschland gelangt sind, sind die Meldungen, weil die erforderliche Arbeitserlaubnis Geld kostet und alles dafür spricht, dass ein Unternehmer nicht unnötige Gelder aufwendet, ein Beweisanzeichen. Ein Beweiswert dafür, dass die in den Meldungen enthaltenen Arbeitnehmer tatsächlich in der gesamten Zeit der vorgesehenen Beschäftigung auch eingesetzt worden sind, ergibt sich daraus, dass ein solcher Einsatz ursprünglich vom Arbeitgeber ins Auge gefasst worden ist.

Der Indizwert der aus den Meldungen zu entnehmenden Daten im Hinblick auf die Beschäftigung entsandter Arbeitnehmer pro Monat ist hier allerdings durch die von der Subunternehmerin gegenüber dem Kläger erteilten Meldungen so erschüttert, dass die § 3 AEntG-Meldungen nicht mehr geeignet sind, Beweis für die Behauptungen des Klägers zu erbringen, über die ihm gemeldeten Arbeitnehmer hinaus seien weitere Arbeitnehmer im Januar 2000 beschäftigt worden. Es darf nämlich nicht außer Betracht bleiben, dass sich dann, wenn die Angaben der Subunternehmerin gegenüber dem Kläger von den Angaben nach § 3 AEntG abweichen, unterschiedliche Angaben in unterschiedlichen Verfahren gegenüberstehen. Überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass die einen Angaben richtiger sein müssten als die anderen sind nicht erkennbar. Bei dieser Sachlage vermag die Berufungskammer nicht mit dem erforderlichen, Zweifeln Schweigen gebietenden Grad an Gewissheit davon auszugehen, dass die vom Kläger als im Januar 2000 zusätzlich beschäftigt behaupteten Arbeitnehmer tatsächlich auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt worden sind. Das führt dazu, dass die weitere Forderung des Klägers für Januar 2000 in Höhe von € 621,15 nicht begründet ist.

Bezüglich der Monate Februar bis April 2000 gilt:

Die § 3 AEntG-Meldungen sind hinsichtlich folgender Arbeitnehmer von vornherein kein hinreichendes Indiz für deren Einsatz auf der Baustelle Uxxxxx im gesamten Zeitraum:

Der Arbeitnehmer Mumunov wurde von der Subunternehmerin der Beklagten für den Monat Januar 2000 nicht als beschäftigt gemeldet. Dafür, dass dies unrichtig ist, spricht, wie bereits ausgeführt, nichts erhebliches. Dann kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Arbeitnehmer vor einer erneuten § 3 AEntG-Meldung für die Subunternehmerin tätig war. Eine derartige neue Meldung erfolgte erst für einen Zeitraum ab 14. Februar 2000 (Bl. 403 d.A.). Entsprechend ist der vom Kläger für Februar 2000 geltend gemachte Beitragsanspruch von vornherein um die Zeit vor dem 14. Februar 2002 hinsichtlich dieses Arbeitnehmers und damit um 9 Arbeitstage, eine Bruttolohnsumme von € 694,09 und einen Urlaubskassenbeitrag in Höhe von € 91,64 zu kürzen.

Hinsichtlich des Arbeitnehmers Gavazov gilt Ähnliches. Er wurde im Januar 2000 von der Subunternehmerin nicht gemeldet. Eine neue § 3 AEntG-Meldung existiert nicht. Dann spricht nichts dafür, dass dieser Arbeitnehmer noch im Februar 2000 für die Subunternehmerin tätig war. Entsprechend vermindert sich der Urlaubskassenbeitrag für diesen Monat um weitere € 91,64.

Bezüglich der Arbeitnehmer Mihailov, Sivakov, Zachev, Karadjov, Kalaydjiev und Iankov kann aus den gleichen Gründen nur davon ausgegangen werden, dass sie ab 14. Februar 2000 und nicht im gesamten Monat Februar 2000 tätig waren. Denn sie wurden von der Subunternehmerin für Januar 2000 nicht gemeldet, neue § 3 AEntG-Meldungen erfassen erst Zeiträume ab 14. Februar 2000. Danach ist der Urlaubskassenbeitrag hinsichtlich dieser Arbeitnehmer für Februar 2000 um € 549,87 (54 Arbeitstage x 7,8 Stunden x € 9,46 x 13,8%) zu kürzen. Insgesamt vermindert sich damit die Beitragsforderung für Februar 2000 aus den vorstehend ausgeführten Gründen schon deshalb auf € 10.814,07.

Darüber hinaus ist der vom Kläger für die Monate Februar bis April 2000 geforderte Betrag weiter, nämlich um einen Betrag von 10%, zu reduzieren.

Allerdings ist die Berufungskammer davon überzeugt, dass die auf der Baustelle Uxxxxx tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmer der Subunternehmerin in einem dem klägerischen Vortrag entsprechenden zeitlichen Umfang auf der Baustelle Uxxxxx eingesetzt worden sind.

Es spricht nämlich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die eingesetzten Arbeitnhmer mindestens die tariflich übliche Wochenarbeitszeit geleistet haben. Denn eine Subunternehmerin wie die Hauptschuldnerin wird in der Regel die ihr entstehenden Personalkosten so kalkulieren, dass die geschuldeten Werkvertragsleistungen unter Ausnutzung der üblichen Arbeitszeit erbracht werden können. Das gilt umso mehr, wenn, wie hier, Arbeitnehmer ins Ausland, hier nach Deutschland, entsandt werden. Eine solche Entsendung ist in der Regel sowohl für den entsendenden Arbeitgeber wie für die Arbeitnehmer nur attraktiv, wenn die Arbeitnehmer eben auch "Vollzeit" eingesetzt werden.

Bezüglich der Zahl der tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmer können die Behauptungen des Klägers jedoch nicht vollständig übernommen werde. Vielmehr sind Einschränkungen geboten.

Wie bereits ausgeführt, sind die § 3 AEntG-Meldungen ein zunächst hinreichendes Indiz dafür, dass die betreffenden Arbeitnehmer auf der Baustelle Uxxxxx in diesem Zeitraum tatsächlich tätig geworden sind. Daraus folgt gleichzeitig, dass insoweit auch Urlaubskassenbeiträge angefallen sind. Denn nichts spricht dafür, dass die Arbeitnehmer unentgeltlich tätig sein sollten.

In Betracht gezogen werden muss jedoch, dass die sich aus den § 3 AEntG-Meldungen ergebenden (vermutlichen) Beschäftigungszeiten teilweise nicht ausgenutzt zu werden pflegen, weil Arbeitnehmer vorzeitig ihre Arbeit beenden und in ihre Heimat zurückkehren, sei es, weil sie vom Subunternehmer nicht mehr benötigt werden, sei es, weil sie selbst eine Beendigung der Arbeit im Ausland wünschen. Dass solches geschieht, ist der Berufungskammer aus zahlreichen Rechtsstreitigkeiten um Urlaubskassenbeiträge zwischen dem Kläger und Bauarbeitgebern mit Sitz im Ausland bekannt. Derartiges war auch bei Arbeitnehmern der Subunternehmerin der Beklagten der Fall. Das zeigt die von dem Kläger selbst vorgelegte Aufstellung der Arbeitserlaubnisse (Bl. 416 - 422 d.A.). Von den dort aufgelisteten 104 Arbeitnehmern sind nämlich 23 Arbeitnehmer vor Ablauf der Arbeitserlaubniszeit, und damit vorzeitig, nach Hause zurückgekehrt. Bei einer an der Lebenswirklichkeit orientierten Betrachtungsweise legt das nahe, dass Derartiges auch im Zeitraum Februar bis April 2000 geschehen war. Wo Sicherheit fehlt, ist es nämlich rational, der Wahrscheinlichkeit zu trauen. Bei gleichförmigen Geschehensabläufen - hier der Beschäftigung von aus dem Ausland entsandter Arbeitnehmer - spricht viel dafür, dass diese sich ähnlich wie in der Vergangenheit in der Zukunft wiederholen.

Bei dieser Sachlage ist eine Schätzung nach § 287 Abs.2 ZPO geboten und unvermeidlich.

Eine Schätzung des Gerichts nach § 287 Abs. 2 ZPO ist nicht nur dann zulässig, wenn lediglich um einen verhältnismäßig geringen Teil einer Forderung gestritten wird. Diese Vorschrift gilt vielmehr auch dann, wenn der ganze Betrag der Forderung streitig ist. Insbesondere gilt diese Vorschrift auch dann, wenn die Unbestimmbarkeit der Höhe einer Forderung darauf beruht, dass maßgebliche Zeiträume unsicher sind (vgl. BGH 05. Juli 1967, BB 1969, 656). Denn wenn eine Forderung ihrem Grunde nach feststeht und nur ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln ist, darf der Richter die Klage nicht mangels Beweises abweisen, sondern muss zur Schätzung nach § 287 ZPO greifen (vgl. BGH 05. Juli 1967, a.a.O.; BGH 25. Juni 2002, SAE 2004, 56; BGH 21. Januar 2003, NZA 2003, 616).

Ausreichende Schätzgrundlagen sind hier vorhanden.

Wie bereits ausgeführt sind hinreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass im Zeitraum von Februar bis April 2000 nicht alle sich auf den §3 AEntG-Meldungen befindlichen Personen tatsächlich von der Subunternehmerin eingesetzt worden sind. Welche Zahl dies war, kann, mangels genauer Angeben irgendeiner der Parteien, nur an Hand der Entwicklung in der Vergangenheit geschätzt werden. Diese Schätzung führt zu folgendem Ergebnis: Wenn im Zeitraum von Mitte August 1999 bis Januar 2000 von 104 mit Arbeitserlaubnissen ausgestatteten Arbeitnehmern 23 vorzeitig abgereist waren, wurden in einem Zeitraum von 6,5 Monaten 22,1% der gemeldeten Arbeitnehmer tatsächlich nicht im gesamten Zeitraum eingesetzt. Das rechtfertigt im Rahmen einer Schätzung den Schluss, dass auch im Zeitraum Februar bis April 2000 ein ähnlicher Prozentsatz von Arbeitnehmern, die voraussichtlich in dieser gesamten Zeit beschäftigt werden sollten, nicht tatsächlich beschäftigt worden ist. In Relation zur vorhergehenden Zeit kann, darf und muss daher davon ausgegangen werden, dass 10% der Arbeitnehmer, die im Zeitraum bis 30. April 2000 eine Arbeitserlaubnis besaßen, vorzeitig zurückgekehrt sind, so dass insoweit keine Urlaubskassenbeiträge anfallen konnten.

Entsprechend sind die vom Kläger für die Monate März und April 2000 geltend gemachten Urlaubskassenbeiträge in Höhe von € 6.710,43 bzw. € 1.384,85 sowie der nach der obigen Ausführung bereits auf € 10.814,07 reduzierte Beitrag für Februar 2000 insgesamt um 10% zu kürzen. Das ergibt für Februar bis April 2000 eine Beitragsforderung in Höhe von € 17.018,42.

Insgesamt errechnet sich damit ein Urlaubskassenbeitrag für Januar bis April 2000 von € 22.255,40, für den die Beklagte als Bürgin zu haften hat.

Den vorgenannten Betrag hat die Beklagte entsprechend dem Urteilstenor zu verzinsen, weil ein Teilbetrag der Klageforderung in Höhe von € 13.901,48 mit Zustellung am 07. Juni 2001 rechtshängig wurde (§§ 291, 288 BGB). Für das weitergehende Zinsbegehren des Klägers fehlt eine Rechtsgrundlage.

Da beide Parteien teilweise obsiegt haben, teilweise unterlegen sind, waren die Kosten unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme des Klägers verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Davon auszunehmen waren die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Wiesbaden entstandenen Kosten, die der Kläger zu tragen hat (§ 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.



Ende der Entscheidung

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