Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.05.2005
Aktenzeichen: 16/10 Sa 407/03
Rechtsgebiete: AEntG, TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

AEntG § 1
TVG § 1
VTV/Bau § 1 Abs.2
1. Das Aufstellen (Montieren) von sog. Hochregallagern ist keine bauliche Tätigkeit im Sinne der Bautarifverträge.

2. Die Merkmale einer (selbständigen) baulichen Betriebsabteilung im Sinne von § 211 Abs.1 SGB III sind nur dann erfüllt, wenn ein von der übrigen Tätigkeit abgegrenzter verselbständigter arbeitstechnischer Leitungsapparat vorhanden ist. Allein der Umstand, dass von einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der unter Einrechnung der Tätigkeiten in seinem Heimatland arbeitsszeitlich überwiegend nichtbauliche Tätigkeiten verrichtet, in Deutschland Arbeitnehmer mit baulichen Tätigkeiten beschäftigt werden und der Arbeitgeber in Deutschland eine Postanschrift unterhält, reicht nicht aus.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. Januar 2003 - 8 Ca 981/02 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin verpflichtet ist, mit ihren im Zeitraum von Januar bis Juli 1999 in Deutschland tätigen Arbeitnehmern am baugewerblichen Urlaubskassenverfahren teilzunehmen.

Die Klägerin ist eine juristische Person ungarischen Rechts mit Sitz in Bxxx-xxxx. Im Jahre 1999 montierte sie mit Hilfe aus Ungarn entsandter ungarischer Arbeitnehmer auf der Grundlage verschiedener Werkverträge als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland sowohl vorgefertigte Rohrleitungen in industriellen Anlagen wie auch Hochregallager. Ob und in welchem Umfang die Klägerin im Zusammenhang mit der Rohrleitungsmontage, die - wie im Berufungsrechtszug unstreitig geworden ist - bezogen auf das gesamte Kalenderjahr 1999 in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend durchgeführt worden ist, auch Anlagenteile wie Pumpen, Ventile, Filter, Steuerungselemente u.ä. eingebaut hat, ist zwischen den Parteien im Streit. Ebenfalls im Streit ist, welche Tätigkeiten von der Klägerin im Jahre 1999 in Ungarn durchgeführt worden sind. Mit dem Beklagten und öffentlichen Stellen korrespondierte die Klägerin über eine Anschrift in Sxxxxx.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung für gewerbliche Arbeitnehmer zu sichern. Zu diesem Zweck haben die dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitgeber Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes zu zahlen.

Nachdem die Parteien in außergerichtlicher Korrespondenz unterschiedliche Auffassungen über eine Teilnahmeverpflichtung der Klägerin am baugewerblichen Urlaubskassenverfahren vertreten und der Beklagte die Klägerin für die Zeit ab 01. August 1999 von der Teilnahme am Urlaubskassenverfahren freigestellt hatte, weil ab diesem Zeitpunkt überwiegend Hochregallager errichtet würden, wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen eine Verpflichtung zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren im Zeitraum Januar bis Juli 1999.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe im Klagezeitraum nicht arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt. Soweit es um Arbeiten an Industrieanlagen gegangen sei, seien nicht nur Rohre verlegt, sondern auch Anlagenteile wie Steuerungselemente, Pumpen, Filter, Maschinen, Behälter u.ä. in das Rohrleitungsnetz montiert worden. Dass sich dies so in den Leistungsverzeichnissen nicht widerspiegle, beruhe darauf, dass derartige Elemente nicht aufmessbar seien. Stelle man zudem, wie geboten, nicht nur auf den Zeitraum Januar bis Juli, sondern auf das gesamte Kalenderjahr 1999 ab, so könne ohnehin nicht von der arbeitszeitlich überwiegenden Durchführung baulichen Leistungen in Deutschland ausgegangen werden. Denn im gesamten Jahr 1999 seien arbeitszeitlich überwiegend Hochregallager montiert worden, dies sei, wie auch der Beklagte selbst einräume, keine bauliche Tätigkeit. Die in Ungarn beschäftigten Arbeitnehmer seien überwiegend mit der Montage von Hochregallagern und nur in geringem Umfang auf dem Gebiet des industriellen Anlagenbaus tätig gewesen. Dementsprechend schulde sie dem Beklagten auch keine Beiträge zum Urlaubskassenverfahren.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Januar bis Juli 1999 keine Auskunfts- und Beitragsverpflichtungen bezüglich der von der Klägerin in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, die im Rahmen von Werkverträgen auf dem Boden der Bundesrepublik eingesetzt wurden, treffen,

und

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und

die Klägerin im Wege der Widerklage zu verurteilen, an den Beklagten € 59.524,10 zu zahlen.

Er hat vorgetragen, die Arbeitnehmer der Klägerin hätten im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend Rohrleitungsbauarbeiten und damit bauliche Leistungen durchgeführt. Erst ab 01. August 1999 seien überwiegend Hochregallager montiert worden. Aus den Leistungsverzeichnissen ergebe sich nicht, dass insoweit überwiegend auch andere Anlagenteile montiert worden seien, so dass derartiges bestritten werde. Lediglich ein Leistungsverzeichnis weise den Einbau von Armaturen aus, alle anderen nur, dass Rohre vorgefertigt und montiert worden seien. Hilfsweise trage sie vor, dass auch die Montage von Hochregallagern eine bauliche Tätigkeit, nämlich die Vornahme von Trocken- und Montagebauarbeiten, sei. In Ungarn habe sich die Klägerin, wie eine Information einer Wirtschaftsauskunftei belege, arbeitszeitlich überwiegend mit Gebäudeerrichtung und Bauwerkserstellung befasst. Dementsprechend schulde die Klägerin die sich aus den von ihr selbst vorgelegten Bruttolohnsummen für den Klagezeitraum errechneten Urlaubskassenbeiträge von € 59.524,10. Hinsichtlich der einzelnen Monatsbeträge wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 30.. August 2002 (Bl. 539 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem Urteil v. 28. Januar 2003 die Klage als unzulässig und die Widerklage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte sei dafür beweisfällig geblieben, dass die von der Klägerin nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend Rohrleitungsbauarbeiten verrichtet hätten, weil der von der Klägerin behauptete industrielle Anlagenbau keine bauliche Leistung sei, außerdem sei der Beklagte beweisfällig dafür geblieben, dass die Klägerin in Ungarn bauliche Leistungen überwiegend verrichtet habe, weil es sich bei der Hochregallagermontage nicht um bauliche Tätigkeiten handeln müsse. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 748 bis 754 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 12. Juli 2004 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er beweisfällig geblieben sei. Zum Beweis dafür, dass die Klägerin in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend nur Rohre verlegt und nicht auch andere Anlagenteile montiert habe, habe er sich bereits erstinstanzlich auf die Leistungsverzeichnisse der Werkverträge bezogen. Diese hätten die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Allenfalls hätte das Arbeitsgericht bei dieser Sachlage den von der Klägerin für ihre Behauptungen angebotenen Gegenbeweis erheben müssen. Bezüglich der Tätigkeit der Klägerin in Ungarn sei die Entscheidung überraschend. Zum einen habe er sich bereits erstinstanzlich zum Beweis dafür, dass die Klägerin in Ungarn ausschließlich Gebäudeerrichtungsarbeiten und Bauwerkserhaltungsarbeiten durchführe auf die vorgelegte Auskunft der Wirtschaftsauskunftei bezogen. Zum anderen habe er sich das Vorbringen der Klägerin, in Ungarn seien weit überwiegend Hochregallager montiert worden, hilfsweise zu eigen. Dabei handele es sich um Trocken- und Montagearbeiten, da keine maschinellen Steuerungselemente montiert worden seien.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, dass auf die Widerklage die Klägerin verurteilt wird, an den Beklagten € 59.524,10 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, meint, der Beklagte habe in der Tat keine konkreten Beweismittel für seine Behauptungen benannt, trägt vor, 1999 seien im gesamten Kalenderjahr in Deutschland auf den Anlagenbau 47.205,5 und auf die Hochregallagermontage 35.700,5 Arbeitsstunden entfallen und stellt ihren Vortrag dahingehend klar, dass 1999 unter Summierung der Tätigkeiten der Arbeitnehmer in Deutschland und Ungarn arbeitszeitlich überwiegend Hochregallager montiert worden seien.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlung am 12. Juli 2004 und 30. Mai 2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung be-gegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die im Berufungsrechtszug allein angefallene Widerklage zu Recht abgewiesen. Denn für das Zahlungsbegehren des Beklagten fehlt eine Rechtsgrundlage.

Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Beklagten kommt § 1 Abs. 3 AEntG i.V.m. § 8 Ziffer 15 BRTV/Bau und den einschlägigen Vorschriften des VTV nicht in Betracht. Denn das Vorbringen des Beklagten rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Klägerin im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen unterhalten hat..

§ 1 Abs. 3 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst. Diese Erstreckung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das hat das BAG (Urteile vom 25. Juni 2002 - 9 AZR 405/00 AP Nr. 12 zu § 1 AEntG und 9AZR 439/01 AP Nr.15 zu § 1 AEntG; Urteile v.20. Juli 2004 - 9 AZR 343/03 AP Nr. 18 zu § 1 AEntG und 9 AZR 369/03 EzA § 1 AEntG Nr.4) für die seit 1999 geltenden Bestimmungen ausdrücklich festgestellt. Dem folgt die Berufungskammer, die diese Ansicht schon in den, den BAG-Entscheidungen vorangegangenen Urteilen vertreten hatte und auch weiter vertritt (vgl. zB Kammerurteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 512/00 - AR-Bl. ES 370.3 Nr.11)). Auf die vorzitierten Entscheidungen wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen. Neue, nicht schon in diesen Entscheidungen beschiedene Argumente hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erstreckung liegen hier bezüglich des Klagezeitraums jedoch nicht vor. Denn die Erstreckung setzt voraus, dass der ausländische Arbeitgeber in seinem Betrieb überwiegend Bauleistungen iSd § 211 Abs.1 SGB II erbringt und nach den bautariflichen Bestimmungen wie ein inländischer Arbeitgeber gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, die tariflich normierten Urlaubskassenbeiträge zu zahlen. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die insoweit erforderlichen Merkmale hat der Beklagte zwar vorgetragen, seinen Tatsachenvortrag jedoch nicht hinreichend unter Beweis gestellt. Damit ist er beweisfällig geblieben, da der Vortrag der Klägerin erheblich ist.

Im einzelnen gilt folgendes:

Nach § 211 Abs.1 S.2 SGB III sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Überwiegend iSv § 1 Abs.1 AEntG werden derartige Leistungen erbracht, wenn die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf bauliche Tätigkeiten entfällt, auf Umsatz oder Verdienst kommt es dagegen nicht an. Die Merkmale des in § 1 Abs.1 AEntG verwendeten Begriffs "überwiegend" sind nämlich keine anderen als die des identischen Begriffs in § 211 Abs.1 SGB (vgl. hierzu BSG 15. Februar 2000 SozR 3-4100 § 75 AFG Nr.3) oder des für die Bautarifverträge maßgeblichen (vgl. dazu BAG 28. April 2004 AP Nr.264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Denn Sachgrund für alle diese Regelungen ist die Erbringung baulicher Tätigkeiten durch Arbeitnehmer.

Ob bauliche Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend erbracht werde, beurteilt sich nach der Tätigkeit des Betriebes innerhalb eines Kalenderjahres, soweit sich die betriebliche Tätigkeit auf einen solchen Zeitraum erstreckt. Dieses Abstellen auf ein Kalenderjahr rechtfertigt sich, nicht anders als für die betrieblichen Geltungsbereichsnormen der Bautarif-verträge (vgl. dazu BAG 22. April 1987, 12. Dezember 1988, 25. Juli 2001 AP Nr.82, 106 und 240 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

Durch § 1 Abs.1 AEntG werden die bautariflichen Bestimmungen, die für Arbeitgeber mit Sitz im Inland ebenfalls gelten, auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland erstreckt. Der tarifliche Urlaub im Baugewerbe, der durch das Urlaubskassenverfahren gesichert wird, ist kalenderjahresbezogen (§ 8 Ziff.1.1 BRTV/Bau), der Arbeitnehmer erwirbt nach jeweils 12 Kalendertagen des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses in Betrieben des Baugewerbes Anspruch auf einen Tag Urlaub (§ 8 Ziff.2.2 und 2.3 BRTV/Bau). Dann ist es allein folgerichtig, bei der Antwort auf die Frage, ob bautarifliche Urlaubsansprüche wegen Beschäftigung in einem Baubetrieb überhaupt entstehen können oder entstanden sind, auf eben diesen Zeitraum, nämlich das Kalenderjahr abzustellen, und damit auf die Art der überwiegenden betrieblichen Tätigkeit des Betriebes im jeweiligen Kalenderjahr. Zudem gebieten Rechtssicherheit, Rechtsklarheit sowie Planungssicherheit für den betroffenen Arbeitgeber das Abstellen auf einen überschaubaren, weder zu kurzen, noch zu langen Zeitraum. Ein solcher Zeitraum ist das Kalenderjahr, weil damit möglichen arbeitszeitlichen Schwankungen unterschiedlich zu bewertender Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen wird (vgl. Kammerurteile v. 09.August 2004 - 16/10 Sa 705/03 und v. 16. August 2004 - 16/10 Sa 69/03).

Etwas anderes gilt im vorliegenden Fall auch nicht deshalb, weil die Klägerin ihre betriebliche Tätigkeit im Laufe des Jahres 1999 grundlegend geändert hätte und sich von einem bauliche in einen nichtbaulichen Betrieb verwandelt hatte. Denn das ist nicht der Fall. Ausweislich der von der Klägerin mit Schriftsatz v. 03. September 2004 eingereichten Aufstellung (Bl. 798 d. A.) wurden nämlich auch in den Monaten Januar bis Juli 1999 in Deutschland nicht nur Rohrleitungen montiert, sondern auch Hochregallager. Damit kann, selbst wenn man unterstellt, nur eines dieser Tätigkeitsfelder sei als baulich zu bewerten, nicht davon ausgegangen werden, der Betrieb der Klägerin sei im Laufe des Jahres von einem baugewerblichen Betrieb zu einem nichtbaugewerblichen geworden. Vielmehr war die Klägerin im gesamten Jahr 1999, gleichgültig, ob man nur auf die Tätigkeit in Deutschland oder auf die Tätigkeit im Gesamtbetrieb abhebt, ein sog. Mischbetrieb, von dem unterschiedliche Tätigkeiten durchgeführt worden sind.

Dass vom Betrieb der Klägerin im Kalenderjahr 1999 arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt worden sind, hat der Kläger nicht bewiesen.

Insoweit kann zugunsten des Beklagten ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er mit seinem hauptsächlichen Vorbringen, in Deutschland seien 1999 arbeitszeitlich überwiegend Rohrleistungen an industriellen Anlagen (ohne sonstige Elemente) montiert und in Ungarn arbeitszeitlich überwiegend Gebäude errichtet und Bauwerkserhaltungsarbeiten durchgeführt worden, die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung baulicher Tätigkeiten schlüssig dargetan hat.

Rohrleitungsbauarbeiten sind in § 1 Abs.2 Nr.23 Baubetriebe-VO ausdrücklich als bauliche Leistungen genannt. § 1 Abs.1 AEntG verweist auf diese Verordnung. Unter Rohrleitungsbauarbeiten fällt der gesamten Rohrleitungsbau, auch wenn dabei keine Erdarbeiten anfallen. Denn Rohrleitungstiefbauarbeiten und damit das Ausheben von Rohrgräben und -schächten sowie deren Wiederverfüllung und Planierung nach der Rohrverlegung ist in § 1 Abs.2 Nr.23 Baubetriebe-VO ausdrücklich neben dem Rohrleitungsbau zusätzlich erwähnt. Die Bestimmungen der Baubetriebe-VO sind nach dem betrieblichen Geltungsbereich der bautariflichen Regelungen auszulegen (vgl. BSG 09.Dezember 1997 AP Nr. 205 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das vorstehend entwickelte Verständnis von Rohrleitungsbauarbeiten entspricht der Rechtsprechung zu den Bautarifverträgen (vgl. BAG 22. September 1993 AP Nr. 168 zu § 1 TVG Tarifverträge:Bau), so dass auch inländische Arbeitgeber, die derartige Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend durchführen, die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen schulden.

Der Umstand, dass die Klägerin Rohre als Bestandteile industrieller Anlagen verlegt bzw. zusammenfügt, ändert daran nichts (offengelassen von BAG 22. September 1993 aaO). Der Begriff des "Rohrleitungsbaus" ist sprachlich nämlich derart weit, dass zu seinen Merkmalen sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wie auch nach der Sprache des Arbeits- und Wirtschaftslebens das Verlegen bzw. Montieren aller Art von Rohren, auch in und an technischen Anlagen, gerechnet werden muss.

Unterstellt werden kann weiter zugunsten des Beklagten, dass er mit seinem Vortrag, die Klägerin führe in Ungarn Gebäudeerrichtungs- und Bauwerkserhaltungsarbeiten durch, auch insoweit hinreichend substantiiert bauliche Tätigkeiten iSv § 211 Abs.1 SGB III und der bautariflichen Bestimmungen behauptet und damit ein arbeitszeitliches Überwiegen baulicher Arbeiten im Gesamtbetrieb der Klägerin, also unter Einschluss sämtlicher in Deutschland und Ungarn durchgeführter Tätigkeiten, dargetan hat. Denn auch dann kann die Widerklage keinen Erfolg haben.

Der Vortrag der Klägerin ist nämlich erheblich. Bei der nach dem Vorbringen der Klägerin 1999 arbeitszeitlich im Gesamtbetrieb überwiegend vorgenommenen Montage von Hochregallagern handelt es sich nicht um die Erstreckungswirkung des § 1 Abs.1 AEntG auslösende bauliche Leistungen, weil inländische Arbeitgeber, die diese Leistungen arbeitszeitlich überwiegend durchführen, nach den tariflichen Bestimmungen des Baugewerbes nicht die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen gegenüber dem Beklagten schulden. Denn die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung derartiger Arbeiten fällt nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge (§§ 1 Abs.2 VTV und BRTV/Bau). Gleichzeitig ist damit der das Vorbringen der Klägerin aufgreifende Hilfsvortrag des Beklagten nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch zu begründen.

Dass sich die Klägerin auf den Vortrag beschränkt hat, im Jahre 1999 seien unter Summierung der Tätigkeiten der Arbeitnehmer in Deutschland und Ungarn arbeitszeitlich überwiegend Hochregallager montiert worden, ändert an der Erheblichkeit ihres Vortrages nichts. Denn damit hat sie sich ausreichend zum Vorbringen des Beklagten erklärt (§ 138 Abs.3 ZPO). Der Sache nach hat sie damit nämlich vorgebracht, dass der Anteil der auf Hochregallagermontage entfallenen Arbeitszeit im Jahre 1999 über 50% der Gesamtarbeitszeit ausgemacht hatte. Das reicht als erhebliches Bestreiten des Beklagtenvortrages jedenfalls deshalb aus, weil sich auch der Beklagte genauerer Arbeitszeitangaben hinsichtlich der im Gesamtbetrieb der Klägerin durchgeführten Arbeiten enthalten hat.

Die Hochregallagermontage, nämlich das Zusammenfügen von Elementen aus Stahl zu einem Regal und das Aufstellen dieses zur Lagerung von Gegenständen bestimmten Regals erheblicher Höhe, ist keine bauliche Tätigkeit iSv BRTV/Bau und VTV.

Trockenbauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV liegen insoweit nicht vor. Mit dem Begriff der "Trockenbauarbeiten" greifen die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes erkennbar auf den in der Fachsprache des Baugewerbes maßgeblichen Begriffsinhalt zurück, der wiederum durch das Tätigkeitsfeld des baugewerblichen Berufs des Trockenbaumonteurs bestimmt wird (vgl. BAG 27. August 1986 und 26. April 1989, AP Nr. 70 und 110 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Bei der Trockenbaumontage werden industriell hergestellte Fertigteile, vor allem plattenförmige Bauteile aus verschiedenen Materialien, sog. Trockenbaukonstruktionen (vgl. § 63 Nr. 8 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 02. Juni 1999, BGBl. I 1999, S. 1102 ff.) montiert. Die im Klammerzusatz des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV genannten Beispiele ("Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen") orientieren sich erkennbar am Berufsbild des Trockenbaumonteurs, von dem Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Montage von Fassaden, Unterdecken, Wand- und Deckenbekleidungen sowie Leichtbautrennwänden erbracht werden (vgl. Blätter für Berufskunde, Band 1, zu I C 205; BAG 24. Oktober 2001 und 23. Oktober 2002, AP Nr. 245 und 255 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Um die Montage von Bauteilen, die herkömmlicherweise dem Tätigkeitsfeld des Trockenbaumonteurs zuzurechnen ist, handelt es sich beim Aufstellen bzw. Zusammenfügen von Bauteilen, die zu Hochregallagern zusammengefügt werden, nicht. Denn die Durchführung derartige Arbeiten entspricht nicht den Merkmalen, die im Arbeits- und Wirtschaftsleben für die Tätigkeit der Trockenbaumontage bestimmend sind.

Kennzeichnend für die Tätigkeit des Trockenbaumonteurs ist einmal, dass mit der Trockenbaumontage bestimmte Wirkungen erzielt werden sollen, die mit denen der Aufstellung und Montage von Regalen, gleichgültig welcher Höhe, nicht vergleichbar sind. So dienen die vom Trockenbaumonteur eingebauten Elemente typischerweise dem Schutz gegen Wärme, Schall und Feuer (vgl. Blätter für Berufskunde, a.a.O.). Diese Zielrichtung verfolgt das Aufstellen von Regalen nicht. Mit deren Aufstellung wird nicht der Zweck verfolgt, Bauwerke oder Bauwerksteile gegen äußere Einwirkungen zu schützen. Zweck der Aufstellung von Hochregalen ist es vielmehr, Gegenstände sachgerecht in Räumlichkeiten lagern, also aufbewahren zu können. Zum anderen ist der in der Reihe traditioneller Bauberufe relativ junge Beruf des Trockenbaumonteurs inhaltlich wesentlich dadurch geprägt, dass an die Stelle der traditionellen Bauweise - durch Mauern und Verputzen unter Zuhilfenahme von Wasser - "trocken", etwa unter Verwendung von Rigipsplatten, gearbeitet, also traditionelle Bauweise substituiert wird (vgl. bereits ArbG Wiesbaden vom 22. April 1982 - 4 Ca 3200/81). Davon kann bei der Aufstellung von Regalen schon deshalb nicht die Rede sein, weil diese schon immer in "trockener" Bauweise aufgestellt und montiert worden sind.

Darüber hinaus betrifft das von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV zugrunde gelegte Arbeitsgebiet des Trockenbaumonteurs die Erbringung von Leistungen, die unmittelbar der Herstellung oder Änderung eines Bauwerkes dienen und damit Arbeiten, die unmittelbar bauwerksbezogen sind. Das belegen die von den Tarifvertragsparteien im Klammerzusatz genannten Tätigkeitsbeispiele. Unmittelbar bauwerksbezogen ist die Hochregallagermontage jedoch schon deshalb nicht, weil die damit verbundenen Arbeiten nicht dazu bestimmt sind, ein Gebäude oder Bauwerk auszubauen, sondern dazu dienen, vorhandene, baulich geschaffene Räumlichkeiten sachgerecht, nämlich durch Schaffung von Lagermöglichkeiten, zu nutzen. Insofern spielt es auch keine Rolle, ob die Regale an Boden, Decke oder Wand , z.B. mit Hilfe von Schrauben und Dübeln, befestigt werden. Denn derartige Maßnahmen dienen, nicht anders als bei der Anbringung eines konventionellen Regals in einer Wohnung, lediglich der Standsicherheit.

Diesem Verständnis entspricht die bisherige Rechtsprechung. So hat die erkennende Berufungskammer weder das Aufstellen sog. Möbelkojen in Möbelhäusern noch das Aufstellen von Regalsystemen und Stahlbühnen als Trockenbauarbeit angesehen (vgl. Urteile vom 24. Februar 1992 - 16 Sa 1170/91 und v. 17. Juli 1995 - 16 Sa 2062/94), ebenso wenig die 10. Kammer des Berufungsgerichts das Aufstellen von Ladeneinrichtungen (vgl. Hess. LAG 02. Mai 1994 - 10 Sa 251/93). Dass das BAG das Aufstellen verschiedenartiger Trennwandsysteme, auch dann, wenn diese jederzeit ohne jeden Aufwand spurlos entfernt werden können, als Trockenbauarbeiten gewertet hat (vgl. BAG 07. Juli 1999, 24. Oktober 2001 und 23. Oktober 2002, AP Nr. 221, 245 und 255 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 20. September 1995 - 10 AZR 1018/94), widerstreitet dem nicht. Den Wandeinbau nennen die Tarifvertragsparteien im Klammerzusatz des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV nämlich ausdrücklich als Beispielstätigkeit. Das Aufstellen von Hochregalen lässt sich mit dem Einbau einer Wand weder gleichstellen noch vergleichen. Unter einer "Wand" ist die seitliche Begrenzung eines Raumes oder Gebäudes zu verstehen (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch Band 6 1984 S. 651). Regale schränken zwar für den Benutzer die Bewegungsfreiheit in einem Raum ein und unterteilen, soweit sie nicht an den Wänden, sondern im Raum selbst aufgestellt sind, den Raum optisch in Zonen. Anders als durch eine Wand wird der Raum jedoch nicht gegen einen anderen Raum des Gebäudes oder Bauwerks oder gegen die Außenwelt tatsächlich abgegrenzt.

Das Aufstellen (Montieren) von Hochregallagern erfüllt auch nicht die Merkmale der Montagebauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV. Insoweit mag es sich zwar um Montagearbeiten handeln, es sind jedoch keine Montagebauarbeiten. Wie das von den Tarifvertragsparteien im Klammerzusatz genannte Tätigkeitsbeispiel zeigt, meinen die Tarifvertragsparteien mit Montagebauarbeiten nämlich Bauleistungen, die unmittelbar der Herstellung des Gebäudes dienen (vgl. BAG 05. September 1990 AP Nr. 130 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Kammerurteile vom 24. Februar 1992 - 16 Sa 1170/91 und vom 17. Juli 1995 - 16 Sa 206/94; vgl. auch BAG 23. November 1988, AP Nr. 103 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau: Errichtung von Zäunen ist keine Montagebauarbeit). Der Herstellung des Gebäudes dient das Aufstellen Hochregalen nicht.

Diese Tätigkeiten erfüllen auch nicht die Merkmale der allgemeinen Bestimmungen des § 1 Abs. 2 Abschnitt I - III VTV.

§ 1 Abs. 2 Abschnitt I VTV kommt nicht zum Zug, weil insoweit keine Bauten erstellt werden worunter die Tarifvertragsparteien Gebäude verstehen. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV scheidet aus, weil derartige Arbeiten nicht der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient. Zwar sind hiermit alle Arbeiten gemeint, die, wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet, dazu dienen, ein Bauwerk seinem bestimmungsgemäßen Zweck zuzuführen (vgl. BAG 05. September 1990 a.a.O.). Notwendig und erforderlich ist jedoch auch insoweit ein unmittelbarer Bauwerksbezug. Das folgt schon daraus, dass es sich bei den unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV genannten Tätigkeiten um "bauliche" Leistungen handeln muss. Dieser unmittelbare Bauwerksbezug fehlt. Denn das Aufstellen von Hochregalen zur Lagerung ist, wie ausgeführt, weder dazu bestimmt, noch dazu geeignet, die entsprechenden Räumlichkeiten baulich auszugestalten, vielmehr dienen diese Arbeiten der Ausstattung und damit der Nutzung vorhandener Räumlichkeiten. Gleichzeitig kommt damit auch § 1 Abs.2 Abschn. III VTV nicht zum Tragen, weil auch in dieser Bestimmung "bauliche" Leistungen verlangt werden.

Weil der Vortrag der Klägerin erheblich ist, war es Sache des Beklagten, seine abweichenden hauptsächlichen Behauptungen zu beweisen. Denn die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer überwiegenden baulichen Tätigkeit liegt beim Beklagten als demjenigen, der hier aus den dies fordernden gesetzlichen bzw. tariflichen Bestimmungen Rechte herleitet (vgl. BAG 28. April 2004 aaO.). Dieser Beweis ist dem Beklagten nicht gelungen.

Zu Gunsten des Beklagten greift kein Anscheinsbeweis ein. Aus dem Umstand, dass die Klägerin 1999 in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Rohrleitungen montierte, ergibt sich kein gesicherter Erfahrungssatz, dass in Ungarn bauliche Tätigkeiten der vom Beklagten behaupteten Art durchgeführt worden sind.

Die Vorlage der Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei durch den Beklagten ist im vorliegenden Fall ohne Beweiswert. Dafür ist diese Auskunft viel zu allgemein gehalten. Denn über die Verteilung der Arbeitszeiten von Arbeitnehmern auf die Gesamtarbeitszeit besagt sie nichts. Damit ist jedenfalls angesichts des Vorbringens der Klägerin diese Auskunft nicht hinreichend, um die Berufungskammer davon zu überzeugen, dass in der Tat die überwiegende Arbeitszeit im Gesamtbetrieb der Klägerin im Jahre 1999 auf die Montage von Rohrleitungen, die Erstellung von Gebäuden und Bauwerkserhaltungsarbeiten entfallen ist.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, die Klägerin habe nach der Auskunft in Ungarn keine Arbeitnehmer beschäftigt, kann ihm schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich dies aus der Auskunft nicht ergibt. Bezüglich "Mitarbeitern" weist die Auskunft den Eintrag ".k.D." auf. Das bedeutet, wie die Klägerin unwidersprochen vorgebracht hat, nicht mehr, als dass keine Daten vorhanden waren, besagt jedoch nichts darüber, ob und wieviel Arbeitnehmer in Ungarn im Jahre 1999 beschäftigt worden sind.

Sonstige Beweismittel hat der Beklagte nicht benannt.

Schließlich unterfällt die Klägerin dem Anwendungsbereich des § 1 AEntG auch nicht deshalb, weil sie eine bauliche Betriebsabteilung unterhalten hätte.

Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin im Jahre 1999 mit nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern Arbeiten durchführte, folgt nicht, dass in Deutschland eine Betriebsabteilung existierte.

Unter "Betriebsabteilung" im Sinne von § 211 Abs. 1 S. 4 SGB III wird das verstanden, was man allgemein im arbeitsrechtlichen Sinne darunter versteht (vgl. BSG 20.Januar 1982 SozR 4100 § 75 Nr. 9), nämlich einen vom Gesamtbetrieb organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil, der eine personelle Einheit aufweist und mit eigenen technischen Arbeitsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch ein Hilfszweck sein kann (vgl. z.B. BAG 08. Oktober 1975 und 11. September 1991 AP Nr. 25 und 145 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dabei ist freilich ein eigener Betriebszweck nicht zwingend erforderlich, da es möglich ist, dass ein Betrieb aus mehreren organisatorisch abgegrenzten Betriebsteilen besteht, die den gleich arbeitstechnischen Zweck verfolgen (vgl. Niesel SGB III 2. Aufl. 2002 § 171 Rz 7).

Diese Merkmale waren im Klagezeitraum nicht erfüllt.

Richtig ist zwar, dass die Tätigkeiten der Klägerin in Deutschland räumlich von derjenigen in Ungarn deutlich abgegrenzt waren. Diese Tätigkeiten wurden auch von einer eigenen Personaleinheit, nämlich eigenem, speziell der Tätigkeit in Deutschland zuzuordnendem Personal durchgeführt, weil ein steter Arbeitnehmeraustausch bezüglich der in Ungarn und der in Deutschland durchgeführten Arbeiten aufgrund der räumlichen Entfernung ausgeschlossen ist. Dass darüber hinaus eigene technische Arbeitsmittel Verwendung fanden, ist selbstverständlich, weil schon die räumliche Entfernung der Arbeitnehmer vom Sitz in Ungarn den Einsatz von Arbeitsmitteln, die im gleichen Zeitraum auch in Ungarn zur Verwendung kommen, ausschließt.

Es ist jedoch nicht erkennbar, dass es sich, wie zur Annahme einer Betriebsabteilung erforderlich, auch um einen organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil gehandelt hat. Da "Organisation" nichts anderes ist als ein "Teil eines gegliederten Ganzen" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 134), bzw., betriebswirtschaftlich, eine "ordnende Gestaltung" (vgl. Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft, 3. Aufl. 1998 S. 541), ist zur Annahme einer Betriebsabteilung ein abgrenzbarer (personeller) Apparat erforderlich, der gerade die in der Teileinheit anstehenden arbeitstechnisch erforderlichen Maßnahmen plant, d.h. gedanklich vorwegnimmt, und damit den arbeitstechnischen Ablauf im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis festlegt und steuert. Dass dies hier der Fall war, ist nicht erkennbar.

Insoweit mag zugunsten des Beklagten, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung der Berufungskammer, unterstellt werden, dass regelmäßig bereits eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass ein, Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland entsendender Arbeitgeber insoweit einen, vom übrigen Betrieb in seinem Heimatland abgegrenzten verselbständigten arbeitstechnischen Leitungsapparat unterhält (vgl Kammerurteil v. 02. Februar 2004 - 16 Sa 47/03). Erforderlich für eine solche Annahme ist nämlich, dass über die bloße Tätigkeit von Arbeitnehmern hinaus, Anhaltspunkte für einen organisatorisch verfassten Leitungsapparat vorhanden sind (vgl. Kammerurteil v. 29. März 2004 - 16 Sa 1503/03). Wollte man hierauf verzichten, führte dies nämlich dazu, in einem Betrieb, der verschiedene arbeitstechnische Zwecke verfolgt, allein die für die Verfolgung eines dieser Zwecke eingesetzte Menge von Arbeitnehmern an einer Baustelle oder an mehreren Baustellen als Betriebsabteilung zu qualifizieren. Eine solche Sichtweise überdehnte den Begriff der "Betriebsabteilung" (vgl. Kammerurteil v. 16. August 2004 - 16 Sa 198/04 AR-Bl ES 370.3 Nr.15). Auch die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, deren Sprachregelung insoweit für das Baugewerbe prägend ist, gehen davon aus, dass dies zur Annahme einer Betriebsabteilung nicht hinreichend ist. Sie bezeichnen eine Baustelle ausdrücklich lediglich als Arbeitsstelle (§ 7.1 BRTV/Bau) und fingieren erst ab der am 01. September 2002 in Kraft getretenen Änderung des Tarifvertrages unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte bauliche Tätigkeiten ausführen, als selbständige Betriebsabteilung (§ 1 Abs.2 Abschn. VI S. 3 BRTV/Bau).

Hier fehlt es an jeglichem, über die bloße Tätigkeit von Arbeitnehmern an bestimmten Orten mit bestimmten Arbeitsleistungen, hinausgehenden Anhaltspunkt für eine relativ verselbständigte bauliche Organisationseinheit der Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum.

Im Kalenderjahr 1999 existierte in Deutschland lediglich eine postalische Anschrift der Klägerin, über die mit dem Beklagten und öffentlichen Stellen korrespondiert wurde. Allein aus der Existenz einer Postanschrift lässt sich der Schluss auf einen eigenständigen Leitungsapparat für die in Deutschland durchgeführten Arbeiten nicht ziehen. Ein bloße Postempfangsstelle ist keine Verkörperung eines Steuerungsapparats und auch kein Indiz dafür, dass ein solcher Apparat vorhanden ist. Über irgendwelche Leitungsstrukturen besagt er nämlich nichts. Sonstige, auf eine eigenständige Leistungsstruktur der Klägerin in Deutschland hinweisende Tatsachen hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Weil es aus den vorgenannten Gründen den Voraussetzungen einer Erstreckung der tariflichen Normen auf die Klägerin im Jahre 1999 fehlte, bedarf es weder einer Antwort auf die Frage, ob auch Rohrleitungsbauarbeiten deshalb nicht gegeben waren, weil nach dem Vorbringen der Klägerin insoweit auch Anlagenteile montiert worden sind (vgl. dazu Kammerurteil v. 17. Mai 2004 - 16/10 Sa 2019/99) noch auf die Frage, ob die Klägerin als Unternehmen der Metallindustrie jedenfalls seit 01. April 1999 von der Allgemeinverbindlichkeit der Bautarifverträge ausgenommen war.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs.2 Nr. 1 ArbGG.



Ende der Entscheidung

Zurück