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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.02.2008
Aktenzeichen: 16 Sa 1426/07
Rechtsgebiete: BGB, VTV/Bau


Vorschriften:

BGB § 812
VTV/Bau § 18
VTV/Bau § 19
1. Macht ein baugewerblicher Arbeitgeber gegenüber der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) Urlaubs- und Lohnausgleichserstattungsansprüche geltend und überweist die ULAK diese Beträge auf das von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) geführte Beitragskonto zum Ausgleich von Beitragsschulden des Arbeitgebers, wird der baugewerbliche Arbeitgeber in dieser Höhe von seinen zu diesem Zeitpunkt fälligen Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialkassenbeträgen befreit, wenn er zum Zeitpunkt der Überweisung sämtlichen fälligen Beitragsmeldeverpflichtungen nachgekommen ist.

2. Stellt sich später heraus, dass Urlaubs- und Lohnausgleichsersattungsansprüche des Arbeitgebers teilweise nicht bestanden haben (hier: ein Arbeitnehmer war kein gewerblicher Arbeitnehmer sondern Angestellter), so kann die ULAK vom Arbeitgeber nach § 812 BGB Zahlung des insoweit auf das Beitragskonto überwiesenen Betrages verlangen.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19. Juni 2007 - 8 Ca 816/06 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte Erstattungsleistungen an den Kläger zurückzuzahlen hat.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau] iVm den Vorschriften des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften, die sämtlich für allgemeinverbindlich erklärt sind, haben die baugewerblichen Arbeitgeber die erforderlichen Mittel zur Erfüllung der tariflich vorgesehenen Leistungen durch Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der monatlichen Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer aufzubringen. Diese Beiträge sind nach näherer tariflicher Maßgabe der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) AG (früher VVaG) als der tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes monatlich zu melden und zu zahlen. Nach den tariflichen Bestimmungen erstattet der Kläger den baugewerblichen Arbeitgebern die von diesen an ihre gewerblichen Arbeitnehmer gezahlten Urlaubsvergütungen sowie den tariflichen gezahlten Lohnausgleich. Außerdem haben die baugewerblichen Arbeitnehmer für die bei ihnen beschäftigten Angestellten einen monatlichen, zur Aufbringung der Leistungen für die tarifliche Zusatzversorgung bestimmten, Beitrag an die ZVK zu entrichten.

Der Beklagte unterhält ein Bauunternehmen und nimmt derzeit am bautariflichen Sozialkassenverfahren teil. In einem vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden geführten Rechtsstreit (Az 7 Ca 2017/04) stritten die ZVK und der Beklagte um die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von seitens des Beklagten gemeldeter Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Mai 2000 bis April 2002. Gemeldet hatte der Beklagte dabei auch die auf den als Angestellten beschäftigten Arbeitnehmer Xxxxxxx Xxxxxxx entfallenen Bruttolöhne. Für diesen hatte der Beklagte für den Zeitraum von Juni 2000 bis August 2003 insgesamt € 15.256,74 gemeldet.

Gegenüber dem Kläger machte der Beklagte Anfang 2004 Erstattungsbeträge für gezahlte Urlaubsvergütung und verauslagten Lohnausgleich im Zeitraum von Dezember 2000 bis Januar 2004 in Höhe von insgesamt € 14.021,92 geltend. In diesem Betrag sind Erstattungsansprüche für den Arbeitnehmer Xxxxxxx in Höhe von insgesamt € 7.417,98 enthalten. Die Erstattungsbeträge zahlte der Kläger nicht an den Beklagten aus, sondern veranlasste gegenüber der ZVK, dass die Erstattungsbeträge auf dem von der ZVK geführten Beitragskonto des Beklagten diesem gutgeschrieben wurden. Dies teilte der Kläger dem Beklagten mit (Bl. 12 bis 63 d.A.).

Nachdem in dem vorbezeichneten arbeitsgerichtlichen Verfahren nach Durchführung einer Beweisaufnahme unstreitig geworden war, dass es sich bei dem Arbeitnehmer Xxxxxxx um einen Angestellten und nicht um einen gewerblichen Arbeitnehmer handelte, stornierte die ZVK die auf diesen Arbeitnehmer entfallenen Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer auf dem Beitragskonto des Beklagten und buchte gleichzeitig die auf diesen Arbeitnehmer entfallenen Angestelltenbeiträge in Höhe von € 1.471,41 ins Soll. Danach betrug die Beitragsschuld des Beklagten für den Zeitraum Juni 2000 bis Januar 2004 für gewerbliche Arbeitnehmer statt der gemeldeten € 28.526,50 tatsächlich € 13.269,76 und für Angestellte statt der gemeldeten € 0,00 tatsächlich € 1.471,41. Die Erstattungsgutschriften wurden mit dfen Beitragsverbindlichkeiten verrechnet. In dem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit 7 Ca 2017/04 verminderte der Kläger die Klageforderung auf € 818,96. Nachdem der Beklagte diesen Betrag gezahlt hatte, schlossen die ZVK und der Beklagte in diesem Verfahren einen am 26. April 2006 gerichtlich festgestellten Vergleich, wonach die Parteien darüber einig waren, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist (Bl. 118 der Beiakten 7 Ca 2017/04)

Nachdem der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 23. Februar 2006 erfolglos zur Zahlung der auf den Arbeitnehmer Xxxxxxx entfallenen, dem Beitragskonto gutgeschriebenen Erstattungsbeträge in Höhe von € 7.417,98 aufgefordert hatte, verlangt er diesen Betrag nunmehr vom Beklagten im Klagewege.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe dadurch, dass ihm Erstattungsbeträge in Höhe von € 7.417,98 auf dem Beitragskonto gutgeschrieben worden seien, eine Leistung erlangt, die ihm nicht zugestanden habe. Erstattungsbeträge für den Arbeitnehmer Xxxxxxx habe der Beklagte nicht zu beanspruchen gehabt, weil es sich bei diesem Arbeitnehmer um einen Angestellten gehandelt habe. Durch die gleichwohl im Wege der Gutschrift gewährte Erstattung habe der Beklagte rechtsgrundlos etwas erlangt, nämlich eine Befreiung von Beitragsschulden in entsprechender Höhe.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 7.417,98 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04. Mai 2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Er hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe lediglich eine interne Buchung vorgenommen, aus der sich kein Anspruch gegen ihn ergebe. Verlangen könne der Kläger daher nur eine Rückbuchung von der ZVK. Von einer Bereicherung seinerseits könne keine Rede sein..

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. Juni 2007 der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 96 bis 102 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 18. Februar 2008 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein auf umfassende Klageabweisung gerichtetes Begehren in vollem Umfang weiter und trägt vor, er sei nicht auf Kosten des Klägers bereichert, weil er nicht an anderer Stelle von Beiträgen entlastet worden sei. Bei den Beiträgen, um die er vorgeblich entlastet worden sei, habe es sich um solche gehandelt, die unberechtigt eingebucht und anschließend storniert worden seien. Im übrigen sei das Rechenwerk des Klägers nicht nachvollziehbar.

Der Kläger beantragt Zurückweisung, verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die auf den Arbeitnehmer Xxxxxxx entfallenen, dem Beitragskonto des Beklagten gutgeschriebenen Beträge hätten zusammen mit den anderen Erstattungsbeträgen dazu geführt, dass die Beitragsschuld für Angestellte in Höhe von € 1.471,41 vollständig und die Beitragsverbindlichkeit für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von € 12.550,51 ausgeglichen worden sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 24. Januar 2005 Bezug genommen. Die Akten des zwischen der ZVK und dem Beklagten geführten Rechtsstreits 7 Ca 2017/04 Arbeitsgericht Wiesbaden waren beigezogen und Gegenstand der Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von € 7.417,98 verurteilt. Denn diesen Betrag schuldet der Beklagte dem Kläger.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers ist § 812 Abs.1 S. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet; ist die Herausgabe nicht möglich, so hat der Empfänger den Wert zu ersetzen (§ 818 Abs.2 BGB). So ist es hier. Denn der Beklagte hat dadurch, dass vom Kläger ein Betrag in Höhe der Klageforderung der ZVK zur Verrechnung mit Beitragsschulden des Beklagten zur Verfügung gestellt worden ist, ohne rechtlichen Grund einen vermögenswerten Vorteil in dieser Höhe durch Leistung des Klägers ohne rechtlichen Grund erlangt.

Im Einzelnen gilt:

Dadurch, dass der Kläger die Gutschrift von Erstattungsbeträgen auf dem Beitragskonto des Beklagten veranlasste, hat dieser in Höhe der Erstattungsbeträge einen Vermögensvorteil und damit "etwas" im Sinne von § 812 Abs.1 BGB erlangt. Denn mit den vom Kläger veranlassten und auch erfolgten Gutschriften auf dem Beitragskonto des Beklagten in Höhe der vom Beklagten beantragten Erstattungen ist der Beklagte in dieser Höhe von seiner Verbindlichkeit zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen nach §§ 18,19 VTV befreit worden.

Zur "Überweisung" von Erstattungsbeträgen auf das bei der ZVK geführte Sozialkassenbeitragskonto war der Kläger befugt. Nach § 18 Abs.5 VTV sind nämlich Erstattungsforderungen des baugewerblichen Arbeitgebers mit der Maßgabe zweckgebunden sind, dass der Arbeitgeber nur über sie verfügen kann, wenn er seinen Meldepflichten entsprochen hat und das Beitragskonto keinen Debetsaldo aufweist. Das ändert zwar nichts daran, dass Erstattungsansprüche, soweit die tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind, auch bei einer Nichterfüllung von Meldepflichten und einem Debetsaldo fällig sind (vgl. BAG 05. November 2002 AP Nr. 256 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; unklar BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06). § 18 Abs.5 VTV normiert jedoch mit der Verfügungsbeschränkung ein Einziehungshindernis für den Arbeitgeber. Damit kann der Kläger, soweit Meldepflichten nicht erfüllt sind und/oder der Arbeitgeber mit Beitragszahlungen in Rückstand ist, Erstattungsbeträge des Arbeitgebers gegen Beitragsrückstände verrechnen, indem er insoweit Zahlungen auf das von der ZVK geführte Beitragskonto erbringt (vgl. BAG 11. Januar 1990 AP Nr. 11 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen). Informiert der Kläger den baugewerblichen Arbeitgeber und die ZVK darüber, dass Erstattungsbeträge dem Beitragskonto in Form einer Gutschrift zugeleitet werden, räumt er der ZVK als kontoführender Stelle die Befugnis ein, mit diesen Gutschriften Beitragsschulden auszugleichen (vgl. Kammerurteile v. 10. August 1992 - 16 Sa 109/92 und v. 24. Juli 1995 - 16 Sa 2207/94). Darüber hinaus kann die ZVK, soweit Beitragsmeldungen und Beitragsforderungen fällig sind, der Arbeitgeber die tariflich geschuldeten Auskünfte jedoch (noch) nicht erteilt hat, die teilweise Anrechnung von Gutschriften auf der Höhe nach feststehende, aber der Höhe nach ihm noch nicht bekannte Forderungen verweigern (§ 273 BGB; vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Kammerurteil v. 30. Oktober 2000 - 16 Sa 759/00 - LAGE § 4 TVG Bauindustrie Nr.5).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Fällige Beitragsforderungen nach den §§ 18,19 VTV bestanden im Zeitpunkt der Erstattungen gegenüber dem Beklagten für den Zeitraum Juni 2000 bis Januar 2004 nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für den Arbeitnehmer Xxxxxxx keine Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer, wohl aber für Angestellte, zu entrichten waren - in der Gesamthöhe von € 14.741,17 (€ 13.269,76 für gewerbliche Arbeitnehmer, € 1.471,41 für Angestellte). Das stellt der Beklagte nicht in Abrede. Da der Beklagte insoweit, wie unstreitig ist, bis auf den im Verfahren 7 Ca 2017/04 gezahlten Betrag selbst keinerlei Zahlungen leistete, also Beitragsschulden bestanden und damit ein Debetsaldovorhanden war, konnte ein Ausgleich der Beitragsforderungen (nur) durch die Verrechnung mit Erstattungsbeträgen erfolgen und ist auch in dieser Weise erfolgt. Verrechnet wurden, wie der Kläger ebenfalls unbestritten vorgetragen hat, unter Einbeziehung der für den Arbeitnehmer Xxxxxxx errechneten Erstattungen, Erstattungsbeträge in der Gesamthöhe von € 14.021,92.

In dieser Höhe wurde der Beklagte von der Verpflichtung zur Zahlung von Beitragsschulden an die ZVK durch Leistung des Klägers befreit.

Unter Leistung iSv § 812 Abs. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtet Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (vgl. BGH 04. Februar 1999 NJW 1999,1393,1394). Dabei kommt es in erster Linie auf die mit der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung an. Leistender kann damit nur derjenige sein, der die Vermögensverschiebung entweder selbst oder mit Hilfe eines Leistungsmittlers erbringt. Zur Bestimmung der Leistung ist dabei darauf abzustellen, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gebrachten Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist eine objektive Betrachtung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten (vgl BGHZ 105,365,369). Dabei sind auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung verbietet sich bei der Behandlung von bereicherungsrechtlichen Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung. Vielmehr sind in erster Linie die Besonderheiten des einzelnen Falles für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten (vgl. BGH 04. Februar 1999 aaO m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger mit der Überweisung von Erstattungsbeträgen auf dessen Beitragskonto eine Leistung an den Beklagten erbracht. Denn sämtliche Beteiligte sind davon ausgegangen, dass der Kläger durch die Veranlassung von Gutschriften auf dem Beitragskonto des Beklagten dessen auf dem Beitragskonto erfasste Sozialkassenbeitragsschulden ausgleichen wollte. Entsprechende Benachrichtigungen des Klägers hat der Beklagte ebenso wie die ZVK erhalten. Für den Beklagten war diese Form der Erstattung die einzige Möglichkeit, einer Verpflichtung zur Eigenzahlung von Beiträgen an die ZVK zu entgehen. Damit mussten sämtliche Beteiligte, Kläger, Beklagter und ZVK, davon ausgehen, dass mit den Gutschriften Verbindlichkeiten des Beklagten getilgt werden sollten. Davon sind sämtliche Beteiligte auch ausgegangen. Die ZVK hat die Erstattungsbeträge, wie vom Kläger gewünscht, zugunsten des Beitragskontos des Beklagten verbucht, der Beklagte hat die Verminderung seiner Beitragsschuld ohne weiteres akzeptiert. Damit handelte es sich bei den vom Kläger veranlassten Gutschriften auf dem von der ZVK geführten Beitragskonto des Beklagten um nichts anderes als um zweckgerichtete, nämlich dem Ausgleich von Beitragsverbindlichkeiten des Beklagten dienende Zuwendung und damit um eine Leistung des Klägers an den Beklagten.

Dem steht nicht entgegen, dass nach den tarifvertraglichen Bestimmungen die ZVK nur Gläubiger des auf die tarifliche Zusatzversorgung entfallenden Sozialkassenbeitragsanteils ist (§ 13 Abs.1 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenhilfe im Baugewerbe [TVA], § 11 des Tarifvertrages über ein Ergänzungsbeihilfe im Baugewerbe [TVE]; §13 Abs.1 des Tarifvertrages über Rentenbeihilfen im Baugewerbe [TVR]), der Kläger dagegen Gläubiger der Beitragsanteile für das Urlaubsverfahren, den Lohnausgleich und die berufliche Bildung (§ 8.15.1 BRTV/Bau; § 12 des Tarifvertrages zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Winterperiode [TV Lohnausgleich]; § 32 Abs.1 des Tarifvertrages über die Berufsbildung im Baugewerbe [BBTV]).

Bei Zahlungen, die der baugewerbliche Arbeitgeber selbst zwecks Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen an die ZVK erbringt, handelt es sich zumindest bereicherungsrechtlich um Leistungen an die ZVK. Die ZVK steht nämlich im Rahmen des Beitragseinzugs einem Vollrechtsinhaber gleich. Sie ist für die Durchsetzung aller Beitragsforderungen des bautariflichen Systems Prozessstandschafter (§ 3 Abs.3 VTV), Titelgläubiger und Klauselberechtigter iSv § 725 ZPO. Im Verhältnis zum Kläger ist sie freilich nach § 667 BGB verpflichtet, die fremdnützig, nämlich für den Kläger eingezogenen Beiträge an diesen herauszugeben (vgl. BGH 12. Februar 2004 NJW 2004,2163). Damit ist allein die ZVK im Verhältnis zum baugewerblichen Arbeitgeber im Rahmen des Beitragseinzugs im Sinne des Bereicherungsrechts Leistungsempfänger, so dass ein baugewerblicher Arbeitgeber bei rechtsgrundloser Beitragszahlung die ZVK für den Gesamtbetrag in Anspruch nehmen kann (vgl. LAG Berlin 13. September 2006 - 9 Sa 2023/05). An ihre frühere Ansicht, wonach Bereicherungsschuldner in derartigen Fällen beide Kassen jeweils in Höhe des auf sie entfallenen Beitragsanteils sind (vgl. Kammerurteil v. 24. Januar 1994 - 16 Sa 1018/93), hält die Berufungskammer, die insoweit bereits Bedenken hiergegen geäußert hatte (vgl. Kammerurteil v. 26. November 2007 - 16 Sa 877/07) nicht fest.

Nichts anderes kann gelten, soweit Sozialkassenbeiträge nicht durch den Arbeitgeber selbst sondern durch Zahlung an die ZVK in der Form der Veranlassung entsprechender Gutschriften durch den Kläger auf dem Beitragskonto ausgeglichen werden. Bereicherungsrechtlich handelt es sich bei derartigen Zahlungen (Gutschriften) um nichts anderes als um eine Leistung des Klägers an den baugewerblichen Arbeitgeber in der Form der Befreiung des Arbeitgebers von einer, diesen gegenüber der ZVK treffenden, Verbindlichkeit.

Das Gesamtsystem des tarifvertraglich normierten Verfahrens des Beitragseinzugs und der Erstattung bestätigt diese Sicht.

Erstattungsbeträge, die zugunsten eines baugewerblichen Arbeitgebers auf dessen bei der ZVK geführten Beitragskonto zum Zwecke der Verrechnung mit Beitragsforderungen, wie hier, vom Kläger überwiesen werden, muss die ZVK, soweit der baugewerbliche Arbeitgeber seinen Meldepflichten Genüge geleistet hat, zur Tilgung von Beitragsschulden verwenden. Denn die Gutschriften sind, wie die entsprechenden Mitteilungen des Klägers ergeben, dazu bestimmt, durch Verrechnung bestehende Beitragsforderungen auszugleichen (vgl. Kammerurteil v. 23. März 1992 - 16 Sa 1291/91). Selbst festlegen kann die ZVK lediglich, welche Beitragsforderungen für welche Zeiträume insoweit getilgt werden sollen. Will die ZVK den baugewerblichen Arbeitgeber daher wegen Beitragsschulden erfolgreich in Anspruch nehmen, muss sie Erstattungsleistungen des Klägers in Form von Gutschriften auf dem Beitragskonto beachten. Genau das geschieht in der Praxis auch, wie der Berufungskammer aus einer Unzahl von Rechtsstreitigkeiten bekannt ist. Sind im Zeitpunkt des Eingangs von Erstattungsleistungen nur bereits rechtshängige Beitragsforderungen zur Zahlung fällig, erklärt die ZVK - zutreffend - insoweit die Hauptsache für erledigt.

Dieses gerade auch den wirtschaftlichen Interessen der Arbeitgeber dienende System (Vermeidung der Notwendigkeit des Ausgleichs sämtlicher Beitragsschulden durch Zahlung vor wirtschaftlicher Nutzung von Erstattungen) kann freilich nur funktionieren, wenn das Beitragseinzugsverfahren, also das Verhältnis zwischen ZVK und Arbeitgeber, nicht mit der Frage belastet wird, ob Erstattungsleistungen des Klägers in der Form von Gutschriften auf dem Beitragskonto zu Recht oder zu Unrecht erfolgten. Die ZVK kann derartiges nicht erkennen, weil sie allein für den Beitragseinzug, nicht aber für Erstattungsleistungen zuständig ist. Sie muss sich daher auf die Angaben des Klägers darüber, ob Erstattungsansprüche des baugewerblichen Arbeitgebers bestehen, im Rahmen des ihr obliegenden Beitragseinzugs verlassen. Für Arbeitgeber und Kläger ist es risiko- und interessengerecht, einen etwaigen Streit um Erstattungsleistungen in dem Verhältnis auszutragen, in dem Erstattungsleistungen in Rede stehen können. Das ist nur zwischen Kläger und Arbeitgeber der Fall.

In Höhe der auf den Arbeitnehmer Xxxxxxx entfallenen Erstattungsbeträge von € 7.417,98 erfolgte die in der Veranlassung einer entsprechenden Gutschrift liegende, das Vermögen des Beklagten wegen eines Ausgleichs von Beitragsforderungen der ZVK gegen ihn in dieser Höhe vermehrende Leistung des Klägers ohne rechtlichen Grund. Denn gutzuschreibende Erstattungsforderungen des Beklagten bestanden insoweit nicht.

Für den Arbeitnehmer Xxxxxxx konnte der Beklagte weder die Erstattung von Urlaubsvergütung noch die Erstattung von Lohnausgleich verlangen. Erstattungsforderungen bestehen insoweit nämlich nur dann, wenn es sich bei dem betreffenden Arbeitnehmer um einen gewerblichen Arbeitnehmer handelt. Denn der BRTV/Bau, der den materiellen Urlaubsvergütungsanspruch normiert gilt ebenso wie der TV Lohnausgleich persönlich nur für gewerbliche Arbeitnehmer (§ 1 Abs.3 3 BRTV/Bau; § 1 Abs.3 Lohnausgleich TV)

Da der Beklagte mithin ohne rechtlichen Grund durch Leistung des Klägers von ihrer Verbindlichkeit zu Zahlung von Sozialkassenbeiträgen in Höhe der für den Arbeitnehmer Xxxxxxx gutgeschriebenen Erstattungsbeträge auf dem Beitragskonto befreit worden ist, schuldet er dem Kläger einen Betrag in dieser Höhe (§ 818 Abs.2 BGB).

Ob sich darüber hinaus die Klageforderung auch, wie im Berufungstermin erörtert, aus § 29 VTV ergibt, kann dahinstehen. Dagegen könnte sprechen, dass diese tarifliche Norm von einer Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen spricht. Das deutet u.U. in die Richtung, dass insoweit lediglich Zahlungen gemeint sind, die ohne tarifvertragliche Grundlage unmittelbar an den Arbeitgeber ausgezahlt worden sind.

Der Zinsausspruch resultiert aus §§ 288, 286 BGB. Aufgrund der Mahnung des Klägers befand sich der Beklagte spätestens ab 04. Mai 2006 in Verzug.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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