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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 04.06.2007
Aktenzeichen: 16 Sa 1444/05
Rechtsgebiete: TVG, IFG, AEntG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 5
IFG § 1
AEntG § 1
VTV/Bau § 1 Abs. 2
1. Rügt ein nach den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes auf Zahlung in Anspruch genommener nicht tarifgebundener Arbeitgeber, die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 Nr 1 TVG, wonach die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen müssen, hätten bei Erlass der Allgemeinverbindlicherklärung nicht vorgelegen, und trägt er vor, er habe ergebnislos versucht, vom zuständigen Ministerium und den Verbänden Auskünfte über die Zahl der von verbandsangehörigen Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer zu erlangen, so sind in Ansehung von § 1 Abs.1 IFG im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Prüfakten des Ministeriums beizuziehen, ihr Inhalt dem Arbeitgeber bekannt zu machen und zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG zu Recht vom Ministerium bejaht worden sind.

2. Die Allgemeinverbindlicherklärungen des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF vom 20, Dezember 1999 zum 02. Januar 2000, des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF vom 19. April 2000 zum 01. Mai 2000 sowie die des VTV/Bau v. 20. Dezember 1999 zum 01. Januar 2000 sind rechtlich nicht zu beanstanden.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. März 2005 - 9 Ca 1404/01 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihr in Deutschland im Jahre 2000 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung für gewerbliche Arbeitnehmer zu sichern. Zu diesem Zweck haben die dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitgeber Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes zu zahlen.

Die Beklagte ist eine juristische Person portugiesischen Rechts mit Sitz in Xxxxx (Portugal), die im Jahre 2000 mit Hilfe aus Portugal entsandter portugiesischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Rohbauarbeiten durchführte. Gleichartige Tätigkeiten wurden von der Beklagten in Portugal ausgeführt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren nach den entsprechenden Bestimmungen und damit auch zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2000 verpflichtet. Die Höhe der Beiträge ergebe sich zum einen aus den von der Beklagten im Laufe des Rechtsstreits gemachten Angaben, aus denen sich Beiträge von € 155.399,13 errechneten abzüglich geleisteter Zahlungen, zum anderen daraus, dass für einen beschäftigten Koch im April 2000 zusätzlich ein Beitrag von € 206,03, für einen weiteren Arbeitnehmer im Mai ein Beitrag von € 211,83 und für drei in den Monaten Januar, Februar, März und Mai 2000 beschäftigten, aber nicht gemeldeten Arbeitnehmer unter Zugrundelegung der durchschnittlichen tariflichen Arbeitszeit im Baugewerbe, dem tariflichen Mindestlohn und dem Urlaubskassenbeitragssatz € 582,91 zu zahlen seien. Hinsichtlich der genauen Berechnung des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 08. März 2005 (Bl. 255 bis 257 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 155.982,04 zu zahlen..

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, eine Teilnahme ihrerseits am Sozialkassenverfahren scheide deshalb aus, weil die entsprechenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen gegen Europa- und Verfassungsrecht verstießen und zudem nicht erkennbar sei, dass die Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) der bautarifvertraglichen Bestimmungen gegeben seien, nämlich, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10. März 2005 stattgegeben Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 270 bis 284 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 13. Mai 2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie meint, entgegen dem Arbeitsgericht sei die AVE der Bautarifverträge unwirksam. Das folge zum einen bereits daraus, dass die Interessen ausländischer Bauunternehmen mangels Beteiligung derselben im Tarifausschuss nicht gewahrt worden seien, zum anderen daraus, dass sie zulässig mit Nichtwissen bestritten habe, dass die 50% Klausel des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG erfüllt sei. Insoweit sei es unzutreffend, dass ein Anscheinsbeweis für die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverbindlicherklärung spreche. Für sie sei es auch nicht zumutbar, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Im übrigen habe sie das zuständige Bundesministerium angeschrieben und von dort statistische Daten über die Zahl der Betriebe und Beschäftigten erhalten, nicht aber Zahlenangaben, aus denen sich herleiten ließe, wie viel Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen seien. Von Seiten der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaft habe sie erfolglos Auskunft verlangt. Mithin sei festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen in einem Geheimverfahren ermittelt worden seien. Das könne nicht angehen.

Nachdem der Beklagten nach Beiziehung der die AVE der tariflichen Regelungen für das Baugewerbe für 2000 betreffenden Akten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, meint sie, die vom Ministerium zugrunde gelegten Beurteilungsgrundlagen für eine Erfüllung der 50% Klausel seien unzureichend. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 13. September 2006 (Bl. 423 bis 428 d.A.) und vom 18. Januar 2007 (Bl. 478 bis 481 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das angefochtene Urteil und mit dem sich aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 13. November 2005 nebst Anlagen (Bl. 436 bis 454 bzw. 455 bis 473 d.A.) ergebenden Inhalt Verfahren und Ergebnis der Entschädigung des zuständigen Ministeriums zur AVE der Bautarifverträge.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 09. Mai 2005 Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf den Inhalt der im Berufungsverfahren beigezogenen Akten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 31 241-Ü-14b/45 und 31241-Ü-14/46.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von € 155.982,04 verlangen.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Beklagten ist § 1 Abs. 3 AEntG i.V.m. § 8 Ziffer 15 BRTV/Bau und den einschlägigen Vorschriften des VTV.

§ 1 Abs. 3 AEntG regelt nichts anderes als eine Erstreckung von tariflichen Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) - und damit kraft Tarifrechts - für inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Erstreckung erfolgt nicht etwa durch den entsprechenden Tarifvertrag, sondern unmittelbar durch das Gesetz selbst.

Die Erstreckung der allgemeinverbindlichen Urlaubs- und Urlaubskassentarifverträge für das Baugewerbe durch die ab 01. Januar 1999 gültige Fassung von § 1 Abs.1 AEntG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit der Art. 49, 50 EG (ex Art.59, 60 EGV).

Das hat das BAG (Urteile vom 20. Juli 2004 - 9 AZR 343/03 AP Nr. 18 zu § 1 AEntG und 9 AZR 369/03 EzA § 1 AEntG Nr.4) für die seit 1999 geltenden Bestimmungen für Arbeitgeber mit Sitz in Portugal ausdrücklich festgestellt. Danach stellt das portugiesische Recht die entsandten Arbeitnehmer im Hinblick auf urlaubsrechtliche Bestimmungen nicht besser als die erstreckten Tarifnormen, in der Absicherung der aus den erstreckten tariflichen Urlaubsregelungen resultierenden Ansprüche durch das tarifliche Urlaubskassenverfahren liegt ein tatsächlicher Vorteil für die entsandten Arbeitnehmer, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt, die Erstreckung der tariflichen Regelung ist auch verhältnismäßig.

Dem folgt die Berufungskammer und verweist zur Begründung auf die vorzitierten, den Parteien bekannten Entscheidungen des BAG. Diese überzeugen. Verbleibende Zweifel werden jedenfalls dadurch überspielt, dass der EuGH mittlerweile entschieden hat, dass die in § 1a AEntG statuierte Haftung des deutschen Bauunternehmen für den Mindestlohn, den ein ausländischer Subunternehmer seinen Arbeitnehmern schuldet, selbst dann mit dem primären und sekundären Gemeinschaftsrecht im Einklang steht, wenn der Entgeltschutz der Arbeitnehmer nur nachrangiges Ziel der Vorschrift ist (vgl. EuGH 12. Oktober 2004 NZA 2004,1211,1213 - Wolff & Müller). Für das ebenfalls durch Bürgenhaftung nach § 1a AEntG abgesicherte Urlaubskassenverfahren kann nichts anderes gelten.

Die Erstreckung des Urlaubskassenverfahrens im Baugewerbe auf Unternehmen mit Sitz in Portugal ist auch im übrigen rechtmäßig, die Voraussetzungen, die in § 1 Abs.3 S.1 und 2 iVm Abs.1 AEntG für die Anwendung der den Beitragseinzug regelnden tariflichen Rechtsnormen aufgestellt sind, werden durch den BRTV/Bau und den VTV erfüllt.

Das BAG hat in mehreren Entscheidungen vom 25. Juni 2002 (vgl. z.B. BAG 25. Juni 2002, AP Nr. 12 und 15 zu § 1 AEntG) im Einzelnen begründet, dass weder § 1 AEntG noch die erstreckten Tarifnormen gegen höherrangiges Recht verstoßen. Dem folgt die Berufungskammer, die diese Ansicht schon in den, den BAG-Entscheidungen vorangegangenen Urteilen vertreten hatte und auch weiter vertritt (vgl. zB Kammerurteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 512/00 - AR-Bl. ES 370.3 Nr.11)). Auf die vorzitierten Entscheidungen wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen. Neue, nicht schon in diesen Entscheidungen beschiedene Argu€mente hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Richtig ist, dass die Beklagte über § 1 Abs.3 AEntG nur dann zur Erfüllung der in den bautariflichen Bestimmungen hinsichtlich des Urlaubs verankerten Leistungen an den Kläger verpflichtet ist, wenn die entsprechenden den Klagezeitraum erfassenden tariflichen Bestimmungen wirksam für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Das ist jedoch der Fall.

Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der AVE von BRTV/Bau und VTV in den für das Kalenderjahr 2000 maßgeblichen Fassungen bestehen nicht.

Soweit die Beklagte rügt, in den Tarifausschuss nach § 5 Abs.1 TVG müssten auch Vertreter einer ausländischen Spitzenorganisation der Arbeitgeber und Arbeitnehmer berufen bzw. es müsse auch ausländischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, weil sämtliche in Deutschland tätigen ausländischen Bauunternehmen den für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträgen unterworfen seien, übersieht sie, dass § 5 TVG nur für Arbeitsverhältnisse gilt, die deutschem Recht unterliegen (vgl. BAG 25. Juni 2002 aaO.). Denn die AVE ersetzt lediglich die fehlende beiderseitige Tarifgebundenheit ohne den räumlichen, betrieblichen oder persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages zu erweitern. Damit fehlt jeglicher Sachgrund für eine Beteiligung ausländischer Verbände, weil deren Mitglieder, die im Wege der Entsendung in Deutschland tätig sind und auf deren Arbeitsverhältnisse zu entsandten Arbeitnehmern grundsätzlich ausländisches Recht anzuwenden ist, von der AVE gar nicht unmittelbar erfasst werden. Die Erstreckung der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvorschriften des Baugewebes auf derartige ausländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgt vielmehr durch Gesetz selbst, nämlich durch § 1 Abs.1 und 3 AEntG. Ob die gesetzliche Regelung rechtmäßig ist und ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erfassung ausländischer entsendender Bauunternehmer gegeben sind, also auch, ob die erstreckten Regelungen wirksam für allgemeinverbindlich erklärt wurden, ist im Streitfall von den Gerichten zu überprüfen.

Die Voraussetzungen des § 5 TVG für eine AVE der hier in Rede stehenden bautariflichen Reglungen lagen vor.

Der Beweis des ersten Anscheins spricht für die Rechtmäßigkeit einer AVE (vgl. BAG 25.Juni.2002 aaO.; Wiedemann/Wiedemann TVG 7. Aufl. 2007 § 5 Rz 66). Denn es ist davon auszugehen, dass der zuständige Minister die AVE nur erklärt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Annahme eines solchen Beweises des ersten Anscheins verletzt die Beklagte auch nicht in verfassungsrechtlichen Rechten. Es bleibt ihr unbenommen, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ableiten lässt, dass im Einzelfall, hier bezüglich der AVE der Bautarifverträge, anderes zu gelten hat. Geschieht das, weil aufgrund des Tatsachenvortrages erhebliche Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs.1 TVG bestehen, haben die Gerichte für Arbeitssachen die Entscheidung des für die AVE zuständigen Ministers von Amts wegen nachzuprüfen (vgl. BAG 22. September 1993 AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge. Gerüstbau; BAG 12. Oktober 1988 - 4 AZR 244/88). Damit kann kein Rede davon sein, dass eine Nachprüfung der AVE der gerichtlichen Kontrolle entzogen wäre.

Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erstreckung liegen hier bezüglich des allein im Streit befindlichen Jahres 2000 vor. Davon ist aufgrund des Vortrages der Parteien unter Auswertung der Prüfakten des zuständigen Ministeriums und allgemein zugänglicher Quellen auszugehen. Weiterer Ermittlungen bedurfte es nicht.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Tatsachen, die begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der AVE aufkommen lassen könnten, hat die Beklagte erstinstanzlich auch nicht ansatzweise vorgebracht. Zweitinstanzlich hat sie allerdings unbestritten vorgetragen, dass sie sich beim zuständigen Bundesministerium um Zahlenmaterial bemüht habe, ihr Angaben des Statistischen Bundesamtes über die Zahl der im Baugewerbe beschäftigten Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt worden seien, sie jedoch weder vom Ministerium noch von den angeschriebenen Verbänden Informationen über die Zahl der von tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer erhalten habe.

Bei dieser Sachlage war es geboten, die Prüfakten des Bundesministeriums von Amts wegen beizuziehen und deren Inhalt der Beklagten zugänglich zu machen.

§ 5 Abs.1 Nr.1 TVG verlangt, soweit die AVE nicht zur Behebung eines sozialen Notstandes erforderlich erscheint, der hier vom Ministerium nicht reklamiert worden ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigten. Um beurteilen zu können, ob diese Voraussetzung gegeben ist, bedarf es der Kenntnis zweier Zahlen, nämlich einmal der Kenntnis der Zahl der insgesamt vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfassten Arbeitnehmer (sog. große Zahl), zum anderen der Kenntnis der Zahl der von tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer (sog. kleine Zahl). Um Tatsachen vorzutragen, die berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesministeriums, die AVE auszusprechen, aufkommen lassen können, muss eine Partei notwendigerweise zu beiden Zahlen Vortrag halten. Das ist ihr nur möglich, wenn sie über einen Kenntnisstand verfügt, der sie dazu imstande setzt.

Sich Kenntnisse von der großen Zahl zu verschaffen, ist von einer Partei zu erwarten. Insoweit kann sie sich nämlich der Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, beispielsweise der entsprechenden Jahrbücher, bedienen. Dort sind u.a. statistische Angaben für das produzierende Gewerbe, damit auch für das Baugewerbe, aufgeführt einschließlich Angaben über die Zahl der Beschäftigten. Darüber hinaus kann sie in der Regel unschwer Auskünfte vom Statistischen Bundesamt einholen. Genau derartige Angaben hat das von der Beklagten angeschriebene Bundesministerium der Beklagten denn auch zur Verfügung gestellt.

Ungleich schwerer ist es hingegen für eine Partei Kenntnis von der kleinen Zahl zu erlangen. Angewiesen ist sie nämlich letztlich, will sie nicht lediglich substanzlose Vermutungen äußern, auf die Angaben der Arbeitgeberverbände, die wiederum nur direkt von diesen, von ihren Mitgliedern oder über zur Veröffentlichung von diesen oder den Mitgliedern freigegebene Quellen erlangt werden können.

Hier hat die Beklagte, wie im Berufungsrechtszug unbestritten vorgetragen, sich ergebnislos um Angaben zur kleinen Zahl bemüht. Vom Bundesministerium sind Zahlenangaben nicht gemacht worden, die Verbände haben konkrete Auskünfte verweigert.

Daraus folgt freilich nicht, dass bereits deshalb von erheblichen Zweifeln an der Erfüllung der Merkmale des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG auszugehen ist. Zweifeln kann man an allem. Ernst zu nehmen sind Zweifel nur, wenn begründete Unsicherheit herrscht. Weil zunächst von der Rechtmäßigkeit der AVE auszugehen ist, bedarf es, um begründete Unsicherheit (Zweifel) hieran aufkommen zu lassen, mehr als des Vortrages einer Partei, wie hier der Beklagten, man habe keine die Zweifel bestätigenden Tatsachenkenntnisse erlangen können.

Andererseits konnte die seitens der Beklagten belegte Unmöglichkeit, vom Bundesministerium und den Verbänden Auskünfte über die kleine Zahle zu erlangen, auch nicht dazu führen, schlichtweg den Vortrag der Beklagten als unerheblich anzusehen. Von einer Partei kann nicht verlangt werden, dass sie mehr vortragen muss als sie wissen kann. Wissen kann sie nur das, was ihr bekannt ist oder um dessen Kenntnis sie sich in zumutbarer Weise bemüht hat. Letzteres hat die Beklagte durch den Versuch, Informationen über die kleine Zahl vom Ministerium bzw. den Verbänden zu erlangen, hinreichend getan.

Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) vom 05. September 2005 (BGBl I 2005 S.2722) hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Amtliche Information ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung (§ 2 Nr.1 IFG). Dazu gehören auch die Ergebnisse von seitens des zuständigen Ministeriums eingeholten Informationen zur Entscheidung über einen Antrag auf AVE. Zwar kann der Antrag auf Informationszugang nach § 4 Abs.1 S. IFG u.U. abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Beweisaufnahmen, Gutachten oder Stellungnahmen Dritter dienen jedoch nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung (§ 4 Abs.1 S.2 IFG).

Weil die Beklagte gegenüber dem Bundesministerium einen Anspruch auf Mitteilung etwa vorhandener Gutachtens bzw. Stellungnahmen Dritter über die Zahl der bei den tarifgebunden Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer hat, diese Auskünfte außerhalb des Rechtsstreits jedoch nicht erlangen konnte, musste ihr Gelegenheit gegeben werden, sich die Informationen zu verschaffen. Das konnte angesichts der Bestimmung des § 56 Abs.2 Nr2 ArbGG, der über § 64 Abs.7 ArbGG auch im Berufungsverfahren Anwendung findet, durch Beiziehung der entsprechenden Prüfakten des Bundesministeriums und die Gewährung der Einsichtnahme in diese Akten geschehen.

Unter Berücksichtigung des Inhalts der Prüfakten und des Vortrages der Beklagten bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der AVE.

Das Bundesministerium ist bei seinen Ermittlungen von folgendem ausgegangen:

Hinsichtlich der AVe des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF. v. 20. Dezember 1999 und des VTV v. 20. Dezember 1999 zum 02. Januar bzw. 01. Januar 2000 hat es, wie sich aus Bl. 112 bis 115 der Prüfakten 31241-Ü-14b/45 ergibt, die Zahl der Betriebe zugrunde gelegt, die von der Schwesterkasse des Klägers, der ZVK, erfasst sind, nämlich 74.188 Betriebe. Die Zahl der organisierten Betriebe hat es den Angaben der Antragsteller entnommen, sie betrug zum 30. April 1999 40.157. sodann hat es auf der Grundlage der Ergebnisse aus der Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), wonach vor allem größere Betriebe mit höheren Beschäftigungszahlen Mitglied der Arbeitgeberverbände sind, den Schluss gezogen, dass die organisierten Arbeitgeber 54,13% der unter den Geltungsbereich der Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer beschäftigen.

Hinsichtlich der AVE des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF v. 19. April 2000 zum 01. Mai 2000 ist es auf den gleichen Grundlagen zu 75.692 erfassten Betrieben und 38.632 organisierten Betriebsinhabern und zu einer Zahle von 51,04% bei organisierten Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmern gekommen (Bl.145 bis 148 der Prüfakten 31241-Ü-14b/46).

Die Auswertung der Prüfakten des Ministeriums tragen hinreichend den Schluss, dass die organisierten Arbeitgeber des Baugewerbes 50% der unter den Geltungsbereich von BRTV/Bau und VTV fallenden Arbeitnehmer im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der AVE-Erklärung beschäftigten. Das gilt jedenfalls, wenn man, wie geboten, allgemein zugänglicher weitere Erkenntnisquellen heranzieht.

Bei der Antwort auf die Frage, auf welchem Wege zu ermitteln ist, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG erfüllt sind, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass beim Verbandstarifvertrag, wie hier, bei der die exakten Feststellung, wie viele Arbeitnehmer bei organisierten Arbeitgebern im Zeitpunkt der AVE beschäftigt werden (kleine Zahl), mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen ist. Praktisch ausgeschlossen ist die Feststellung der Ermittlung der Zahl der bei nichtorganisierten Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer, weil diese regelmäßig gar nicht erreicht werden können. Zur Feststellung der Zahl der bei organisierten Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer ist man letztlich auf die Angaben der entsprechenden Arbeitgeberverbände angewiesen, diese wiederum sind angewiesen auf Mitteilungen ihrer Mitglieder über die Beschäftigtenzahlen. Die Gesamtzahl der von einem Tarifvertrag potentiell erfassten Arbeitnehmer kann daher letztlich nur durch Einholung von Auskünften bei Institutionen erlangt werden, die die Beschäftigtenzahlen einigermaßen zuverlässig erfassen. Das sind neben dem Statistischen Bundesamt insbesondere Berufsgenossenschaften, wobei freilich insoweit darauf Bedacht genommen werden muss, dass sich die Klassifizierungen dieser Institutionen (konkret: "was wird als Baugewerbe angesehen?") nicht zwangsläufig mit denen des Geltungsbereichs der Tarifverträge (hier des BRTV/Bau und des VTV) decken müssen und decken. Letztlich bedeutet das, dass Schätzungen unvermeidbar sind, die freilich mit der erforderlichen Sorgfalt vorgenommen werden müssen.

Nicht zu beanstanden sind auf dieser Grundlage die vom Bundesministerium zugrunde gelegten Daten über die Zahl der insgesamt vom Tarifvertrag erfassten und die von organisierten Arbeitgebern unterhaltenen Betriebe.

Die Zahl der insgesamt erfassten Betriebe den Angaben der ZVK zu entnehmen, ist ein Gebot praktischer Vernunft. Diese ist nämlich tarifvertraglich verpflichtet, die ihr zustehenden Beiträge rechtzeitig und vollständig einzuziehen (§ 32 VTV) und war dies aufgrund de für allgemeinverbindlich erklärten Vorgängertarifverträge auch zum Zeitpunkt der AVE der hier in Rede stehenden Tarifverträge (§ 89 VTV aF). Diese Funktion nimmt die ZVK, wie gerichtsbekannt ist, auch nachdrücklich und unerbittlich wahr. Selbstverständlich lässt sich nicht ausschließen, dass ihr gleichwohl der eine oder andere Betrieb "entgeht". Die Zahl erscheint jedoch vernachlässigbar gering. Das auch deshalb, weil die ZVK, wie ebenfalls gerichtsbekannt ist, ab und zu auch Betriebe erfasst, die gar nicht unter die Bautarifverträge fallen. Insgesamt ist jedenfalls die Annahme lebensnah, dass bei der ZVK in der Tat praktisch alle Betriebe erfasst sind, die unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge fallen.

Bedenken bestehen auch nicht deshalb, weil sich aus den Angaben des Statistischen Bundesamtes andere Zahlen ergeben. Die vom Ministerium selbst hervorgehobenen Divergenzen in der Zahl der von der ZVK erfassten und der sich aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergebenden Betriebe ist nämlich plausibel damit erklärbar, dass das Statistische Bundesamt auch Arbeitsgemeinschaften zusätzlich erfasst, diese im Baugewerbe häufig sind, und sich damit eine höhere als die tatsächliche Betriebszahl ergeben muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Zahlenangeben des Statistischen Bundesamtes bestimmt sind durch die Einordnung von Betrieben nach der "Klassifikation der Wirtschaftszweige" (für das Jahr 1999: WZ 1993). Diese klassifiziert teilweise anders als die Bautarifverträge, weil dort nach "vorbereitenden Baustellenarbeiten/Hoch- und Tiefbau" einerseits (WZ Nr.45.1 und 45.2) sowie "Bauinstallation/sonstiges Baugewerbe" anderseits (WZ Nr.45.3 und 45.4) unterschieden wird. Demgegenüber erfassen die bautariflichen Bestimmungen grundsätzlich das gesamte Baugewerbe, nehmen freilich einzelne Gewerbezweige durch den Tarifvertrag selbst aus (§ 1 Abs.2 Abschn. VII VTV).Hinsichtlich anderer Gewerbezweige, die dem Baugewebe nach der statistischen Klassifizierung angehören, begehrten die antragstellenden Tarifvertragspartien zudem selbst eine Einschränkung der AVE.

Eine Kontrollüberlegung bestätigt das. Nach den dem Bundesministerium zur Verfügung gestellten Unterlagen des Statistischen Bundesamtes entfielen im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf AVE auf den Bereich "vorbereitende Baustellenarbeiten/Hoch- und Tiefbau" 81.301 Betriebe. Herauszunehmen sind nicht nur, wie vom Bundesministerium geschehen, Dachdeckerbetriebe (10.626) und Gerüstbaubetriebe (3.424), weil die Bautarifverträge solche Betriebe ausdrücklich ausnehmen (§ 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 2 und 3 VTV), sondern auch Abbruchbetriebe (1.225), weil sich auf solche die AVE grundsätzlich nicht erstrecken sollte (Einschränkung III 5 der AVE), und Fertigbaubetriebe, die Fertigbauteile herstellen (449), weil diese von den Bautarifverträgen nicht erfasst werden (§ 1 Abs.2 Abschn. V Nr.13 VTV). Damit verbleiben in diesem Bereich 65.363 Betriebe.

Das vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland für das Kalenderjahr 2000 führt im Bereich "Bauinstallation/sonstiges Baugewerbe" 25.447 Betriebe mit im allgemeinen 10 Beschäftigten auf (S.212). Herauszurechnen sind die Betriebe, die nicht von den tarifvertraglichen Regelungen erfasst werden, nämlich die Elektroinstallation, die Klempnerei, Wasserinstallation, die Installation von Heizungs- Lüftungs- Klima- und gesundheitstechnischen Anlagen (§ 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.12 VTV) sowie das Maler- und Lackierhandwerk (§ 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 6 VTV), außerdem die zahlenmäßig nicht genau belegte Raumausstattung (vgl. § 1 Abs.2 Abschn. V Nr.38 VTV).. Damit ergeben sich insoweit 6.856 Betriebe, zusammen mit den vorgenannten also 71.770 Betriebe.

Dass dies weniger Betriebe sind als von der ZVK ermittelt, verwundert nicht, weil bei der Zahl von 6.856 nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes im Statistischen Jahrbuch Betriebe mit im allgemeinen weniger als 10 Arbeitnehmern nicht berücksichtigt worden sind. Deren Zahl lässt sich jedoch hinreichend sicher aus allgemein zugänglichen Quellen ermitteln.

Legt man die Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahrbuch 2000 über die Zahl der Betriebe im Bereich "Vorbereitende Baustellenarbeiten/Hoch- und Tiefbau" mit jeweiligen Beschäftigtenzahlen zugrunde (S. 211 des Jahrbuchs) und rechnet die nicht von den Bautarifverträgen erfassten Bereiche heraus, ergibt sich, dass etwa 81,4% der Beschäftigten in Betrieben mit zwischen 1 und 19 Beschäftigten tätig waren. Im Bereich "Bauinstallation /sonstiges Baugewerbe" waren im tariflich relevanten Bereich Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten in einem Umfang von 2.364 vorhanden (S. 208 des Jahrbuchs). Unterstellt man, was lebensnah ist, dass der Anteil von Betrieben mit 1 bis 19 Arbeitnehmern im letztgenannten Bereich dem des Bereichs "Vorbereitende Baustellenarbeiten/Hoch- und Tiefbau" in etwa entspricht, machen 2.364 Betriebe in etwa 18,6% der Betriebe im tariflich relevanten Bereich "Bauinstallation/sonstiges Baugewerbe" aus. Das ergibt insgesamt 12.710 Betriebe im Bereich "Bauinstallation/sonstiges Baugewerbe". Diese Zahl ist jedenfalls realistischer als die vom Ministerium mitverwendete Zahl der Handwerkszählung 1995 (17.994), weil diese bereits aufgrund des Zeitablaufs überhöht sein dürfte, jedenfalls aber deshalb überhöht ist, weil in die Zahl der Beschäftigten auch der Inhaber und unbezahlt mithelfende Familienangehörige eingerechnet sind (Bl. 130 Prüfakte 31241-Ü-14b/45 zu Nr. 6.6). Die sich bei 12.710 Betrieben im Bereich "Bauinstallation/sonstiges Baugewerbe" ergebende Abweichung zu den von der ZVK erfassten Betrieben 4,5% bzw. 3,1% ist unerheblich, weil die Zahl von 65.363 mit Sicherheit zu hoch ist. Darin sind, wie bereits hervorgehoben, auch Arbeitsgemeinschaften enthalten, darunter befinden sich auch Betriebe, die, wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat (S. 9 des Schriftsatzes v. 13. November 2006, Bl. 463 d,A,) jedenfalls teilweise nicht unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge fallen. Mithin spricht alles dafür, dass die von der ZVK erfasste Zahl von 74.188 bzw. 75.692 realistisch ist.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Ministerium die Angaben der Verbände über die Zahl der von tarifgebundenen Arbeitgebern geführten Betriebe zugrunde gelegt hat. Auf solche Angaben der Arbeitgeberverbände ist das Ministerium unabdingbar angewiesen, Anhaltspunkte dafür, dass die insoweit bekanntgegebenen Zahlen unrichtig sein könnten, sind nicht ersichtlich.

Richtig bleibt allerdings, dass sich aus den danach beanstandungsfrei vom Ministerium zugrunde gelegten Zahlen nicht unmittelbar erschließt, welche Zahl von gewerblichen Arbeitnehmern insgesamt und welche Zahl von tarifgebundenen Arbeitgebern im Geltungsbereich der Bautarifverträge im Zeitpunkt der AVE beschäftigt worden ist. Das ist jedoch auch nicht notwendig. Ist nämlich davon auszugehen, dass in den Betrieben, deren Inhaber Mitglied der Arbeitgeberverbände ist, mindestens die Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt wurde wie in Betrieben, deren Inhaber nicht tarifgebunden ist, ergibt sich aus den Betriebszahlen zwangsläufig, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50% der vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge erfassten Arbeitnehmer im Zeitpunkt der AVE beschäftigten.

So ist es hier.

Nach den Ermittlungen des IAB Stand Juni 1998 war die Tarifbindung von Arbeitgebern umso eher gegeben, je größer die Zahl der Beschäftigten war. Danach betrug die Tarifbindung von Betrieben ab 50 Beschäftigten sowohl in West- wie in Ostdeutschland deutlich mehr als 50%, im Westen lag sie bereits ab 10 Beschäftigten erheblich über diesem Prozentsatz (Bl. 136 der Prüfakte 31241-Ü-14b/45). Die im Dezember 2001 erschienene Untersuchung von Schnabel/Kohaut (Friedrich-Alexander -Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für VWL, insbe. Arbeitsmarkt-und Regionalpolitik Diskussionspapiere Nr.8 "Tarifverträge-nein danke?" Dezember 2001 S.9) bestätigt das für das Jahr 2000. Ab 10 Beschäftigten betrug die Tarifbindung der Arbeitnehmer an einen Branchentarifvertrag im Westen 54,1 %, im Osten 33,0% und stieg bis zu Betrieben mit mehr als 1000 Beschäftigten stetig. Wenn das Ministerium angesichts dieser durch wissenschaftliche Untersuchungen abgesicherten Ergebnisse zu der Schlussfolgerung gelangte, dass in der von den Arbeitgeberverbänden des Baugewerbes angegebenen Zahl von Betrieben mindestens die Arbeitnehmerzahl tätig war wie in den Betrieben nicht tarifgebundener Arbeitgeber, tat es nichts anderes als dem Grundsatz zu folgen, dass dort wo Sicherheit mangels exakter Daten fehlt, es rational ist, der Wahrscheinlichkeit zu trauen. Im Ergebnis ist das nichts anderes als eine sorgfältige Schätzung.

Bei dieser Sachlage sah sich die Berufungskammer auch nicht veranlasst, weitere eigne Ermittlungen anzustellen.

Soweit die Beklagte rügt, das Ministerium habe kein eigenen Ermittlungen angestellt, übersieht sie, dass das das Ministerium nicht zwingend gehalten war, eigene Nachforschungen anzustellen. Vielmehr durfte es sich auf die ihm gemachten Angaben verlassen. Das Ministerium hat einmal Statistiken zugrundegelegt, auf deren korrekte Erstellung nach den Regeln der Statistik es schon deshalb vertrauen durfte, weil diese vom insoweit als zuverlässige Quelle ausgewiesenen Statistischen Bundesamt stammen. Dass es Angaben der Arbeitgeberverbände und der ZVK zugrunde gelegt hat, war unvermeidlich, Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unrichtig sein könnten, fehlen und sind auch von der Beklagten nicht aufgezeigt worden. Gerade letzteres war von ihr zu verlangen, nachdem sie über die Informationen verfügte, die sie erhalten wollte, nämlich die Informationen darüber, wie das Ministerium dazu gekommen ist, die Voraussetzung des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG als gegeben zu erachten.

Die übrigen Voraussetzungen einer Erstreckungswirkung der bautariflichen Vorschriften auf die Beklagte im Klagezeitraum sind gegeben.

Die Beklagte befasste sich im Klagezeitraum mit der Durchführung von Rohbauarbeiten mit baulichen Leistungen iSv § 211 Abs.1 SGB und der tariflichen Geltungsbereichsbestimmungen des § 1 Abs.2 VTV und BRTV/Bau.. Als in Portugal ansässiges Bauunternehmen beschäftigte sie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von ihr aus Portugal entsandte Arbeitnehmer. Damit schuldet sie für die beschäftigten Arbeitnehmer dem Kläger die Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen.

Der Höhe nach kann der Kläger als Beitragszahlung für das Kalenderjahr € 155.982,04 verlangen.

Soweit der Urlaubskassenbeitrag der Höhe nach nicht bereits erstinstanzlich unstreitig war, hat das Arbeitsgericht das notwendige gesagt. Darauf wird zu Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 69 Abs.2 ArbGG), zumal die Beklagte insoweit im Berufungsrechtszug keine Einwände erhoben hat.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich. Bei der Antwort auf sämtliche entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat sich die Berufungskammer an der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert.

Ende der Entscheidung

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