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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 03.07.2006
Aktenzeichen: 16 Sa 1996/05
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, VTV


Vorschriften:

BGB § 812
BGB § 197 aF
EGBGB Art. 220 § 6
VTV aF § 61
Ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grundes an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft gezahlten Urlaubskassenbeiträge verjährte unter der Geltung des BGB vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 21. November 2001 nach § 197 BGB aF innerhalb von vier Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem die Zahlungen geleistet wurden (im Anschluss an BGH 10. Juli 1986 BGHZ 98,174).
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 21. September 2005 - 6 Ca 3661/04 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche.

Die Klägerin unterhält mit Sitz in Xxxxx (Portugal) einen baugewerblichen Betrieb. In den Jahren 1997 und 1998 führte sie mit Hilfe aus Portugal entsandter portugiesischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland arbeitszeitlich überwiegend bauliche Arbeiten durch.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung für gewerbliche Arbeitnehmer zu sichern. Zu diesem Zweck haben die dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitgeber Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolöhne der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Beklagten zu zahlen.

Für ihre in der Zeit von Mai 1997 bis Dezember 1998 in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer meldete die Klägerin dem Beklagten zu zahlende Urlaubskassenbeiträge in Höhe von € 697.822,37 und zahlte an den Beklagten in den Jahren 1007 bis 1999 Urlaubskassenbeiträge in Höhe von insgesamt jedenfalls € 690.302,36. Zugunsten der Klägerin verbuchte der Beklagte neben dem vorgenannten Betrag auf dem Beitragskonto für die Klägerin eine Sozialversicherungsgutschrift über € 71.777,54 sowie eine Steuergutschrift über € 2.902,60. Ausgezahlt wurde an die Klägerin vom Beklagten im August 1998 ein Betrag von € 9.840,50. Mit Kontoauszug vom 23. März 2004. hinsichtlich dessen genauen Inhalts auf Bl. 6 d.A. Bezug genommen wird, teilte der Beklagte der Klägerin mit, es bestehe ein Restguthaben zu ihren Gunsten in Höhe von € 57.319,23, das mangels Monatsmeldungen nicht ausgezahlt werden könne.

Die Klägerin hat mit ihrer am 30. Dezember 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Ansicht vertreten, der Beklagte schulde ihr Zahlung von insgesamt € 121.549,85. Sie sei in den Jahren 1997 und 1998 nicht zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren verpflichtet gewesen, weil die gesetzliche Erstreckung der bautarifvertraglichen Urlaubskassenregelungen auf Arbeitgeber aus dem EG-Bereich in diesen Jahren nach der Rechtsprechung des BAG europarechtswidrig gewesen sei. Demzufolge könne sie folgende Beträge vom Beklagten verlangen: Tatsächlich habe sie für 1998 und 1999 Urlaubskassenbeiträge in Höhe von € 703.084,76 gezahlt so dass sie die Differenz zwischen dem von dem Beklagten gebuchten Betrag von € 690.302,36 und dem Betrag von € 703.084,76, mithin € 12.782,29, fordern könne. Weiter schulde ihr der Beklagte die Zahlung der verbuchten Steuer und Sozialversicherungsguthaben (€ 2.902,60 + € 71.777,54) sowie weitere € 10.571,49 und weitere € 23.515,93. Bei den beiden letzten Beträgen handele es sich um von ihr durch Urlaubskassenbeiträge finanzierte Urlaubsvergütungen, die vom Beklagten nicht an Arbeitnehmer ausgezahlt worden seien. Die Zahlung des Beklagten im August 1998 könne nicht zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden, weil es sich dabei um die Auszahlung eines Steuer- und Sozialversicherungsguthabens gehandelt habe. Verjährt seien die Ansprüche nicht, weil die dreissigjährige Verjährungsfrist maßgeblich sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 121.549,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits nicht schlüssig. Zum einen habe die Klägerin für die Kalenderjahre 1997 und 1998 lediglich € 690.302,36 an Urlaubskassenbeiträgen gezahlt, zum anderen könne sie keinesfalls Zahlung der ihr kontenmäßig gutgeschriebenen Steuer- uns Sozialversicherungsbeiträge verlangen, weil solche Beträge mangels Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren niemals zu ihren Gunsten entstanden seien. Nichts anderes gelte für die geltend gemachten, nicht an Arbeitnehmer ausgezahlten Beträge, weil mangels Geltung der bautariflichen Vorschriften für die Arbeitnehmer gar keine Ansprüche entstanden seien. In jedem Falle seien Ansprüche der Klägerin verjährt, weil Rückzahlungsansprüche aufgrund rechtsgrundlos geleisteter Urlaubskassenbeiträge in vier Jahren verjährten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21. September 2005 die Klage mit der Begründung abgewiesen, jedenfalls seien Ansprüche der Klägerin verjährt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 27 bis 34 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 03. Juli 2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie verfolgt ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter und wiederholt und vertieft ihre Ansicht, dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF nicht maßgeblich sei.

Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung, verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft seine Ansicht, wonach die Klageforderung verjährt sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 03. Juli 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann vom Beklagten nicht die Zahlung von € 121.549,85 verlangen.

Soweit die Klägerin, bei wörtlichem Verständnis ihres Klagebegehrens, Auszahlung der ihr vom Beklagten auf dem von diesem geführten Beitragskonto gutgeschriebenen Beträge von € 17.777,54 und € 2.902,60 verlangt, fehlt für dieses Begehren eine Rechtsgrundlage.

Auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe in der für die Kalenderjahre 1997 und 1998 gültigen Fassung (VTV aF) kann die Klägerin dieses Begehren nicht stützen. Denn diese tariflichen Vorschriften galten zwischen den Parteien nicht.

Richtig ist, dass der Beklagte nach §§ 65,66 VTV aF verpflichtet war, erfüllungshalber die Urlaubsvergütung und Urlaubsabgeltung, abzüglich des darauf entfallenden Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung und der Lohnsteuer, anstelle des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer zu leisten und einen Pauschalbetrag für Steuer und Sozialversicherung an den Arbeitgeber zu zahlen. Ein entsprechender Anspruch eines Arbeitgebers wie der Klägerin gegen den Beklagten setzte jedoch voraus, dass die tariflichen Bestimmungen des VTV aF zwischen den Parteien galten. Das war für 1997 und 1998 nicht der Fall. Für diese Jahre bestand seitens der Klägerin nämlich keine Verpflichtung, mit ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern am bautariflichen Urlaubskassenverfahren teilzunehmen, weil die Erstreckung der Urlaubs- und Urlaubskassentarifverträge auf der Grundlage der bis 31. Dezember 1998 geltenden Regelung des AEntG gegen den EG-Vertrag (Art. 49, 50 EG ex Art. 59, 60 EGV) verstieß (vgl. BAG 20. Juli 2004 AP Nr. 18 zu § 1 AEntG). Deshalb konnten für die Klägerin als Trägerin eines portugiesischen Unternehmens für diese Jahre aus den Bestimmungen des VTV aF weder Rechte noch Pflichten begründet werden. Das schließt einen tariflichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vorgenannten Beträge aus.

Eine andere Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen der Klägerin in der vorgenannten Höhe fehlt.

Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereichung scheidet aus, weil der Beklagte Beträge in der vorgenannten Höhe weder durch Leistung noch in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin erlangt hat. Dieser hat vielmehr vermeintlich den Arbeitnehmern der Klägerin nach den bautariflichen Bestimmungen zustehende Urlaubsvergütungen und Urlaubsabgeltungen in Höhe der Nettobeträge (also nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben) an diese ausgezahlt.

Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 681, 667 BGB), gerichtet auf Herausgabe der nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlten Steuer- und Sozialversicherungsbeträge, scheitert ebenfalls. Insoweit kann es dahinstehen, ob durch §§ 677, 681, 667 BGB insoweit überhaupt eine Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Herausgabe der von letzterem nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlten Steuer- und Sozialversicherungsbeträge begründet werden könnte. Denn in jedem Fall fehlte bei der Auszahlung der Urlaubsvergütungen bzw. Urlaubsabgeltungen durch den Beklagten an die Arbeitnehmer der erforderliche Fremdgeschäftsführungswille des Beklagten. Denn dieser erfüllte mit der Zahlung vermeintliche gesetzliche, nämlich durch § 1 AEntG auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer erstreckte, eigene tarifvertragliche Pflichten. Das ist ein kaum zu übertreffendes Eigengeschäft.

Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn man davon ausgeht, die Klägerin mache die beiden vorgenannten Beträge lediglich als Rechnungsposten im Rahmen einer geforderten Rückzahlung rechtsgrundlos an den Beklagten geleisteter Urlaubskassenbeiträge in Höhe der gesamten Klageforderung geltend. Dafür spricht das von Klägerin verfolgte Klageziel. Wie ihr gesamtes Vorbringen zeigt, will sie der Sache nach erreichen, dass der Beklagte ihr den Betrag (zurück)zahlt, der sich ergibt, wenn man die von ihr geleisteten Beiträge um die Beträge vermindert, die von dem Beklagten als (vermeintlich nach §§ 65,66 VTV aF geschuldete) Urlaubsvergütung bzw. Urlaubsabgeltung an die in den Jahren 1997 und 1998 in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Da diese Zahlungen "netto" erfolgten, sich die Höhe der Urlaubskassenbeiträge jedoch nach dem Bruttolohn richtete (§ 61 Abs.1 VTV a.F.), sind damit rechnerisch in Höhe der vorbezeichneten Gutschriften Beitragszahlungen erfolgt, denen keine Auszahlungen an Arbeitnehmer in gleicher Höhe gegenüberstehen.

Ein insoweit allein in Betracht kommender Anspruch der Klägerin auf Zahlung des insgesamt geltend gemachten Betrages nach §§ 812 Abs.1, 818 Abs.2 BGB scheidet aus, weil ein solcher Anspruch, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, verjährt ist. Denn maßgeblich ist die vierjährige Verjährungfrist des § 197 BGB in der vor dem 01. Januar 2002 gültigen Fassung (BGB aF). diese Verjährungsfrist war bei Klageerhebung am 30. Dezember 2004 abgelaufen

Im einzelnen gilt:

Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung von Urlaubskassenbeiträgen nach § 812 BGB gem. § 197 BGB a.F. nach vier Jahren, berechnet ab dem Jahresende, in dem sie entstanden sind, verjährten.

Aus ungerechtfertigter Bereicherung abgeleitete Ansprüche auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Urlaubskassenbeiträge unterlagen nach dem BGB aF nicht der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB aF. Diese galt nur dann, wenn keine kürzere Verjährungsfrist eingriff. Letzteres ist hier jedoch der Fall. Die vorliegend geltend gemachten Rückerstattungsansprüche unterfielen der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB aF, weil es sich um die Rückforderung wiederkehrend erbrachter Leistungen handelte.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 10. Juli 1986 (= BGHZ 98, 174 ) entschieden, daß bei Nichtigkeit eines Ratenkreditvertrages der - sich aus den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung ergebende - Anspruch des Kreditnehmers auf Rückzahlung geleisteter Zinsen und sonstiger Kreditkosten nach § 197 BGB in vier Jahren verjährt. In gleicher Weise entschieden hat der BGH für einen Fall, in dem ein Bezieher von Fernwärme aus ungerechtfertigter Bereicherung abgeleitete Ansprüche auf Rückzahlung zuviel gezahlter Leistungsentgelte geltend machte (vgl. BGH 26. April 1989 NJW-RR 1989,1013). Die dafür maßgebenden Erwägungen, die das Arbeitsgericht im einzelnen dargelegt hat und denen sich die Berufungskammer anschließt, treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Zur Ergänzung und Präzisierung der arbeitsgerichtlichen Ausführungen ist lediglich folgendes klarzustellen:

Ebenso wie der Anspruch auf Rückerstattung rechtsgrundlos geleisteter Kreditkosten oder der Anspruch auf rechtsgrundlos gezahlte Leistungsentgelte für Fernwärme ist auch der hier in Rede stehende Bereicherungsanspruch auf "regelmäßig wiederkehrende Leistungen" im Sinne des § 197 BGB gerichtet. Er ist - seine Berechtigung unterstellt - nicht in einer Summe fällig geworden, sondern entstand mit jeder Zahlung.

Die einzelnen Zahlungen für Urlaubskassenbeiträge hatten in regelmäßigen Zeitabständen, nämlich monatlich (§ 61 Abs.3 VTV a.F.), zu erfolgen und erfolgten auch regelmäßig, wobei die Klägerin in der Vorstellung leistete, zur regelmäßigen Entrichtung verpflichtet zu sein. Damit ist der jeweils sofort fällig gewordene Rückzahlungsanspruch gleichfalls auf eine in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringende Leistung gerichtet. Aus diesem Grunde unterfällt er bereits dem Wortlaut nach der Verjährungsvorschrift des § 197 BGB Deshalb bedarf es zur Anwendung von § 197 BGB, entgegen der Ansicht der Klägerin, im vorliegenden Fall auch nicht der Feststellung einer Gesetzeslücke und damit der Feststellung einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Verjährungsregelungen. Das wäre nur notwendig, wenn es um die Frage der analogen Anwendung einer Norm auf einen von dieser nicht unmittelbar erfassten Sachverhalt ginge. Die Anwendung von § 197 BGB a.F. rechtfertigt sich hier jedoch aus der gebotenen, den Gesetzeswortlaut und den Sinnzusammenhang beachtenden Auslegung der gesetzlichen Bestimmung Deren Anwendung auf Bereicherungsansprüche der vorliegenden Art ist nämlich nicht nur nach dem Wortlaut möglich, sondern auch von ihrem Sinn und Zweck her geboten. § 197 BGB a.F unterwarf Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen der kurzen Verjährung von vier Jahren, um zu verhindern, daß regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen des Gläubigers sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer fällt. Daneben ist eine Rechtfertigung der kurzen Verjährungsfrist auch darin zu sehen, dass es gerade bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer ist, sichere Feststellungen für eine Zeit zu treffen, die bis zu dreißig Jahren zurückliegt (vgl. BGHZ 98, 174 , 184).

Die Gefahr eines solchen Aufsummens besteht auch bei Ansprüchen aus § 812 BGB auf Rückzahlung nicht geschuldeter, aber in regelmäßig wiederkehrenden Zeitabständen gezahlter Urlaubskassenbeiträge. Dass sich insbesondere bei sukzessiver Zahlung derartiger Beträge Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung ergeben können - insbesondere dann, wenn der Beklagte seinerseits in vermeintlicher Annahme einer entsprechenden Verpflichtung Zahlungen an Arbeitnehmer geleistet hat und insoweit einen Wegfall der Bereicherung einwendet - liegt auf der Hand.

Hält man sich das vor Augen, steht dazu nur scheinbar im Widerspruch, dass nach der Rechtsprechung des BAG für Ansprüche des Arbeitgebers aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen rechtsgrundloser Vergütungszahlungen die dreißigjährige Verjährungsfrist gelten sollte (vgl. BAG 14. März 2000 AP Nr. 6 zu § 611 BGB Lohnrückzahlung m.w.N.). Denn die Sachlage unterscheidet sich in diesen Fällen schon deshalb erheblich von dem vorliegenden, weil in der Regel etwa entstandene Rückzahlungsansprüche wegen rechtsgrundlos gezahlter Vergütung nicht auf eine in bestimmten Zeitabständen regelmäßig wiederkehrende Leistung gerichtet sind.

Die kurze Verjährung des § 197 BGB aF begann gemäß § 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres, in dem der nach den §§ 198-200 BGB aF maßgebende Zeitpunkt eintrat. Der maßgebende Zeitpunkt nach § 198 BGB aF ist die Entstehung des Anspruches, die hier mit der jeweiligen Zahlungen der Klägerin zusammenfiel. Dass die Zahlungen in regelmäßig wiederkehrender Weise erfolgten, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Ob insoweit in jedem Fall die vorgeblich geltenden tariflichen Vorschriften, wonach Fälligkeit zum 15. des jeweiligen Folgemonats (§ 61 Abs.3 VTV a.F.) eintrat, beachtet wurde, ist unerheblich. Die spätesten Zahlungen (für 1998) erfolgten, wie die in der Aufstellung der Klägerin (Bl. 5 d.A.) enthaltenen Angaben über die Art der Verbuchung durch den Beklagten belegen, im Jahre 1999. Damit waren sämtliche Ansprüche der Klägerin spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2003 verjährt.

Die Verjährungsvorschriften des BGB in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung ändern nichts.

Bei den Rückzahlungsansprüchen der Beklagten handelt es sich um Ansprüche, die vor dem In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 28. November 2001 (BGBl I S.3138) am 01. Januar 2002 entstanden sind. Gem. Art.220 § 6 Abs.1 S.1.EGBGB gelten für am 01. Januar 2002 noch nicht verjährte Forderungen die Vorschriften des BGB in der vor dem 01. Januar 2002 gültigen Fassung. Ist die Verjährungsfrist nach den seit 01. Januar 2002 geltenden Vorschriften des BGB kürzer als nach dem BGB aF, so wird die kürzere Frist gem. Art.229 § 6 Abs.4 S.1 EGBGB vom 01. Januar 2002 an berechnet, es sei denn, die längere Verjährungsfrist des BGB. aF läuft früher ab. In diesem Fall bleibt es nach Art.229 § 6 Abs.4 S.2 EGBGB beim Ablauf der Frist nach dem BGB aF.

Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund geleisteter Urlaubskassenbeiträge für den Zeitraum von Mai bis November 1997 waren dann in Ansehung von § 197 BGB aF bereits mit dem Ablauf des 31. Dezember 2001 verjährt, wenn die Klägerin die Beiträge, entsprechend der Fälligkeitsregel des § 61 Abs.3 VTV a.F, .am 15. des jeweiligen Folgemonats gezahlt hätte. Denn die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF begann nach § 201 BGB aF mit dem Schluss des Jahres zu laufen. Derartige Ansprüche waren am 31. Dezember 2001 24.00 Uhr verjährt.

Rückforderungsansprüche der Klägerin für die für den Zeitraum Dezember 1997 bis November 1998 geleisteten Urlaubskassenbeiträge waren, soweit die Zahlungen entsprechend der Fälligkeitsregelung des § 61 Abs.3 VTV a.F. tarifgerecht erfolgten, am 31 Dezember 2002 24.00 Uhr, Rückzahlungsansprüche für Dezember 1998 am 31. Dezember 2003 24. 00 Uhr verjährt. Letzters gilt im übrigen für sämtliche, erst 1999 erfolgten Beitragszahlungen für die Jahre 1997 und 1998. Die Verjährungsfrist des ab 01. Januar 2002 geltenden BGB ist für die Ansprüche der Klägerin mit drei Jahren (§ 195 BGB) kürzer als die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF Die kürzere Frist wird mit dem 01. Januar 2002 berechnet und lief mit dem 01. Januar 2005 24. 00 Uhr ab. Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs.1 Nr. BGB lagen nämlich an diesem Tage vor, weil ein allein insoweit möglicher Rechtsirrtum der Klägerin den Fristbeginn nicht hinderte (vgl. Jauernig BGB 10. Aufl. 2003 § 199 Rz5). Da die längere vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF jedoch bereits am 31. Dezember 2002, für Rückzahlungsansprüche wegen der Dezemberbeiträge oder sonstiger erst 1999 geleisteter Urlaubskassenzahlungen für 1998 am 31. Dezember 2003, abgelaufen war, ist die Verjährung mit Ablauf dieser früher abgelaufenen Frist vollendet (Art. 229 § 6 Abs.4 S.2 EGBGB).

Ohne Bedeutung ist es, ob der Kontoauszug des Beklagten vom 23. März 2004 als Anerkenntnis nach § 212 Abs.1 Nr.1 BGB oder § 208 BGB aF angesehen werden kann. Herauf kommt es nicht an. Denn der Kontoauszug stammt aus einer Zeit nach Ablauf der Verjährungsfrist. Ein nach Ablauf der Verjährung abgegebenes Anerkenntnis ist für die Verjährung ohne Belang (vgl. BGH 21. November 1996 NJW 1997,516, BGH 09. Oktober 1986 WM 1987,198).

Aus dem Kontoauszug kann auch nicht abgeleitet werden, dass eine Berufung des Beklagten auf den Ablauf der Verjährung treuwidrig wäre (§ 242 BGB). Eine solch Annahme verbietet sich schon deshalb, weil der Beklagte in dem Kontoauszug eine Zahlungsverpflichtung seinerseits ausdrücklich unter Hinweis auf fehlende Meldungen verneint hat.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs.1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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