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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 16 Sa 425/05
Rechtsgebiete: TVG, TVR/Baugewerbe


Vorschriften:

TVG § 1
TVG § 4 V
TVG § 5 V
TVR/Baugewerbe § 19 II
Die durch § 19 Abs. 2 des Tarifvertrages über Rentenbeihilfen im Baugewerbe vom 31. Oktober 2002 mit Wirkung vom 1. Januar 2003 angeordnete Kürzung der tariflichen Beihilfen zur Altersrente, zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente und zur Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für ehemalige Arbeitnehmer, deren Versicherungsfall vor dem 1. Januar 2003 eingetreten ist, ist unwirksam. Diese ehemaligen Arbeitnehmer haben Anspruch auf ungekürzte Zahlung der tariflichen Beihilfe.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 2. November 2004 - 2 Ca 1123/03 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 32,58 (i.W.: Zweiunddreißig 58/100 Euro) zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ungekürzt kalendervierteljährlich, beginnend mit dem 1. Oktober 2003, für jeweils drei Monate im voraus den Betrag zu zahlen, der 80 % der in § 4 Abs. 3 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) vom 28. Dezember 1979 in der Fassung vom 14. Dezember 2001 und § 3 des Tarifvertrages über eine Ergänzungsbeihilfe für langjährige Zugehörigkeit im Baugewerbe (TVE) vom 30. September 1998 in der Fassung vom 14. Dezember 2001 festgelegten Beträge entspricht.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der von dem Beklagten an die Klägerin zu zahlenden Rentenbeihilfe und in diesem Zusammenhang um die Frage, ob die Höhe der Rentenbeihilfe tarifvertraglich wirksam gekürzt werden konnte.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, der u.a. nach Maßgabe seiner Satzung und tarifvertraglichen, für allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen Beihilfen an ehemalige Arbeitnehmer des Baugewerbes zahlt. Die entsprechenden Beträge werden von den baugewerblichen Arbeitgebern durch monatliche Beitragszahlungen aufgebracht, und zwar, für gewerbliche Arbeitnehmer, durch Zahlung eines Prozentsatzes der Bruttolöhne, für Angestellte durch Zahlung eines monatlichen Festbeitrags pro beschäftigtem Angestellten. Bis zum 31. Dezember 2002 fanden sich die tarifvertraglichen Regelungen über die Altersbeihilfe in dem Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) vom 28. Dezember 1979, zuletzt in der Fassung vom 14. Dezember 2001, der den Tarifvertrag über die zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe vom 12. November 1960 (zuletzt in der Fassung vom 30. Oktober 1975) abgelöst hatte, und im Tarifvertrag über eine Ergänzungsbeihilfe für langjährige Zugehörigkeit zum Baugewerbe (TVE), zuletzt vom 30. September 1998 in der Fassung vom 14. Dezember 2001, dem seit 1969 Vorgängertarifverträge, die jeweils auf einen Zeitraum von 3 - 4 Jahren befristet waren, vorausgegangen waren. Der TVE vom 30. September 1998 war befristet bis 31. Dezember 2002.

Die Klägerin, die kein Mitglied einer Gewerkschaft ist, war vom 01. April 1959 bis 1998 in einem zur Baubranche zählenden Unternehmen als Buchhalterin beschäftigt. Im Anschluss daran war sie außerhalb des Baugewerbes tätig. Seit 30. September 2001 bezieht sie Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit Schreiben vom 20. November 2001 (Bl. 17 - 23 d.A.) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab 01. Oktober 2001 eine monatliche Rentenbeihilfe von € 26,58 und ab 01. Juli 2002 eine, sich entsprechend den Angaben in diesem Schreiben jährlich steigernde, Rentenbeihilfe und zudem eine Ergänzungsbeihilfe von monatlich € 44,58 erhalten werde.

Am 31. Oktober 2002 wurde von den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ein Tarifvertrag über Rentenbeihilfen im Baugewerbe (TVR) abgeschlossen. Dieser Tarifvertrag sieht eine einheitliche Rentenbeihilfe zur gesetzlichen Altersrente vor. § 19 TVR bestimmt:

(1) Der Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) vom 28. Februar 1979 in der Fassung vom 14. Dezember 2001 tritt am 31. Dezember 2002 außer Kraft.

(2) Für Versicherungsfälle, die vor dem 01. Januar 2003 eingetreten sind, ergeben sich die Beihilfen zur Altersrente, zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente und zur Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TVA) vom 28. Februar 1979 in der Fassung vom 14. Dezember 2001 und dem Tarifvertrag über eine Ergänzungsbeihilfe für langjährige Zugehörigkeit zum Baugewerbe (TVE) vom 30. September 1998 in der Fassung vom 14. Dezember 2001 mit der Maßgabe, dass diese Beihilfen für Rentenbezugszeiten bis zum 31. Dezember 2002 in voller Höhe gezahlt und für Rentenbezugszeiten ab 01. Januar 2003 um 5% durch entsprechende Kürzung der Ergänzungsbeihilfen vermindert werden.

Dieser Tarifvertrag wurde am 15. März 2004 mit Wirkung ab 01. Januar 2003 für allgemeinverbindlich erklärt (BAnz Nr. 61 vom 27. März 2004). Die Allgemeinverbindlicherklärung erging u.a. mit folgender Maßgabe:

Soweit Bestimmungen des Tarifvertrages auf Bestimmungen anderer Tarifverträge verweisen, erfasst die Allgemeinverbindlicherklärung die verweisenden Bestimmungen nur, wenn und soweit die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen ihrerseits für allgemeinverbindlich erklärt sind.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 hatte der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass aufgrund der neuen tarifvertraglichen Regelungen der monatliche Rentenbeihilfeanspruch bis 31. Dezember 2002 € 74,40 ,und ab 01. Januar 2003 € 66,78 monatlich betrage.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kürzung der Rentenbeihilfebeträge. Sie hat die Ansicht vertreten, die tarifvertragliche Änderung sei unwirksam. Zudem sei der Beklagte an sein Schreiben vom 20. November 2001 gebunden. Schließlich könne, wenn überhaupt, nur der Betrag der Ergänzungsbeihilfe um 5% vermindert werden. Entsprechend schulde der Beklagte für den Zeitraum Januar bis September 2003 monatlich € 3,62, zusammen also € 32,58 und ab 01. Oktober 2003 kalendervierteljährlich über den monatlichen Rentenbeihilfebetrag von € 78,78 weitere € 3,62.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 32,58 zu zahlen; außerdem, den Beklagten zu verurteilen, an sie beginnend mit dem 01. Oktober 2003 kalendervierteljährlich für jeweils drei Monate im Voraus monatlich über den derzeitigen Rentenbeihilfebetrag von € 68,78 hinaus weitere € 3,62 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, die Kürzung der Beihilfeleistungen zum 01. Januar 2003 sei zulässig. Die Klägerin habe ab dem 01. Januar 2003 wegen der Befristung des TVE keinen Anspruch auf die Ergänzungsbeihilfen mehr gehabt, sondern ohnehin nur auf Rentenbeihilfen nach dem TVA. Durch den TVR seien die tarifvertraglichen Regelungen über die Altersbeihilfe im Baugewerbe insgesamt neu geregelt worden. Diese Neuregelung gelte auch für die Klägerin.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. November 2004 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 81 - 88 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 10. Oktober 2005 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie wiederholt und vertieft in Auseinandersetzung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil ihre Ansicht, dass die Kürzung der Rentenbeihilfe unwirksam sei und meint, der TVR habe die vorausgegangenen Tarifverträge nicht in Gänze ersetzt, so dass diese weiter für sie gelten würden. Im Übrigen gehe sie hinsichtlich des Zeitraums ab 01. Oktober 2003 von der Leistungs- zur Feststellungsklage über und begehre den sich aus den Vorschriften des TVA und TVE für sie ergebenden Betrag.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie € 32,58 zu zahlen und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, beginnend mit dem 01. Oktober 2003 kalendervierteljährlich ungekürzt den Betrag an die Klägerin zu zahlen, der 80% der in § 4 Abs. 3 des Tarifvertrages über eine Altersbeihilfe im Baugewerbe und § 3 des Tarifvertrages über eine Ergänzungsbeihilfe im Baugewerbe festgelegten Beträge entspricht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt, unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens, weiter die Auffassung, dass die Klägerin entsprechend den tarifvertraglichen Regelungen ab 01. Januar 2003 nur eine um 5% gekürzte Altersbeihilfe verlangen könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 10. Oktober 2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung ist angesichts der ausdrücklichen Zulassung durch das Arbeitsgericht unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes bedenkenfrei (§ 64 Abs. 2 a ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Die Klägerin kann vom Beklagten die Zahlung von € 32,58 sowie die zweitinstanzlich begehrte Feststellung verlangen.

Zulässigkeitsbedenken gegen die Klage bestehen nicht. Dass die Klägerin zweitinstanzlich hinsichtlich des Zeitraums ab Oktober 2003 von der Klage auf künftige Leistungen auf eine Feststellungsklage übergegangen ist, begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken. Insoweit ist § 264 Nr. 2 ZPO einschlägig, der nach § 525 ZPO auch im Berufungsrechtszug anzuwenden ist. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob ein Anspruch der Klägerin nach den tarifvertraglichen Vorschriften des TVA und TVE für die Zeit ab 01. Oktober 2003 ungekürzt gegeben ist. Die Möglichkeit einer Leistungsklage lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen. Ein Kläger hat grundsätzlich die Wahl, ob er künftig fällig werdende Ansprüche im Wege der Klage auf künftige Leistungen oder im Wege der Feststellungsklage geltend macht (vgl. bereits RGZ 113, 410 (411)). Das gilt auch für Zeiten in der Vergangenheit (vgl. BAG 11. Oktober 1988, AP Nr. 1 zu § 5 VRG). Im Übrigen ist ohnehin davon auszugehen, dass der Beklagte auch ein Feststellungsurteil befolgen wird. Bei ihm handelt es sich nämlich um eine unter staatlicher Aufsicht stehende Versicherungsgesellschaft, die notfalls durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen zur Erfüllung ihrer Aufgaben angehalten werden kann (vgl. Kammerurteile vom 06. Juli 1998 - 16 Sa 2203/97 und vom 05. März 1990 - 16/14 Sa 735/89).

Sowohl Zahlungs- wie Feststellungsklage sind auch begründet. Die Klägerin kann monatliche Altersbeihilfezahlungen in Höhe der Beträge verlangen, die sich aus den im Antrag genannten tarifvertraglichen Vorschriften ergeben. Dass § 4 TVE die Höhe der Ergänzungsbeihilfe für eine unverfallbare Anwartschaft, wie bei der Klägerin, in einen Festbetrag und nicht in einem Prozentsatz festlegt, ist unschädlich. Denn der in § 4 TVE genannte Betrag entspricht rechnerisch 80% des in § 3 Abs. 2 TVE genannten.

Die vorstehenden tarifvertraglichen Regelungen gelten für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, weil durch den TVR die im TVA und TVE genannten Beträge nicht wirksam gekürzt worden sind.

Für die Entscheidung nicht erheblich ist die Antwort auf die Frage, ob Tarifvertragsparteien überhaupt die rechtliche Kompetenz zur Regelung von Ruhestandsverhältnissen, wie dem der Klägerin, haben. Zwar können Tarifvertragsparteien für die Arbeitnehmer Ansprüche auf Altersversorgung regeln, weil es sich insoweit um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handelt. Fraglich ist jedoch, ob die Tarifvertragsparteien auch berechtigt sind, das nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehende Ruhestandsverhältnis zu regeln. Das ist umstritten (vgl. verneinend RG 12. November 1930, ARS 11, 35; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse, 1968, S. 439, 443; bejahend Wiedemann/Wiedemann, TVG, 6. Aufl. 1999, § 1 Rz 307; Däubler/Reim, Kommentar zum TVG, 1. Aufl. 2004, § 1 Rz 287; Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 1 Rz 71). Das BAG hat die Frage bislang offen gelassen, eine Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien für Vorruhestandsverhältnisse angesichts der Besonderheiten des Vorruhestandsverhältnisses bejaht (vgl. BAG 10. Oktober 1989, AP Nr. 3 zu § 1 TVG Vorruhestand) und für den Fall, dass ein Ruhegeld zusagender Tarifvertrag dynamisch auf eine jeweils geltende Ruhegeldregelung verweist, keine Bedenken gegen die Geltung der Jeweiligkeitsklausel auch für die Ruheständler gehabt (vgl. BAG 24. August 1997, AP Nr. 19 zu § 1 BetrAVG Ablösung).

Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es streitentscheidend im vorliegenden Fall jedoch nicht an. Gleichgültig, ob man die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien für Ruheständler bejaht oder verneint, kann die Klägerin die ungekürzten Leistungen nach dem TVA und TVE verlangen.

Verneint man eine Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien für Ruhestandsverhältnisse, wie das der Klägerin, gilt Folgendes:

Bei den Ansprüchen der Klägerin nach dem TVA und TVE handelt es sich um Ansprüche, die mit Erfüllung der in diesen Tarifverträgen aufgeführten Merkmale für ihre Entstehung, nämlich u.a. dem Bezug von Altersruhegeld, entstanden sind. Zwar erwirbt die Klägerin die einzelnen Altersbeihilfeforderungen nach dem Eintritt des Versorgungsfalls jeweils zu dem Zeitabschnitt, für den sie versprochen wurden. Der Anspruch auf Altersbeihilfe nach TVA und TVE ist jedoch als Quellrecht mit dem Versorgungsfall entstanden (vgl. auch BAG 22. Oktober 2003 AP Nr.21 zu § 1 TVG Rückwirkung). Entsprechend sind dann auch mit Eintritt des Versorgungsfalls die zugunsten der Klägerin entstandenen Ansprüche der Kollektivgewalt der Tarifvertragsparteien entzogen, eine Abänderung der Höhe der Ruhegeldzusagen kommt nicht in Betracht. Ein Abänderungsvorbehalt enthalten weder TVA noch TVE. Die zeitliche Befristung des TVE ist ohne Belang, weil der Anspruch der Klägerin mit Eintritt des Versorgungsfalls während der Laufdauer dieses Tarifvertrages entstanden ist. Fragen einer eventuellen Nachwirkung von TVA und TVE stellen sich nicht. Entsprechend kann die Klägerin die ihr mit dem TVA und TVE zugesagten Ansprüche auf Altersbeihilfe inklusive Ergänzungsbeihilfe sowohl für die Zeit bis September 2003 wie auch ab Oktober 2003 zur Recht fordern.

Bejaht man eine grundsätzliche Befugnis der Tarifvertragsparteien zur tariflichen Regelung von Ruhestandsverhältnissen und damit auch eine grundsätzliche Möglichkeit zur Abänderung bereits entstandener Ansprüche auf Altersbeihilfe ergibt sich im Ergebnis nichts anderes.

Dann gilt:

Unentschieden kann bleiben, ob die Kürzungsregelung des § 19 Abs. 2 TVR auf die Klägerin überhaupt Anwendung findet. Das Ergebnis ist, gleichgültig, ob die Kürzungsregelung die Klägerin erfasst oder nicht, in beiden Fällen gleich. Ist diese Regelung für die Klägerin nicht maßgeblich, so gelten für sie die Vorschriften des TVA und TVE mit dem Inhalt, den sie im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls der Klägerin hatten. Selbst wenn diese Bestimmung die Klägerin erfasst, kann sie zu Lasten der Klägerin keine Wirkungen entfalten, weil sie unwirksam ist.

Im Einzelnen:

Zweifel an der Geltung von § 19 Abs. 2 TVR in Bezug auf das Rechtsverhältnis der Klägerin zum Beklagten ergeben sich daraus, dass fraglich ist, ob diese Vorschrift wirksam für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Die Kürzung der Altersbeihilfe für bereits im Ruhestand befindliche Arbeitnehmer haben die Tarifvertragsparteien nämlich in § 19 Abs. 2 TVR in der Form geregelt, dass sie für diesen Personenkreis auf den TVA und den TVE in der letzten gültigen Fassung Bezug genommen und die dort verankerten Ansprüche um 5% gekürzt haben. Diese Kürzungsregelung könnte die Klägerin mangels Mitgliedschaft in der tarifvertragschließenden Gewerkschaft jedoch nur treffen, wenn auch § 19 Abs. 2 TVR von der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) des TVR umfasst wird.

Das ist zumindest nicht eindeutig der Fall.. Die AVE des TVR enthält nämlich die im Tatbestand genannte Einschränkung, wonach die AVE Bestimmungen, auf die im TVR verwiesen wird, nur erfasst, wenn und soweit die in Bezug genommene tariflichen Regelungen ihrerseits für allgemeinverbindlich erklärt sind.

Eine solche Einschränkung ist rechtlich bedenkenfrei. Als staatlicher Rechtssetzungsakt muss sich die AVE an den Grundrechten und am Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip messen lassen. Verweisende Tarifverträge können aber nicht für allgemeinverbindlich erklärt werden, weil dann entgegen dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip die Verantwortung für den Inhalt der Regelung nicht mehr beim Staat liegt (vgl. Löwisch/Rieble, a.a.O., § 5 Rz 49). Anderes gilt nur, wenn der Tarifvertrag, auf den Bezug genommen wird, seinerseits für allgemeinverbindlich erklärt wird.

Nimmt man das ernst, so fehlt es an einer AVE von § 19 Abs. 2 TVR. Denn die AVE der in Bezug genommenen Tarifverträge endete mit ihrem Ablauf, also der TVA aufgrund § 19 Abs. 1 TVA durch dessen Aufhebung, die des TVE kraft Fristablaufs (§ 5 Abs. 5 Satz 3 TVG). Beides war zum 31. Dezember 2002 der Fall.

Folgt man dem, hätte dies nicht etwa zur Folge, dass die tarifvertraglichen Vorschriften des TVR - ohne § 19 Abs. 2 TVR - auch für Ruheständler wie die Klägerin gelten würden. Vielmehr würden die Bestimmungen des TVA und TVE weiter für die Klägerin gelten.

Zwar kann man davon ausgehen, dass die Tarifvertragsparteien den Gesamtkomplex der tarifvertraglichen Zusatzversorgung im Baugewerbe durch den TVR neu geregelt und damit die Vorschriften von TVA und TVE durch eine neue Abmachung vollständig ersetzt haben, die als jüngeres Recht dem alten Recht vorgeht. Die Tarifvertragsparteien haben jedoch, wie § 19 Abs. 2 TVR zeigt, ausdrücklich bestimmt, dass für einen bestimmten Adressatenkreis, nämlich die bereits Altersbeihilfe beziehenden ehemaligen Arbeitnehmer, die bisherige Regelung, nur der Höhe nach modifiziert, weiter gelten soll. Damit wollten die Tarifvertragsparteien selbst erkennbar die Ablösung der alten Regelung partiell verhindert (vgl. BAG 20. März 2002, AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarifverträge: Gebäudereinigung). In einem solchen Fall löst der neue Tarifvertrag den alten Tarifvertrag nur im vorgesehenen Umfang ab.

Unterstellt man daher, dass die Verweisungsregelung in § 19 Abs. 2 TVR nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde, so galten die Regelungen des TVA und TVE in unabgeänderter Form für die Klägerin weiter. Das folgt aus § 4 Abs. 5 TVG.

Nach dieser Vorschrift gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nach Ablauf des Tarifvertrages weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Unter "Ablauf des Tarifvertrages" ist bereits nach dem Wortsinn die Beendigung des Tarifvertrages in zeitlicher Hinsicht zu verstehen (vgl. BAG 18. März 1992, AP Nr. 13 zu § 3 TVG). Für die Anordnung der Nachwirkung in § 4 Abs. 5 TVG macht es auch keinen Unterschied, ob der Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder aufgrund seiner AVE gegolten hat (vgl. BAG 25.10.2000, AP Nr. 38 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAG 12. März 2002, a.a.O.). Folge der Nachwirkung ist, dass die Normen des Tarifvertrages in der zum Zeitpunkt des Wegfalls der Tarifgeltung geltenden Fassung nachwirken.

Einer solchen Nachwirkung steht hier nicht entgegen, dass es sich bei den Normen des TVA und TVE um tarifliche Normen über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien handelt. § 4 Abs. 5 TVG gilt auch für Normen über gemeinsame Einrichtungen. Nach seinem Wortlaut erfasst § 4 Abs. 5 TVG sämtliche Rechtsnormen eines Tarifvertrages. Dann muss § 4 Abs. 5 TVG auch auf Normen über gemeinsame Einrichtungen Anwendung finden, solange die Tarifvertragsparteien die gemeinsame Einrichtung nicht aufgelöst haben. Ob insoweit durch einzelvertragliche Abreden das Beitrags- und Leistungsverhältnis zur gemeinsamen Einrichtung im Nachwirkungszeitraum abbedungen werden kann (vgl. einerseits Löwisch/Rieble, a.a.O., § 4 Rz 404; andererseits Wiedemann/ Wanck, a.a.O., § 4 Rz 349) kann dahinstehen. Derartige Abreden sind zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht getroffen worden.

Die Nachwirkung erfasst auch den TVE. Daran ändert nichts, dass es sich bei diesem Tarifvertrag in seiner letzten Fassung um einen auf die Zeit vom 01. Januar 1999 bis 31. Dezember 2002 befristeten Tarifvertrag handelte. § 4 Abs. 5 TVG differenziert nicht nach der Art der Beendigung des Tarifvertrages. Auch Befristungen des Tarifvertrages führen daher, wie alle anderen Beendigungstatbestände grundsätzlich zur Nachwirkung (vgl. Löwisch/ Rieble, a.a.O., § 1 Rz 495).

Die Tarifvertragsparteien haben die Nachwirkung des TVE auch nicht ausgeschlossen. Solches ist freilich möglich, weil es den Tarifvertragsparteien aufgrund ihrer Regelungsbefugnis frei steht, geltende Rechtsnormen ersatzlos aufzuheben (vgl. BAG 08. Oktober 1997, AP Nr. 29 zu § 4 TVG Nachwirkung; Löwisch/Rieble, a.a.O., § 4 Rz 410).

Einen ausdrücklichen Ausschluss der Nachwirkung haben die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes im TVE nicht vorgesehen. Die Nachwirkung des TVE ist auch nicht, wie rechtlich möglich (vgl. BAG 08. Oktober 1997, a.a.O.), konkludent ausgeschlossen worden. Allein der Umstand, dass dieser Tarifvertrag von seiner Laufzeit her befristet war, reicht zu einer derartigen Annahme nicht aus (vgl. Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Band II 1967, S. 549, Rz 35). Die Tarifvertragsparteien haben nämlich nicht etwa die im TVE normierten Ansprüche von Arbeitnehmern nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt, sondern (lediglich) die Laufdauer des Tarifvertrages befristet. Das kann nur bedeuten, dass die Tarifvertragsparteien die im Tarifvertrag normierten Ansprüche den Arbeitnehmern zukommen lassen wollten, die während der Laufdauer des Tarifvertrages die Voraussetzungen für einen Bezug von Ergänzungsbeihilfe erfüllten. Dagegen lässt sich der Befristung der Laufdauer des Tarifvertrages nicht entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien damit auch die normierten Ansprüche nur für einen bestimmten Zeitraum gewähren wollten. Die Laufdauer eines Tarifvertrages ist zu unterscheiden von Laufdauer der in ihm normierten Ansprüche. Diese Unterscheidung kann bei den Tarifvertragsparteien als bekannt vorausgesetzt werden. Rentenansprüche, auch solche auf Ergänzungsbeihilfe, wie hier, entstehen mit der Erfüllung der tarifvertraglichen Voraussetzungen. Entstanden war der Anspruch der Klägerin auf Ergänzungsbeihilfe daher mit Eintritt des Versorgungsfalles. Dieser Zeitpunkt lag innerhalb der Laufdauer des TVE. Damit ist die Befristung des TVE auch nicht im Ergebnis obsolet. Von Bedeutung bleibt sie für Arbeitnehmer, bei denen der Versorgungsfall nach Zeitablauf eingetreten ist.

Unterstellt man daher, dass § 19 Abs. 2 TVR mangels AVE ins Leere geht, gelten die bisherigen Vorschriften des TVA und TVE kraft Nachwirkung für die Klägerin, sie kann die geforderten Zahlungen ohne Kürzung nach diesen tarifvertraglichen Bestimmungen fordern.

Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis, wenn man davon ausgeht, § 19 Abs. 2 TVR inklusive der darin enthaltenen Verweisungsregelung, werde von der AVE erfasst.

In diesem Fall ist § 19 Abs. 2 TVR ist unwirksam. Die Tarifvertragsparteien konnten nämlich für Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVR bereits die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung erfüllten, die tarifvertraglichen Altersbeihilfeleistungen nicht, wie geschehen, kürzen.

Richtig ist, dass tarifvertragliche Regelungen stets unter dem Vorbehalt einer Änderung stehen. Richtig ist auch, dass dann, wenn man eine Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien für Ruhestandsverhältnisse bejaht, Tarifverträge auch zum Nachteil von Versorgungsempfängern abgeändert werden können. Ebenso ist zutreffend, dass verschlechternde Tarifverträge von den Gerichten nur darauf zu überprüfen sind, ob sie gegen das Grundgesetz, gegen zwingendes Gesetzesrecht, gegen die guten Sitten oder gegen tragende Grundsätze des Arbeitsrechts verstoßen (vgl. BAG 24. August 1993, AP Nr. 19 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die tarifvertragliche Kürzungsregelung jedoch nicht Stand.

Ansprüche auf Altersversorgung, auch wenn sie tarifvertraglich normiert sind, zählen zu denen durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen. Das bedeutet, dass verschlechternde Neuregelungen nur dann zulässig sind, wenn es sich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsschutzes handelt. Das kann nur dann der Fall sein, wenn die Einschränkungen verhältnismäßig sind und schutzwürdigem Vertrauen Rechnung tragen (vgl. BAG 25. Mai 2004, ZTR 2005, 263).

Gegen diese Grundsätze haben die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes bei ihrer Regelung über die Kürzung von Altersbeihilfen für Anspruchsberechtigte, die sich bereits im Ruhestand befunden haben, verstoßen.

Nach Eintritt des Versorgungsfalls sind in der Regel nur noch geringfügige Verschlechterungen gerechtfertigt (vgl. BAG 12. Oktober 2004, NZA 2005, 580). Von einer derartigen geringfügigen Verschlechterung kann hier nicht die Rede sein. Die Altersbeihilfe nach den tarifvertraglichen Vorschriften des Baugewerbes auf dem bisherigen Niveau ist ein bedeutender wirtschaftlicher Wert, eine Kürzung um 5% alles andere als verhältnismäßig geringfügig.

Die durch die Kürzung geschaffene Versorgungslücke konnte die Klägerin auch nicht mehr schließen. Soweit der Beklagte insoweit darauf verweist, begünstigte Arbeitnehmer könnten nicht darauf vertrauen, dass veränderte Entwicklungen rechtlicher Rahmenbedingungen vor ihrer Versorgungsplanung halt machten, übersieht er, dass derjenige, bei dem der Versorgungsfall bereits eingetreten ist, für den Versorgungsfall nicht mehr vorausschauend planen kann.

Die Kürzung der Altersbeihilfe wird in Bezug auf die Klägerin auch nicht durch anderweitige Vorteile der Neuregelung für sie kompensiert. Soweit der Beklagte meint, durch die tarifvertragliche Neuregelung sei erstmals eine Rentenbeihilfe auf Dauer, nämlich aufgrund eines unbefristeten Tarifvertrages geschaffen worden, während der TVE jeweils befristet gewesen sei, übersieht er, dass die Klägerin hiervon nicht profitiert. Ihre Versorgungsansprüche waren bereits, unbeschadet der Befristung des TVE, entstanden. Für die Klägerin bedeutet das nichts anderes, als dass ihr schlichtweg entstandene Ansprüche rückwirkend entzogen werden.

Mit einer solchen rückwirkenden Veränderung musste die Klägerin auch nicht rechnen. Insoweit kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass kein Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass die tarifliche Regelung eines Altersversorgungssystems in Zukunft unverändert bleibt. Anders ist es jedoch hinsichtlich bereits entstandener Ansprüche auf Altersversorgung. Bei derartigen Ansprüchen kann der Arbeitnehmer in der Regel darauf vertrauen, dass sie nicht rückwirkend zu seinen Lasten geändert werden. Das ergibt sich mittelbar auch den gesetzlichen Regelungen über die betriebliche Altersversorgung, nämlich dem Gedanken der Unverfallbarkeit erworbener Anwartschaften (vgl. Buchner Anm. zu BAG 23. November 1994 ARBl. ES 1550.6 Nr.38). Wenn schon erworbenen Anwartschaften grundsätzlich unverfallbar sind, muss erst recht der zum Vollrecht erstarkte Anspruch auf Altersversorgung gegen Kürzungen gefeit sein.

Die Kürzung der Altersbeihilfe erweist sich auch nicht deshalb als wirksam, weil die wirtschaftliche Lage den Tarifvertragsparteien keine Alternative gelassen hätte.

Insoweit kann für tarifvertragliche Regelungen nichts anderes gelten als allgemein für die Anpassung von Verträgen. Nur dann, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Änderungen vorhergesehen hätten, kann, soweit das Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, u.U. eine Vertragsanpassung verlangt werden (§ 313 Abs.1 BGB). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist nicht erkennbar.

Richtig ist zwar, dass die Tarifvertragsparteien, wie ihre Berliner Erklärung vom 04. Juli 2002 (Bl. 38/39 d.A.) belegt, davon ausgegangen sind, dass wegen des sich zunehmend ungünstig entwickelnden Verhältnisses zwischen der Zahl der Beschäftigten im westdeutschen Baugewerbe einerseits und der Zahl der Empfänger von Rentenleistungen der Zusatzversorgungskasse andererseits die tarifvertraglichen Regelungen über die Zusatzversorgung neu ausgerichtet werden müssten, um eine Konsolidierung und langfristige Finanzierbarkeit der Rentenleistungen für die bestehenden und die zukünftigen Altersversorgungszusagen zu gewährleisten. Allein dieser allgemeine Aussage rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es sei für die Tarifvertragsparteien unzumutbar gewesen, von einer Kürzung von Versorgungsleistungen gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, bei denen, wie der Klägerin, der Versorgungsfall bereits eingetreten ist, abzusehen.

Der Hinweis des Beklagten, die Beibehaltung der absoluten Höhe der Altersbeihilfeleistungen für Arbeitnehmer im Ruhestand hätte zu einer erheblichen Mehrbelastung der beitragsverpflichteten Arbeitgeber geführt, reicht insoweit nicht. Insoweit hätte näher vorgetragen werden müssen, welche Mehrbelastungen entstanden wären und wieso diese nicht durch andere, Versorgungsempfänger weniger belastende Maßnahmen hätten aufgefangen werden können. Denn nur dann könnte festgestellt werden, ob die Mehrbelastungen einen so erheblichen Umfang gehabt hätten, dass er die Kürzung rechtfertigte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die wirtschaftlichen Belastung der Arbeitgeber durch Beitragszahlungen nicht allein durch die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur tariflichen Zusatzversorgung determiniert wird. Vielmehr haben die baugewerblichen Arbeitgeber tarifvertraglich auch Beiträge zur beruflichen Bildung, für den Lohnausgleich und für das Urlaubsverfahren aufzubringen. Die Summe der einzelnen Beitragsverpflichtungen, der sog. Sozialkassenbeitrag, bestimmt das wirtschaftliche Gewicht der Gesamtbelastung.

Hinzu kommt ein Weiteres.

Ziel der Neuregelung der tarifvertraglichen Zusatzversorgung durch den TVR ist es, wie die Berliner Erklärung belegt und wie sich auch aus § 15 Abs. 2 TVR ergibt, einen erweiterten Kapitalstock aufzubauen um die Rentenleistungen in der Zukunft ausschließlich im Anwartschaftsdeckungsverfahren finanzieren zu können. Dann aber liegt die Annahme nahe, dass die Kürzung der Altersbeihilfen für diejenigen, die bereits am 01. Januar 2003 Versorgungsempfänger waren, auch mit dieser beabsichtigten Umstrukturierung der tarifvertraglichen Zusatzversorgung im Baugewerbe zusammenhängt. Allein der Wunsch nach Anpassung der Versorgungsregelung darf jedoch nicht dazu dienen, die Versorgung zu ändern und veränderte Versorgungsstrukturen zu verwirklichen (vgl. BAG 12.10.2004, a.a.O.). Vielmehr kann eine Anpassung von Versorgungsregelungen nach Eintritt des Versorgungsfalls nur dann mit dem Wunsch nach einer Umstrukturierung des gesamten Versorgungssystems begründet werden, wenn gerade diese Umstrukturierung auf einer unvorhergesehenen, erheblichen, als Störung der Geschäftsgrundlage anzusehenden Situation beruht hätte. Dazu fehlt es an jeglichem Vortrag.

Erweist sich damit die Kürzungsregelung, soweit sie überhaupt die Klägerin erfassen kann, als unwirksam, kann die Klägerin, entsprechend ihrem Verlangen, die ungekürzten ihr nach Maßgabe der Regelungen des TVA und TVE zustehenden Zahlungen, deren Höhe nicht im Streit ist, verlangen. Auf die Frage, ob der "Bescheid" des Beklagten vom 20. November 2001 rechtliche Wirkungen zugunsten der Klägerin hat, kommt es nicht an.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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