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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 18/10 Sa 1725/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 12a
BGB § 826
Einzelfall bei behaupteter vorsätzlicher sittenwidriger Schädigungsabsicht hinsichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juli 2005 - Az.: 4 Ca 11348/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Die Klägerin war gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27.01.1999 bei dem Beklagten als Rechtsanwaltsfachangestellte zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von EUR 3.300,00 beschäftigt.

In Ziffer 3 des Arbeitsvertrages wurde folgendes vereinbart:

" ... Das 13. Gehalt; wird im November ausgezahlt und ist bei Ausscheiden vor dem 15.04. des Folgejahres zurückzuzahlen."

Wegen des übrigen Inhalts des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 15 d.A. verwiesen.

Am 13.12.1999 erreichte den Beklagten die Krankschreibung der Klägerin bis zum 17.12.1999. Die Krankschreibung erfolgte durch einen Frauenarzt und enthielt die Anmerkung "Schonung". Der Beklagte erteilte der Klägerin unter dem Datum vom 14. und 15.12.1999 jeweils Abmahnungen, wegen deren Inhalt auf Bl. 68 - 71 d.A. Bezug genommen wird.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristgerecht aus betriebsbedingten Gründen mit Schreiben vom 20.12.1999. Klägerin befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung im dritten Schwangerschaftsmonat.

Klägerin übergab dem Beklagten ein Schreiben vom 22.12.1999 (Bl. 100 d.A.) am 22.12.1999 persönlich, in dem sie ihre Schwangerschaft bekannt gab. Unter dem 22.12.1999 erteilte der Beklagte der Klägerin insgesamt drei Abmahnungen, wegen deren Inhalt auf Bl. 72 - 77 d.A. verwiesen wird. Am 23.12.1999 ging der Klägerin eine fristlose Kündigungserklärung des Beklagten per Kurier zu.

Die Klägerin übersandte dem Beklagten am 28.12.1999 zusätzlich eine ärztliche Bescheinigung über die Schwangerschaft (Bl. 103 d.A.).

Da die Kündigungen von dem Beklagten nicht zurückgenommen wurden, erhob die Klägerin am 28.12.1999 Kündigungsschutzklage gegen die Kündigungen des Beklagten.

Die Klägerin war bis zum 28.05.2000 krankgeschrieben und befand sich ab dem 05.06.2000 in Mutterschutz. Seit dem 10.07.2000 befand sich Klägerin im Erziehungsurlaub.

Mit Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17.10.2000 (Az.: 4 Ca 87/00) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Der Beklagte legte Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Mit Anerkenntnisurteil des ArbG Frankfurt am Main vom 13.03.2001 wurde das VU aufrechterhalten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erteilte dieser im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutzverfahren eine Gebührenrechnung über EUR 979,04 (Bl. 17 d.A.).

Im Kammertermin am 13.03.2001 erklärte der Beklagte, er habe das 13. Gehalt für das Jahr 2000 bereits bezahlt, was allerdings nicht zutraf. Nach vergeblicher Zahlungsaufforderung vom 14.03.2001 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigen Zahlungsklage gegen den Beklagten. Diesbezüglich erging ein stattgebendes Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main. Hiergegen legte der Beklagte Einspruch ein. Durch Urteil des ArbG Frankfurt wurde das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erteilte dieser im Zusammenhang mit der Zahlungsklage eine Gebührenrechnung über EUR 338,06 (Bl. 19 d.A.).

Da der Beklagte das jeweilige 13. Gehalt für die Jahre 2001 und 2002 ebenfalls nicht an die Klägerin auszahlte, ließ diese über ihren Prozessbevollmächtigten eine entsprechende Zahlungsklage erheben. Mit Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main (Az.: 4/3 Ca 10288/01) erfolgte eine antragsgemäße Verurteilung des Beklagten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erteilte dieser im Zusammenhang mit der weiteren Zahlungsklage eine Gebührenrechnung über EUR 599,04 (Bl. 21 d.A.).

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten am 27.07.2003 fristgerecht zum 30.07.2003. Der Beklagte erteilte der Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung weder ein Zeugnis noch händigte er ihr die Arbeitsbescheinigung aus. Nach Fristsetzung bis zum 16.01.2004 ließ die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten wegen der Erteilung eines Zeugnisses und der Arbeitsbescheinigung eine entsprechende Klage erheben. Der Beklagte beantragte im Rahmen des Rechtsstreits ohne Begründung lediglich die Abweisung der Klage. Der Klage wurde mit Urteil des Arbeitsgerichts vom 18.03.2004 (Az.: 4 Ca 976/04) stattgegeben.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erteilte dieser im Zusammenhang mit dieser weiteren Klage eine Gebührenrechnung über EUR 807,36 (Bl. 23 d.A.).

Schließlich erteilte der Beklagte der Klägerin ein Zeugnis (Bl. 25 d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, ihr seien wegen der Rechtsstreite die in dem Tatbestand aufgeführten Anwaltskosten entstanden.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei ihr deswegen zum Schadensersatz verpflichtet. Der grundsätzlich bestehende materiell-rechtliche Kostenausschluss im Bereich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bestehe nicht im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB; denn dann würde der Normzweck, der in der Verbilligung des Verfahrens liege, in das Gegenteil verkehrt werden. Das sei dann der Fall, wenn die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG bewusst missbraucht werde, um dem Gegner konkreten Schaden zuzufügen, also in der Absicht geführt werde, dem Gegner die Kosten seines Prozessbevollmächtigen aufzubürden. Der Beklagte habe aber die Prozesse alleine deshalb geführt, um die Klägerin mit ihren Rechtsanwaltskosten und der Führung der Prozesse zu belasten und nehme nunmehr die Regelung des § 12 a Abs. 1 ArbGG missbräuchlich in Anspruch.

Der Beklagte selbst habe als Rechtsanwalt die Prozesse ohne merklichen Kostenaufwand führen können. Die Schädigungsabsicht ergebe sich daraus, dass die Unwirksamkeit der Kündigungen wegen der Schwangerschaft der Klägerin eindeutig gewesen sei; auch die geltend gemachten Vergütungen seien im Arbeitsvertrag eindeutig geregelt gewesen, da das BAG einen Anspruch auf ein 13. Gehalt auch beim Ruhen eines Arbeitsverhältnisses anerkannt habe. Gleiches gelte wegen des Zeugnisses und der Arbeitspapiere auf Grund der jeweiligen gesetzlichen Rechtslage.

Der Beklagte habe die frauenärztliche Krankschreibung vom 13.12.1999 wegen der Anmerkung "Schonung" zutreffend dahin interpretiert, dass eine Schwangerschaft vorliege und darauf sofort mit der Erteilung der Abmahnungen vom 14. und 15.12.1999 reagiert.

Die Klägerin hat behauptet, das Bestehen der Schwangerschaft habe sie dem Beklagten am 20.12.1999 persönlich mitgeteilt.

Am späten Nachmittag desselben Tages sei es zwischen Rechtsanwalt Strahl und dem Ehemann der Klägerin zu einem Telefonat gekommen, in dem es um die Schwangerschaft der Klägerin gegangen sei. Der Rechtsanwalt habe den Vorschlag unterbreitet, auf die Kündigung einzugehen bzw. einen Abwicklungsvertrag zu unterzeichnen, ansonsten weitere rechtliche Auseinandersetzungen und erheblicher Widerstand seitens des Beklagten zu erwarten seien. Der Ehemann habe unter Hinweis auf den Kündigungsschutz abgelehnt. Der Beklagte habe auf Grund seiner Vorgehensweise nach der Mitteilung der Schwangerschaft zu erkennen gegeben, dass er das Arbeitsverhältnis mit allen Mitteln habe beenden wollen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.723,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung sei die Schwangerschaft der Klägerin nicht bekannt gewesen. Auch habe er nicht ohne weiteres annehmen können, dass es sich bei der mitgeteilte Schwangerschaft um ein reales Ereignis gehandelt habe. Der Wahrheitsgehalt habe sich erst während des Kündigungsschutzverfahrens herausgestellt.

Die Kündigung sei wegen Leistungsmängeln in der Arbeitsausführung erfolgt.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er habe der Klägerin auch kein 13. Gehalt für das Jahr 2000 geschuldet, da diese lediglich bis zum 22.12.1999 gearbeitet habe und deshalb nicht mehr im Sinne von § 1 des Arbeitsvertrages vollschichtig tätig gewesen sei. Gleiches gelte für die Jahre 2001 und 2002. Durch die zusätzliche Zahlung sei stets die in der Vergangenheit erbrachte Leistung honoriert werden; diese habe die Klägerin jedoch nicht erbracht, so dass sie sich auch nicht betriebstreu verhalten habe. Das Zeugnis habe er nicht erteilt, weil er die Klägerin im Gütetermin davon habe überzeugen wollen, dass er ein solches wegen der Leistungsmängel nicht für sinnvoll halte. Wegen einer Terminkollision habe er den Termin aber nicht selber wahrnehmen können, so dass der Terminsvertreter in Unkenntnis dieses Beweggrundes die Einverständniserklärung in die gerichtliche Entscheidung erteilt habe. Da er somit insgesamt Gründe für sein jeweiliges vorprozessuales Verhalten gehabt habe, komme ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nicht in Betracht. Im Übrigen bestreite er, dass die Klägerin die im Tatbestand aufgeführten Rechnungen ihres Prozessbevollmächtigten bezahlt habe.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 19.07.2005 verkündeten, der Klägerin am 29.08.2005 zugestellten Urteil (Az.: 4 Ca 11348/04) die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 113 - 119 d.A) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 18.09.2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Sie vertritt weiterhin die Ansicht, das erstinstanzliche Urteil habe die §§ 826 BGB, 12a ArbGG falsch angewendet. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stehe dem Anspruch der Klägerin ausnahmsweise nicht entgegen. Mit der kategorischen Ablehnung einer teleologischen Reduktion setze sich das ArbG in Widerspruch zur Rechtsprechung des BAG. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin im Berufungsrechtszug wird ergänzend auf deren Schriftsatz vom 19.10.2005 (Bl. 143 - 153 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19.07.2005 - Az.: 4 Ca 11348/04 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.723,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Ansicht, selbst zweifelsfrei unberechtigte Einwendungen gegenüber Klageansprüchen seien nicht ausreichend, um eine sittenwidrige Schädigungsabsicht annehmen zu können. Hinzukommen müssten weitere Umstände, wie z.B. ein mit unlauteren Mitteln geführtes Verfahren. Im vorliegenden Fall habe er - der Beklagte - jedoch jeweils bereits berechtigte Einwendungen vorgebracht. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsrechtszug wird ergänzend auf dessen Schriftsatz vom 14.12..2005 (Bl. 167 - 171 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte und nach § 64 Abs. 2 Ziffer 2 b) ArbGG zulässige Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).

In der Sache hat die Berufung der Klägerin allerdings keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Schadensersatz gegen den Beklagten (§ 826 BGB).

§ 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schränkt nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein, sondern entfaltet zugleich materiell-rechtliche Wirkungen. In Höhe der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten steht der Annahme eines nach materiell-rechtlichen Normen ersatzfähigen Anspruchs § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen, so dass grundsätzlich jeder materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Kosten eines Prozessbevollmächtigten erster Instanz ausgeschlossen ist (grundlegend: BAGE AP Nr. 3, 10, 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; BAG vom 16.05.1990 - 4 AZR 56/90).

Damit ist bereits dem Wortlaut nach jeder Kostenerstattungsanspruch unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage und folglich auch ein materiell-rechtlich begründeter Kostenerstattungsanspruch entsprechend gemindert.

Die teleologische Interpretation des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG führt zum gleichen Ergebnis. Der Normzweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist in der "Verbilligung" des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu sehen (BAG AP Nr. 3, 10, 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten. Keine Partei soll damit rechnen können und müssen, dass ihr im Falle des Obsiegens die eigenen Kosten ihres Prozessbevollmächtigten erstattet werden, oder dass ihr im Falle des Unterliegens die Kosten des Prozessbevollmächtigten des Gegners auferlegt werden könnten.

Der Normzweck der "Verbilligung" des erstinstanzlichen Verfahrens vor Gerichten für Arbeitssachen erfordert den Ausschluss prozess- und materiellrechtlicher Kostenerstattungsansprüche. Anderenfalls würden die auszugleichenden Kosten nicht wirksam gesenkt.

Der gesetzliche Ausschluss der Kostenerstattung wegen Zeitversäumnis und Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 31, 306 , 308 ff.) und wird nicht durch andere Normen eingeschränkt. Insbesondere können nicht allgemein auf § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB gestützte Schadensersatzansprüche von § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausgenommen werden.

Insofern könnte allenfalls eine teleologische Reduktion des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Betracht gezogen werden, wenn die Anwendung der Norm zu zweckwidrigen Ergebnissen führen würde. Dies wäre nur dann der Fall, wenn gerade der teilweise Ausschluss der Kostenerstattung der "Verbilligung" des Arbeitsrechtsstreits entgegenwirkte. Eine derartige Konstellation wäre festzustellen, wenn die Regelung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG bewusst missbraucht würde, um dem Gegner konkreten Schaden zuzufügen. Der Rechtsstreit müsste dazu in der Absicht geführt werden, dem Gegner die Kosten seines Prozessbevollmächtigten aufzubürden (so im Urteil des BAG vom 30.04.1992 - 8 AZR 288/91 - offen gelassen).

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob im Fall eines derartigen Missbrauchs der in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG getroffenen Bestimmung ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zugelassen werden muss.

Im vorliegenden Fall ist Vergleichbares nicht vorgetragen worden, so dass ein zu einer teleologischen Reduktion berechtigender Missbrauch der in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG getroffenen Bestimmung der Kostentragung nicht gesehen werden kann.

Selbst wenn der Beklagte sein Kündigungsrecht auf Grund der bei der Klägerin seinerzeit vorhandenen Schwangerschaft mutwillig ausgeübt hätte; selbst wenn der Beklagte keine tragfähigen Einwendungen gegen die Zahlungsansprüche sowie die übrigen Ansprüche (Zeugnis, Arbeitsbescheinigung) vorgebracht hätte, betrifft sein Handeln nicht tragend die Anwaltskosten und den Bereich des § 12 a Abs.1 Satz 1 ArbGG. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Beklagte die Rechtsstreite in der prägnanten Absicht geführt hätte, der Klägerin die Kosten für die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten aufzubürden. Hierfür gibt es aber keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Die Klägerin trägt selbst vor, Rechtsanwalt A habe in einem Telefonat mit ihrem Ehemann den Vorschlag unterbreitet, auf die Kündigung einzugehen bzw. einen Abwicklungsvertrag zu unterzeichnen, ansonsten weitere rechtliche Auseinandersetzungen und erheblicher Widerstand seitens des Beklagten zu erwarten seien. Hieraus sei erkennbar geworden, dass sich der Beklagte mit allen Mitteln gegen die Klägerin habe durchsetzen wollte, um eine vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen.

Dementsprechend hat sich der Beklagte nach Auffassung der Kammer auch verhalten. Er ist folglich keinem Rechtsstreit aus dem Weg gegangen, um sich der Klägerin sowie deren Ansprüchen entgegen zu stellen. Dabei ist für die Kammer die Behauptung der Klägerin durchaus nachvollziehbar, dass der Beklagte mit seiner taktischen Vorgehensweise letztlich nur die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erreichen wollte.

Es kann deshalb dahinstehen, ob die von dem Beklagten vorgebrachten rechtlichen und tatsächlichen Einwendungen gegen die von der Klägerin in den vergangenen Rechtstreiten geltend gemachten Klageansprüche nachvollziehbar sind oder ob die vorgebrachten Argumente lediglich der bezeichneten Prozesstaktik gedient haben. Jedenfalls kann dem Beklagten auf Grund des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts nicht unterstellt werden, dass er mit seiner Prozessführung als tragendes Ziel lediglich das Entstehen von Anwaltskosten bei der Klägerin verfolgen wollte. Prägend für das Prozessverhalten des Beklagten war vielmehr die robuste Durchsetzung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Ein solches Verhalten kann sicherlich unterschiedlich bewertet werden, stellt sich aber keinesfalls als ein vorsätzliches sittenwidriges Verhalten, sondern als ein im Rahmen des Zivilrechts normalen Prozessfall dar, der keine Abweichung von dem in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmten Ausschluss der Kostenerstattung rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlicher Grund (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Insbesondere ist das Urteil nicht auf Grund einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ergangen (Nr. 1). Die Berufung wurde vielmehr zurückgewiesen, weil die erkennende Kammer selbst bei Annahme einer teleologischen Reduktion des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, welche das BAG in seinem Urteil vom 30.04.1992 - 8 AZR 288/91 - offen gelassen hat, auf Grund der in den Entscheidungsgründen getroffenen Tatsachenwertung keinen entsprechenden Missbrauchstatbestand festgestellt hat.

Ende der Entscheidung

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