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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 18/16 Sa 210/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 781
BGB § 488
Vorwurf der Unterschlagung von betrieblichen Geldern und Vereinbarung eines Darlehens zwecks Rückzahlung (Auslegung der Vereinbarung, Anfechtung); Darlegungs- und Beweislast für die Unterschlagungstatbestände, die von der Darlehensvereinbarung nicht erfasst wurden.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 24. November 2005 - Az. 3/1 Ca 222/00 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.984,67 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07. Juli 2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufungen der Beklagten und der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 47 % und die Beklagte zu 53 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine Textilnäherei und beschäftigt zwischen fünf und zwölf Arbeitnehmer. Sie unterhält Geschäftskonten bei der A und der B von 1822 in C. Die Beklagte war bei der Klägerin in der Zeit von 1983 bis zum 27. April 1999 als Buchhalterin in Teilzeit beschäftigt und erhielt zuletzt eine monatliche Bruttoarbeitsvergütung von DM 1.400,00 netto (EUR 754,28). Die Arbeitsvergütung wurde per Scheck an die Beklagte ausgezahlt. Weiterhin reichte die Beklagte regelmäßig weitere Schecks der Klägerin auf ihrem Konto ein. Dabei handelte es sich grundsätzlich um monatliche Beträge von DM 540,00 oder 640,00. In der Zeit vom 22. Januar 1998 bis 10. Februar 1999 handelte es sich um 10 Schecks mit einem Wert von insgesamt DM 7.160,00 (Bl. 81 d.A.). Die Beklagte war für die Buchhaltung, für Barabhebungen und Gehaltsauszahlungen zuständig und hatte Bankvollmacht für das Geschäftskonto der Klägerin bei der B. Sie führte das Kassenbuch und die Kasse, für die auch der Geschäftsführer der Klägerin einen Schlüssel hatte. Die Auszahlung der Löhne erfolgte teilweise bar. Die Barabhebungen wurden grundsätzlich durch den Geschäftsführer der Klägerin bei der O vorgenommen. Am 02. Juli 1997 erteilte der Kfz-Meisterbetrieb D der Klägerin eine Rechnung (Bl. 94 d.A.) über den Austausch des Motors des Fahrzeugs der Beklagten. Die Rechnung über DM 7.334,98 wurde durch einen Scheck der Klägerin (Bl. 95 d.A.) bezahlt. Unter dem 01.12.1998 reichte die Beklagte einen Scheck der Klägerin über DM 1.700,00 auf ihr Konto ein. Unter dem 26. November 1998 legte die Beklagte in die Buchhaltung eine Quittung über DM 1.700,00 für den Kauf eines Druckers und Software ein, die beide nicht angeschafft wurden. Im Februar 1999 erhielt die Beklagte von der Klägerin ein Darlehen von DM 10.000,00. Am 26. April 1999 kam es zu einem Gespräch zwischen der Beklagten, dem Geschäftsführer der Klägerin sowie dem Sohn des Geschäftsführers, dem Steuerberater E und dessen Ehefrau. Der Beklagten wurde vorgeworfen, Gelder unterschlagen zu haben. Insoweit hatte das Steuerbüro eine Zusammenstellung (Bl. 81 d.A.) über Differenzbeträge erstellt. Die Parteien unterzeichneten eine mit "Darlehensvertrag" überschriebene Vereinbarung, wegen deren Inhalt auf Bl. 13 d.A. Bezug genommen wird. Als Anlage beigefügt war eine vom Steuerbüro erstellte Zusammenstellung von Differenzbeträgen aus Barabhebungs- und Lohnauszahlungsbeträgen sowie über zusätzliche monatliche Abhebungen in Höhe von DM 2.000,00 für die Zeit vom Dezember 1995 bis September 1997, die mit einer Gesamtsumme von DM 65.635,73 abschloss (Bl. 272 d.A.). Mit Schreiben vom 27. April 1999 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fristlos. Die Beklagte zahlte an die Klägerin sofort DM 5.000,00 und verweigerte später mit Schreiben vom 31. Mai 1999 weitere Zahlungen. Mit Schreiben vom 16. Juni 1999 (Bl.41 d.A.) erklärte die Beklagte die Anfechtung des "Darlehensvertrages" wegen Täuschung und Drohung.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse die mit der Klage geltend gemachten Geldbeträge auf Grund begangener Unterschlagungen zurückzahlen. Zumindest ergebe sich das aus dem "Darlehensvertrag". Es sei festgestellt worden, dass von den Geschäftskonten mehr abgehoben worden als für die Lohnzahlungen erforderlich gewesen sei. Auch sei festgestellt worden, dass monatlich zusätzlich DM 2.000,00 in bar als Teilgehalt für den Geschäftsführer abgehoben worden seien. Dieser habe das Geld aber nicht erhalten. Die Beklagte habe sich insoweit für die Zeit von Dezember 1995 bis September 1997 DM 65.635,73 unberechtigt verschafft. Die Beklagte habe bei dem Gespräch am 26. April 1999 zugegeben, seit 1994 Gelder aus der Firma abgezogen zu haben. Die Anfechtung sei unbegründet, da der Geschäftsführer nur erklärt habe, dass die Polizei informiert und Strafanzeige erstattet werde, wenn die Beklagte nicht unterschreibe. Die Beklagte habe durch die Scheckeinreichung auf ihr privates Konto am 01. Dezember 1998 weitere DM 1.700,00 unberechtigt erlangt. Die von der Beklagten in der Zeit vom 22. Januar 1998 bis 10. Februar 1999 eingereichten Schecks (DM 7.160,00) seien offenbar mit einer Blankounterschrift des Geschäftsführers versehen gewesen und ohne Rücksprache verwendet worden. In der Zeit von Oktober bis Dezember 1997 (Bl. 22 d.A.) seien DM 3.525,72 und in der Zeit von Januar bis Oktober 1998 DM 18.667,07 (Bl. 23 d.A.) mehr an Bargeld von einem Geschäftskonto abgehoben als an Löhnen ausgezahlt worden sei. Die Differenzbeträge seien in den Büchern nicht aufgeführt, so dass die Beklagte auch diese Gelder unterschlagen habe. Weiterhin seien für die Zeit ab Oktober 1997 bis Oktober 1998 monatlich DM 2.000,00 als Teilbetrag für den Geschäftsführer von der Beklagten verbucht worden, ohne dass das Geld an diesen ausgezahlt worden sei. Die Beklagte habe im Juli 1997 die Reparatur ihres privaten Pkw ohne Wissen der Klägerin von dieser bezahlen lassen. Die Beklagte habe hierfür einen Scheck der Klägerin genommen und die Unterschrift des Geschäftsführers gefälscht. Die Beklagte habe 1996 für DM 310,40 und 1998 für DM 63,00 und in den Jahren 1992 bis 1994 Benzinquittungen, welche auch den Kauf von Zigaretten enthielten sowie Bewirtungsbelege über die Barkasse der Klägerin in Höhe von insgesamt DM 9.799,86 abgerechnet und die entsprechenden Barbeträge entnommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 69.858,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 60.906,57 seit dem 07. Juli 2000, aus weiteren EUR 3.941,23 seit dem 17. März 2003 und weiteren EUR 5.010,59 seit dem 07. Januar 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe keine Gelder unterschlagen. Den "Darlehensvertrag" habe sie unterschrieben, weil der Geschäftsführer sie massiv eingeschüchtert habe. Überstunden und Teile von Löhnen seien von der Klägerin "schwarz" bezahlt worden. Ihr Nettolohn habe mit den Schwarzgeldzahlungen zusammen ca. DM 1.300,00 betragen (vgl. Aufstellung Bl. 273 d.A.). Schwarz bezahlt worden seien auch nicht angemeldete Arbeitnehmer. Soweit mehr Geld abgehoben worden sei als für Löhne benötigt wurde, sei das Geld in die Kasse geflossen; hieraus seien sonstige Ausgaben des Geschäftsführers finanziert worden. Wegen des Schecks über DM 1.700,00 habe die Klägerin ihr einen Kostenvorschuss gegeben auf anstehende Notarkosten und als Rest für einen zweiten Gehaltsscheck. Die Quittung sei auf Anweisung des Geschäftsführers von ihr erstellt worden. Der Geschäftsführer habe ihr gegenüber erklärt, dass die Klägerin die Reparaturkosten für den Pkw übernehmen werde. Hinsichtlich der im Kassenbuch aufgeführten Ausgaben für Benzin, Zigaretten und Gaststättenbesuche habe sie lediglich die ihr vom Geschäftsführer übergebenen Belege eingetragen.

Mit seinem am 24. November 2005 verkündeten, der Klägerin und der Beklagten jeweils am 12. Januar 2006 zugestellten Urteil (Az.: 3/1 Ca 222/00), hat das Arbeitsgericht der Klage in Höhe von EUR 58.798,57 stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 159 R - 163 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben die Parteien innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 29. Januar 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen jeweils Berufung eingelegt und diese jeweils begründet.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts im Hinblick auf dessen Ausführungen zum "Darlehensvertrag". Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die weitergehenden Ansprüche zu Unrecht abgelehnt. Die Unterschlagung von Beträgen im Zusammenhang mit den Nettolohnauszahlungen und der Vereinnahmung von monatlich DM 2.000,00 sei hinreichend durch die eingereichten Listen dargelegt und durch Benennung des Zeugen E unter Beweis gestellt worden. Die Entnahme von DM 1.700,00 sei hinreichend durch die Einreichung des Schecks durch die Beklagte und das Fehlen der hierfür quittierten Waren dargelegt worden. Die Benzin- und Zigarettenquittungen, die Gaststättenbelege und die eingereichten Listen der Entnahmen laut Kassenbelegen seien nicht zutreffend gewürdigt. Wegen der Rechnung für die Pkw-Reparatur habe das Arbeitsgericht übersehen, dass die Scheckunterschrift gefälscht gewesen sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 24. November 2005 - Az.: 3/1 Ca 222/00 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 69.858,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 60.906,57 seit dem 07. Juli 2000, aus weiteren EUR 3.941,23 seit dem 17. März 2003 und weiteren EUR 5.010,59 seit dem 07. Januar 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 24. November 2005 - Az.: 3/1 Ca 222/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht sei wegen des "Darlehensvertrages" fehlerhaft von einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis ausgegangen. Aus der Formulierung "rund 120.000,00" und auch aus dem Vorbehalt der Geltendmachung noch weiterer Schuldbeträge ergebe sich keine bestimmte Vereinbarung zwischen den Parteien. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO statthaften und nach § 64 Abs. 2 Ziffer 2 b) ArbGG auf Grund des Wertes des Beschwerdegegenstandes zulässigen Berufungen der Parteien sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 3, 524 ZPO).

Die Berufungen der Parteien sind jeweils nur teilweise erfolgreich.

Die Berufung der Beklagten ist zum Teil unbegründet.

Die Klägerin hat zunächst einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von EUR 2.556,46 (= DM 5.000,00) aus der unstreitig im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis im Februar 1999 erfolgten Darlehensgewährung (§ 607 Abs. 1 BGB aF).

Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 26. April 1999 (Bl. 13 d.A.) einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von EUR 33.559,02 (= DM 65.635,73) (§ 607 Abs.1 BGB aF).

Zwar hat die Beklagte diesen Geldbetrag unstreitig nicht als Darlehen erhalten. Die Klägerin wirft ihr vielmehr die Unterschlagung von Geldbeträgen vor. Die Parteien können jedoch jede Geldschuld, die aus einem anderen Grund geschuldet ist, durch Vereinbarung in eine Darlehensverbindlichkeit umwandeln (Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004 BGB § 488 Rn 18,19 - § 607 Abs. 2 BGB aF). Eine solche Umwandlung stellt der Darlehensvertrag vom 26. April 1999 dar.

Zwar hat die Beklagte bestritten, Gelder unterschlagen zu haben. Auch hat derjenige, der die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, grundsätzlich die Hingabe des Geldes zu beweisen. Die Beklagte hat jedoch in der von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde vom 26. April 1999 erklärt, ein Darlehen erhalten zu haben. Da die Beklagte in einer der Klägerin ausgehändigten Urkunde den Empfang eines Darlehens somit bestätigt und sich verpflichtet hat, den Darlehensbetrag zurückzuzahlen, hat sie einen Darlehensschuldschein im Sinne von § 371 BGB ausgestellt (BGH, Urteil vom 10.06.1985 - III ZR 178/84 - NJW 1086, 2571). Ein Darlehensschuldschein ist eine von dem Schuldner zum Zwecke der Beweissicherung ausgestellte Urkunde, die die Schuld bestätigt oder auch erst begründet. Von einem solchen Schuldschein kann schon dann gesprochen werden, wenn die Urkunde unmissverständlich erkennen lässt, dass sich der Aussteller zum Empfang eines Darlehens bekennt (BGH Urteil vom 24.05.1976 - Az.: III ZR 63/74 - WM 1976, 974, 975). Die in dem Schuldschein enthaltene Bestätigung der Beklagten, ein Darlehen empfangen zu haben, stellt ein vom Schuldgrund losgelöstes, abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB dar, weil der Beklagten in Wahrheit kein Darlehen gegeben worden ist und nicht gegeben werden sollte. Die Beklagte hat sich durch die Anerkennung der Schuld zum Schuldner machen wollen, wie es durch den Empfang eines Darlehens geschehen sein würde (vgl. grundsätzlich: BGH Urteil vom 05.12.1979 - Az.: IV ZR 107/78 - NJW 1980, 1158, 1159).

Das abstrakte Schuldanerkenntnis begründet eine neue Verbindlichkeit ohne Rücksicht auf die Existenz des Kausalverhältnisses. Wie jede andere Leistung unterliegt die abstrakte Verpflichtung zwar der Kondiktion (§§ 812, 821), die als Einrede geltend gemacht werden kann, soweit sie ohne rechtlichen Grund begründet worden ist. § 812 Abs. 2 BGB stellt das für das abstrakte Schuldanerkenntnis ausdrücklich klar. Regelmäßig besteht der Zweck der abstrakten Schuldanerkenntnisse darin, dem Gläubiger im Hinblick auf eine vorausgesetzte Grundobligation die Rechtsverfolgung zu erleichtern. Schuldanerkenntnisse können daher kondiziert werden, wenn die kausale Forderung, zu deren Verstärkung sie erteilt wurden, entgegen der Annahme der Parteien nicht bestand oder erloschen ist (vgl. Staudinger-Marburger, 2002, Kommentar zum BGB, zu § 780 Rn 23-30 mit weiteren Nachweisen). Ein Bereicherungsausgleich scheidet allerdings aus, wenn die Parteien mit einem abstrakten Schuldvertrag Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten über das Kausalverhältnis beseitigen und ohne Rücksicht auf die wirkliche Rechtslage für die Zukunft klare Verhältnisse schaffen wollten (BGH Urteil vom 18.05.2000 - Az.: IX ZR 43/99 - NJW 2000, 2501). Denn der Zweck der abstrakten Verpflichtung ist hier die Beseitigung von Streit oder Ungewissheit; er wird mit dem wirksamen Vertragsschluss erreicht. Ob eine solche Schuldfeststellung gewollt ist und in welchem Umfang dem Schuldner verwehrt ist, auf das Kausalverhältnis zurückzugreifen, ist durch Auslegung zu ermitteln.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Parteien Zweifel über die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Geldbeträge beseitigen wollten, so dass es der Beklagten in dem Umfang des von ihr abgegebenen Anerkenntnisses nunmehr verwehrt ist, sich auf eine Nichtschuld zu berufen. Die Zeugin E hat bekundet, die in der Anlage zum Darlehensvertrag enthaltene Aufstellung (Bl. 272 d.A.) sei der Beklagten von ihr und dem Zeugen E erklärt worden. Die Beklagte habe schließlich gesagt, sie habe die monatlich aufgeführten DM 2.000,00 genommen und bezüglich der Aufstellungen habe die Beklagte ansonsten erklärt, dass diese stimmen könne, es könne aber auch mehr oder weniger sein. Der Zeuge E hat bekundet, dass die Beklagte hinsichtlich der Anlage gesagt habe, dass dieser Betrag richtig sei, es könne aber auch sein, dass es weniger sei. Er sei mit der Beklagten die einzelnen Beträge der Anlage durchgegangen, wobei die Beklagte gesagt habe, sie könne mit den Beträgen nichts anfangen und keine Stellungnahme abgeben; auch nicht zu den monatlichen DM 2.000,00. Direkt zugegeben habe die Beklagte das so nicht, sie habe aber gesagt, dass sie Geld entnommen und für sich privat verbraucht habe. Die Aussagen sind glaubhaft, da beide Zeugen erkennbar zurückhaltend nur das bekundet haben, was ihnen trotz der lange zurückliegenden Zeit noch erinnerlich war.

Mit ihren Unterschriften unter den Darlehensvertrag haben die Parteien unter Würdigung der grundsätzlichen Aussage der Beklagten, Geld für private Zwecke entnommen zu haben, Zweifel hinsichtlich der Höhe der Rückzahlungsverpflichtung beseitigen wollen, so dass sich die Beklagte hieran festhalten lassen muss.

Der damit zustande gekommene abstrakte Schuldvertrag bezieht sich entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts allerdings nicht auf den in dem Darlehensvertrag aufgeführten Gesamtdarlehensbetrag von "rund DM 120.000,00". Über diesen Gesamtbetrag haben die Parteien gerade keine Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten über das Kausalverhältnis beseitigen und ohne Rücksicht auf die wirkliche Rechtslage für die Zukunft klare Verhältnisse schaffen wollen. Das folgt daraus, dass sich der Gesamtdarlehensbetrag nicht vollständig aus der aus der Anlage zum Darlehensvertrag aufgeführten Zusammenstellung ergibt. Der Gesamtbetrag war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung nach der Bekundung der beiden Zeugen E und der übereinstimmenden, glaubhaften Aussage des Zeugen F überhaupt noch nicht ermittelt. Vielmehr handelte es sich um eine Schätzung. Der wahre Betrag sollte erst noch ermittelt werden. Dieser beiderseitige Parteiwille ergibt sich aus der in den Darlehensvertrag aufgenommenen Formulierung: "Die gewährten Darlehensbeträge der Monate Oktober 1997 bis März 1999 werden noch zusammengestellt". Zusammengestellt waren zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehensvertrages lediglich Beträge in Höhe von DM 65.635,73 (= EUR 33.559,02) für den Zeitraum Dezember 1995 bis September 1997, die in der Anlage zum Darlehensvertrag aufgeführt sind. Deshalb haben die Parteien auch nur über diese Summe eine Klärung herbeigeführt und nur über diesen Betrag konnte die Klägerin eine verbindliche Erklärung abgeben. Dabei ist die Schriftform des § 781 BGB gewahrt, da die Erklärung, dass sich der geschuldete Darlehensbetrag aus der Differenz zwischen den Barabhebungen und den bar gezahlten Nettolöhnen zuzüglich DM 2.000,00 ergibt, in dem unterzeichneten Darlehensvertrag und der aus der beigefügten Zusammenstellung sich ergebende Betrag von DM 65.635,73 in dem in der Urkunde aufgeführten Gesamtdarlehensbetrag enthalten ist.

Der Darlehensvertrag vom 26. April 1999 ist nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Die gemäß § 123 Abs. 1 BGB erfolgte Anfechtung des Vertrages durch die Beklagte ist unbegründet. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe der Beklagten vor Unterzeichnung des Darlehensvertrages gesagt. dass er die Polizei informieren und Strafanzeige erstatten werde, wenn die Beklagte nicht unterschreibe. Der Geschäftsführer hat deshalb eine Drohung ausgesprochen. Die Drohung ist jedoch nicht widerrechtlich gewesen. Die Widerrechtlichkeit einer Drohung kann sich aus dem angedrohten Mittel, dem erstrebten Zweck oder der Inadäquanz von Zweck und Mittel (Zweck/Mittel-Relation) ergeben. In Rechtsprechung und Literatur ist unbestritten, dass die Androhung von Rechten und Rechtsbehelfen, welche die Rechtsordnung für die Wahrnehmung der Interessen des Drohenden zur Verfügung stellt, z.B. die Drohung mit einer Strafanzeige, erlaubte Mittel sind. Ferner ist die Verfolgung von Rechten selbst dann ein erlaubter Zweck, wenn das verfolgte Recht nicht wirklich besteht. Für die Rechtmäßigkeit des Zwecks kommt es nicht darauf an, ob der Drohende einen Anspruch auf die erstrebte Handlung des Bedrohten hat. Es genügt bereits der gute Glaube bzw. ein berechtigtes Interesse an dem erstrebten Erfolg (BGH, Urt. v. 16.01.1997 - IX ZR 250/95 - NJW 1997, 1980). Schließlich ist auch die Zweck-Mittel-Relation nicht zu beanstanden, wenn der Drohende ein vermeintliches Recht mit den Mitteln verfolgt, die die Rechtsordnung zur Durchsetzung eines solchen Anspruchs vorsieht. Wer sich seinem Vertragspartner gegenüber auf einen objektiv vertretbaren Rechtsstandpunkt stellt, handelt nicht rechtswidrig, wenn er damit den Gegner zum Einlenken und zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung veranlassen will (BGH Urteil vom 19.04.2005 - Az.: X ZR 15/04 - NJW 2005, 2766-2771).

Die Beklagte hat gegenüber dem Geschäftsführer am 26. April 1999 erklärt, dass sie Geldbeträge der Klägerin entnommen und für sich privat verbraucht hat. Das hat die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen G und H E und des Zeugen F ergeben. Die aufgeführten Zeugen haben gemeinsam und glaubhaft bekundet, dass die Beklagte im weiteren Verlauf des Gesprächs die Entnahme von Geldbeträgen zugestanden hat. Dabei ist nicht von Bedeutung, wenn die Beklagte vorträgt, sie habe auf Grund der langen Dauer des Gesprächs den Darlehensvertrag unterschrieben, weil der Geschäftsführer sie massiv eingeschüchtert habe. Von Bedeutung ist alleine, dass durch die Erklärung der Beklagten bei dem Geschäftsführer der Klägerin die berechtigte Annahme hinsichtlich der Unterschlagung von Geldbeträgen entstehen konnte. Er war deshalb zur Drohung mit einer Strafanzeige berechtigt, da die Rechtsordnung dies zur Verfolgung von Straftaten vorsieht und sich die Handlung deshalb als verhältnismäßiges Mittel darstellt.

Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten begründet.

Der Klägerin stehen aus dem Darlehensvertrag keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagte zu. Insoweit wird auf die obigen Gründe verwiesen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von weiteren EUR 3.525,72 (= DM 3.525,72) für die Zeit von Oktober bis Dezember 1997 und EUR 9.544,32 (= DM 18.667,07) für die Zeit von Januar bis Oktober 1998 sowie auf Zahlung von weiteren EUR 13.293,59 (= 13 x DM 2.000,00) für den Zeitraum von Oktober 1997 bis Oktober 1998.

Zwar behauptet die Klägerin, auch in diesen Zeiträumen habe die Beklagte mehr an Bargeld von einem Geschäftskonto erhalten als an Löhnen ausgezahlt worden sei und sie habe sich die daraus ergebenden Differenzbeträge unrechtmäßig angeeignet. Dabei habe es sich auch weiterhin um monatlich DM 2.000,00 gehandelt, die die Beklagte als Teilvergütungsbetrag für den Geschäftsführer im Kassenbuch eingetragen, aber nicht an ihn ausgezahlt habe. Da die Klägerin über den zuerkannten Betrag hinaus den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch jedoch nicht aus dem Darlehensvertrag vom 26. April 1999 herleiten kann, muss sie in jedem Einzelfall die Unterschlagung von Geldbeträgen darlegen und beweisen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob deswegen ein Schadensersatzanspruch aus einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung (positive Forderungsverletzung) oder aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung nach § 823 Abs. 2 i.V. mit § 266 StGB oder ein bereicherungsrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird. Die Klägerin hat die Entnahme von Geldern durch die Beklagte im Zusammenhang mit Bargeldauszahlungen nicht schlüssig dargelegt.

Alleine der Umstand, dass im Verhältnis zu den Lohnauszahlungen jeweils mehr Geldbeträge von einem Geschäftskonto abgehoben wurden, besagt nichts über die Verwendung der überschießenden Geldbeträge. Da der Geschäftsführer der Klägerin unstreitig im Wesentlichen die Gelder von dem Geschäftskonto in I abgehoben hat, steht noch nicht einmal fest, in welcher Höhe überschießende Beträge überhaupt in den Besitz der Beklagten gelangt sind. Unstreitig ist zudem, dass auch sonstige Ausgaben aus dem Kassenbestand der Klägerin getätigt wurden und dass die Beklagte nicht den einzigen Schlüssel zur Kasse besessen hat, so dass einzelne Geldflüsse nicht ohne weiteres der Beklagten zugeordnet werden können. Unwiderlegt bleibt in diesem Zusammenhang die Behauptung der Beklagten, der Geschäftsführer habe selbst Gelder für Schwarzgeldzahlungen oder sonstige Zwecke entnommen. Die von der Klägerin vorgelegten Listen stellen lediglich Zusammenstellungen des Steuerberaters E dar, so dass sich hieraus einzelne Geldbewegungen und Differenzbeträge nicht nachvollziehbar herleiten lassen. Der Beweisantritt der Klägerin hinsichtlich der Einvernahme des von der Klägerin für die Richtigkeit der Zusammenstellungen benannten Zeugen E ist deshalb unstatthaft, da eine entsprechende Vernehmung einen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte.

Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von EUR 3.660,85 (= DM 7.160,00).

Zwar behauptet die Klägerin, die Beklagte habe in der Zeit vom 22. Januar 1998 bis 10. Februar 1999 unberechtigt insgesamt DM 7.160,00 auf Grund von Schecks der Klägerin, die von dem Geschäftsführer unterzeichnet worden seien, auf ihr privates Konto eingezahlt. Die Klägerin hat jedoch die unberechtigte Einreichung von Schecks nicht schlüssig dargelegt. Alleine durch die Einreichung von Schecks, die die Unterschrift des Geschäftsführers tragen, ergibt sich nicht das Fehlen eines jeweiligen Rechtsgrundes für die Verwendung der Schecks, da die Unterzeichnung der Schecks eine berechtigende Anweisung darstellt. Zwar behauptet die Klägerin, die Beklagte habe ohne Wissen ihres Geschäftsführers Blankoschecks verwendet, die der Beklagten zur Verfügung gestanden hätten. Alleine diese Behauptung ist jedoch zu pauschal. Die Klägerin hätte vielmehr im Einzelnen unter Angabe der jeweiligen Schecknummer vortragen müssen, welche der behaupteten Einzahlungen mit welchem Blankoscheck vorgenommen worden sind. Auch ist die Behauptung der Beklagten unwiderlegt geblieben, die Beträge, die von ihr mittels der Schecks eingezahlt wurden, seien Schwarzlohnzahlungen der Klägerin gewesen. Dabei fällt auf, dass es sich bei den Einzahlungsbeträgen nach der Zusammenstellung der Klägerin (Bl. 81 d.A.) immer um die Beträge "DM 540,00" und "640,00" gehandelt hat und dass sich diese Beträge mit den von der Beklagten behaupteten Schwarzlohnzahlungen aus der Aufstellung für die Zeit von 1990 bis 1999 (Bl. 273 d.A.) decken.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt EUR 5.201,51 (= DM 10.173,26).

Zwar behauptet die Klägerin, die Beklagte habe 1996 für DM 310,40 sowie 1998 für DM 63,00 und in den Jahren 1992 bis 1994 für insgesamt DM 9.799,86 Benzinquittungen, welche auch den Kauf von Zigaretten enthielten sowie Bewirtungsbelege, über die Barkasse der Klägerin in Höhe von abgerechnet und die entsprechenden Barbeträge entnommen. Die Klägerin hat jedoch auch diese Ansprüche nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin führt aus, die Unterschlagung der Beträge ergebe sich indirekt aus der örtlichen Herkunft der Belege (J, K und L) und dem in dieser Region befindlichen Wohnsitz der Beklagten und daraus, dass der Geschäftsführer nicht rauche sowie daraus, dass der Geschäftsführer das einzige Geschäftsfahrzeug fahre. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Behauptung der Beklagten, sie habe die Belege von dem Geschäftsführer erhalten und lediglich in das Kassenbuch eingetragen, zu widerlegen.

Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Rückzahlung des Rechnungsbetrages von DM 7.334,98 (= EUR 3.750,32) vom 02. Juli 1997 wegen der Reparatur des privaten Pkw der Beklagten.

Zwar behauptet die Klägerin, die Beklagte habe die Reparatur ihres privaten Pkw ohne Wissen der Klägerin von dieser bezahlen lassen. Der hierzu verwendete Scheck trage die gefälschte Unterschrift ihres Geschäftsführers. Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass der Geschäftsführer gegenüber der Beklagten erklärt hat, dass er die Reparaturkosten übernimmt, so dass die Klägerin berechtigt war, die Reparaturkosten von der Klägerin bezahlen zu lassen. Die Zeugen M und N haben ausgesagt, dass der Geschäftsführer an einem Wochenende in der Wohnung der Beklagten erschienen sei und erklärt habe, dass er die Rechnung bezahlen werde, jedoch hierfür eine Rechnung benötige, die auf die Klägerin ausgestellt sei. Die Aussagen der Zeugen sind glaubhaft. Beide Zeugen haben einen lebensnahen Sachverhalt beschrieben und nicht den Eindruck der Absprache hinterlassen. Die sich daraus ergebende Abweichung, dass der Zeuge M den Rechnungsbetrag nicht kannte und auch nicht wusste, dass dieser dem Geschäftsführer bei seinem Besuch mitgeteilt wurde, spricht auch in Anbetracht der lange zurückliegenden Zeit gerade nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Eine Beeidigung kam deshalb nicht in Betracht.

Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin begründet.

Die Klägerin hat über den bereits zuerkannten Betrag gegen die Beklagte einen weiteren Anspruch auf Zahlung von EUR 869,20 (= DM 1.700,00) hat. Das Arbeitsgericht hat ihr diesen Anspruch zu Unrecht nicht zugesprochen.

Die Beklagte hat am 01. Dezember 1998 unstreitig einen Scheck der Klägerin über DM 1.700,00 auf ihr privates Konto eingereicht. Über diesen Betrag hat sie eine Quittung über die Anschaffung eines Druckers und von Software für den Geschäftsbetrieb der Klägerin ausgestellt, ohne diese Waren gekauft zu haben. Die Quittung war deshalb fingiert, so dass die Beklagte den Geldbetrag in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin ohne rechtlichen Grunderlangt hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2). Zwar behauptet die Beklagte, zwischen ihr und dem Geschäftsführer sei abgesprochen gewesen, dass der Scheckbetrag für private Notarkosten und die "zweite" Gehaltszahlung bezweckt gewesen sei. Auf Grund der fingierten Quittung obliegt der Klägerin jedoch hierfür die Beweislast. Ein entsprechender Beweis wurde nicht angetreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei waren die Kosten nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen unter den Parteien aufzuteilen.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlicher Grund (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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