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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 1771/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 623
BGB § 126
Erfolglose Klage auf Feststellung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, weil diese durch wirksamen Aufhebungsvertrag einvernehmlich beendet worden ist und der Kläger eine neu begründetes Arbeitsverhältnis nicht darlegen konnte.

Es genügt zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, wenn der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers auf derselben Urkunde mit dem Zusatz "mit der obigen Änderung einverstanden" unterzeichnet.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 10. September 2004 - 4 Ca 179/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen noch ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der am 1960 geborene Kläger arbeitete seit dem 1. September 1977 bei der Beklagten als Fachmontageleiter zu einem Bruttogehalt von zuletzt € 3.000,00. Am 24. Januar 2002 unterzeichneten der Geschäftsführer der Beklagten und der Kläger ein unter diesem Tag datiertes Schreiben, wegen dessen Inhalts und Aufmachung auf die Kopie Bl. 17 d.A. Bezug genommen wird. An der Form der Arbeit des Klägers änderte sich nach dem 28. Februar 2002 nichts. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 erteilte die Firma X-GmbH dem Kläger eine Arbeitsbestätigung, nach der Kläger vom 1. September 1977 bis 28. Februar 2002 ununterbrochen bei der Beklagten als Stahlbau-Schlosser und Monteur beschäftigt war und seit dem 1. März 2002 bei der neu gegründeten X- GmbH als Montage-Vorarbeiter in ungekündigter Stellung tätig ist (Bl. 4 d.A.). Mit Schreiben vom 9. Juli 2003 kündigte die X-GmbH das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Im Verlauf des von dem Kläger erhobenen Kündigungsschutzverfahrens einigte der Kläger sich mit dieser Firma im Vergleich vom 26. August 2003 darauf, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht (Bl. 11 d. beigezogenen Verfahrensakte 2 Ca 493/03 des Arbeitsgerichts Hanau). Ende 2003 wurde über das Vermögen der Firma X-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat mit einem am 28. Juni 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz, der der Beklagten am 1. Juli 2004 zugestellt worden ist, Feststellungsklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 24. Januar 2002 beendet worden, zumal das Schreiben nicht den Anforderungen des § 623 BGB genüge.

Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Hanau vom 10. September 2004 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 28-31 d. A.).

Das Arbeitsgericht Hanau hat durch Urteil vom 10. September 2002 die Klage abgewiesen. Es hat genommen, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei entweder infolge eines Teilbetriebsübergangs auf die Firma X-GmbH übergegangen oder durch den Aufhebungsvertrag vom 24. Januar 2002 mit dem 28. Februar 2002 beendet worden. Das Schreiben der Beklagten vom 24. Januar 2002 an den Kläger enthalte deren Angebot zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2002. Ihr Geschäftsführer habe das Angebot auch unterzeichnet und dem Schreiben lasse sich zweifelsfrei die Beklagte als Absender entnehmen. Dieses Angebot habe der Kläger angenommen, indem er seine Unterschrift unter den Zusatz "ich bis mit der obigen Änderung einverstanden" gesetzt habe. Der Kläger bestreite nicht mehr, das Originalschreiben unterzeichnet zu haben. Dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB genüge die Aufhebungsvereinbarung, da beide Vertragsseiten auf einem Blatt Angebot und Annahme unterzeichnet hätten. Damit seien die Erklärungen auf derselben Urkunde abgegeben worden. Der Zusatz des Einverständnisses bei der Erklärung des Klägers schade nicht, weil es ausgereicht hätte, wenn er lediglich seine Unterschrift unter das Angebot gesetzt hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 32-37 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 16. März 2005 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein Klagebegehren weiter. Er rügt, dass Arbeitsgericht habe - ohne dass eine der Parteien dies behauptet habe - das Vorliegen eines Betriebsübergangs angenommen, der zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses geführt habe. Er vertritt im Übrigen die Ansicht, das Schreiben vom 24. Januar 2002 genüge nicht den Anforderungen an einen Aufhebungsvertrag. Er behauptet weiterhin, es sei ihm mit der Aufforderung zur Unterschrift vorgelegt worden, es werde zur Vorlage bei dem Finanzamt benötigt.

Der Kläger beantragt,

das am 10. September 2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hanau - 4 Ca 179/04 - abzuändern und festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbeendetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie ist der Ansicht, für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht infolge des Aufhebungsvertrags beendet worden sei, sei es mit Wirkung zum 1. März 2002 als Folge von § 613 a BGB auf die Firma X-GmbH übergegangen.

Die Verfahrensakte 2 Ca 493/03 des Arbeitsgerichts Hanau wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 16. März 2005 (Bl. 71 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. September 2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hanau ist zulässig. Das Rechtsmittel ist als in einem Rechtsstreit über den Bestand eines Arbeitsverhältnis eingelegt ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG). Der Kläger hat es auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr besteht, weil dieses jedenfalls aufgrund des Aufhebungsvertrags vom 24. Januar 2002 mit dem 28. Februar 2002 beendet worden ist. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf sie gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug. Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers im zweiten Rechtszug ist noch Folgendes auszuführen.

Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Die Parteien streiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses, nicht lediglich über einzelne Elemente oder bloße Vorfragen desselben. Die Frage, ob zwischen ihnen noch ein Arbeitsverhältnis besteht, betrifft den Bestand einer konkreten Anspruchs- und Pflichtenbeziehung (vgl. BAG vom 16. September 1998 - 5 AZR 183/97, AP Nr. 2 zu § 24 BAT-O).

In der Sache selbst ist die Klage jedoch unbegründet, denn das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis wurde einvernehmlich zum 28. Februar 2002 beendet.

Die Parteien haben unter dem 24. Januar 2002 einen schriftlichen Vertrag zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2002 geschlossen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts genügt die Vereinbarung vom 24. Januar 2002 den Anforderungen, die gemäß § 623 BGB an einen Aufhebungsvertrag zu stellen sind.

Nach dieser Vorschrift bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Der Beachtung der Schriftform kommt eine konstitutive Wirkung zu. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist es, die Rechtssicherheit zu stärken und zu verhindern, dass über die Existenz eines Auflösungsvertrags Ungewissheit besteht. Darüber hinaus kommt dem Formerfordernis auch eine Warnfunktion zu (vgl. ErfK/Müller-Glöge, 5. Aufl., § 623 Rn 2 f.).

Bei dem Auflösungsvertrag im Sinne der vorgenannten Regelung handelt es sich um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, in dem die Parteien einvernehmlich die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses vereinbaren. Die Ausgestaltung des Schriftformerfordernisses bestimmt sich nach § 126 BGB. Notwendig ist, dass die Urkunde eigenhändig unterschrieben wird (§ 126 Abs. 1 S. 1 BGB). Grundsätzlich muss die Unterzeichnung der Parteien (dh. des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers) auf derselben Urkunde erfolgen (§ 126 Abs. 2 S. 1 BGB). Hierbei muss der gesamte Vertragsinhalt von der Unterschrift beider Parteien gedeckt sein. Deshalb ist es umstritten, ob es ausreicht, wenn die eine Partei das Angebot unterzeichnet und die andere Partei die Annahme (ablehnend ErfK/Müller-Glöge a.a.O. Rn 23 m.w.H.; unklar APS/Preis, 2. Aufl. § 623 BGB Rn 27). Unter Beachtung von Sinn und Zweck des gesetzlichen Formerfordernisses muss es jedoch als ausreichend angesehen werden, wenn die Unterzeichnung des Angebotes durch eine Partei und die Annahme ohne Änderungen durch die andere Partei durch Unterzeichnung auf derselben Urkunde erfolgt, etwa auch mit einem Zusatz "einverstanden" (vgl. BGH vom 14. Juli 2004 - XII ZR 68/02, NJW 2004, 2962; BGH vom 16. Februar 2000 - XII ZR 162/98, NJW-RR 2000, 1108; ErfK/Preis, 5. Aufl., §§ 125-127 BGB Rn 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 126 Rn 12).

In Ansehung dieser Anforderungen genügt der Aufhebungsvertrag vom 24. Januar 2002 dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB i.V.m. § 126 BGB. In dem Schreiben der Beklagten ist eindeutig und unmissverständlich dem Kläger das Angebot unterbreitet worden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 28. Februar 2002 enden soll. Auf den in dem Schreiben weiter enthaltenen Hinweis der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einer anderen Firma (X- GmbH) kommt es für die inhaltliche Auslegung des Aufhebungsangebotes durch die Beklagte nicht an. Dieses Angebot (Beendigung des zwischen den Parteien seit dem Jahr 1977 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem 28. Februar 2002) hat der Kläger ohne Änderungen oder Einschränkungen auf demselben Blatt angenommen, in dem er seine Unterschrift unter die vorgedruckte Formulierung "ich bin mit der obigen Änderung einverstanden" gesetzt hat.

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, die Beklagte habe bei Vorlage des Schreibens zur Unterschrift erklärt, dieses werde für das Finanzamt benötigt. Denn der eindeutige Wortlaut des Schreibens lässt keine andere inhaltliche Auslegung zu, als dass die Parteien ihr bestehendes Arbeitsverhältnis am 28. Februar 2002 beenden wollen.

Die Klage hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die Parteien nach dem 28. Februar 2002 ein neues Arbeitsverhältnis begründet haben. Hierfür wäre der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.

Zwar hat der Kläger unstreitig nach dem 28. Februar 2002 unter den gleichen äußeren Umständen wie bisher weiter gearbeitet hat. Allerdings erfolgte die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ab dieser Zeit ebenso unstreitig über die Firma X-GmbH. Auch hat der Kläger - wie sein Verhalten nach dem 28. Februar 2002 zeigt - diese Firma als seinen Arbeitgeber angesehen. Er hat zum Einen die Arbeitsbestätigung der Firma X-GmbH vom 4. Dezember 2002 widerspruchslos entgegen genommen und zum Anderen auch im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens gegen diesen Arbeitgeber im Jahr 2003 vor dem Arbeitsgericht Hanau erklärt, zu dieser Gesellschaft in einem Arbeitsverhältnis zu stehen und sich mit ihm auf den Fortbestand desselbigen geeinigt. Aufgrund welcher Umstände und Vertragskonstruktionen eine Zusammenarbeit der Beklagten mit der Firma X-GmbH in den Räumlichkeiten der Beklagten erfolgt ist, ob es sich letztlich doch um einen Teilbetriebsübergang gehandelt hat, kommt es nicht an. Denn maßgeblich ist allein, welche Firma Vertragsarbeitgeber des Klägers geworden ist. Dass dies die Beklagte gewesen sein soll, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, weil sein Vortrag sich darauf beschränkt, er habe in der gleichen Form weitergearbeitet. Wenn aber die X- GmbH die Montagearbeiten der Beklagten übernommen hat und für diese ausführt, ändern sich nicht zwingend die Arbeitsbedingungen, unter denen der Kläger seien Leistung erbrachte.

Hat demnach das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 28. Februar 2002 geendet, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger - eine Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags wegen Formmangels unterstellt - sich nach einem so langen Zeitraum noch auf die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags und den damit einher gehenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten berufen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, weil sein Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat.

Für die Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG).



Ende der Entscheidung

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