Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.09.2006
Aktenzeichen: 3/2 Sa 1830/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 328
Auslegung eines Personalüberleitungsvertrages im Anschluss an BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 2005 - 19/17 Ca 6082/04 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit ab Januar 2004 Vergütung nach dem Vergütungstarifvertrag zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) oder nach dem Bund/Land-Tarif zusteht.

Die Klägerin ist seit 01. April 1978 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag (Bl. 5 d. A.) enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 2

Das Anstellungsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes "Innere Mission und Hilfswerk in Hessen und Nassau e.V." vom 18.4.1963. Künftige Änderungen dieser Bestimmungen oder an ihre Stelle tretende Vorschriften gelten auch für das vorliegende Vertragsverhältnis. (...)

§ 4

Die Genannte wird in die Vergütungsgruppe BAT VI b eingereiht.

§ 7

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen oder Zusagen sind unwirksam.

Träger der Einrichtung, in der die Klägerin beschäftigt wurde, war zunächst der A-Krankenhaus Verein für Krankenpflege und Diakonie in B. Zum 01. Januar 1996 fand ein Betriebsübergang auf die A-Krankenhaus gGmbH, zum 01. Januar 2004 auf die jetzige Beklagte statt. Sämtliche Träger der Einrichtung waren bzw. sind Mitglied im Diakonischen Werk Hessen/Nassau (DWHN).

Die Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau vom 25. September 1980 enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 1

(1) Auf die Arbeitsverhältnisse der im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau (DWHN) als Angestellte beschäftigten Mitarbeiter finden der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 sowie die für BAT-Angestellte zusätzlich abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträge in der für das Land Hessen jeweils geltenden Fassung Anwendung, soweit in Abschnitt II durch die zuständigen Gremien des DWHN nichts anderes bestimmt ist oder wird.

§ 8

(2) Die Mitglieder sind verpflichtet,

c) das Dienstvertragsrecht des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau sowie das kirchliche Datenschutzrecht in der vom Diakonischen Werk übernommenen Fassung anzuwenden ...

Seit Beginn ihrer Tätigkeit bis zum 31. Dezember 2003 erhielt die Klägerin Vergütung nach BAT/VkA.

Anlässlich der Übertragung der Einrichtung von dem A-Krankenhaus Verein für Krankenpflege und Diakonie B auf die A-Krankenhaus gemeinnützige GmbH i. G. informierte Erstgenannte die Mitarbeiter unter dem 04. Juli 1995 (Bl. 12, 13 d. A.) wie folgt:

Die zukünftige gemeinnützige GmbH wird ebenfalls eine Mitgliedseinrichtung des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau sein, so dass alle bisherigen Rechte und Ansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten bleiben, insbesondere auch die zusätzliche Altersversorgung durch die Kirchliche Zusatzversorgungskasse C (KZVK). Dies wird zwischen dem bisherigen Träger des Krankenhauses und der gGmbH durch den Abschluss eines entsprechenden Personalüberleitungsvertrages gesichert.

Der am 24. Oktober 1995 vereinbarte Personalüberleitungsvertrag (Bl. 129- 131 d. A. in 3/2 Sa 1829/05) bestimmt unter anderem folgendes:

§ 2

2. Auf die Arbeitsverhältnisse finden die Bestimmungen des Dienstvertragsrechts des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (DVR/DWHN) sowie die Mitarbeitervertretungsverordnung des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Vergütung richtet sich auch weiterhin nach dem Tabellenwerk VkA/Kommunal.

Seit Ende 1998 erhielten neu eingestellte Mitarbeiter Vergütung nach BAT B/L. Für die bereits bestehenden Arbeitsverhältnisse blieb es bei der Anwendung des BAT/VkA.

Anlässlich des zum 01. Januar 2004 erfolgten Betriebsübergangs von der A Diakonie-Kliniken gGmbH auf die Beklagte informierte die Erstgenannte die Klägerin unter dem 24. Oktober 2003 (Bl. 6, 7 d. A.) wie folgt:

Vorab möchten wir Ihnen mitteilen, dass auch nach dem Betriebsübergang die Arbeitsvertragsordnung des Diakonischen Werkes Hessen/Nassau (BAT/DW) und die Bestimmungen über die Zusatzversorgung (KZVK) uneingeschränkt Anwendung finden werden. Der bisherige Dienstvertrag bleibt bestehen, das Ausstellen neuer Verträge ist nicht erforderlich. Für den überwiegenden Teil der Mitarbeiter ergeben sich daher keinerlei Änderungen. Lediglich die Mitarbeiter, die derzeit noch nach dem VkA-Tarif vergütet werden, werden in den Bund-Land-Tarif überführt, der in manchen Fällen eine geringfügige Verschlechterung der Vergütung zur Folge hat, wobei hier an eine großzügige Ausgleichsregelung in Form einer Zulage gedacht ist.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 (Bl. 8, 9 d. A.) und 03. Dezember 2003 (Bl. 10 d. A.) bot die A Diakonie-Kliniken gGmbH der Klägerin eine Zulage an, die aktuelle Einkommensnachteile aus der Differenz der bisherigen Vergütung nach VkA-Tarif zum B/L-Tarif ausgleichen sollte. Damit erklärte sich die Klägerin nicht einverstanden.

Die Beklagte hat die seit Januar 2004 erfolgten Tariferhöhungen nach BAT/VkA nicht an die Klägerin weitergegeben. Diese hat die Klägerin mit ihrer Klage geltend gemacht.

Die Klägerin hat behauptet, bei der Einstellung sei ihr unmissverständlich der BAT/VkA zugesagt worden. Der damalige Personalchef habe 1978 in dem Einstellungsgespräch geäußert, dass sie den geringeren Verdienst gegenüber der Bezahlung ihres vorherigen Arbeitgebers in kurzer Zeit durch die Bezahlung nach BAT/VkA ausgleichen werde. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auch aus dem - ihr allerdings nicht bekannten - Personalüberleitungsvertrag ergebe sich eine Verpflichtung der Beklagten zur Weiteranwendung des BAT/VkA. Jedenfalls sei aufgrund der langjährigen Anwendung des BAT/VkA eine Bindungswirkung aufgrund betrieblicher Übung entstanden.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 13.066,71 brutto abzüglich € 7.626,00 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus € 2.608,14 brutto abzüglich € 1.525,20 netto seit dem 15.01.2004

aus € 2.608,14 brutto abzüglich € 1.525,20 netto seit dem 15.02.2004

aus € 2.608,14 brutto abzüglich € 1.525,20 netto seit dem 15.03.2004

aus € 2.608,14 brutto abzüglich € 1.525,20 netto seit dem 15.04.2004

aus € 2.634,15 brutto abzüglich € 1.525,20 netto seit dem 15.05.2004

zu zahlen.

2.

festzustellen, dass die Klägerin nach dem Vergütungstarifvertrag zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) derzeit in der Vergütungsgruppe V b/10 in der jeweils geltenden Fassung zu vergüten ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Verweisung in § 2 Arbeitsvertrag auf das Dienstvertragsrecht des Diakonischen Werkes ergebe sich die Geltung von § 1 Abs. 1 Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau, in dessen § 1 Abs. 1 die Anwendung des BAT in der für das Land Hessen jeweils geltenden Fassung vorgesehen sei. Der von der Klägerin behaupteten mündlichen Vereinbarung des BAT/VkA stehe das im Arbeitsvertrag vereinbarte Schriftformerfordernis entgegen. Die tatsächlich erfolgte Vergütungszahlung nach dem VkA-Tarif sei arbeitsvertragswidrig erfolgt. Im Übrigen habe die Vergütungszahlung nach BAT/VkA gegen § 8 Abs. 2 c der Arbeitsvertragsordnung verstoßen. Das im Arbeitsvertrag vereinbarte Schriftformerfordernis stehe auch dem Entstehen einer betrieblichen Übung entgegen. Darüber hinaus könne nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus einer fehlerhaften Zahlung auch über einen längeren Zeitraum nicht ohne weiteres auf eine betriebliche Übung geschlossen werden. Die Klägerin könne nicht darauf vertrauen, dass die rechtswidrige Anwendung des BAT/VkA aufrecht erhalten bleibt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der betrieblichen Übung stattgegeben. Die langjährige Vergütungszahlung nach BAT/VkA habe die Klägerin als Versprechen einer dauerhaften Vergütungszahlung nach dem Kommunaltarif ansehen dürfen. Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten auch einen entsprechenden Verpflichtungswillen gehabt, da ihnen bekannt gewesen sei, dass sie sich mit der Anwendung des BAT/VkA satzungswidrig verhielten. Die Berufung der Beklagten auf das Schriftformerfordernis verstoße gegen Treu und Glauben, weil die Vergütungszahlung nach BAT/VkA bei den Rechtsvorgängern der Beklagten über einen langen Zeitraum hinweg praktiziert wurde. Aufgrund dieses Verhaltens der Rechtsvorgänger der Beklagten seien die betroffenen Arbeitnehmer nicht zu der Annahme veranlasst worden, die so begründete vertragliche Regelung sei wegen eines Formfehlers rechtsunwirksam. Es wäre Sache der Arbeitgeberin gewesen, durch eine klare und verständliche Erklärung zu vermeiden, dass aufgrund ihres Verhaltens eine Bindungswirkung begründet werden konnte.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung. Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe die gezahlte Vergütung schon deshalb nicht als Versprechen dauerhafter Zahlung nach BAT/VkA verstehen dürfen, weil die Tariflohnerhöhungen nie unmittelbar und direkt weitergeben wurden, sondern stets zunächst von der arbeitsrechtlichen Kommission für das Diakonische Werk in der Fassung BAT/BL beschlossen wurden, bevor sie für die Klägerin entsprechend nach BAT/VkA (rechtswidrig) umgesetzt wurden. Zu Unrecht sehe das Arbeitsgericht in der Berufung auf das Schriftformerfordernis einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Die Rückkehr zu der kirchenrechtlich vorgegebenen Anwendung des BAT B/L könne nicht treuwidrig sein. Im Übrigen fehle es bereits deshalb am Vorliegen einer betrieblichen Übung, weil die Beklagte und ihre Rechtsvorgänger als nicht tarifgebundene Arbeitgeber sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen wollten, sondern ihre Entscheidungsfreiheit über die künftige Gehaltsentwicklung behielten. Hinsichtlich künftiger Gehaltserhöhungen habe deshalb eine Bindungswirkung nicht eintreten können. Schließlich sei das Urteil auch deshalb aufzuheben, weil der BAT/VkA seit 01. Oktober 2005 durch den TVöD abgelöst wurde. Eine Überleitung in den TVöD scheide jedoch aus, weil insoweit zu Gunsten der Klägerin kein Vertrauenstatbestand erwachsen konnte. Für das kirchliche Arbeitsrecht gelte ab 01. Oktober 2005 die KADAVO, nicht der TVöD.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 2005 - 19/17 Ca 6082/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Die Klägerin ist der Auffassung, die Frage ob die Vergütungszahlung nach BAT/VkA im Verhältnis zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten und dem Diakonischen Werk rechtswidrig war, sei für das Arbeitsverhältnis der Parteien ohne Bedeutung. Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten hätten sich bewusst entschieden, nach BAT/VkA zu vergüten. Unabhängig vom Bestehen einer betrieblichen Übung habe die Klägerin jedenfalls eine individuelle Zusage erhalten. Die Vergütung nach BAT/VkA sei daher bereits vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages vereinbart gewesen. Auch nach dem 01. Oktober 2005 könne eine Vergütung noch nach BAT/VkA, nämlich in der zuletzt gültigen Fassung, erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Leistungsantrags bestehen keine Bedenken.

Auch der Feststellungsantrag (Klageantrag zu 2) ist zulässig. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, muss sich die Feststellungsklage nicht notwendiger Weise auf das Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit beziehen. Vielmehr können auch einzelne Beziehungen und Folgen eines Rechtsverhältnisses Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Germelmann ArbGG 5. Aufl. § 46 Rn. 53 m.w.N.). Bei der Frage nach welchem Tarifvertrag die Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis zu zahlen ist, handelt es sich um eine einzelne Beziehung aus dem Rechtsverhältnis, die damit feststellungsfähig ist.

Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO. Der Vorrang der Leistungsklage steht hier dem Feststellungsantrag deshalb nicht entgegen, weil mit einem Leistungsantrag nur die bereits entstandenen Vergütungsansprüche geltend gemacht werden können. Der gestellte Feststellungsantrag bezieht sich jedoch auch auf die Zukunft. Hieraus ergibt sich das besondere Feststellungsinteresse.

II.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage begründet ist. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ergibt sich dies jedoch nicht aus betrieblicher Übung, weil ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, selbst wenn er Tariflohnerhöhungen übernimmt, sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen will (vergleiche BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I. 2. der Gründe).

Die Verpflichtung zur Zahlung von Vergütung nach BAT/VkA ergibt sich jedoch aus § 2 Nr. 2 S. 2 des Personalüberleitungsvertrages vom 24. Oktober 1995.

1.

Der Inhalt der Regelung in § 2 Nr. 2 Personalüberleitungsvertrag ist gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln (vergleiche BAG 06. Februar 1974 - 3 AZR 232/73 - AP BGB § 133 Nr. 38; 15. März 2005 - 9 AZR 97/04 - zu I. 2. der Gründe). Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG 27. August 1970 - 2 AZR 519/69 - BAGE 22, 424). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt (BAG 25. Oktober 2000 - 4 AZR 506/99 - BAGE 96, 177, 185, zu II. 2. d) der Gründe). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck (vergleiche BAG 22. November 1994 - 3 AZR 335/94 - AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 10) sowie die Interessenlage der Beteiligten (vergleiche BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - AP BGB § 157 Nr. 29, zu I. 1. b) bb) (2) der Gründe; 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - zu A I. 1. der Gründe).

2.

Bereits der Wortlaut des Personalüberleitungsvertrags spricht dafür, dass den übernommenen Mitarbeitern des Krankenhauses die dynamische Weitergeltung des bislang angewandten Tabellenwerkes VkA/Kommunal eröffnet werden sollte. Für die Vereinbarung einer Dynamik spricht die Verwendung des Wortes "weiterhin". Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die bisherige Praxis beibehalten und nunmehr rechtsverbindlich zugesichert werden soll. Bisherige Praxis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Personalüberleitungsvertrages war die Zahlung von Vergütung nach dem Tabellenwerk VkA in der jeweils geltenden Fassung.

3.

Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem in den Vertragsverhandlungen unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien. Wie sich aus dem Schreiben des A-Krankenhaus Verein für Krankenpflege und Diakonie in B vom 18. September 1995 (Bl. 19 d. A.) ergibt, war die Frage der vertraglichen Absicherung der Weiteranwendung des Tabellenwerkes BAT/VkA-Kommunal Gegenstand der Verhandlungen des Personalüberleitungsvertrages und es wurde hierüber eine Einigung erzielt. Dass die Zusage der Weitergewährung des Tabellenwerkes BAT/VkA-Kommunal für die Vertragspartner des Personalüberleitungsvertrages als gegenwärtiges bzw. künftiges Mitglied des Diakonischen Werkes satzungswidrig war, steht dem nicht entgegen. Wie sich aus dem Zusammenhang zwischen § 2 Nr. 2 S. 1 und § 2 Nr. 2 S. 2 Personalüberleitungsvertrag ergibt, sollten die Arbeitsverhältnisse grundsätzlich dem Dienstvertragsrecht des Diakonischen Werkes unterstehen. Bei der Regelung des Satzes 2 hinsichtlich der Vergütung handelt es sich um eine von dem Dienstvertragsrecht des Diakonischen Werkes abweichende Bestimmung. Diese Systematik zeigt, dass die Parteien des Personalüberleitungsvertrages insoweit bewußt eine Sonderregelung gegenüber dem Dienstvertragsrecht des Diakonischen Werkes begründen wollten, um den Interessen der Mitarbeiter Rechnung zu tragen.

4.

Für einen auf eine dynamische Anwendung des BAT/VkA gerichteten Vertragswillen der Partner des Personalüberleitungsvertrages spricht auch der Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten. Im Falle eines Betriebsübergangs treten die Wirkungen des § 613 a BGB kraft Gesetzes ein. Sie sind unabhängig davon, ob die Parteien einen entsprechenden Willen haben und mit den sich ergebenden Rechtsfolgen einverstanden sind. Durch Vertrag können abweichende Regelungen nur insoweit getroffen werden, als sie günstiger als der gesetzliche Mindestschutz sind. Diesem Zweck dient der Abschluss eines sogenannten Personalüberleitungsvertrages. Hieraus folgt auch, dass die Regelungen einer solchen Vereinbarung im Zweifel nicht den gesetzlichen Mindestschutz beinhalten, denn dann wären sie überflüssig, sondern darüber hinausgehen. Aufgrund dieses Regelungszwecks sind Bestimmungen eines Personalüberleitungsvertrages im Zweifel nicht als bloße Bezugnahme auf die kraft Gesetzes eintretenden Folgen auszulegen. Selbst wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Personalüberleitungsvertrages am 24. Oktober 1995 keine rechtliche Verpflichtung zur Anwendung des Tabellenwerkes nach BAT/VkA, sondern lediglich eine entsprechende Praxis bestand, wurde durch die Regelung in § 2 Nr. 2 S. 2 Personalüberleitungsvertrag den zum Stichtag beschäftigten Mitarbeitern rechtsverbindlich zugesichert, dass diese Praxis auch in Zukunft beibehalten wird.

5.

Diesem Auslegungsergebnis entspricht, dass in der Folgezeit die Gehaltserhöhungen tatsächlich auf der Grundlage des BAT/VkA an die Mitarbeiter weitergegeben wurden.

6.

Der Personalüberleitungsvertrag findet als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Der Personalüberleitungsvertrag dient der Sicherstellung der Rechtsposition der beschäftigten Mitarbeiter anlässlich des Betriebsübergangs. Hieraus folgt, dass diese unmittelbar Rechte hieraus in Anspruch nehmen können. Daraus, dass den Arbeitnehmern der Text des Personalüberleitungsvertrages nicht mitgeteilt wurde, ergibt sich nichts gegenteiliges. Vielmehr ist es sogar typisch, dass der Dritte, der in den Fällen des § 328 Abs. 1 BGB unmittelbar ein vertragliches Recht erwirbt, am Zustandekommen dieses Vertrages nicht beteiligt ist und ihm deshalb auch kein Vertragstext ausgehändigt wird. Im Übrigen hat der A-Krankenhaus Verein für Krankenpflege und Diakonie mit Schreiben vom 18. September 1995 der Mitarbeitervertretung mitgeteilt, dass in dem Personalüberleitungsvertrag eine vertragliche Absicherung der Weiteranwendung des Tabellenwerkes BAT/VkA-Kommunal erzielt werden konnte. Auch diese Information der Arbeitnehmervertretung zeigt, dass die Arbeitnehmer unmittelbar Rechte aus dem Personalüberleitungsvertrag herleiten können sollten.

7.

Soweit die Regelung in § 2 Nr. 2 S. 2 Personalüberleitungsvertrag gegen § 1 Abs. 1 Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau verstößt, lässt dies die Wirksamkeit dieser Vereinbarung unberührt. Die Verpflichtung der Partner des Personalüberleitungsvertrages als Mitglieder des Diakonischen Werkes das für dieses geltende Recht zu beachten, betrifft lediglich das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis, sowie das zum Diakonischen Werk (Innenverhältnis). Die Wirksamkeit der Zusage im Außenverhältnis bleibt hiervon unberührt.

8.

Die Klägerin wird vom Geltungsbereich des Personalüberleitungsvertrages gemäß § 1 Nr. 1 u. 2 erfasst, da sie zum Stichtag (01. Januar 1996) der Einrichtung als Mitarbeiterin angehörte.

9.

Gegen die Berechnung des vom Arbeitsgericht mit dem Antrag zu 1) zugesprochenen Geldbetrages hat die Berufung keine Einwendungen erhoben.

10.

Der Antrag zu 2) ist nicht deshalb unbegründet, weil der BAT/VkA seit 01. Oktober 2005 für die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber durch den TVöD abgelöst worden ist. Ausweislich der Formulierung des Klageantrags begehrt die Klägerin die Vergütung nach BAT/VkA in der jeweils geltenden Fassung. Für die Zeit nach dem 01. Oktober 2005 ist damit die zuletzt geltende Fassung des BAT/VkA gemeint.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt, § 72 Abs. 2 ArbGG. Insbesondere liegt dem Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu Grunde.

Ende der Entscheidung

Zurück