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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.05.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 1208/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 313
Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Bezugnahmeklausel, wonach für das Dienstverhältnis die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden Tarifverträge gelten, transformiert nicht den TVöD bzw. TV-L in das Arbeitsverhältnis der Parteien.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 03. Juli 2007 - 6 Ca 11/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung der restlichen Sonderzuwendung für das Kalenderjahr 2006.

Die Beklagte ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die keinem Arbeitgeberverband angehört. Ihre Satzung enthält eine Regelung über die Anwendung der für die entsprechenden Landesbediensteten getroffenen Tarifvereinbarungen. Wegen des genauen Wortlauts der Regelungen wird auf § 40 Abs. 7 der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung und für die Zeit danach auf die geänderte Fassung in § 41 Abs. 7 - Bl. 53 bzw. Bl. 56 d. A. - verwiesen. Der gewerkschaftlich nicht organisierte Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 17. Mai 1976 beschäftigt. Der Vertrag enthält folgende Verweisungsklausel:

"Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen der Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und die diesen ergänzenden Tarifverträge."

Wegen der weiteren Arbeitsbedingungen wird auf die Kopie des Arbeitsvertrages - Bl. 5, 6 d. A. - Bezug genommen. Keine der Vertragsparteien hatte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der BAT eines Tages im Verhandlungswege nicht mehr weiterentwickelt würde. In der Folgezeit wurden die Bestimmungen des BAT in der für das Land Hessen geltenden Fassung angewandt und die tariflichen Gehaltssteigerungen stets weitergegeben. In den Sitzungen vom 22. Juni 2006 und 02. November 2006 beschloss der Personalausschuss der Beklagten auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter zukünftig den TVöD für den Bereich der Länder (TV-L) anzuwenden. Per Email vom 01. August 2006 erhielt der Kläger ein Informationsblatt zum neuen TV-L in dem unter anderem darauf hingewiesen wurde, dass die genauen Einzelheiten zur Überleitung vom BAT zum TV-L noch nicht feststünden. Wegen des Inhalts der Email im Einzelnen wird auf die Kopie Bl. 71 d. A. Bezug genommen. Durch eine weitere Email vom 12. Oktober 2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ab dem 01. November 2006 der neue TV-L zur Anwendung komme. Wegen des genauen Inhalts der Email wird auf die Kopie Bl. 72 d. A. verwiesen. Am 14.11.2006 erhielt der Kläger eine erste Abrechnung auf der Grundlage des TV-L für den Monat November. Danach zahlte die Beklagte als Sonderzuwendung nicht 82,14 % des Monatsgehalts wie bisher, sondern nur noch 35 % und damit einen Betrag von 1.626,26 ? brutto. Im Vorjahr belief sich die Sonderzuwendung auf 3.816,61 ? brutto. Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 15. November 2006 an die Beklagte mit dem Hinweis, er gehe davon aus, dass die Zahlung der Sonderzuwendung auf der Basis 10/12 nach BAT und 2/12 nach TV-L zu erfolgen habe. Wegen des genauen Wortlauts des Schreibens wird auf die Kopie Bl. 12 d. A. verwiesen. Auf das Schreiben reagierte die Beklagte nicht. Durch anwaltliches Schreiben vom 29.11.2006 wurde die Beklagte unter Hinweis auf den Zuwendungstarifvertrag zur Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 2.190,35 ? ohne Erfolg aufgefordert.

Der Kläger hat die Rechtsansicht vertreten, dass er weiterhin die ungekürzte Sonderzuwendung beanspruchen könne. Der Wortlaut des Arbeitsvertrages sei eindeutig und regele die Anwendung des BAT. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Arbeitsvertrag weiterhin vollständig, der BAT stehe nach wie vor als Bezugstarifvertrag zur Verfügung. Ein den BAT ersetzendes Tarifrecht existiere in Hessen nicht, da das Land dem TVöD nicht zugestimmt habe. Es sei durchaus denkbar, dass über den Inhalt des BAT auch zukünftig noch verhandelt werde. Der Fall, dass es eines Tages keinen BAT mehr in einer wirksamen Fassung geben werde, sei ungeregelt geblieben. Der Parteiwille müsse offenbleiben, Unklarheiten dürften sich nicht nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken. Die von der Beklagten gewünschte Auslegung sei überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB und verstoße gegen das Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine vertragliche Vereinbarung - so der Kläger - über die Anwendung des TV-L sei wegen der arbeitsvertraglich vereinbarten Schriftformklausel nicht zustande gekommen. Das Schweigen auf die verschiedenen Mitteilungen der Beklagten über die Anwendung des neuen Tarifrechts habe zu keiner Vertragsänderung geführt und auf das eigene Schreiben vom 15. November 2006 sei die Beklagte nicht eingegangen.

Der Kläger hat beantrag,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.190,35 ? brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 15. November 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Rechtsansicht vertreten, dass ab dem 01. November 2006 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TV-L anwendbar sei. Die Parteien seien - obwohl nicht im Wortlaut ausdrücklich geregelt - unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung so zu behandeln, als hätten sie eine dynamische Verweisung im Sinne einer "Ersetzung" durch nachfolgende Tarifverträge vereinbart. Die Beklagte habe ihm Laufe des Arbeitsverhältnisses ersetzende Tarifverträge konsequent zur Anwendung gebracht. Ferner habe der Kläger die Anwendung des TVöD durch sein Schreiben vom 15. November 2006 anerkannt. Er verhalte sich widersprüchlich, wenn er nunmehr mit seinem Klagebegehren am BAT festhalten wolle. Im Übrigen sei der Arbeitsvertrag lückenhaft geworden und bedürfe einer ergänzenden Auslegung. Sie führe zu dem Ergebnis, dass der TV-L Anwendung finde. Es sei sicher nicht der Wille der Parteien gewesen, dass im Falle der Auflösung des BAT die Arbeitsbedingungen für immer statisch und ohne jede Veränderung eingefroren blieben. Die Parteien hätten schon bis zum Auslaufen des BAT seine Veränderungen, dies bedeute auch die ihm eigene Dynamik gelebt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 03. Juli 2007 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Parteien hätten im Arbeitsvertrag keine dynamische Verweisung auf sämtliche den BAT in Zukunft ergänzenden oder ändernden Tarifverträge vereinbart. Vielmehr sei eine statische Verweisung auf den BAT in der Fassung vom 23. Februar 1961 erfolgt. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts - Bl. 4, 5 d. A. - verwiesen. Gegen dieses ihr am 30. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit dem am 14. August 2007 beim Hess. LAG eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. Oktober 2007 - mit dem am 29. Oktober 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts - so die Beklagte - handele es sich nicht um eine statische Bezugnahmeklausel. Aufgrund der langjährigen praktischen Handhabung sei eine betriebliche Übung entstanden, wonach der BAT und die ihn ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge dynamisch in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden seien. Der BAT vom 23. Februar 1962 sei zuletzt durch den 78. Änderungstarifvertrag geändert und dementsprechend von der Beklagten im Arbeitsverhältnis der Parteien umgesetzt worden. Ferner macht die Beklagte eingehende Rechtsausführungen zu der Frage einer ergänzenden Vertragsauslegung und stützt sich hilfsweise auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Hätten die Arbeitsvertragsparteien - so die Beklagte - den Wegfall des BAT vorausgesehen, so hätten sie die Inbezugnahmeklausel nicht ausschließlich auf diesen Tarifvertrag beschränkt und insbesondere geregelt, dass an seine Stelle der ihn ersetzende Tarifvertrag trete.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 03. Juli 2007 - 6 Ca 11/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Ferner vertritt er die Rechtsansicht, dass sich die Beklagte auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht berufen könne, weil die weitere Existenz bzw. der ungekündigte Fortbestand und die weitere Pflege des BAT nicht erkennbar Grundlage der vertraglichen Regelungen der Parteien gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Mai 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A

Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 a ArbGG statthaft, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 ?. Im Übrigen ist die Berufung gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO auch form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden.

B

In der Sache hat die Berufung der Beklagten allerdings keinen Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist nicht abzuändern, da die zulässige Zahlungsklage begründet ist. Anspruchsgrundlage sind §§ 1, 2 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte in der Fassung vom 30.06.2000 in Verbindung mit der Bezugnahmeklausel im Anstellungsvertrag vom 17. Mai 1976.

I.

Die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages sowie des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte finden in der jeweils letzten Fassung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Bestimmungen werden durch die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in das Arbeitsverhältnis transformiert. Demgegenüber gelten die Regelungen des TVöD/TV-L nicht im Arbeitsverhältnis der Parteien. Dies ergibt eine Auslegung des Arbeitsvertrages.

1.

Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach §§ 133, 157 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles aus der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln, wobei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs maßgebend ist. Dabei ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die den Parteien erkennbaren Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG 19.9.2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 20 zitiert nach Juris). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch die Entstehungsgeschichte, der von den Vertragesparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (vgl. BAG 24. September 2003 - 10 AZR 34/03 - Rn 38, zitiert nach Juris; BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - Rn 18, zitiert nach Juris). Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, haben außer Betracht zu bleiben. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (vgl. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn 30, zitiert nach Juris). Dies bedeutet für die Auslegung von Bezugnahmeklauseln, dass ihr Bedeutungsgehalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist (vgl. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn 31, zitiert nach Juris).

2.

Nach diesen Maßstäben haben die Arbeitsvertragsparteien insbesondere den TV-Zuwendung für Angestellte nur zeitdynamisch in Bezug genommen. Demgegenüber wird der TVöD/TV-L, der den BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge ersetzt, nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst, da sie nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

a) Der TV-Zuwendung für Angestellte wird als ein den BAT ergänzender Tarifvertrag (vgl. dazu BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - NZA 1997, 55 (56)) von der Bezugnahmeklausel in das Arbeitsverhältnis transformiert. Der Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach es sich um eine statische Bezugnahmeklausel handeln soll, vermag sich die Berufungskammer nicht anzuschließen. Zwar fehlt eine für zeitdynamische Verweisungen typische Formulierung, das auch "ändernde Tarifverträge" bzw. die in Bezug genommenen Tarifverträge in ihrer "jeweils geltenden Fassung" anwendbar sein sollen (vgl. dazu BAG 19.9.2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 zitiert nach Juris). Gleichwohl ist die Bezugnahmeklausel dahingehend auszulegen, dass die Parteien den TV-Zuwendung in seiner jeweils aktuellen Fassung vereinbaren wollten. Wird nämlich in einem Arbeitsvertrag ohne Datumsangabe auf einen im Übrigen hinreichend genau bezeichneten Tarifvertrag verwiesen, ist im Zweifel anzunehmen, dieser Tarifvertrag solle in seiner jeweiligen Fassung Anwendung finden. Ein solcher Wille der Parteien ergibt sich aus der beabsichtigten Zukunftswirkung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - , NZA 1991, 736, (738); BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn 30 zitiert nach Juris; BAG 05. April 2006 - 4 AZR 390/05 - Rn 43, zitiert nach Juris; BAG 19.9.2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22). Der als Anspruchsgrundlage maßgebliche TV-Zuwendung für Angestellte ist als ein den BAT ergänzender Tarifvertrag nur allgemein und nicht nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet (vgl. dazu BAG 19.9.2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22). Sonstige Anhaltspunkte für ein statisches Verständnis der Parteien liegen nicht vor. Zwar haben sie hinsichtlich des BAT das Datum seines Abschlusses genannt. Dies beruht jedoch darauf, dass durch die Nennung des Zeitpunkts des Vertragsschlusses der Tarifvertrag lediglich präzise bezeichnet werden sollte. Eine bestimmte Fassung sollte dadurch nicht auf Dauer in das Arbeitsverhältnis transformiert werden. Die Tarifverträge in der Fassung vom 23.02 1961 sind zu keinem Zeitpunkt im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gekommen. Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses wurden dem Kläger das Tarifgehalt und auch die Zuwendung nach den im Kalenderjahr 1976 geltenden Bestimmungen der einschlägigen Tarifverträge gewährt.

Die zeitdynamische Ausgestaltung der Verweisungsklausel wird ferner durch das nachträgliche Verhalten der Parteien bestätigt. Willenserklärungen haben zwar mit dem Augenblick des Wirksamwerdens grundsätzlich einen unveränderlichen Erklärungswert (vgl. BGH 28. März 1962 - VIII ZR 20/61 - Rn 15 zitiert nach Juris). Das nachträgliche Verhalten der Parteien kann aber bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn es Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen der Parteien und ihr tatsächliches Verständnis im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zulässt (vgl. BAG 07. Juni 2006 - 4 AZR 272/05 - Rn 43 zitiert nach Juris; BGH 07. Dezember 2006 - VII ZR 166/05 - Rn 18, zitiert nach Juris). Derartige Umstände ergeben sich aus der fortwährenden Anwendung der zahlreichen Änderungstarifverträge. Dies lässt unmissverständlich den Rückschluss zu, dass nicht eine bestimmte, sondern die jeweils neueste Fassung des BAT sowie des ihn ergänzenden TV-Zuwendung für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses maßgebend sein soll.

b) Den Übergang vom BAT auf den von der Beklagten angesprochenen TVöD/TV-L deckt die Verweisungsklauseln nicht. Tarifverträge, die an die Stelle des BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge treten, werden von der Bezugnahmeklausel nicht in das Arbeitsverhältnis der Parteien transformiert. Die Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag kann nicht ohne Weiteres in eine Bezugnahme auf einen ihn ersetzenden Tarifvertrag umgedeutet werden.

aa) Die Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche oder eines bestimmten Einzelarbeitgebers kann über ihren Wortlaut hinaus nur dann als inhaltsdynamische Verweisung, d.h. als Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich und betrieblich geltenden Tarifvertrag ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. Während sich die zeitdynamische Bezugnahmeklausel auf das Zeitmoment beschränkt, wirkt die inhaltsdynamische Bezugnahmeklausel oder "Tarifwechselklausel" auch betrieblich und fachlich dynamisch (vgl. BAG 16.10.2002 - 4 AZR 467/01 - NZA 2003, 390 (391,392); BAG 29.8.2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 zitiert nach Juris; BAG 15.4.2008 - 9 AZR 159/07 - Rn 60 zitiert nach Juris). Solche weiteren Umstände müssen schon deshalb vorliegen, weil die Arbeitsvertragsparteien eben diese Rechtsfolge auch ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbaren können (so BAG 30.8.2000 - 4 AZR 581/99 - Rn. 21 zitiert nach Juris). An derartigen Umständen fehlt es im Streitfall indessen.

(1) Selbst die im öffentlichen Dienst gebräuchliche Formulierung, wonach auch die den BAT ersetzenden Tarifverträge erfasst werden sollen, haben die Arbeitsvertragsparteien nicht gewählt. Sie lässt sich auch nicht aus der beabsichtigten Zukunftsgerichtetheit des Arbeitsverhältnisses herleiten, da dieser Gesichtspunkt eine uneingeschränkte Öffnung des Arbeitsvertrages für jede Tarifentwicklung nicht zu rechtfertigen vermag. Dies folgt aus der Interessenlage der Parteien. Zwar bedarf der Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis ständiger Anpassung, die bei Vertragsschluss von den Arbeitsvertragsparteien nicht vorweggenommen werden kann. Es liegt daher im beiderseitigen Interesse dem Änderungsbedürfnis durch die Bezugnahme auf Tarifverträge Rechnung zu tragen. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Arbeitsvertragsparteien damit der Herrschaft über die Ausfüllung des vertraglich gesetzten Rahmens begeben. Dies kann weitreichende Änderungen nach sich ziehen, da die Tarifvertragsparteien große Gestaltungsmöglichkeiten haben. Grundsätzlich folgt aus Artikel 9 Abs. 3 GG für die Tarifparteien ein weiter Gestaltungsfreiraum und eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die sachlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen (vgl. z. B. BAG 23. Januar 1992 - 2 AZR 470/91 - Rn. 26 - 28 zitiert nach Juris). Eine derart weitgehende Öffnung des Arbeitsvertrages unter Aufgabe der eigenen Einflussmöglichkeiten auf die zukünftige Vertragsgestaltung kann nicht unterstellt werden. Bereits die fehlende Tarifbindung der Vertragsparteien verdeutlicht im Streitfall, dass es nicht ihrem Willen entspricht jeder Tarifentwicklung ohne nähere Prüfung uneingeschränkt Raum zu geben.

(2) Gleichstellungserwägungen sind kein bei der Auslegung der Bezugnahmeklausel zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Zwar könnten im Streitfall die Auslegungsgrundsätze zur sogenannten Gleichstellungsabrede herangezogen werden (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 625/05 - Rn 24, zitiert nach Juris; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - zitiert nach Juris), da es sich im Streitfall um einen vor dem 01. Januar 2002 geschlossenen Arbeitsvertrag handelt (sogenannter Altfall). Die Grundsätze sind aber bereits im Ansatz nicht einschlägig. Sie beruhen auf der Vorstellung, dass mit einer von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Verweisungsklausel lediglich eine möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn 27, zitiert nach Juris). Bei fehlender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ist jedoch seit jeher nicht von einem Gleichstellungszweck einer Bezugnahmeklausel auszugehen (vgl. BAG 25. September 2002 - 4 AZR 294/01 - NZA 2003, 807 (809)).

(3) Aus der von der Beklagten angeführten Betriebsvereinbarung können schon deshalb keine Auslegungsgesichtspunkte gewonnen werden, da die erste Fassung aus dem Monat April 1991 stammt. Für die Auslegung, wie der Empfänger einer Willenserklärung diese nach ihrem objektiven Erklärungswert verstehen musste, können erst nach Zugang eingetretene Umstände nicht berücksichtigt werden.

(4) Ohne Bedeutung für die Auslegung ist auch die Satzung der Beklagten. Sie regelt lediglich das Rechtsverhältnis zu ihren Mitgliedern. Der Kläger ist an sie nicht gebunden. Im Übrigen haben Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben (vgl. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn 30 zitiert nach Juris).

(5) Aus der praktischen Handhabung folgen ebenfalls keine weitergehenden Rückschlüsse. Der BAT und der TV-Zuwendung sind in der Vergangenheit zwar häufig geändert, aber nicht durch ein anderes Tarifwerk ersetzt worden. Die Neuregelungen haben sich stets im Rahmen einer üblichen tariflichen Weiterentwicklung des Tarifwerks gehalten. Dementsprechend haben die Tarifvertragsparteien auch fortwährend von "Tarifvertrag zur Änderung des BAT" gesprochen.

bb) Da im Streitfall die Dynamik durch den Wortlaut der Regelung dahingehend begrenzt wird, dass das Arbeitsverhältnis dem BAT nur zeitdynamisch unterstellt wird (vgl. dazu BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - Rn 21 zitiert nach Juris), soll durch sie lediglich die übliche Tarifentwicklung mit vollzogen werden. An Stelle der Regelungen des benannten Tarifvertrages können die Bedingungen anderer Regelwerke keine Anwendung finden; ein Tarifwechsel ist - jedenfalls dann, wenn wie hier Gleichstellungserwägungen keinen Platz greifen - ausgeschlossen. Infolge dessen deckt die Verweisungsklausel den Übergang vom BAT auf den TVöD/TV-L nicht, weil es sich bei ihm jedenfalls um einen den BAT nicht nur ändernden, sondern "ersetzenden" Tarifvertrag handelt. Der TVöD/TV-L ist ein vollständig eigenständiges Regelwerk, welches nicht auf den grundlegenden Strukturen des BAT aufbaut. Folgende - stichwortartig aufgezählte - Kernpunkte verdeutlichen dies: Die Unterscheidung zwischen Arbeiter und Angestellten entfällt; es gibt eine neue Entgelttabelle mit 15 Entgeltgruppen; es sind spezifische Regelungen für die Sparten Verwaltung, Krankenhäuser, Sparkassen, Flughäfen und Entsorgungsbetriebe geschaffen worden; die Vergütung wird teilweise leistungsabhängig; statt Urlaubsgeld und Zuwendung gibt es eine neue Jahressonderzahlung; die Arbeitszeit wird flexibilisiert; Bewährungs - und Zeitaufstiege sind abgeschafft; Lebensalterstufen entfallen; der Ortszuschlag entfällt. Der TVöD soll den BAT nicht "ergänzen", denn seine Regelungen sind abweichend vom bisherigen Regelwerk und treten ihm nicht lediglich zur Seite. Es soll ihn auch nicht "ändern", indem er ihn fortschreibt wie die bisherigen Änderungstarifverträge zum BAT. Vielmehr will er an seine Stelle treten, ihn ersetzen. Die Tarifvertragsparteien des BAT und des TVöD/TV-L selbst haben ihren dahingehenden Willen zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht. In § 2 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes/der Länder in den TVöD/TV-L heißt es unter anderem:

"Der TVöD/TV-L ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag für den Bereich des Bundes/der Tarifgemeinschaft deutscher Läder die in Anlage 1 TVÜ-Bund/Länder Teil A aufgeführten Tarifverträge ... "

In Anlage 1 TVÜ-Bund/Länder Teil A Ziffer 1 wird der Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1991, zuletzt geändert durch den 78. Tarifvertrag zur Änderung des Bundesangestelltentarifvertrages vom 31. Januar 2003 ausdrücklich erwähnt. Entsprechendes gilt gemäß §2 TVÜ-VKA für den Bereich der VKA.

3.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der TVöD/TV-L nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung zur Anwendung. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt es bereits an der zwingenden Voraussetzung einer ausfüllungsbedürftigen Vertragslücke.

a) Ehe zu einer ergänzenden Vertragsauslegung geschritten werden darf, muss überhaupt eine ausfüllungsbedürftige Vertragslücke feststellbar sein. Davon kann nur gesprochen werden, wenn ein Punkt im Rahmen des von den Parteien wirklich gewollten ungeregelt geblieben ist (Vertragslücke), und die Parteien ihn als regelungsbedürftig angesehen haben. Hierfür muss feststehen, dass ohne die Schließung der Lücke die Erreichung des Vertragszwecks nicht gesichert wäre, mithin ohne diese Vervollständigung eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH 18.12.1954 - II ZR 76/54 - Rn 17 zitiert nach Juris; BGH 22.4.1953 - II ZR 143/52 - Rn 6 zitiert nach Juris; BGH 25.6.1980 - VIII ZR 260/79 - Rn 15 zitiert nach Juris; BGH 13.5.1993 - IX ZR 166/92 - Rn 24 zitiert nach Juris).

b) Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann im Streitfall indessen nicht ausgegangen werden. Der BAT und der ihn ergänzende TV-Zuwendung für Angestellte werden weiterhin von der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel in Bezug genommen. Der Bezugnahmeklausel kommt eine rechtsbegründende Bedeutung zu, sie begründet die individualvertragliche Geltung der in Bezug genommenen Tarifnormen. Inhaltlich handelt es sich um eine verkürzte Absprache der Parteien über den Vertragsinhalt, die anstelle ausdrücklicher Benennung der Regelungsbereiche den Tarifvertrag in den Arbeitsvertrag einbezieht (z.B. Kempen/Zachert - Stein, TVG, §3 Rn 153 m.w.N.). Durch die Änderung der "Tariflandschaft" im öffentlichen Dienst geht die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auch nicht etwa automatisch ins Leere, denn der in Bezug genommene Tarifvertrag ist nicht weggefallen. Zwar ist es den Arbeitsvertragsparteien unbenommen, Voraussetzungen zu vereinbaren, bei deren Vorliegen das Bezugsobjekt zum Wegfall kommen kann. Inwieweit dies bereits dann anzunehmen ist, wenn ausdrücklich auf eine "geltende" bzw. "gültige Fassung" verwiesen wird, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine derartige Absprache findet sich im Arbeitsvertrag der Parteien nicht und sie würde auch zu keinem abweichenden Ergebnis führen, und zwar unabhängig davon, auf welchen Geltungsbereich des Tarifvertrages man abstellt.

Für den Bereich des Bundes und der VKA ist der BAT und der TV-Zuwendung nur formell außer Kraft gesetzt worden. Dadurch ist deren Geltung aber nicht entfallen. Eine Kündigung der Tarifverträge ist nicht erfolgt. Sie werden weiterhin von einer Vielzahl von Arbeitgebern außerhalb des engeren öffentlichen Dienstes angewandt. Die Tarifvertragsparteien haben bewusst den Weg gewählt, das bisherige Tarifrecht durch den neuen TVöD "zu ersetzen". Im Ergebnis nicht anders gilt für den Bereich des Landes Hessen, auch wenn es mit Ablauf des 31. März 2004 aus der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) ausgetreten ist. Auch auf Landesebene haben die Tarifnormen im Prinzip ihre Geltung nicht verloren. Die von der TdL zum 30.6.2003 gekündigten Zuwendungstarifverträge unterliegen der Nachwirkung gemäß §4 Abs.V TVG. Die Tarifnormen gelten - wenn auch ohne zwingende Wirkung - weiter, bis sie durch andere Abmachungen ersetzt werden. Der Austritt des Landes Hessen aus der TdL lässt die Nachwirkung unberührt und der TV-L ist auf Landesebene bislang nicht in Kraft getreten. Die Vorschriften des BAT sind bis auf die von der TdL gekündigten Vorschriften zur Wochenarbeitszeit auf Landesebene bis heute ungekündigt. Erst wenn der TVöD/VKA/TV-L tatsächlich in Kraft getreten ist und den BAT sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge - bezogen auf den jeweiligen Anwendungsbereich Bund, Land oder Gemeinden - normativ vollständig ersetzt, könnte nicht mehr von einer "geltenden Fassung" für den jeweiligen Bereich ausgegangen werden. Dieser Rechtszustand ist bislang nicht feststellbar.

Eine Vertragslücke folgt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass der BAT aller Voraussicht nach zukünftig nicht mehr weiterentwickelt wird. Die Arbeitsvertragsparteien mögen bei Vertragsschluss von der über viele Jahre auch zutreffenden Vorstellung ausgegangen sein, dass eine stetige Weiterentwicklung des BAT und der ihn ergänzenden Tarifverträge erfolgen wird. Dies ist aber nicht Geschäftsinhalt des Arbeitsvertrages geworden. Vielmehr haben die Parteien seinerzeit die künftigen Umstände insoweit nicht in vollem Umfang richtig eingeschätzt und damit eine vertragliche Regelung getroffen die heute nicht mehr vollständig der Wirklichkeit entspricht. Gleichwohl ist der Wortlaut der Bezugnahmeklausel nach wie vor lückenlos und erfasst weiterhin wie von den Parteien geplant die jeweilige aktuelle Fassung des BAT. Die ehemalige Dynamik der Bezugnahme ist lediglich faktisch verloren gegangen, weil der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht mehr fortgeführt werden, sodass die tariflichen Regelungen nur nach statisch weiterwirken können. Dementsprechend sind etwaige bei Vertragsschluss bestehende Vorstellungen der Parteien - soweit sie nicht als unerhebliche Erwartungen oder Motive zu qualifizieren sind - allenfalls in die Geschäftsgrundlage des Arbeitsverhältnisses eingegangen.

c) Selbst wenn man von einer Regelungslücke ausgehen würde, käme man im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu einer Anwendung des TVöD/TV-L. Im Ergebnis darf die ergänzende Vertragsauslegung nämlich nicht im Widerspruch zu dem im Vertrag ausgedrückten Parteiwillen stehen (vgl. z.B.: BAG 03. Juni 1998 - 5 AZR 552/97 - Rn 42 zitiert nach Juris) und auch nicht dazu benützt werden, den Vertrag inhaltlich abzuändern oder zu erweitern (vgl. BGH NJW 2002, 2310 (2311)). Nichts anderes würde es aber bedeuten, wenn man auf dem Weg einer ergänzenden Vertragsauslegung zu einer Bezugnahme auf den TVöD/TV-L käme, denn dies würde dem klaren Wortlaut der Bezugnahmeklausel widersprechen. Die Parteien wollten sich nur an das binden, was als eine Änderung des BAT und der ihn ergänzenden Tarifverträge anzusehen ist, nicht aber an das, was an seine Stelle treten könnte und bei Vertragsschluss inhaltlich völlig unbekannt ist. Bei einer ergänzende Vertragsauslegung könnte dies nicht unberücksichtigt bleiben.

4.

Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB führen im Streitfall ebenfalls nicht zu einer Anwendung des TVöD/TV-L. Es kann offen bleiben, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage nach §313 Abs.1 BGB (schwerwiegende Änderung der Umstände) oder Abs. 2 BGB (wesentliche falsche Vorstellungen) wegen der aller Voraussicht nach künftig unterbleibenden Weiterentwicklung und Fortführung des BAT und der ihn ergänzenden Tarifverträge vorliegt. Beides wird nur dann rechtlich erheblich, wenn und soweit das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Da der Kläger aber altersbedingt bereits im Jahr 2007 ausscheidet, stellt es keine unzumutbare Belastung für die Beklagte dar, wenn das Vertragsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt auf der Grundlage des BAT und der ihn ergänzenden Tarifverträge in der zuletzt geltenden Fassung fortgeführt wird. Die bisherigen Kosten des Arbeitsverhältnisses sind dadurch nicht gestiegen, vielmehr hat sich lediglich die Aussicht auf eine Entlastung nicht realisiert. Der daraus resultierende Nachteil hält sich in zumutbaren Grenzen, weil er sich in der zweimaligen Zahlung der höheren Sonderzuwendung nach Maßgabe des TV- Zuwendung für die Jahre 2006 und 2007 erschöpft.

II.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist durch das Schreiben des Klägers vom 15.11.2006 die Anwendung des TVöD/TV-L nicht gemäß §§145 ff BGB vertraglich vereinbart worden. Inwieweit man die vorausgegangenen Emails der Beklagten überhaupt als ein Angebot auf Anwendung des TVöD/TV-L werten kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls hat der Kläger ein etwaiges Vertragsangebot nicht angenommen. Abgesehen davon, dass sich der Kläger im Schreiben vom 15.11.2006 lediglich mit der Zahlung der Zuwendung befasst, hat er einer uneingeschränkten Anwendung des TVöD nicht zugestimmt. Vielmehr hat er die Meinung vertreten, dass eine anteilige Berechnung auf der Grundlage des BAT und des TVöD erfolgen müsse. Nach §150 Abs. 2 BGB gilt aber eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. Dieses Angebot hat wiederum die Beklagte nicht angenommen.

III.

Da die Beklagte keine Einwendungen gegen die Berechnung erhoben hat und solche auch sonst nicht ersichtlich sind, ist sie zur Nachzahlung der restlichen Zuwendung für Angestellte nach §§ 1, 2 des TV-Zuwendung für Angestellte verpflichtet.

C

Die Beklagte hat gemäß § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.

D

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da es um die Auslegung eines Formulararbeitsvertrages geht und es sich um eine typische Bezugnahmeklausel handelt, die in einer großen Anzahl von Arbeitsverhältnissen Anwendung findet.

Ende der Entscheidung

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