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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 287/05
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 626
BAT § 10
BAT § 54
1) Der Arbeitgeber darf die staatsanwaltschaftliche Freigabeerklärung hinsichtlich der auf einen Arbeitnehmer bezogenen Ermittlungsakten abwarten. Vorher beginnt die Frist des § 626 II BGB nicht zu laufen.

2) Zum Vorliegen dringender Verdachtsmomente hinsichtlich der Annahme von Geldzahlungen.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. September 2004 - 7 Ca 250/03 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Verdachtskündigung sowie um einen Weiterbeschäftigungsanspruch.

Der am 28. September 1955 geborene Kläger ist verheiratet und hat einen inzwischen erwachsenen Sohn. Er ist seit 01. März 1980 im Hochbauamt der Beklagten, einer hessischen Großstadt, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Bundes-Angestelltentarifvertrag Anwendung. Der Kläger erhielt zuletzt Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT in Höhe von € 2.959,83.

Im Jahr 1999 ermittelte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen den Kläger und weitere Mitarbeiter des Hochbauamts wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Verstoßes gegen die Abgabenordnung. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens machte der Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma A GmbH, B, in Vernehmungen am 15. und 17. November 2000 sowie am 16. Februar 2001 Aussagen in Bezug auf Zuwendungen an Bauleiter des Hochbauamts. Hinsichtlich des Klägers sagte er Folgendes aus:

Vernehmung vom 15. November 2000:

"Ich räume jetzt ein, dass ich entgegen meinen bisherigen Angaben Geldzahlungen erbracht habe, und zwar an folgende Personen:

... und C (alle HBA) anlässlich des Weihnachtsfestes und des Geburtstags jeweils DM 100,00. Die Gelder wurden jeweils in einen Briefumschlag eingelegt und von mir übergeben. (...) Die Geldzahlungen erfolgen an diejenigen Mitarbeiter des ERV und HBA, mit denen die Firma A eine hohe Auftragslage hatte."

Vernehmung vom 17. November 2000 (Bl. 91 ff. d.A.):

"Herr C erhielt seit mindestens fünf Jahren zu Weihnachten DM 100,00. Zum Geburtstag bekam er kein Geld.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen, dass allen von mir genannten Bauleitern, egal in welchem Amt, klar war, dass Zuwendungen, Geld- oder Sachleistungen, mit einem Aufschlag in die laufenden Baumaßnahmen eingerechnet wurden. Das gehört zum allgemein bekannten System. Gleichfalls bestand unausgesprochene Übereinstimmung, dass diese Zuwendungen als Gegenleistungen gedacht waren für Auftragserteilung und reibungslose Abwicklung der Maßnahmen."

Vernehmung vom 16. Februar 2001 (Bl. 101 ff. d.A.):

"Herr C hat zu Weihnachten und zum Geburtstag jeweils DM 100,00 bekommen und in der ganzen Zeit ein- oder zweimal weitere DM 100,00."

Von Ende 1994 bis Juli 1999 war der Kläger im Hochbauamt, Abteilung D tätig. Diese Abteilung bestand aus dem Kläger und Herrn E als Bauleiter. Dieser wurde mit Urteil vom 12. Mai 2004 wegen Bestechlichkeit in 109 Fällen und wegen Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Herr E begann seine Arbeit regelmäßig früh morgens gegen 5.00 Uhr, während der Arbeitsbeginn des Klägers zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr war. Aufträge an Unternehmen wurden von Herrn E, nicht vom Kläger erteilt. Im Juni 1999 wechselte der Kläger in die allgemeine Bauunterhaltung und bezog ein anderes Dienstzimmer (einen Stock tiefer). Von nun an kam es auch seitens des Klägers zur Erteilung von Aufträgen an die A GmbH, im Jahr 2000 über eine Auftragssumme von DM 5.000,00.

Am 28. November 2001 wurde das Dienstzimmer des Klägers in den Räumen der Beklagten im Rahmen der laufenden Ermittlungen durchsucht. Mit Schreiben vom 30. November 2001 bat die Beklagte die Staatsanwaltschaft um Mitteilung, ob Einwendungen gegen eine arbeitsrechtliche Anhörung des Klägers zu dem Verdacht auf Bestechlichkeit bestehen. Unter dem 07. Dezember 2001 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten mit, dass bis zu einer Vernehmung des Klägers, die für Januar/Februar 2002 beabsichtigt sei, von einer arbeitsrechtlichen Anhörung abgesehen werden möge. Mit Schreiben vom 20. November 2002 bat die Beklagte die Staatsanwaltschaft erneut um Mitteilung, ob gegen eine arbeitsrechtliche Anhörung des Klägers weiterhin Bedenken bestehen. Dies verneinte die Staatsanwaltschaft unter dem 25. November 2002. Am 02. Dezember 2002 nahm die Beklagte Einsicht in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten. Am 09. Dezember 2002 hörte die Beklagte den Kläger zum Verdacht der Bestechlichkeit/Vorteilsannahme, des Verstoßes gegen städtische Regelungen und der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten an, wobei der Kläger Gelegenheit erhielt, sich schriftlich zu äußern. Insoweit wird auf die Stellungnahme des Klägers vom 12. Dezember 2002, Bl. 26 - 34 d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 (Bl. 71 - 73 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers wegen des dringenden Verdachts, in verschiedenster Form Zuwendungen von Firmen erhalten zu haben, an. Nach einer mündlichen Anhörung vom 16. Dezember 2002 teilte der Personalrat unter dem 18. Dezember 2002 der Beklagten mit, dass er der fristlosen Kündigung nicht zustimme. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 (Bl. 18 - 20 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich.

Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren wurde gem. § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, nachdem der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten erklärt hatte, er habe von Herrn B "mal" einen Hunderter bekommen.

Mit seiner am 07. Januar 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung gewandt. Er hat bestritten, Geld oder sonstige Zuwendungen erhalten zu haben. Es liege auch kein dringender Tatverdacht vor. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 20. Dezember 2002, zugegangen am 20. Dezember 2002, nicht aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Bautechniker bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung sei berechtigt. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger Zuwendungen von Firmen als Gegenleistung für die Verschaffung von Aufträgen erhalten habe. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei beachtet worden, weil die Beklagte berechtigt gewesen sei, der Bitte der Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen den Kläger nicht arbeitsrechtlich zu den Vorwürfen anzuhören, Folge zu leisten.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B. Es hat der Klage stattgegeben, weil die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht beachtet habe. Die Beklagte habe die Ermittlungen nicht in der gebotenen Eile geführt. Das Ersuchen der Staatsanwaltschaft habe die 2-wöchige Kündigungserklärungsfrist nicht gehemmt. Aufgrund der fehlenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses, könne der Kläger auch seine Weiterbeschäftigung verlangen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung. Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe die staatsanwaltschaftliche Freigabeerklärung und die hieran anschließende Anhörung des Klägers abwarten dürfen. Ein wichtiger Grund sei in dem dringenden Verdacht der Entgegennahme von Geld seitens des Klägers zu sehen. Der Umstand, dass der Kläger vor 1999 der Firma A nicht selbst Aufträge erteilte, entlaste ihn nicht. Aus Sicht der beauftragten Baufirma liege es nahe, nicht nur den Bauleiter (hier Herrn E) mit Zuwendungen zu "versorgen", sondern auch den anderen Mitarbeiter mit Geldleistungen ruhig zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. September 2004 - 7 Ca 250/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Die 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei deshalb verstrichen gewesen, weil die Beklagte bereits deutlich vor Ausspruch der Kündigung über Teile des Akteninhalts der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte, insbesondere die Aussagender Zeugen B und F, informiert war. Spätestens nach Anhörung der Mitarbeiter G, H und I hätte die Beklagte auch den Kläger arbeitsrechtlich anhören müssen. Dies sei erst 2 Monate später erfolgt. Ein dringender Tatverdacht hinsichtlich der dem Kläger vorgeworfenen Verfehlungen liege nicht vor. Die Aussagen des Zeugen B seien widersprüchlich. Die Erklärung, er habe mal DM 100,00 bekommen, habe er aufgrund der Empfehlung seiner anwaltlichen Berater im Strafverfahren abgegeben. Dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist begründet.

I.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die außerordentliche Kündigung nicht wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB bzw. § 54 Abs. 2 BAT rechtsunwirksam.

1.

Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB bzw. § 54 Abs. 2 Satz 1 BAT kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Der Kündigungsberechtigte kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Der Arbeitgeber kann die staatsanwaltschaftliche Freigabeerklärung abwarten und sodann den betroffenen Arbeitnehmer anhören. Erst ab diesem Zeitpunkt steht ihm das notwendige Tatsachenmaterial und die möglichen Beweismittel sicher zur Verfügung (BAG 17. März 2005 - 2 AZR 245/04 - zu II. d.Gr., m.w.N.).

2.

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT beachtet. Sie durfte die staatsanwaltschaftliche Freigabeerklärung hinsichtlich der auf den Kläger bezogenen Ermittlungsakten abwarten. Sodann hat sie sich in der gebotenen Eile den erforderlichen Kenntnisstand verschafft, indem sie am 02. Dezember 2002 Akteneinsicht nahm und am 09. Dezember 2002 die arbeitsrechtliche Anhörung des Klägers durchführte und seinem Wunsch entsprach, bis 13.12.2002 schriftlich Stellung zu nehmen. Mit Eingang der Stellungnahme des Klägers vom 12. Dezember 2002 (Bl. 26 - 34 d.A.) verfügte die Beklagte über den erforderlichen Kenntnisstand, um über den Ausspruch einer Kündigung entscheiden zu können. Die dem Kläger am 20. Dezember 2002 zugegangene außerordentliche Kündigung erfolgte daher innerhalb der 2-Wochenfrist der §§ 626 Abs. 2 BGB, 54 Abs. 2 BAT. Darauf, ob der Beklagten Teile des Ermittlungsergebnisses bereits aufgrund von Ermittlungen gegen Arbeitskollegen des Klägers bekannt waren, kommt es nicht an. Erst nach Einsicht in die Ermittlungsakten gegen den Kläger und dessen arbeitsrechtlicher Anhörung hatte die Beklagte die erforderliche Kenntnis von dem auf den Kläger bezogenen vollständigen Kündigungssachverhalt.

II.

Ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 Abs. 1 BAT liegt vor.

1.

Danach kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu einer vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls "an sich" geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Sodann ist in der zweiten Stufe zu untersuchen, ob nach Abwägung aller in Betracht kommenden Interessen der Parteien des Arbeitsverhältnisses die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist.

2.

Nicht nur eine erwiesene Pflichtverletzung, sondern bereit der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abgeben. Voraussetzung für eine Verdachtskündigung ist, dass sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen stützen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensverhältnis zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen und insbesondere auch dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG 06. November 2003 - 2 AZR 631/02 - AP BGB § 626 - Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - AP BGB § 626 - Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37; 06. Dezember 2001 - 2 AZR 496/00 - AP BGB § 626 - Verdacht strafbarer Handlung Nr. 36). Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Er muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können (BAG 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG § 1 Nr. 79). Erforderlich ist schließlich, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, die Verdachtsgründe zu entkräften.

3.

Danach liegt ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 Abs. 1 BAT hier vor. Zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden dringende Verdachtsmomente, dass der Kläger bei der Erfüllung dienstlicher Aufgaben mehrfach Vorteile entgegennahm, die dazu bestimmt oder geeignet waren, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter oder zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen und hierdurch gegen das sog. Schmiergeldverbot verstoßen und seine Pflichten aus § 10 BAT erheblich verletzt zu haben. Im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren hat der Zeuge B ausgesagt, dass der Kläger mindestens seit 5 Jahren zu Weihnachten DM 100,00 erhielt (Vernehmung vom 17. November 2000). Die Aussage des Zeugen B ist nicht deshalb von vornherein wertlos, weil sie in Bezug auf Geldzahlungen zum Geburtstag widersprüchlich ist. In den Vernehmungen vom 15. November 2000 und 16. Februar 2001 hat der Zeuge B ausgesagt, dass der Kläger auch zum Geburtstag jeweils DM 100,00 bekommen hat, während er in der Vernehmung vom 17. November 2000 aussagte, der Kläger habe zum Geburtstag kein Geld bekommen. Nach Überzeugung der Kammer kann hieraus allenfalls nicht von einem dringenden Verdacht von Geldzahlungen anlässlich des Geburtstags ausgegangen werden. Hinsichtlich der Zahlungen zum Weihnachtsfest liegen dagegen drei eindeutige Aussagen des Zeugen B vor. Den sich hieraus ergebenden dringenden Verdacht hat der Kläger nicht durch seine Stellungnahme entkräftet. Allein aus dem Umstand, dass er erst nach Juni 1999 erstmals Herrn B selbst einen Auftrag erteilte, folgt nicht, dass er nicht bereits in den Jahren zuvor Geldzahlungen seitens Herrn B erhalten hat. Vor Juni 1999 teilte der Kläger sich ein Dienstzimmer mit Herrn E, der Aufträge an Herrn B erteilte und wegen Bestechlichkeit in 109 Fällen verurteilt wurde. Die Beklagte weist nach Überzeugung der Kammer zu Recht darauf hin, dass es vor diesem Hintergrund ausgesprochen nahe liegt, wenn Herr B nicht nur Herrn E, sondern auch dem Kläger Zuwendungen machte. Es bestand nämlich die Gefahr, dass dieser etwas von den Zahlungen an den Bauleiter mitbekommen hatte und deshalb ruhig gestellt werden musste. Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Herr E bereits seinen Dienst um 5.00 Uhr und der Kläger erst zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr begann, weil sich deren Arbeitszeit gleichwohl in beträchtlicher Weise überschnitt. Es entlastet den Kläger auch nicht, dass der Zeuge B sich bei seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht nicht mehr erinnern konnte. Hierdurch wird nämlich der gegen den Kläger aufgrund der Aussagen aus dem November 2000 bzw. Februar 2001 begründete dringende Verdacht nicht entkräftet. Erhärtet wird der Verdacht dagegen dadurch, dass der Kläger in dem Strafverfahren einräumte, von Herrn B mal einen Hunderter bekommen zu haben.

Die Beklagte hat alles Zumutbare zur Aufklärung unternommen, indem sie zunächst Akteneinsicht nahm und den Kläger sodann zu den Vorwürfen anhörte.

4.

Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien führt zu dem Ergebnis, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Zum Kündigungszeitpunkt lagen erhebliche Verdachtsmomente vor, dass der Kläger wiederholt gegen das sog. Schmiergeldverbot verstoßen und seine Pflichten aus § 10 BAT erheblich verletzt hat. Eine schwerere Dienstverfehlung ist für einen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes kaum vorstellbar. Bereits der dringende Verdacht eines derartigen Verhaltens macht der Beklagten daher eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger unzumutbar. Sein Lebensalter von 47 Jahren im Kündigungszeitpunkt und seine Unterhaltspflichten müssen daher ebenso zurückstehen wie die beträchtliche Dauer seiner Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren.

III.

Endete damit das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten am 20. Dezember 2002, ist die Beklagte nicht zu einer Weiterbeschäftigung des Klägers über diesen Termin hinaus verpflichtet.

C.

Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da dem Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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