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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 4/5 TaBV 88/07
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 87
BetrVG § 95
BetrVG § 99
BetrVG § 100
BetrVG § 101
ArbGG § 89
Freistellungen unterliegen unabhängig davon nicht der Mitbestimmung gemäß §§ 99 ff. BetrVG, ob sie im gekündigten oder ungekündigten Arbeitsverhältnis und mit oder ohne Vergütungsfortzahlung ausgesprochen werden.
Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. April 2007 - 7 BV 736/06 - wird hinsichtlich der Anträge zu 3) und 5) als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmungspflichtigkeit von Freistellungen.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin erbringt Dienstleistungen auf Flughäfen in Zusammenhang mit der Abfertigung von Flugzeugen. Der antragstellende Betriebsrat repräsentiert die mehr als zwanzig Arbeitnehmer ihres Betriebes auf dem Flughafen A.

Der Arbeitnehmer B ist Leiter der Abteilung Operations/Loadcontrol und nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied. Er streitet mit der Arbeitgeberin über die Frage, ob er verpflichtet ist, an verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen und ob durch diese zu erlangende Zertifikate Voraussetzung für die Ausübung seiner Tätigkeit sind. Eine dagegen gerichtete negative Feststellungsklage von Herrn B blieb in zwei Instanzen erfolglos. Anlässlich dieser Auseinandersetzung stellte die Arbeitgeberin ihn zunächst mit Schreiben vom 18. November 2005 unter Vergütungsfortzahlung von der Arbeitsleistung frei. Am 27. September 2006 stellte sie ihn ohne Vergütungsfortzahlung frei. Der Betriebsrat ist der Auffassung, dies sei gemäß §§ 99, 87 Abs. 1 Nr. 3 und 92 BetrVG mitbestimmungspflichtig und bewirke eine Benachteiligung wegen seines Amtes im Sinne von § 78 Satz 1 BetrVG. An der Weiterführung seiner Amtstätigkeit hindert die Arbeitgeberin Herrn B nicht.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 82 - 85 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen und zur Begründung - kurz zusammengefasst - ausgeführt, der Betriebsrat habe keinen Anspruch auf Aufhebung der Freistellung von Herrn B gemäß § 101 BetrVG und auf die zukünftige Unterlassung derartiger Maßnahmen ohne Beteiligung des Betriebsrats gemäß §§ 99, 100 BetrVG, da es sich bei Freistellungen nicht um Versetzungen im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG handele. Durch eine Suspendierung werde einem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsbereich im Sinne dieser Norm zugewiesen. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats gebe es einen Arbeitsbereich "Warteposition" nicht. Herr B werde auch nicht wegen seines Amtes benachteiligt. Es sei nicht erkennbar, dass er wegen seines Mandats suspendiert worden sei und dass er damit anders als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Situation behandelt werde. Weiter bewirke eine Freistellung keine Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Es handele sich dabei auch nicht um eine Maßnahme der Personalplanung im Sinne von § 92 BetrVG. Zudem habe der Betriebsrat einen groben Verstoß der Arbeitgeberin als Tatbestandsvoraussetzung für den geltend gemachten Leistungs- und Unterlassungsanspruch gemäß §§ 92, 23 Abs. 3 BetrVG nicht substantiiert dargelegt. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 85 - 89 d. A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat gegen den am 07. Mai 2007 zugestellten Beschluss am 30. April 2007 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er rügt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht der Auffassung, dass ein Arbeitgeber berechtigt sei, ein Betriebsratsmitglied durch eine unbezahlte Freistellung kaltzustellen. Dieses Ergebnis gehe rechtspolitisch an § 103 BetrVG vorbei. Es sei wenig tröstlich, dass ein Betriebsratsmitglied seine Beschäftigungs- und Vergütungsansprüche auf eigene Kosten individualrechtlich geltend machen könne. Zudem sehe sich der Betriebsrat als Kollektivorgan durch die Maßnahme als massiv geschädigt an. Die §§ 78, 2, 119 BetrVG forderten das Unterbleiben einer derartigen Behinderung der Betriebsratstätigkeit. Die Freistellung sei eine mitbestimmungspflichtige Versetzung, zumal zu klären sei, ob Herr B nach ihrem Vollzug überhaupt noch Beschäftigter des Betriebes sei. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehe der Annahme einer Versetzung nicht entgegen, da diese nur Freistellungen im Rahmen gekündigter Arbeitsverhältnisse betreffe. Bei der Freistellung handele es sich zudem um die Anordnung von Kurzarbeit. Da - unstreitig - andere Arbeitnehmer die Arbeit von Herrn B übernehmen, handele es sich auch um einen kollektiven Tatbestand. Schließlich sei die Freistellung und die Neuverteilung der Arbeit eine Maßnahme der Personalplanung.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf den Schriftsatz vom 26. April 2007 Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. April 2007 - 7 BV 736/06 - abzuändern und

1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, die Versetzung des Arbeitnehmers B auf die Position einer unbezahlten Freistellung aufzuheben,

2. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, zukünftig die unbezahlte Freistellung von Arbeitnehmern zu unterlassen, ohne dass zuvor der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt worden ist bzw. das Verfahren nach § 100 BetrVG durchgeführt worden ist,

3. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, es zu unterlassen, das Betriebsratsmitglied B dadurch zu benachteiligten, dass es unbezahlt freigestellt wird,

4. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, es zu unterlassen, Freistellungen im Sinne der Anträge zu 1) und 2) ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats oder einen diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG durchzuführen,

5. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, vor der Freistellung im Sinne der Anträge zu 1) und 2) den Betriebsrat nach Maßgabe von § 92 BetrVG zu informieren und mit dem Betriebsrat zu beraten und es zu unterlassen, vor Abschluss der Beratung die Maßnahmen durchzuführen.

Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags den angefochtenen Beschluss wie im Schriftsatz vom 30. Juli 2007 ersichtlich.

II.

Die Beschwerde ist hinsichtlich der Anträge zu 3) und 5) unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Die Beschwerde ist im Umfang der Anträge zu 3) und 5) gemäß § 89 Abs. 3 Satz 1 ArbGG als unzulässig zu verwerfen, da sie insoweit nicht in der gesetzlichen Form begründet wurde.

Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss in der Beschwerdebegründung angegeben werden, auf welche im Einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe und auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird. Die Anforderungen an die Beschwerdebegründung entsprechen im Wesentlichen denen einer Berufungsbegründung im Urteilsverfahren. Die Beschwerdebegründung muss sich mit den Gründen der angefochtenen Beschlusses im Einzelnen auseinandersetzen und deutlich ausführen, was gegen den Beschluss einzuwenden ist. Allgemeine Redewendungen genügen nicht (BAG 27. November 1973 - 1 ABR 5/73 - AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 9, zu II 1; LAG Frankfurt am Main 23. Februar 1988 - 5 TaBV 18/87 - LAGE ArbGG 1979 § 89 Nr. 1; Schwab/Weth-Busemann ArbGG § 89 Rn 15; GK-ArbGG-Dörner Stand Juli 2007 § 89 Rn 36; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 89 Rn 30).

Zweck des Begründungszwangs für ein Rechtsmittel ist auch im Beschlussverfahren, eine ausreichende Vorbereitung des Rechtsmittelverfahrens und eine Konzentration des Streitstoffs zu erreichen. Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen klar und konkret angeben, wie er durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert ist und welche Tatsachenfeststellungen und/oder welche die Entscheidung tragenden Rechtsansichten der ersten Instanz aus seiner Sicht unzutreffend sind (LAG Frankfurt am Main 23. Februar 1988 a. a. O.; für das Berufungsverfahren etwa BAG 26. April 2000 - 4 AZR 170/99 - AP TVG § 1 Kündigung Nr. 4, zu I 2; 06. März 2003 - 2 AZR 596/02 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 32, zu II 1 a; BGH 06. Mai 1999 - III ZR 265/98 - LM ZPO § 519 Nr. 142, zu II 1). Dazu genügt eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens nicht (BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 40, zu 2 a). Der Rechtsmittelführer kann allerdings an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalten, sofern er Gründe nennt, warum diese im Gegensatz zu der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden richtig sein soll (BAG 24. Januar 2001 - 5 AZR 132/00 - n. v., zu II 2 b). Auch bedarf die Rechtsmittelbegründung weder eines bestimmten Mindestumfangs, noch muss sie schlüssig oder rechtlich haltbar sein (BAG 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - AP BMT-G II § 54 Nr. 5, zu B I 2; BGH 06. Mai 1999 a. a. O., zu II 1).

Hat das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, die Entscheidung selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss in der Rechtsmittelbegründung für jede dieser Begründungen dargelegt werden, warum sie unzutreffend sein sollen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BAG 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 63, zu I 2; BGH 25. November 1999 - III ZB 50/99 - NJW 2000/590, zu II 2 a). Ein Rechtsmittel kann bereits vor der Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt und begründet werden. Dies reduziert den Umfang der Begründungspflicht jedoch nicht. In diesem Fall muss sich der Rechtsmittelführer im Vorgriff auf die Entscheidungsgründe mit diesen hypothetisch in einer Weise auseinandersetzen, die den gesetzlichen Anforderungen an die Rechtsmittelbegründung entspricht (BAG 06. März 2003 - 2 AZR 596/02 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 32, zu II 1 b).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung hinsichtlich der Anträge zu 3) und 5) nicht. Den Antrag zu 3) hat das Arbeitsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, der Betriebsrat könne die Unterlassung einer Benachteiligung von Herrn B gemäß § 78 Satz 1 BetrVG nicht verlangen, da eine Benachteiligung wegen des Betriebsratsamts nicht festzustellen sei und Herr B nicht anders behandelt werde als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage, die nicht Mandatsträger sind. Mit dieser Erwägung setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. In ihr fehlen Ausführungen zu dem mit dem Antrag zu 3) geltend gemachten Anspruch vollständig. Die in der Beschwerdebegründung lediglich gerügte Behinderung der Tätigkeit des Betriebsrats als kollektives Organ ist ein anderer Streitgegenstand als die den Gegenstand des Antrags zu 3) bildende angebliche Benachteiligung von Herrn B als einzelnem Betriebsratsmitglied im Sinne von § 78 Satz 1 BetrVG.

Die Zurückweisung des Antrags zu 5) hat das Arbeitsgericht - knapp - mit zwei selbständig tragenden Erwägungen begründet. Es hat erstens angenommen, dass die Suspendierung von Herrn B die Personalplanung gemäß § 92 BetrVG nicht berühre. Als Zweitbegründung hat es angenommen, es sei jedenfalls ein grober Verstoß der Arbeitgeberin gegen § 92 BetrVG nicht ausreichend dargelegt worden, so dass ein Anspruch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG nicht bestehe. Die Beschwerdebegründung setzt sich mit der ersten Erwägung ähnlich knapp auseinander und ist insoweit daher an sich bei isolierter Betrachtung ausreichend. Da die zweite Erwägung des Arbeitsgerichts die Zurückweisung des Antrags zu 5. jedoch selbständig trägt, hätte es auch einer Auseinandersetzung mit dieser zweiten Erwägung bedurft. Der Betriebsrat hätte dazu entweder begründen müssen, aus welchen Gründen aus seiner Sicht doch ein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorliegt, oder er hätte ausführen müssen, welche andere Rechtsgrundlage für den mit dem Antrag zu 5) geltend gemachten Unterlassungsanspruch das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt hat. Da es an beidem fehlt, ist die Beschwerde auch hinsichtlich des Antrags zu 5) als unzulässig zu verwerfen.

2. Soweit sie zulässig ist, ist die Beschwerde nicht begründet.

a) Ansprüche auf die Aufhebung der Freistellung von Herrn B gemäß § 101 Satz 1 BetrVG und auf die Unterlassung der Freistellung von Arbeitnehmern ohne Beteiligung des Betriebsrats gemäß §§ 99, 100 BetrVG stehen dem Betriebsrat nicht zu, da Freistellungen unabhängig davon, ob sie im gekündigten oder ungekündigten Arbeitsverhältnis und mit oder ohne Vergütungsfortzahlung ausgesprochen werden, nicht der Mitbestimmung nach §§ 99, 100 BetrVG unterliegen.

Dass die Suspendierung eines Arbeitnehmers keine nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG ist, ist inzwischen gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der 1. Senat hat diese Auffassung bereits in einem obiter dictum im Beschluss vom 19. Februar 1991 (- 1 ABR 36/90 - BAGE 67/236, zu B II 2 b bb) vertreten. Der 2. Senat hat dies später isoliert für die Freistellung während des Laufes einer Kündigungsfrist angenommen (BAG 22. Januar 1998 - 2 AZR 267/97 - AP BGB § 174 Nr. 11, zu III 4 b). Der 1. Senat erachtete darauf - allerdings auch anlässlich von Freistellungen gekündigter Arbeitnehmer - Freistellungen generell nicht als beteiligungspflichtige Versetzungen (BAG 28. März 2000 - 1 ABR 17/99 - BAGE 94/163, zu B II 1, 2; im Anschluss daran Hess. LAG 07. März 2006 - 4/5 TaBVGa 23/06 - n. v., zu II 1). Danach fehlt im Fall der Suspendierung die nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG notwendige Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Dies hat der 1. Senat u. a. mit folgenden Ausführungen begründet:

"Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, dass eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die "Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs" erfordert und eine Versetzung daher nicht vorliegen kann, wenn der Arbeitnehmer ... bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeit freigestellt wird, ohne dass ihm ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen würde ...

Soweit der Senat die Herausnahme von Arbeitnehmern aus dem Schichtplan einer Betriebseinheit bzw. den Entzug der bisher wahrgenommenen Aufgabe als mitbestimmungspflichtige Versetzung angesehen hat, erfordert das keine andere Beurteilung. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs war zu bejahen, weil der betroffene Arbeitnehmer einer anderen Einheit zugewiesen worden war ...

Allerdings dient das Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen auch dem Schutz der Belange der Belegschaft, zu welcher der betroffene Arbeitnehmer bisher gehört hat. Es ist nicht zu verkennen, dass die übrigen Arbeitnehmer durch die Freistellungen unter Umständen zusätzlich belastet werden. Damit allein kann jedoch angesichts der deutlichen Regelung im Betriebsverfassungsgesetz das Vorliegen einer Versetzung nicht begründet werden. Derartige Belastungen können sich in vielerlei Zusammenhängen ergeben, wie beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers aufgrund einer Arbeitnehmerkündigung oder eines Aufhebungsvertrages, sowie bei der Freistellung von der Arbeitspflicht im Falle des Urlaubs. Zum Schutz vor diesen Belastungen sieht das Gesetz indessen keine Beteiligungsrechte vor.

Dass der Entzug des Arbeitsbereichs allein, ohne Zuweisung eines anderen Tätigkeitsbereichs, vom Betriebsverfassungsgesetz nicht als hinreichend gewichtig angesehen wird, um ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auszulösen, wird besonders deutlich bei der Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen. Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat im Rahmen der beabsichtigten Kündigung eines Arbeitnehmers, die den Entzug des Arbeitsbereichs in seiner Gesamtheit zur Folge hat, lediglich anzuhören; er hat jedoch nicht, wie nach § 99 BetrVG, Zustimmungsverweigerungsrechte, welche die Interessen der übrigen Arbeitnehmer schützen sollen."

Entsprechend hat auch der 9. Senat die Urlaubserteilung nicht als Versetzung betrachtet (BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 261/99 - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 99, zu I 2 b aa). Die Ausführungen des Betriebsrats im vorliegenden Verfahren geben keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Es gibt entgegen der Auffassung des Betriebsrats keinen Arbeitsbereich "Warteposition". Die Suspendierung führt zur Aufhebung und nicht zu einer Änderung der Arbeitsverpflichtung des betroffenen Arbeitnehmers. Daran ändert auch ein ggf. bestehender individualrechtlicher Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nichts. Die Auffassung des Betriebsrats würde dazu führen, dass auch die Beendigung der Freistellung als Einstellung oder erneute Versetzung beteiligungspflichtig wäre. Dann wären ggf. Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG mit der Konsequenz zu beachten, dass der vorübergehend suspendierte Arbeitnehmer zur Wiedererlangung seines Arbeitsplatzes mit anderen vergleichbaren Arbeitnehmern konkurrieren müsste. Im öffentlichen Dienst wären allein aufgrund der Beendigung einer Freistellung sogar Konkurrentenklagen möglich. Dies belegt, dass Freistellungen von Versetzungen zu unterscheiden sind und dass die vom Betriebsrat geltend gemachte erweiternde Auslegung des Versetzungsbegriffs weder sachgerecht noch mit dem Betriebsverfassungsgesetz vereinbar ist. Freistellungen unterfallen der gesetzlichen Konzeption der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten nicht.

Dies gilt uneingeschränkt auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis und im Fall der unbezahlten Freistellung. Diese Umstände sind für die Frage, ob ein anderer Arbeitsbereich gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zugewiesen wird, ohne Bedeutung. Dementsprechend hat der 1. Senat im Beschluss vom 28. März 2000 (a. a. O.) nicht auf diese Umstände abgestellt, sondern den Charakter von Freistellungen als Versetzungen generell und ohne Einschränkung verneint. Auch der Hinweis des 1. Senats auf die Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen gemäß § 102 BetrVG ändert daran nichts. Mit ihm wurde nicht die Aussage der Entscheidung eingeschränkt, sondern belegt, dass der Entzug des Arbeitsbereichs als solcher ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht auslöst.

b) Auch der Antrag zu 4) ist nicht begründet. Dahinstehen kann, ob die Suspendierung eines Arbeitnehmers im Einzelfall ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG auslösen kann. Der Antrag zu 4) umfasst als Globalantrag jedenfalls auch Sachverhalte, in denen kein Mitbestimmungsrecht besteht. Er ist daher insgesamt unbegründet. Ein Globalantrag, der sich nicht auf voneinander zu trennende und konkret gegeneinander abgrenzbare Sachverhalte bezieht, ist ein einheitlicher Streitgegenstand, der nur insgesamt zugesprochen oder zurückgewiesen werden kann. Besteht das mit dem Antrag geltend gemachte Mitbestimmungsrecht in bestimmten von dem Globalantrag umfassten Fällen nicht, ist der Antrag insgesamt zurückzuweisen (vgl. etwa BAG 06. Dezember 1994 - 1 ABR 30/94 - BAGE 78/379, zu B II 2; 19. Juli 1995 - 7 ABR 60/94 - BAGE 80/296, zu II 3). Dies ist hier der Fall.

Die Mitbestimmung bei der vorübergehenden Verlängerung oder Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG setzt ebenso wie die anderen Mitbestimmungstatbestände von § 87 Abs. 1 BetrVG einen kollektiven Tatbestand voraus. Es muss sich eine Regelungsfrage stellen, die die kollektiven Interessen der Belegschaft berührt (vgl. nur BAG 17. November 1998 - 1 ABR 12/98 - BAGE 90/194, zu B II 1 a; 19. Juni 2001 - 1 ABR 43/00 - AP BetrVG 1972 § 87 Leiharbeitnehmer Nr. 1, zu B II 7). Dieser Beschränkung trägt der Antrag zu 4) nicht Rechnung. In ihm wird nicht bezeichnet, auf welche kollektiven Tatbestände er bezogen sein soll. Mangels Beschränkung umfasst er daher auch nicht kollektive Tatbestände und ist aus diesem Grund als insgesamt unbegründet zurückzuweisen.

3. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 2 BetrVG besteht nicht. Insbesondere hat das vorliegende Verfahren keine grundsätzliche Bedeutung. Die die vorliegende Entscheidung tragenden Rechtssätze ergeben sich durchgehend aus der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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