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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 01.11.2005
Aktenzeichen: 4 Ta 475/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 51
ArbGG § 53
ZPO § 141
ZPO § 381
1. Die Wirksamkeit der Ladung einer Partei zum persönlichen Erscheinen setzt nicht die Erläuterung voraus, in welcher Hinsicht die Partei an der Sachaufklärung mitwirken soll.

2. Für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen eine nicht erschienene Partei ist gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG jedenfalls dann der Vorsitzende allein zuständig, wenn die Entscheidung außerhalb der mündlichen Verhandlung getroffen wird.

3. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist eine Vertretung auch durch Rechtsanwälte möglich, die persönlich an den den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgängen nicht beteiligt waren, sofern sie denen der Partei entsprechende Kenntnisse über diese Vorgänge und die betrieblichen Verhältnisse besitzen.

4. Der vor dem Termin gefasste Entschluss einer Partei, einen Vergleich nicht schließen zu wollen, macht die Erfüllung der Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht entbehrlich.

5. Die Entscheidungsreife des Rechtsstreits aufgrund der mündlichen Verhandlung steht der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine in dieser nicht erschienen Partei nicht entgegen.

6. Bei juristischen Personen ist das Ordnungsgeld gegen den zum persönlichen Erscheinen geladenen gesetzlichen Vertreter und nicht gegen die juristische Person zu verhängen.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 12. August 2005 - 12 Ca 309/04 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung und über Fahrtkostenerstattungsansprüche.

Die Beklagte veranstaltet Theater- und Musikaufführungen. Im Gütetermin schlossen die Parteien einen Widerrufsvergleich, der von der Beklagten widerrufen wurde. Das Arbeitsgericht ordnete mit Beschluss vom 24. Januar 2005 das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten, des Beschwerdeführers, zu dem auf den 09. Juni 2005 bestimmten Kammertermin "zwecks Herbeiführung einer gütlichen Einigung und Sachverhaltsaufklärung" an. An diesem Tag nahm der Beschwerdeführer einen Geschäftstermin in A wahr, den er einige Tage vorher vereinbart hatte. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unterrichtete die Vorsitzende darüber in einem Telefongespräch am 08. Juni 2005. Die Vorsitzende wies darauf hin, dass im Fall des Nichterscheinens im Kammertermin voraussichtlich ein Ordnungsgeld verhängt werde. Aufgrund des Kammertermins gab das Arbeitsgericht der Klage mit Urteil vom 09. Juni 2005 statt. Wegen des Ausbleibens des Beschwerdeführers im Kammertermin verhängte die Vorsitzende mit Beschluss vom 12. August 2005 gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von € 250. Gegen den am 25. August 2005 zugestellten Beschluss legte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Namen des Beschwerdeführers am 08. September 2005 sofortige Beschwerde ein.

Mit der Beschwerde rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass sein Ausbleiben durch den Geschäftstermin entschuldigt sei. Er habe eine Vielzahl von Terminen im Ausland oftmals sehr kurzfristig wahrzunehmen. Dies sei auch am 09. Juni 2005 so gewesen. Weiter sei er durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Kammertermin im Sinn von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO vertreten gewesen. Dieser sei über sämtliche Informationen unterrichtet gewesen, über die der Beschwerdeführer selbst verfügt habe. Die Verhängung des Ordnungsgeldes sei weiter wegen der abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits aufgrund des Kammertermins und deshalb unzulässig gewesen, weil die Beklagte bereits vor dem Termin vom 09. Juni 2005 mitgeteilt habe, nicht vergleichsbereit zu sein. Zudem habe er nicht gegen den Beschwerdeführer ergehen dürfen. Wegen des weiteren Vortrags des Beschwerdeführers wird auf die Schriftsätze vom 20. Juni, 08. September und 20. Oktober 2005 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Wegen der Gründe wird auf die Begründungen der Beschlüsse vom 12. August und 16. September 2005 (Bl. 135, 136 und Bl. 154 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat das Ordnungsgeld gegen den Beschwerdeführer verfahrensfehlerfrei festgesetzt.

1. Die Beschwerdeführer wurde zum Kammertermin vom 09. Juni 2005 wirksam geladen. Voraussetzung dazu ist nach § 141 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 3 ZPO eine Mitteilung gegenüber der Partei selber, in der auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen wird. Die Mitteilung der Anordnung des persönlichen Erscheinens allein gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Partei genügt nicht (Hess. LAG 22. August 2005 - 4/18 Ta 354/05 - n.v.). Der Beschwerdeführer wurde in diesem Sinn mit dem eine entsprechende Belehrung enthaltenden Ladungsformular "Lad 4" geladen (Aktenvermerk Bl. 30 d.A. vom 26. Januar 2005).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedurfte es keiner weiteren Erläuterung, in welcher Hinsicht der Beschwerdeführer an der Sachaufklärung mitwirken sollte. § 141 Abs. 2 ZPO verlangt überhaupt keine Kundgabe des Zwecks der Anordnung des persönlichen Erscheinens; dieser ergibt sich ohnehin mittelbar aus § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit der Belehrung nach § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO (vgl. etwa LAG Nürnberg 25. November 1988 - 4 Ta 93/98 - LAGE ZPO § 141 Nr. 6; LAG Köln 15. März 1996 - 11 (13) Sa 1221/95 - AuR 1996/459 LS; GK-ArbGG-Schütz Stand September 2005 § 51 Rz 12; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 51 Rz 12; Helml in Hauck/Helml ArbGG 2. Aufl. § 51 Rz 7; HWK-Ziemann § 55 ArbGG Rz 9; a.A. etwa LAG Bremen - 3 Sa 16/02 - LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 8, zu II 1 b; ErfK-Koch 5. Aufl. § 51 ArbGG Rz 3; Tschöpe/Fled- dermann NZA 2000/1269, 1271; Berscheid in Schwab/Weth ArbGG § 51 Rz 10; Zöller-Greger ZPO 25. Aufl. § 141 Rz 10; Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 141 Rz 17). Zudem vermag der Vorsitzende den Lauf der mündlichen Verhandlung nur begrenzt zu antizipieren. Die Präsenz der Parteien dient gerade auch der Prozessförderung in vorher nicht absehbaren Prozesssituationen, etwa wenn sich im Rechtsgespräch die Notwendigkeit der Aufklärung bis dahin nicht angesprochener Umstände herausstellt. Jedenfalls wurde der Beschwerdeführer mit dem Beschluss vom 24. Januar 2005 hinreichend über den Zweck der Anordnung aufgeklärt. Wenn für ihn trotzdem noch Unklarheiten bestanden haben sollten, hätte es angesichts der Belehrung gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO an ihm gelegen, diese durch Rückfragen beim Gericht zu beseitigen.

2. Für den Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses und damit auch für die Nichtabhilfeentscheidung war gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG die Vorsitzende jedenfalls deshalb zuständig, weil die Entscheidung außerhalb der mündlichen Verhandlung erlassen wurde (vgl. etwa Hess. LAG 26. Januar 2005 - 4 Ta 621/04 - n.v.; Germelmann a.a.O. § 51 Rz 24; für eine generelle Zuständigkeit des Vorsitzenden auch bei der Verhängung von Ordnungsgeldern in der mündlichen Verhandlung Schütz a.a.O. § 51 Rz 34; Koch a.a.O. § 51 ArbGG Rz 15; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 22; für die Zuständigkeit der gesamten Kammer in allen Fällen der Säumnis im Kammertermin dagegen Berscheid a.a.O. § 51 Rz 27). Das Ordnungsgeld muss nicht zwingend bereits in der mündlichen Verhandlung verhängt werden. Dies ist häufig gar nicht möglich, da zu diesem Zeitpunkt nicht selten noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Partei entschuldigt ausgeblieben ist oder nicht. Kann die Entscheidung daher zwar wegen des Ausbleibens der Partei in der mündlichen Verhandlung, nicht aber aufgrund der mündlichen Verhandlung nach deren Schluss ergehen, ergibt sich die Kompetenz des Vorsitzenden aus § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

3. Der Beschwerdeführer hat sein Ausbleiben nicht hinreichend im Sinne von §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 381 Abs. 1 ZPO entschuldigt. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass er den von ihm angegebenen Verhinderungsgrund rechtzeitig gemäß § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgebracht hat. Aus der vom Beschwerdeführer in der Anlage zum Schriftsatz vom 20. Juni 2005 vorgelegten Reisebestätigung (Bl. 115 d.A.) ergibt sich, dass der Flug nach A am 03. Juni 2005 bestätigt wurde. Der Geschäftstermin vom 09. Juni 2005 musste daher bereits einige Tage vorher festgestanden haben. Mitgeteilt wurde dieser Termin dem Arbeitsgericht jedoch erst am 08. Juni 2005 einen Tag vor dem Kammertermin und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Vorsitzende auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verhinderung nicht mehr reagieren konnte. Wäre der Hinderungsgrund unverzüglich nach seinem Entstehen spätestens in der Woche vor dem Termin vom 09. Juni 2005 mitgeteilt worden, hätte die Vorsitzende dagegen prüfen können, ob sie es im Interesse der Verfahrensbeschleunigung bei dem Termin vom 09. Juni 2005 lassen oder im Interesse der Sachverhaltsaufklärung und der Förderung einer gütlichen Einigung den Termin verlegen würde, um die Präsenz des Beschwerdeführers zu gewährleisten. Am 08. Juni 2005 war wegen der Kürze der verbleibenden Zeit eine Verlegung des Termins nicht mehr möglich. Dementsprechend wurde der Verhinderungsgrund nicht rechtzeitig mitgeteilt, was gemäß § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO dessen Berücksichtigung entgegensteht (vgl. LAG Köln 15. März 1996 - 11 (13) Sa 1221/95 - AuR 1996/459; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 26. Aufl. § 381 Rz 2; Berscheid a.a.O. § 51 ArbGG Rz 15; Schütz a.a.O. § 51 Rz 22; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 16).

Weiter ergibt sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers kein hinreichender Entschuldigungsgrund. Geschäftstermine des gesetzlichen Vertreters des Arbeitgebers können unter besonderen Voraussetzungen ein Entschuldigungsgrund sein, insbesondere wenn sie seit längerem anberaumt, unverschiebbar und von besonderer Bedeutung sind (vgl. Schütz a.a.O. § 51 Rz 21; Germelmann a.a.O. § 51 Rz 18; Berscheid a.a.O. § 51 Rz 16; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 16). Als Entschuldigungsgrund nicht in Betracht kommt es hingegen, wenn eine Partei bzw. ihr gesetzlicher Vertreter wie der Beschwerdeführer kurze Zeit vor einem seit langer Zeit anberaumten Kammertermin ohne eine zwingende Verpflichtung einen Geschäftstermin eingeht und damit den Erfolg eines seit geraumer Zeit anberaumten Kammertermins gefährdet. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf die Erwägungen des Beschwerdeführers über die Erforderlichkeit seines persönlichen Erscheinens und seine Fähigkeit an, zur weiteren Sachaufklärung beizutragen. Auch wenn er dazu nicht in der Lage und sein persönliches Erscheinen tatsächlich nicht erforderlich gewesen sein sollte, konnte er seine Auffassung nicht ohne weiteres an die Stelle der des Arbeitsgerichts setzen und sich selbst von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbinden. Gegebenenfalls hätte er seine Bedenken dem Arbeitsgericht rechtzeitig - und nicht erst einen Tag vor dem Termin - unterbreiten und eine Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen beantragen müssen.

4. Der Beschwerdeführer war in dem Termin vom 09. Juni 2005 nicht hinreichend im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vertreten. Diese Regelung steht zwar einer Vertretung durch Rechtsanwälte nicht zwingend entgegen, die selbst nicht unmittelbar an den den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgängen beteiligt waren und daher eigene Eindrücke von diesen nicht wiedergeben können. Die weiteren Voraussetzungen von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO sind jedoch nicht erfüllt.

a) Zum Teil wurden in der älteren Rechtsprechung Kenntnisse des Rechtsanwalts aus eigener Wahrnehmung verlangt (LAG Frankfurt am Main 23. November 1964 - 1 Ta 69/64 - NJW 1965/1042; LAG Hamm 28. Oktober 1971 - 8 Ta 37/71 - MDR 1972/362; ebenso nach wie vor Germelmann a.a.O. § 51 Rz 20). Nach anderer Ansicht sind Prozessbevollmächtigte nur dann geeignete Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wenn sie über so umfassende Kenntnisse verfügen, dass auch die Partei persönlich in keiner Hinsicht ein besseres Aufklärungsmittel wäre (LAG Rheinland-Pfalz 19. April 1985 - 1 Ta 70/83 - LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 2; Leipold a.a.O. § 141 Rz 42; Berscheid a.a.O. § 51 Rz 19).

Jedenfalls gebietet es nach ganz überwiegender Auffassung der Zweck von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, dass der Vertreter über Kenntnisse verfügt, die über den Inhalt der bereits vorliegenden Schriftsätze hinausgehen. Der Vertreter muss den Kenntnisstand über die die Grundlage des Rechtsstreits bildenden Lebensvorgänge und die betrieblichen Verhältnisse besitzen, die die vertretene Partei selber hat (vgl. LAG Nürnberg 25. November 1988 - 4 Ta 93/88 - LAGE ZPO § 141 Nr. 6; Schütz a.a.O. § 51 Rz 24, 25; Helml a.a.O. § 51 Rz 15; Koch a.a.O. § 51 Rz 9; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 8; Greger a.a.O. § 141 Rz 17; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 63. Aufl. § 141 Rz 47; Vonderau NZA 1991/336, 338; Tschöpe/Fleddermann NZA 2000/1269, 1271 f.). Letztere Auffassung entspricht dem Wortlaut und dem Zweck von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Regelung soll gewährleisten, dass die Sachaufklärung und die verfahrensökonomische Erledigung des Rechtsstreits durch das Ausbleiben der persönlich geladenen Partei nicht beeinträchtigt werden. Der Vertreter soll daher in seinen Fähigkeiten zur Aufklärung des Tatbestands und zur Abgabe der gebotenen Prozesserklärungen der Partei gleichstehen. Wodurch er diese Fähigkeiten erlangt hat, ist für das Erreichen des Normzwecks nicht erheblich. Es lässt sich daher aus der Norm nicht ableiten, dass der Vertreter die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Kenntnisse unmittelbar persönlich erlangt haben muss (Hess. LAG 22. August 2005 - 4 Ta 384/05 - z.V.v.).

Im Beschwerdeverfahren kann von einer unzureichenden Befähigung des Vertreters zur Aufklärung des Sachverhalts nur ausgegangen werden, wenn sich dies der Akte entnehmen lässt. Aus dieser muss deutlich werden, in welchen Punkten der Vertreter nicht über hinreichende Kenntnisse verfügte (Hess. LAG 22. August 2005 - 4 Ta 384/05 - z.V.v.). Das Arbeitsgericht hat derartige Feststellungen nicht getroffen. Daher muss von einer hinreichenden Befähigung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zur Aufklärung des Sachverhalts ausgegangen werden.

b) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war jedoch deshalb kein geeigneter Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO, weil er nicht hinreichend zur Abgabe der gebotenen Erklärungen legitimiert war. Der Beschwerdeführer trägt selbst vor, dass die Beklagte vor dem Termin vom 09. Juni 2005 grundsätzlich nicht vergleichsbereit war. Damit war es dem den Termin wahrnehmenden Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch Vorgaben des Beschwerdeführers verwehrt, auch nur einen Widerrufsvergleich abzuschließen. Nach der zutreffenden herrschenden Meinung erfordert eine Vertretung im Sinn von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO dagegen die Bevollmächtigung zum unwiderruflichen Vergleichsschluss (etwa Germelmann a.a.O. § 51 Rz 21; Schütz a.a.O. § 51 Rz 25; Helml a.a.O. § 51 Rz 15; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 18; Berscheid a.a.O. § 51 Rz 21; Musielak-Stadler ZPO 4. Aufl. § 141 Rz 16; Hartmann a.a.O. § 141 Rz 50; Leipold a.a.O. § 141 Rz 45; eine Bevollmächtigung zum Vergleichsschluss unter Widerrufsvorbehalt als ausreichend ansehend dagegen Koch a.a.O. § 51 ArbGG Rz 5, 10; Greger a.a.O. § 141 Rz 18; Tschöpe/Fleddermann NZA 2000/1269, 1274).

Die Auffassung des Beschwerdeführers, aufgrund der vorgefassten Absicht einer Partei, sich nicht vergleichen zu wollen, werde die Verpflichtung zur Erfüllung der Anordnung des persönlichen Erscheinens obsolet, verkennt den Normzweck grundlegend. Es trifft zwar zu, dass keine Partei zum Vergleichsschluss verpflichtet ist und auch § 141 Abs. 3 ZPO kein Mittel zu dem Zweck ist, einen Vergleichsschluss zu erzwingen. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO soll jedoch gewährleisten, dass dann, wenn die Partei aus welchen Gründen auch immer nicht zum Erscheinen bereit ist, zumindest ein Vertreter präsent ist, der über das Verfahren wie die Partei selber disponieren kann. Ist die Partei zu einer umfassenden Bevollmächtigung eines Vertreters nicht bereit, kommt eine Vertretung nicht in Betracht. Dann obliegt es der Partei, im Termin zu erscheinen, damit sie Gelegenheit erhält, die Argumente des Gegners und des Gerichts zur Kenntnis zu nehmen und diese sodann in ihre Willensbildung über das weitere prozessuale Vorgehen einfließen zu lassen (a.A. Tschöpe/Fleddermann NZA 2000/1269, 1274). Es soll verhindert werden, dass die Erfolgsaussichten der mündlichen Verhandlung dadurch beeinträchtigt werden, dass sich Parteien auf vorgefasste Auffassungen und starre Forderungen versteifen und sich einer argumentativen Erörterung dieser unter Einbeziehung der Meinungen des Gerichts und des Gegners entziehen. Die Möglichkeit der Anordnung des persönlichen Erscheinens dient damit zwar nicht der Vergleichserzwingung, wohl aber der Förderung des Eintritts von Rechtsfrieden durch rasche vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits durch Ermöglichung einer argumentativen Auseinandersetzung in der mündlichen Verhandlung (vgl. LAG Brandenburg 23. Mai 2000 - 3 Sa 83/00 - LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 7, zu 2.4.1; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 1; Helml a.a.O. § 51 Rz 1). Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Partei bereit ist, die Standpunkte von Gericht und Gegner zur Kenntnis zu nehmen.

5. Auch der Umstand, dass das Arbeitsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09. Juni 2005 ein instanzabschließendes Urteil gefällt hat, steht der Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht entgegen. Allerdings wird verbreitet angenommen, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht in Betracht kommt, wenn aufgrund des Termins, in dem die Partei nicht erschienen ist, gleichwohl eine die Instanz beendende Entscheidung getroffen werden kann (etwa LAG Düsseldorf 01. August 1985 - 7 Ta 264/85 - LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 3; LAG Sachsen-Anhalt 24. Februar 1995 - 3 Ta 22/95 - BB 1995/1962; LAG Niedersachsen 07. August 2002 - 10 Ta 306/02 - MDR 2002/1333, zu II 3 a; LAG Schleswig-Holstein 16. Januar 2003 - 5 Ta 218/02 - NZA-RR 2003/215, zu II 2; Schütz a.a.O. § 51 Rz 35; Germelmann a.a.O. § 51 Rz 22; Koch a.a.O. § 51 ArbGG Rz 13; Berscheid a.a.O. § 51 Rz 25; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 20; Leipold a.a.O. § 141 Rz 53 - 55; Stadler a.a.O. § 141 Rz 13).

Dagegen geht die erkennende Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dergemäß verfassungsrechtlich der Eintritt einer Verfahrensverzögerung als Voraussetzung für die Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht geboten ist (BVerfG 2. Kammer des 2. Senats 16. November 1997 - 2 BvR 429/97 - LM ZPO § 141 Nr. 7 a, zu 2 b) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass den §§ 51 ArbGG, 141 ZPO ein solcher Vorbehalt nicht zu entnehmen ist (etwa Hess. LAG 30. Dezember 1995 - 4 Ta 292/95 - LAGE ZPO § 141 Nr. 7, zu b; ebenso Greger a.a.O. § 141 Rz 12). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Gegenmeinung orientiert sich zu Unrecht ausschließlich am Zweck der Förderung der Sachverhaltsaufklärung. Sie berücksichtigt dagegen den zweiten Normzweck der Förderung einer raschen gütlichen Einigung in geeigneten Fällen nicht. Eine solche ist von vornherein gescheitert, wenn Parteien bzw. deren Organe wie der Beschwerdeführer die Anordnung des persönlichen Erscheinens missachten, sich dadurch einer Auseinandersetzung mit den Argumenten des Gegners und des Gerichts in der mündlichen Verhandlung entziehen und gleichzeitig den zu dem Termin entsandten Prozessbevollmächtigten anweisen, keinen Vergleich zu schließen. In diesem Fall kann jedenfalls der zweite Normzweck nicht erreicht werden. Gleichzeitig fehlt das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Ermächtigung zum Vergleichsschluss von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Mit diesem Tatbestandsmerkmal soll auch die Vermeidung andernfalls zu erwartender Rechtsmittelverfahren gefördert werden. Der Beschleunigungszweck der Norm ist daher nicht auf eine Instanz beschränkt, sondern auf das gesamte Verfahren über alle in Betracht kommenden Instanzen bezogen. Er ist verletzt, wenn sich eine Partei durch ihr Nichterscheinen der Erörterung geeigneter Vergleichsmöglichkeiten entzieht, ohne einen ausreichend bevollmächtigten Vertreter zu entsenden.

6. Das Arbeitsgericht hat das ihm zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Der Beschwerdeführer hat trotz ordnungsgemäßer Ladung und Belehrung seine gesetzliche Pflicht schuldhaft verletzt. Dass er seine Vorstellungen über die Notwendigkeit seiner Präsenz im Termin vom 09. Juni 2005 und über die rechtzeitige Mitteilung seiner Verhinderung nicht eigenmächtig an die Stelle der des Arbeitsgerichts setzen durfte, hätte ihm bei verständiger Betrachtung bewusst sein müssen. Dies rechtfertigt die Festsetzung des Ordnungsgeldes.

7. Schließlich hat das Arbeitsgericht das Ordnungsgeld zutreffend gegen den Beschwerdeführer und nicht gegen die Beklagte als Partei festgesetzt. Allerdings wird zum Teil angenommen, dass im Fall des Ausbleibens von Organen juristischer Personen das Ordnungsgeld gegen das Unternehmen und nicht gegen das Organ persönlich zu verhängen ist (so etwa LAG Hamm 25. Januar 1999 - 1 Ta 727/98 - LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 6; LAG Niedersachsen 07. August 2002 a.a.O., zu II 1; Germelmann a.a.O. § 51 Rz 22; Schütz a.a.O. § 51 Rz 33; Helml a.a.O. § 51 Rz 12; Koch a.a.O. § 51 ArbGG Rz 12; Ziemann a.a.O. § 51 ArbGG Rz 20; Stadler a.a.O. § 141 Rz 12; Hartmann a.a.O. § 141 Rz 30).

Diese Auffassung geht vom Wortlaut von § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO aus, in dem von einer Festsetzung gegen die Partei die Rede ist. Der Wortlaut ist indessen angesichts des Normzwecks ebenso wie der der §§ 51 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 141 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, wo ebenfalls vom persönlichen Erscheinen der Partei gesprochen wird, bei juristischen Personen auslegungsbedürftig. Diese können als solche nicht im Termin erscheinen, sondern nur ihre gesetzlichen Vertreter. Der Normtext muss bei juristischen Personen daher im Sinne des persönlichen Erscheinens ihres gesetzlichen Vertreters verstanden werden. Die Erscheinenspflicht wird dadurch individualisiert. Dementsprechend muss bei juristischen Personen, die über mehrere gesetzliche Vertreter verfügen, im Ladungsbeschluss der Vertreter namentlich bezeichnet werden, dessen persönliches Erscheinen angeordnet werden soll (Hess. LAG 21. August 1995 - 4 Ta 269/95 - n.v.). Dies wurde vom Arbeitsgericht in der Ladung vom 24. Januar 2005 beachtet.

Was für die Auslegung der §§ 51 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 141 Abs. 1, Abs. 2 ZPO gilt, muss entsprechend für die daran anknüpfende Norm von § 141 Abs. 3 ZPO gelten. Nur eine natürliche Person kann einerseits schuldhaft säumig und andererseits verhindert im Sinne der §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 381 Abs. 1 ZPO sein. Kommt es daher auf das persönliche Verschulden des geladenen gesetzlichen Vertreters an, muss auch die Rechtsfolge des Verschuldens - das festzusetzende Ordnungsgeld - diese Person treffen (vgl. Hess. LAG 16. Februar 2005 - 18/4 Ta 686/04 - n.v., zu 2 a; OLG Nürnberg 28. März 2001 - 1 W 887/01 - MDR 2001/954; OLG Hamburg 10. Oktober 2002 - 1 W 40/02 - OLGR Hamburg 2003/50; Leipold a.a.O. § 141 Rz 50; Greger a.a.O. § 141 Rz 14). Nur dadurch wird die Verhältnismäßigkeit von Verschulden und Rechtsfolge gewährleistet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1, 2 ArbGG wegen der zahlreichen vom Bundesarbeitsgericht bisher nicht geklärten Divergenzen hinsichtlich der entscheidungserheblichen Rechtsfragen in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte und die sich daraus ergebende grundsätzliche Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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