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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 35/07
Rechtsgebiete: BetrVG, PostPersRG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 99
BetrVG § 100
PostPersRG §§ 24 ff
ZPO § 253
1. Eine ausreichende Unterrichtung des Betriebsrats über die Einstellung gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG erfordert die Angabe, ob sie unbefristet oder befristet durchgeführt und ggf. bis zu welchem Zeitpunkt sie befristet werden soll.

2. Dasselbe gilt für die Unterrichtung über die vorläufige Durchführung der Maßnahme nach § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

3. Im Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG und im Verfahren über die vorläufige Durchführung der Maßnahme nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG setzt eine hinreichende Bezeichnung des Streitgegenstandes ebenfalls die Angabe voraus, ob Gegenstand des Verfahrens eine unbefristete oder eine zu einem bestimmten Zeitpunkt befristete personelle Maßnahme ist.


Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2006 - 18 BV 630/06 - abgeändert.

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch um die Einstellung von sieben Beschäftigten.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist eine hundertprozentige Tochter der A AG. Die regelmäßig weit mehr als zwanzig Arbeitnehmer ihrer Vertriebsdirektion B werden von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat repräsentiert. Die betroffenen Beschäftigten sind Beamte der ehemaligen C. Die Funktion des Dienstherrn wird ihnen gegenüber gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG von der A AG ausgeübt. Sie wurden bisher von einer anderen Tochter der A AG, der Firma D KG, beschäftigt und sollten zum 18. September 2006 der Arbeitgeberin zum Zweck des Schaltereinsatzes zugewiesen werden. Im Beschwerdetermin vom 31. Juli 2007 erklärte die Arbeitgeberin, dass die betroffene Beamtin E unbefristet und die übrigen betroffenen Beamten bis 30. Juni 2008 befristet eingestellt werden sollten. Die der Besoldungsgruppe B 7 angehörigen Beamten E und Trapp sollten ihrem Amt entsprechend und die übrigen den Besoldungsgruppen A 8 und 9 angehörenden Beamten unterwertig beschäftigt werden. Die Beamten haben überwiegend gegen die Zuweisungsbescheide Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 kündigte die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat die Zuweisung der Beamten an. Sie legte eine Liste mit den Personalien, der Dienststellung und der bisherigen Beschäftigung der Beamten bei und erläuterte, die Kräfte sollten auf vorhandenen Positionen eingesetzt werden. Die Dauer der geplanten Beschäftigung erwähnte sie nicht. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlage 1 zum Schriftsatz vom 24. November 2006 (Bl. 105 - 107 d. A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat mit einem am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 04. September 2006 über ihre Einstellungsabsicht und wies darauf hin, sie erachte die Maßnahmen als dringend erforderlich und werde diese gemäß § 100 BetrVG vorläufig durchführen. Nähere Angaben zu den Personalien und zur geplanten Dauer der Einstellung der Beamten enthielten die Schreiben nicht. Wegen ihres vollständigen Inhalts wird auf die Anlage 1 - 11 zur Antragsschrift (Bl. 15 - 25 d. A.) Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach den Maßnahmen mit einem der Arbeitgeberin am 08. September 2006 zugegangenen Schreiben vom 06. September 2006. Er rügte, dass die Personalien der Beschäftigten und die dienstlichen Hintergründe nicht dargelegt und dass die erforderlichen Einstellungsunterlagen nicht vorgelegt worden seien. Er widersprach den Einstellungen gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 3, 4 BetrVG und bestritt die Erforderlichkeit von deren vorläufiger Durchführung. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlage 13 zur Antragsschrift (Bl. 27 - 31 d. A.) Bezug genommen. Darauf leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Verfahren am 11. September 2006 beim Arbeitsgericht ein.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 156 - 159 d. A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

1. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zu der Einstellung der/des E, F, G, H, I, J und K ab dem 18. September 2006 zu ersetzen;

2. festzustellen, dass die vorläufige Einstellung der/des E, F, G, H, I, J und K aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

Das Arbeitsgericht hat nach den Anträgen der Arbeitgeberin erkannt und zur Begründung - kurz zusammengefasst - angenommen, die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Aufgrund der Zuweisung gemäß des PostPersRG sei der Betriebsrat insbesondere auch über Anlass und Grundlage und damit über die zeitliche Befristung der Einstellungen unterrichtet worden. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht bestehe nicht. Die vorläufige Durchführung der Maßnahmen sei nicht offensichtlich nicht dringend erforderlich. Wegen der vollständigen Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 159 - 163 d. A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat gegen den am 29. Januar 2007 zugestellten Beschluss am 21. Februar 2007 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis 30. April 2007 am 30. April 2007 begründet. Er hält an seiner Rüge fest, dass er nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Er habe sich kein vollständiges Bild über die Maßnahmen machen können und sei zu unbefristeten Einstellungen angehört worden, obwohl nach dem PostPersRG nur befristete in Betracht gekommen seien. Auch lägen die geltend gemachten Widerspruchsgründe vor.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf den Schriftsatz vom 30. April 2007 Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2006 - 18 BV 630/06 - abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass sich aus der Verweisung auf die Zuweisung der Beamten aufgrund des PostPersRG in den Anhörungsschreiben hinreichende Informationen über Anlass und Grundlage der Einstellungen ergäben.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags der Arbeitgeberin wird auf den Schriftsatz vom 23. Mai 2007 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Die Anträge der Arbeitgeberin sind nicht begründet.

1. Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass für die Mitbestimmung bei der Einstellung der betroffenen Beamten die §§ 99, 100 BetrVG einschlägig sind. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG gelten die Beamten der ehemaligen C für die Anwendung des BetrVG als Arbeitnehmer. In §§ 28, 29 PostPersRG sind für die Tatbestände u. a. von § 76 Abs. 1 BPersVG und damit auch für die Einstellung von Beamten (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG) allerdings Sonderregelungen und insbesondere ein von den §§ 99, 100 BetrVG abweichendes Stufenverfahren vorgesehen. Diese Regelungen gelten jedoch nur für die L AG, die A AG und die M AG als Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Deutschland und Träger der Aufgaben des Dienstherrn gegenüber den Beamten der ehemaligen C (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG).

Dies folgt aus § 24 Abs. 1 PostPersRG als Eingangsnorm des die Mitbestimmung in den Angelegenheiten der Beamten regelnden 8. Abschnitts des PostPersRG. Danach gelten die Bestimmungen dieses Abschnitts "in den Aktiengesellschaften". Mit diesem Begriff sind, wie sich dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes, etwa aus den §§ 2, 4, 18 Abs. 2 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG entnehmen lässt, nur die drei unmittelbaren Rechtsnachfolger der C und nicht mittelbare Rechtsnachfolger wie die Arbeitgeberin gemeint, zu denen Beamte nach dem Übergang der Dienstherrenfunktion gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG von der Deutschen Post AG, der A AG oder der Deutschen Telekom AG abgeordnet werden. Da die Dienstherrenfunktion nach §§ 1, 4 PostPersRG auch nach einer Zuweisung zu einer anderen Gesellschaft des Privatrechts bei diesen Unternehmen verbleibt, besteht auch kein Raum für die Anwendung des Stufenverfahrens nach § 29 BPersVG. Vielmehr verbleibt es beim Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte der aufnehmenden Unternehmen nach den allgemeinen Regeln der §§ 99 ff. BetrVG. Die §§ 24 ff. PostPersRG verdrängen die §§ 99 ff. BetrVG nur insoweit, wie Mitbestimmungstatbestände des BPersVG einschlägig sind. Da dies bereits für die Betriebsräte der drei unmittelbaren Rechtsnachfolgerinnen gilt (BAG 12. August 1997 - 1 ABR 7/97 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 15, zu B I 2), kann die Verdrängungswirkung der §§ 24 ff. PostPersRG bei anderen Unternehmen nicht weiter gehen.

2. Die Anträge sind zulässig. Sie sind nach der Klarstellung der Dauer der beabsichtigten Einstellung der betroffenen Beamten im Beschwerdetermin durch die Arbeitgeberin auch hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren geltenden § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (zur Geltung dieser Norm etwa BAG 27. Juli 2007 - 7 ABR 54/04 - AP WO BetrVG 1972 § 19 Nr. 1, zu II 1 a; 30. Mai 2006 - 1 ABR 17/05 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 18, zu B I 2 a).

Allerdings ist Streitgegenstand eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Zustimmungsverweisungsgründe gegenwärtig und zukünftig zulässig ist (BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 48, zu B I 1; 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06 - EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3, zu B I 1 a). Wegen des Zukunftsbezugs der vom Arbeitgeber beantragten Zustimmungsersetzung und damit der des Streitgegenstandes wird dieser durch die Dauer der Maßnahme gekennzeichnet. Wird die Maßnahme über den zunächst vorgesehenen Zeitraum hinaus fortgesetzt, handelt es sich um eine neue, erneut beteiligungspflichtige Maßnahme (vgl. etwa BAG 28. April 1998 - 1 ABR 63/97 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 22, zu II 2) und damit um einen neuen Streitgegenstand.

Eine hinreichende Bezeichnung des Streitgegenstands im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert daher die Angabe durch den Arbeitgeber, ob die personelle Maßnahme, zu der die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt werden soll, unbefristet oder befristet vorgenommen werden soll, und ggf. bis zu welchem Zeitpunkt sie befristet durchgeführt werden soll. Nur dann wird hinreichend deutlich, was Gegenstand der vom Arbeitgeber beantragten Zustimmung des Betriebsrats sein soll.

Nichts anderes gilt für den Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Dessen Streitgegenstand umfasst die Zulässigkeit der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die dauerhafte Durchführung der Maßnahme gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 45/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 41, zu B II 1; 25. Januar 2005 a. a. O., zu B III 1). Dementsprechend ist der Streitgegenstand auch dieses Antrags begrenzt durch die Dauer der zugrunde liegenden personellen Maßnahme. Ist diese nur befristet geplant, kann der Antrag gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG höchstens die Dauer der Befristung umfassen. Zur Bezeichnung seines Streitgegenstandes gehört daher ebenfalls die Angabe, ob und ggf. bis zu welchem Zeitpunkt die personelle Maßnahme befristet durchgeführt werden soll.

Da die Arbeitgeberin im Beschwerdetermin klargestellt hat, dass Frau E unbefristet und die übrigen Beamten befristet bis 30. Juni 2008 eingestellt werden sollten, hat sie den Streitgegenstand der vorliegenden Anträge inzwischen hinreichend bezeichnet.

3. Die Anträge sind nicht begründet, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ausreichend über die personellen Maßnahmen unterrichtet hat.

Die Zustimmung eines Betriebsrats zu einer personellen Maßnahme kann unabhängig davon, aus welchen Gründen der Betriebsrat widersprochen hat, nur ersetzt werden, wenn die Stellungnahmefrist von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Gang gesetzt wurde. Dies setzt eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Unterrichtung des Betriebsrats voraus (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - BAGE 113/109, zu B II 2 a; 28. Juni 2005 - 1 ABR 26/04 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 49, zu B II 2 a). Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Versetzung über die Maßnahme zu unterrichten. Dazu gehört nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG insbesondere der in Aussicht genommene Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dient die Unterrichtungspflicht dazu, dem Betriebsrat eine Grundlage für eine sachgerechte Stellungnahme gemäß § 99 Abs. 2, Abs. 3 BetrVG zu geben. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt (BAG 14. Dezember 2004 a. a. O., zu B II 2 b bb (2); 28. Juni 2005 a. a. O., zu B II 2 b aa (1)).

Bei Einstellungen gehört zu der für eine diese Voraussetzungen erfüllende Unterrichtung die Mitteilung, ob die Einstellung unbefristet oder befristet und ggf. bis zu welchem Zeitpunkt befristet durchgeführt werden soll (vgl. Fitting BetrVG 23. Aufl. § 99 Rn 155; HaKo-BetrVG-Kreuder 2. Aufl. § 99 Rn 43; Däubler/Kittner/Klebe-Kittner BetrVG 10. Aufl. § 99 Rn 128). Dies folgt bereits daraus, dass die Dauer einer Einstellung - wie unter II 2 dargelegt - deren Gegen- stand bezeichnet. Durch die Zustimmung des Betriebsrats wird deren Durchführung für die sich aus dem Anhörungsverfahren ergebende Dauer zulässig. Weiter ist diese Information maßgeblich für eine sachgerechte Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Betriebsrat. Der Umstand der Befristung der personellen Maßnahme ist unmittelbar relevant für den Widerspruchsgrund von § 99 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 2 BetrVG, da danach ein Widerspruch wegen der Benachteiligung befristet beschäftigter Arbeitnehmer eine unbefristete Einstellung voraussetzt. Darüber hinaus kann die vorgesehene Dauer einer Einstellung für die meisten anderen Widerspruchsgründe von § 99 Abs. 2 BetrVG von Bedeutung sein. Insbesondere hängt die Besorgnis von sonstigen Nachteilen für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 Hs. 1 BetrVG häufig unmittelbar von der Dauer einer Einstellung ab. Dies belegen nicht zuletzt die vom Betriebsrat gegenüber den verfahrensgegenständlichen Einstellungen erhobenen Einwendungen. Werden die Beamten nur für wenige Wochen eingestellt, kommt eine Benachteiligung zeitweilig abgeordneter oder ausgefallener Arbeitnehmer der Arbeitgeberin von vornherein kaum in Betracht. Völlig anders könnte es dagegen sein, wenn die Einstellungen langfristig durchgeführt werden.

Nichts anderes gilt für die Information über die vorläufige Durchführung einer Einstellung nach § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Diese Unterrichtung soll den Betriebsrat in die Lage versetzen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vorläufige Durchführung der Maßnahme erfüllt sind. Deshalb muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die sachlichen Gründe nennen, die aus seiner Sicht die dringende Erforderlichkeit der Maßnahme begründen. Nur nach einer entsprechenden Information kann der Arbeitgeber die Entscheidung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 BetrVG treffen (GK-BetrVG-Kraft/Raab 8. Aufl. § 100 Rn 23; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock BetrVG 6. Aufl. § 100 Rn 16; Fitting a. a. O. § 100 Rn 8; Richardi/Thüsing in Richardi BetrVG 10. Aufl. § 100 Rn 15; Kittner/Bachner a. a. O. § 100 Rn 15; ErfK-Kania 7. Aufl. § 100 BetrVG Rn 3; Woitaschek in Gross/Thon/Ahmad/Woitaschek BetrVG § 100 Rn 4; HWK-Ricken 2. Aufl. § 100 BetrVG Rn 12; Etzel BetrVG 8. Aufl. Rn 784). Verletzt der Arbeitgeber die Begründungspflicht, ist die Durchführung der personellen Maßnahme unzulässig; es fehlt eine Verfahrensvoraussetzung (LAG Frankfurt am Main 16. September 1986 - 4 TaBV 134/85 - NZA 1987/645 L; Kraft/Raab a. a. O. § 100 Rn 23; Kittner/Bachner a. a. O. § 100 Rn 16; Kania a. a. O. § 100 Rn 3; a.A. HWK-Ricken a. a. O. § 100 BetrVG Rn 12: Möglichkeit der Nachholung der Unterrichtung im Verfahren gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). In diesem Fall kann die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der Maßnahme nicht festgestellt werden, weil das Verfahren nicht wirksam eingeleitet wurde (Hess. LAG 07. November 2006 - 4 TaBV 108/06 - Juris, zu II 2).

Auch im Rahmen von § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist die Mitteilung der geplanten Dauer der Maßnahme unerlässlich, da deren Dauer für die Beurteilung der dringenden Erforderlichkeit der Maßnahme von wesentlicher Bedeutung sein kann. So können die Möglichkeiten einer anderweitigen Überbrückung bei kurzfristigen Einstellungszeiträumen völlig anders als bei langen sein.

Diesem Maßstab entspricht die Unterrichtung des Betriebsrats über die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen nicht. In den Schreiben vom 04. September 2006 ist von Befristungen der Einstellungen und ggf. von deren konkreter Dauer nicht die Rede. In der Anlage zum Schreiben vom 19. Juni 2006 ist zwar eine Spalte enthalten, in der ggf. der Zeitraum der bisherigen Schaltertätigkeit der Beamten anzugeben war. Zur geplanten Dauer der Einstellungen enthielt auch dieses Schreiben jedoch keine Information.

Weiter ergeben sich die erforderlichen Informationen nicht aus der Bekanntgabe der Dienststellung der betroffenen Beamten, da auch deren Status keinen sicheren Rückschluss auf die Dauer der Einstellungen zuließ. Dass die Dienststellung nicht einmal die Schlussfolgerung auf eine befristete oder unbefristete Einstellung erlaubte, belegt der Umstand, dass die Postobersekretärin E unbefristet eingestellt werden sollte, während die übrigen Beamten nur befristet eingegliedert werden sollten. Zudem kamen beamtenrechtlich völlig unterschiedliche Abordnungszeiträume in Betracht. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 PostPersRG handelt es sich bei den betroffenen Beschäftigten um Bundesbeamte, für die das Bundesbeamtenrecht gilt. Nach den §§ 4 Abs. 4 PostPersRG, 27 Abs. 2, Abs. 3 BBG kamen für die Abordnung diverse unterschiedliche Tatbestände in Betracht, die sowohl unbefristete als auch befristete Zuweisungen von bis zu zwei bzw. fünf Jahren zulassen. Maßgeblich dafür, welcher Tatbestand einschlägig ist, sind u. a. die Zustimmung des Beamten und die Frage, ob es sich um eine dem Amt entsprechende oder nicht entsprechende Tätigkeit handelt. Da in den Unterrichtungsschreiben auch nicht mitgeteilt wurde, ob die Beamten der Zuweisung zustimmen oder nicht und ob die vorgesehenen Tätigkeiten aus Sicht der Arbeitgeberin amtsangemessen waren oder nicht, vermochte der Betriebsrat die Maßnahmen nicht den einzelnen beamtenrechtlichen Tatbeständen zuzuordnen. Außerdem ist es nicht ohne weiteres selbstverständlich, dass im Fall einer befristeten Zuweisung der Tätigkeiten die jeweilige beamtenrechtliche Höchstfrist ausgeschöpft werden sollte. Hinsichtlich der Dauer der Einstellung fehlte den Unterrichtungsschreiben daher jegliche Aussagekraft.

Die Mitteilung der geplanten Dauer der Einstellungen im Beschwerdetermin heilt dieses Defizit nicht. Selbst wenn darin eine nachträgliche Information des Betriebsrats im Sinne der §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG liegen sollte, war zum Schluss der mündlichen Anhörung jedenfalls die Frist von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht abgelaufen. Auch war der im Beschwerdetermin nicht vollständig erschienene Betriebsrat weder verpflichtet noch überhaupt in der Lage, in diesem Termin bereits eine Stellungnahme nach § 100 Abs. 2 Satz 2 BetrVG abzugeben.

Schließlich verstößt die Berufung des Betriebsrats auf die mangelhafte Unterrichtung nicht gegen das Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit von § 2 Abs. 1 BetrVG. Dies kommt bei einem innerhalb der Stellungnahmefrist von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht gerügten Unterrichtungsmangel lediglich in Betracht, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, den Betriebsrat vollständig im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BetrVG unterrichtet zu haben (BAG 14. Dezember 2004 a. a. O., zu B II 2 a aa, bb; 28. Juni 2005 a. a. O., zu B II 3 a, b). Davon kann nicht die Rede sein, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht über die Dauer einer geplanten Einstellung unterrichtet. Wie dargelegt, handelt es sich dabei um eine für eine sachgerechte Stellungnahme des Betriebsrats wesentliche und damit unverzichtbare Information.

4. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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