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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.10.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 2087/06
Rechtsgebiete: TVG, GG


Vorschriften:

TVG § 3 Abs. 3
GG Art. 9 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 29. September 2006 - 4 Ca 72/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger tarifliche Lohnerhöhungen zu zahlen.

Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09. November 1998 (Bl. 3, 4 d. A.) bei der Beklagten als Einrichtungsberater beschäftigt. § 16 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 09. November 1998 enthält folgende Regelung:

§ 16 Tarifverträge und Betriebsordnung

Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, finden die Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung sowie die Betriebsordnung Anwendung. Der Arbeitnehmer erklärt, dass er von diesen Bestimmungen Kenntnis genommen hat.

Der Arbeitnehmer hat jederzeit Anspruch auf Einsichtnahme in die für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Arbeitsschutzgesetze.

Der Kläger ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Zwischen dem Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft wurde am 27. Januar 2006 ein Tarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel abgeschlossen, der u.a. Einmalzahlungen von insgesamt € 275,00 vorsieht.

Die Beklagte war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kläger Mitglied im Einzelhandelsverband Hessen-Nord e.V. und ist dies heute noch. Sie beantragte allerdings im September 2004 sie als Mitglied ohne Tarifbindung zu führen, was der Verband mit Schreiben vom 24. September 2004 (Bl. 18 d. A.) bestätigte.

Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage die Auszahlung einer Einmalzahlung in Höhe von € 200,00 brutto geltend. Er hat die Auffassung vertreten, er habe kraft Tarifgeltung Anspruch auf Auszahlung dieser tariflichen Einmalzahlung. Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe sich von ihrer ursprünglich bestehenden Tarifbindung nicht wirksam befreit. Der Kläger hat hierzu ausgeführt, die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer sog. OT-Mitgliedschaft seien im Streitfall nicht erfüllt. Diese würde nämlich voraussetzen, dass OT-Mitglieder keine satzungsmäßige Möglichkeit mehr haben dürften, auf Tarifangelegenheiten einzuwirken. Dies sei nach der Satzung des Arbeitgeberverbandes im vorliegenden Streitfall nicht der Fall. Der Kläger hat auch die Ansicht vertreten, die Tarifbindung der Beklagten bestehe auch deshalb fort, weil er zu keinem Zeitpunkt eine individuelle Mitteilung über den Wechsel der Beklagten hin zu einer OT-Mitgliedschaft erhalten habe. Der Kläger hat schließlich die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte in § 16 eine dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 200,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Einmalzahlung bestehe nicht. Ein Anspruch des Klägers folge zunächst nicht aus dem Tarifvertrag, da keine beiderseitige Tarifbindung mehr vorliege. Die Beklagte hat hierzu die Ansicht vertreten, die Form der OT-Mitgliedschaft sei ausdrücklich durch die Satzung des Einzelhandelsverbandes Hessen-Nord e.V. vorgesehen und damit durch diese auch gedeckt. Nach ständiger und aktueller Rechtsprechung sei diese Satzung - so die Beklagte - und damit die Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft zulässig. Die Beklagte hat schließlich die Auffassung vertreten, dass auch aus der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klageanspruch nicht hergeleitet werden könne. Die Beklagte hat auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwiesen, wonach solche Klauseln - so die Beklagte - regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen seien. Die Beklagte hat insoweit auch darauf verwiesen, dass die vom Bundesarbeitsgericht angekündigte Rechtsprechungsänderung für den Streitfall nicht zum Tragen komme, da es sich vorliegend um einen vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform abgeschlossenen Arbeitsvertrag handele.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. September 2006 die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zunächst einen Anspruch aus Tarifvertrag aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Parteien verneint. Es hat angenommen, dass die seit 01. September 2004 bestehende OT-Mitgliedschaft der Beklagten zulässig sei. Das Arbeitsgericht hat weiter auch einen Anspruch aus nachwirken der Tarifgebundenheit der Beklagten gem. der §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 5 TVG abgelehnt. Das Arbeitsgericht hat schließlich unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die Bezugnahmeklausel in § 16 des Arbeitsvertrages der Parteien als Gleichstellungsabrede auszulegen sei, mithin keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Leistungen aus dem Tarifvertrag nach dem Ende der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers gewähre. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der dort gestellten Anträge sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf die ausführliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Oktober 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Der Kläger vertritt weiter die Ansicht, dass die Beklagte entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ihre Mitgliedschaft in dem Einzelhandelsverband nicht wirksam in eine sog. OT-Mitgliedschaft umgewandelt habe. Der Kläger meint, selbst wenn aufgrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Februar 2005 und vom 18. Juli 2006 wohl davon auszugehen sei, dass die Zulässigkeit der OT-Mitgliedschaft grundsätzlich von der Rechtsprechung anerkannt werde, müsse jedoch vom Gericht konkret geklärt werden, ob die Anforderungen der Rechtsprechung an die satzungsmäßige Ausgestaltung der OT-Mitgliedschaft erfüllt sind, was nach Meinung des Klägers vorliegend nicht der Fall ist. Der Kläger meint schließlich weiter, dass sein Anspruch auch deshalb begründet sei, weil die Beklagte die Begründung der OT-Mitgliedschaft im Verhältnis zu ihm nach außen hin hätte kommunizieren müssen. Insoweit bestehe eine Informationspflicht nach dem Nachweisgesetz.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 29. September 2006 - 4 Ca 72/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 200,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts. Die Beklagte hebt noch mal hervor, dass unstreitig der bei ihr bestehende Betriebsrat zeitnah von dem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft unterrichtet wurde und seinerzeit im Rahmen einer Betriebversammlung unstreitig auch die Belegschaft informiert habe. Die Beklagte meint, dass es darüber hinaus einer zusätzlichen individuellen Unterrichtung der Arbeitnehmer nicht bedurfte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 17. Januar 2007 (Bl. 67 - 69 d. A.) und den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 26. März 2007 (Bl. 79 - 82 d. A.) sowie auf die Replik des Klägers vom 20. Juni 2007 (Bl. 84 - 86 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 29. September 2006 - 4 Ca 72/06 - ist aufgrund Zulassung im Urteil des Arbeitsgerichts gem. § 64 Abs. 2 a ArbGG statthaft und außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 a, 66 ArbGG, 517, 519 ZPO).

In der Sache ist die Berufung des Klägers jedoch erfolglos. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zunächst wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts verwiesen, die sich das Berufungsgericht zu Eigen macht. Da auch von der Berufung nicht angegriffen, bedarf es insbesondere keiner weiteren Ausführungen mehr zum Fehlen eines arbeitsvertraglichen Anspruchs für die tarifliche Einmalzahlung aus § 16 des Arbeitsvertrags der Parteien. Das Arbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, dass nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen sind. Diese Auslegungsregel beruht auf der Vorstellung, dass mit einer solchen Vertragsklausel nur die etwa fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden soll. Die Klausel soll zur schuldrechtlichen Anwendung der Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis mit dem Inhalt führen, wie er für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft beiderseitiger Tarifbindung ohnehin gilt. Diese vertragliche Anbindung an die tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet aber, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer endet. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar in seiner neueren Entscheidung vom 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - (AP 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) angekündigt, bei Verträgen, die nach dem 31. Dezember 2001, d. h. nach der Schuldrechtsreform abgeschlossen worden seien, für dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge und Tarifwerke nicht mehr die Auslegungsregel zu verwenden, dass sie stets als bloße Gleichstellungsklausel zu verstehen sind. Das Bundesarbeitsgericht hat aber ausdrücklich klargestellt, dass für Verträge aus der Zeit davor die bisherige Auslegungsregel einer Gleichstellungsabrede aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin von ihm angewandt wird. Damit aber scheidet für den Streitfall eine schuldrechtliche Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren des Klägers aus.

Ein tarifrechtlicher Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung aus dem Tarifvertrag vom 27. Januar 2006 scheidet ebenfalls aus. Voraussetzung für diesen tariflichen Anspruch ist nämlich die beiderseitige Tarifbindung der Parteien gem. § 3 Abs. 1 TVG. Die Beklagte ist aber an den am 27. Januar 2006 abgeschlossenen Tarifvertrag weder aufgrund nachwirkender Tarifgebundenheit gem. §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 5 TVG noch aufgrund Mitgliedschaft im vertragsabschließenden Arbeitgeberverband gebunden. Die Tarifgebundenheit der Beklagten nach § 3 Abs. 1 TVG endete mit dem Wechsel der Beklagten in eine sog. OT-Mitgliedschaft im Einzelhandelsverband Hessen-Nord e.V. mit Wirkung ab 01. September 2004. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 18. Juli 2006 - 1 ABR 36/05 - (AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit) grundsätzliche Ausführungen zur Zulässigkeit einer OT-Mitgliedschaft gemacht. Es hat ausgeführt, dass grundsätzlich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken dagegen bestehen, dass ein Arbeitgeberverband in seiner Satzung die Möglichkeit einer Mitgliedschaft ohne die Folge der Tarifgebundenheit vorsieht. Diese Möglichkeit folge im Grundsatz aus der Verbandsautonomie und der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG. Dabei widerspreche eine OT-Mitgliedschaft weder einfachem Recht noch Verfassungsrecht. Auch § 3 Abs. 1 TVG schließe die OT-Mitgliedschaft nicht generell aus. Diese Norm regele zwar die Rechtsfolge der Mitgliedschaften einer Koalition im Sinne einer zwingenden Bindung an den abgeschlossenen Tarifvertrag. Sie regele aber nicht, wer Mitglied im Sinne der Bestimmung ist. Allein durch die Eröffnung der Möglichkeit einer OT-Mitgliedschaft verstoße ein Verband auch nicht gegen seine Verpflichtung, seine Mitglieder gleich zu behandeln. Auch der Einwand, durch die Möglichkeit einer OT-Mitgliedschaft würde die Verbandsparität zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaften unzulässigerweise gestört, greift nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht durch. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Anerkennung einer OT-Mitgliedschaft dann unvereinbar mit Art. 9 Abs. 3 GG wäre, wenn diese dazu führen würde, dass die Verhandlungsfähigkeit einer Tarifvertragspartei bei Tarifauseinandersetzungen einschließlich der Fähigkeit, einen wirksamen Arbeitskampf zu führen, nicht mehr gewahrt wäre. Von einer strukturellen Störung der Verhandlungsparität durch jede Form der OT-Mitgliedschaft könne jedoch nicht generell ausgegangen werden. Schließlich entstehe durch die Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft als solcher keine die Funktionsfähigkeit des Tarifsystems gefährdende Intransparenz. Die Tarifgebundenheit einzelner Verbandsmitglieder sei auch sonst nicht unmittelbar erkennbar. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings in dieser Entscheidung letztlich offen gelassen, an welche konkreten Voraussetzungen eine derartige OT-Mitgliedschaft gebunden ist und welchen Beschränkungen sie mit der Folge unterliegt, dass mangels Zulässigkeit der OT-Mitgliedschaft von einer Tarifgebundenheit auszugehen ist.

Diese Grundsätze anwendend hält das Berufungsgericht mit dem Arbeitsgericht die hier vorliegende OT-Mitgliedschaft im Ergebnis unter Berücksichtigung der maßgeblichen Satzungsbestimmungen für zulässig. Der Prüfungsmaßstab ist dabei zunächst, ob die Satzung des Arbeitgeberverbandes die OT-Mitgliedschaft zulässt und im Weiteren, ob sich diese OT-Mitgliedschaft auch ausreichend von der Vollmitgliedschaft unterscheidet. Letzteres erfordert nach der Natur der OT-Mitgliedschaft, dass satzungsgemäß eine Gestaltung der Mitgliedsrechte erkennbar ist, die OT-Mitglieder nicht wie Vollmitglieder mit Entscheidungskompetenz an der tarifpolitischen Arbeit des Verbandes teilnehmen lässt. Dass OT-Mitglieder den Verband mit Zahlung gleich hoher Mitgliedsbeiträge wie Vollmitglieder unterstützen und im Rahmen der Willensbildung im Verband auch in tarifpolitischen Fragen Einfluss nehmen können, ist demgegenüber nach der hier vertretenen Ansicht unschädlich. Dies berührt nämlich nicht die Verhandlungsparität einschließlich der Fähigkeit einen wirksamen Arbeitskampf zu führen. Ausgehend von gleich hohen Mitgliedsbeiträgen für Vollmitglieder und OT-Mitglieder und einem vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten mitgeteilten Anteil am Beitragsaufkommen durch OT-Mitglieder von ca. 0,1% stellen die OT-Mitglieder eine kleine Minderheit dar, was in keinem Fall zu einer Störung der Verhandlungsparität führt. Der Umstand, dass einerseits gerade Firmen mit geringem gewerkschaftlichem Organisationsgrad geneigt sein können die OT-Mitgliedschaft zu wählen und andererseits aber große Firmen mit hohem gewerkschaftlichem Organisationsgrad nicht, erklärt diesen verschwindend geringen Anteil der OT-Mitgliedschaft hinsichtlich der Anzahl der Unternehmen und erst recht hinsichtlich des auf OT-Mitglieder anfallenden Beitragsaufkommens. Dies verdeutlicht aber auch, dass schon strukturell mit der OT-Mitgliedschaft eine Gefährdung der Verhandlungsparität nicht einhergeht. Dem steht auch nicht entgegen, dass damit gerade Firmen mit einem geringen Organisationsgrad sich von Tarifverträgen abkoppeln können. Dasselbe Ergebnis können diese Firmen nämlich mit einem schlichten Austritt aus dem Arbeitgeberverband ebenso bewirken. Dagegen hilft nur die Erhöhung des gewerkschaftlichen Organisationsgrads in den betroffenen Firmen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass vorliegend die Satzung in § 3 Ziffer 1 ausdrücklich eine Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung (Mitglied OT) von einer Mitgliedschaft mit Verbandstarifbindung (Mitglied T) und von einer fördernden Mitgliedschaft (Mitglied F) unterscheidet. Hinsichtlich der Gestaltung der Mitgliedsrechte in tarifpolitischen Fragen sieht § 8 Ziffer 8 der Satzung vor, dass insbesondere über Verbandstariffragen die Beschlussfassung allein den Delegierten mit T-Mitgliedschaft obliegt, ferner sieht § 11 vor, dass im sozialpolitischen Beirat der sich mit sozial- und tarifpolitischen Fragen beschäftigt, nur T-Mitglieder Mitglied sein können, lediglich beratend ohne Stimmrecht können OT-Mitglieder von den Beiratsmitgliedern herangezogen werden. Schließlich steht der Wirksamkeit der OT-Mitgliedschaft der Beklagten auch nicht entgegen, dass die Satzung in § 3 Ziffer 5 für den Wechsel der Mitgliedschaft keine Frist bestimmt. Hier kann in Analogie zum Austritt auf die Frist des § 4 Ziffer 1 a der Satzung zurückgegriffen werden, sodass mit einer Frist von 6 Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres jedenfalls ein Wechsel in die OT-Mitgliedschaft für die Beklagte zulässig war. Damit hat spätestens am 31. Dezember 2005 die Tarifbindung der Beklagten geendet. Auch bei Berücksichtigung dieser Kündigungsfrist ist für den Tarifvertrag vom 27. Januar 2006 eine Tarifbindung der Beklagten nicht gegeben. Auch unter Berücksichtigung dieser Kündigungsfrist ist die Beklagte daher nicht verpflichtet, tarifliche Lohnerhöhungen aus dem Tarifvertrag vom 27. Januar 2006 an ihre Arbeitnehmer weiterzugeben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Satzung wird im Übrigen auf die zu den Akten gereichte Abschrift (Bl. 32 - 36 d. A.) verwiesen.

Schließlich besteht auch ein Anspruch auf die tarifliche Einmalzahlung nicht aufgrund einer Verletzung einer Informationspflicht der Beklagten bzw. aufgrund einer Verletzung des Nachweisgesetzes. Derartige Pflichtverletzungen begründen zunächst keine primären Leitungsansprüche, sondern allenfalls Schadenersatzansprüche. Welchen Schaden der Kläger aber infolge nicht rechtzeitiger Information über den Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft erlitten haben will, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus regelt § 2 Abs. 1 Ziffer 10 NachwG nur die Hinweispflicht auf Tarifverträge, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Hier geht es dem Kläger aber gerade darum, darüber informiert zu werden, dass keine Tarifverträge mehr Anwendung finden mit Ausnahme der kraft nachwirkender Tarifbindung gem. § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5 TVG. Auch sonst ist nicht ersichtlich, weshalb eine Informationspflicht des Arbeitgebers bestehen sollte. Erst recht kann nicht angenommen werden, dass ein Wegfall der Tarifbindung gem. § 3 Abs. 1 TVG, sei es durch den Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft oder sei es durch Austritt aus dem Verband, gegenüber dem Arbeitnehmer nur dann wirksam wird, wenn er vom Arbeitgeber hierüber informiert wird. Für eine derartige Informationspflicht als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Wegfall einer Tarifbindung gibt es keinerlei gesetzliche Grundlage.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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