Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 32/07
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
HGB § 74
Zum Ausschluss einer Karenzentschädigung durch eine Ausgleichsklausel
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 8. Dezember 2006 - 2 Ca 270/06 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Umfang einer Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO im Hinblick auf den Ausschluss eines Anspruchs auf Karenzentschädigung.

Zwischen den Parteien ist in einem Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2004 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Dieses lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 15 Wettbewerbsverbot

(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses jeden Wettbewerb gegenüber der Firma zu unterlassen.

Erfolgt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Vertragspartei, so wird nachfolgendes Wettbewerbsverbot vereinbart:

(2) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren weder für ein Wettbewerbsunternehmen des Optikmaschinenbaus tätig zu werden, egal ob als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter oder selbstständiger Handelsvertreter, noch ein derartiges Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen.

Als Wettbewerbsunternehmen gelten:

...

(3) Die Firma verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbotes monatlich 50% des durchschnittlich in den letzten 12 Monaten bezogenen monatlichen Mindesteinkommens zu gewähren. Auf diese Entschädigung wird alles angerechnet, was der Arbeitnehmer anderweitig durch Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt, soweit dieser Betrag mit der Entschädigungssumme 110% seines bisherigen Mindesteinkommens übersteigt.

(4) Bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann die Firma eine Vertragsstrafe in Höhe von € 15.000,00 beanspruchen. Im Fall eines Dauerverstoßes (...) ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung weiterer Ansprüche bleibt unbenommen. Im Übrigen gelten die §§ 74 ff. HGB."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Arbeitsvertrages verwiesen (vgl. Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 22. August 2006, Bl. 30 - 39 d.A.).

Der Kläger verdiente bei der Beklagten zuletzt US $ 68.523,53 p.a. Darin enthalten ist ein monatlicher pauschaler Mietkostenzuschuss in Höhe von € 1.000,00. Der Kläger begehrt rechnerisch hieraus eine Karenzentschädigung von monatlich US $ 2.855,14 für die Zeit vom 01. Januar bis 30. November 2006.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde nach Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 11. November 2005, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht mit dem Az.: 2 Ca 896/05 war, durch gerichtlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO vom 19. Januar 2006 beendet. Dieser Vergleich lautet:

1. Es besteht Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten mit Ablauf des 31. Dezember 2005 auf Veranlassung der Arbeitgeberseite beendet wird.

2. Auch für den Monat Dezember 2005 ist das Krankengeld in bisheriger Höhe an den Kläger zu zahlen, sofern noch nicht geschehen.

3. Es besteht Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Firma A GmbH & Co. KG auf Veranlassung der Arbeitgeberseite ebenfalls per 31. Dezember 2005 beendet wird.

Die Firma A GmbH & Co. KG zahlt als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG i.V.m. § 3 Ziffer 9 EStG an den Kläger eine Abfindung in Höhe von € 25.000,00 (in Worten: Fünfundzwanzigtausend und 00/100 Euro) brutto. Die Versteuerung der Abfindung ist Sache des Klägers.

4. Die Beklagte und die Firma A GmbH & Co. KG verpflichten sich, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis mit der Benotung "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" sowie eine Ausscheidens-, Bedauerns- und Dankesformel zu erteilen.

5. Der Kläger verpflichtet sich, alle ihm übergebenen Geschäftsunterlagen sowie Arbeitsmaterialien, insbesondere ein Laptop, an die Beklagte zurückzugeben, es sei denn, die Beklagte würde auf eine Herausgabe verzichten.

6. Die Beklagte sowie die Firma A GmbH & Co. KG verpflichten sich, dem Kläger ordnungsgemäß ausgefüllte Arbeitspapiere, insbesondere bestehend aus Lohnsteuerkarte 2005 sowie ggf. Sozialversicherungsnachweis und Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III Sowie sonst notwendige Arbeitspapiere, die der Kläger infolge seines B-Aufenthalts zusätzlich benötigt, ordnungsgemäß ausgefüllt und kostenfrei zu übergeben.

7. Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger seinen Urlaub vollständig in natura erhalten hat.

8. Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieses Vergleiches alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind.

9. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Mit Schreiben vom 05. Mai 2006 begehrte der Kläger von der Beklagten erstmals die Zahlung von Karenzentschädigung. Die Beklagte verweigerte eine Zahlung. Sie begründete diese Verweigerung zum einen damit, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, einer Wettbewerbstätigkeit nachzugehen. Zum anderen berief sich die Beklagte auf die Abgeltungsklausel in Ziffer 8. des gerichtlichen Vergleichs vom 19. Januar 2006.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn US $ 31.406,51 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils monatlich US $ 2.855,14, beginnend ab dem 01. Februar 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08. Dezember 2006 der Klage stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung dem Grunde und der Höhe nach aus dem vertraglich vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot der Parteien bejaht. Es hat weiter angenommen, dass nach Abwägung aller Umstände weder aus dem Vertragswortlaut, noch aus den schriftlichen Äußerungen der Parteien vor und nach Vergleichsabschluss, noch aus den wirtschaftlichen und sonstigen Begleitumständen folge, dass eine Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots der Parteien durch die Abgeltungsklausel in Ziffer 8. des gerichtlichen Vergleichs vom 19. Januar 2006 erfolgt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und der Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 25. April 2007 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Die Beklagte rügt die Auslegung der Ausgleichsklausel des gerichtlichen Vergleichs vom 19. Januar 2006. Die Beklagte meint, dem Arbeitsgericht könne nicht darin gefolgt werden, dass der Wortlaut der Ausgleichsklausel nicht die Wettbewerbsvereinbarung der Parteien erfasse. Die Wettbewerbsvereinbarung sei eine Vereinbarung der Parteien, die diese im Arbeitsvertrag getroffen haben. Die beiderseitigen Ansprüche aus der Wettbewerbsvereinbarung seien daher eindeutig "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" und würden damit vom Wortlaut der Ausgleichsklausel erfasst. Die Beklagte meint weiter, dass auch aus den gesamten Umständen des Streitfalls ersichtlich werde, dass die Parteien eine endgültige Vereinbarung über alle Ansprüche treffen wollten, die auch Ansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltete. Die Beklagte verweist insoweit auf das Schreiben der Klägerseite vom 19. Dezember 2005 (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10. Oktober 2006, Bl. 45, 46 d.A.) und auf das Schreiben der Klägerseite vom 15. Februar 2006 (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24. Juli 2006, Bl. 24, 25 d.A.). Die Beklagte beanstandet schließlich die Höhe der zugesprochenen Karenzentschädigung im Hinblick auf den mitberücksichtigten Mietkostenzuschuss.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger meint, der Hinweis im Schreiben vom 19. Dezember 2005, dass man das Gesamtproblem lösen wolle, habe erkennbar nicht der Frage der Regelung des Wettbewerbsverbots gegolten. Unter "Gesamtproblem" sei lediglich zu verstehen, ob das Arbeitsverhältnis bis 31. Juli 2006 fortbesteht oder per 31. Dezember 2005 vorzeitig gegen Abfindungszahlung beendet wird. Auch zeigten die finanziellen Vorstellungen aus dem Schreiben vom 19. Dezember 2005, dass keinerlei Zahlung in Ansatz gebracht wurde, die für eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots hätte sprechen können. Der Kläger meint, auch aus dem Schreiben vom 15. Februar 2006 könne nichts im Hinblick auf die Auslegung der Ausgleichsklausel des gerichtlichen Vergleichs auf Aufhebung des Wettbewerbsverbots hergeleitet werden. Dieses Schreiben habe sich lediglich darauf bezogen, dass die Abfindungssumme gemäß Vergleich nicht vollständig zur Auszahlung gebracht wurde. Es sei nur darauf verwiesen worden, dass die von der Beklagten vorgenommenen Einbehalte wegen nicht ordnungsgemäß abgerechneter Spesen im Hinblick auf die Ausgleichsklausel unzulässig seien. Der Kläger meint schließlich, dass das Arbeitsgericht auch zutreffend davon ausgegangen sei, dass vom Wortlaut der Ausgleichsklausel lediglich "alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" erfasst seien und nicht Ansprüche, die erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen, wie die hier geltend gemachte Karenzentschädigung. Der Kläger meint weiter mit dem Arbeitsgericht, es sei insoweit auch eine von der üblichen Standardklausel abweichende Formulierung gewählt worden, was vom Arbeitsgericht zu Recht als Anhaltspunkt dafür gewertet worden sei, dass das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung nicht erfasst sein sollten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 19. Februar 2007 (Bl. 98 - 103 d.A.) und der Berufungserwiderungsschrift vom 22. März 2007 (Bl. 108 - 113 d.A.) sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 08. Dezember 2006 - 2 Ca 270/06 - ist statthaft und außerdem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 ArbGG, 517, 519 ZPO).

Auch in der Sache hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Anders als das Arbeitsgericht vertritt das Berufungsgericht die Ansicht, dass von der Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich der Parteien vom 19. Januar 2006 auch die geltend gemachten Ansprüche auf Karenzentschädigung erfasst sind. Dem Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung steht damit die in Ziffer 8. des gerichtlichen Vergleichs geschlossene Ausgleichsklausel entgegen.

Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel mit unterschiedlichen Rechtsfolgen kommen für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische negative Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 147/03 - BB 2004, 1280 ff.). Üblicherweise - und auch im vorliegenden Streitfall - ist daher bei Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen die Annahme eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses begründet.

Es ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solch übereinstimmender Wille nicht feststellen, sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Die Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut, der nach dem Sprachgebrauch der jeweiligen Verkehrskreise zu bewerten ist, alle den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören vornehmlich die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Vergleichsabschluss, der Zweck des Vertrages und die bei Vertragsabschluss vorliegende Interessenlage (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 174/03 - a.a.O.).

Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Ausgleichsklauseln in gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleichen und Aufhebungsverträgen im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzliche weit auszulegen sind (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 174/03 - a.a.O.). In einem Aufhebungsvertrag bzw. in einem gerichtlichen Beendigungsvergleich wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie daran dachten oder nicht. Ein Wettbewerbsverbot hat seine Grundlage im Arbeitsvertrag und die daraus resultierenden Pflichten werden mit und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Die vertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehen während der Dauer des Wettbewerbsverbots fort (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 174/03 - a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt das Berufungsgericht für den Streitfall zu folgendem Ergebnis: Es lässt sich zunächst ein übereinstimmender Wille der Parteien dahingehend, das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufzuheben, im Streitfall weder aus dem gerichtlichen Vergleich vom 19. Januar 2006 noch aus dessen Entstehungsgeschichte, noch aus dem Verhalten der Parteien vor oder nach Vertragsabschluss, noch aus dem Zweck des gerichtlichen Vergleichs und auch nicht aus der bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs für das Gericht erkennbaren Interessenlage der Parteien feststellen. Der Wortlaut der Ausgleichsklausel spricht das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht explizit an. Vor und nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs war bis zur Geltendmachung des Anspruchs des Klägers auf Karenzentschädigung mit Schreiben vom 05. Mai 2006 das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht Gegenstand einer Erörterung zwischen den Parteien. Die Schreiben der Klägerseite, insbesondere das Schreiben vom 19. Dezember 2005 lassen auch nicht den Schluss auf einen übereinstimmenden Willen der Parteien auf Aufhebung des Wettbewerbsverbots zu. Auch wenn der Kläger hier von einer Lösung des Gesamtproblems in Bezug auf das Arbeitsverhältnis spricht, so fehlt doch die Kundgabe eines entsprechenden Willens der Beklagten. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot begründet Rechte und Pflichten für beide Seiten. Zwar kann man davon ausgehen, dass die Beklagte keine Einwände dagegen hatte, dass Ansprüche des Klägers auf Karenzentschädigung aufgehoben werden. Woraus aber folgen soll, mangels einer Erklärung der Beklagten zur angebotenen Lösung des Gesamtproblems, dass auch sie auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Kläger verzichten wollte, wird nicht ersichtlich. Die Aufrechterhaltung eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbots widerspräche aber einer interessensgerechten Auslegung (so auch LAG Hamm, Urteil vom 22.04.2004 - 7 Sa 2220/04 - soweit ersichtlich nicht veröffentlicht, bestätigt durch BAG, Urteil vom 08.03.2006 - 10 AZR 349/05 - DB 2006, 1433 ff.). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig war. Der Kläger war nach seiner Einlassung lediglich nicht mehr in der Lage, weite Flüge durchzuführen, die er im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten schuldete. Damit kann aber nicht unterstellt werden, dass die Beklagte kein Interesse an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots seitens des Klägers mehr hatte, weil sie davon ausgehen konnte, dass der Kläger ohnehin krankheitsbedingt zu einer wettbewerbswidrigen Handlung nicht mehr in der Lage war. Demgemäß lässt sich auch keine Übereinstimmung der Interessenlage bei Abschluss des Vergleichs auf Aufhebung des Wettbewerbsverbots feststellen, selbst wenn man unterstellen würde, dass die nicht ganz zeitnahe Geltendmachung des Anspruchs des Klägers auf Karenzentschädigung dafür spräche, dass er im Zeitpunkt des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs seinerseits ein Interesse hatte, bei einem Wettbewerbsunternehmen tätig werden zu können.

Es bleibt damit lediglich die Auslegung des gerichtlichen Vergleichs anhand seines Wortlauts und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, wonach Ausgleichsklauseln grundsätzlich weit auszulegen sind und auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote beseitigen können (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 174/03 - a.a.O.). Das Berufungsgericht ist an dieser Stelle der Ansicht, dass die standardisierte Formulierung in einem gerichtlichen Aufhebungsvergleich, wonach mit dem Vergleich alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind, die Aufhebung eines Wettbewerbsverbots und einer Karenzentschädigung umfasst. Ein Wettbewerbsverbot hat seine Grundlage im Arbeitsvertrag und die daraus resultierenden Pflichten werden mit und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. In diesem Sinn ist es daher auch ein beiderseitiger Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Das Berufungsgericht ist nicht der Ansicht, dass sich insoweit unter den am Abschluss eines Aufhebungsvertrages bzw. eines gerichtlichen Aufhebungsvergleichs beteiligten Kreisen eine Übung dahingehend herausgebildet hat, dass es eine feststehende Differenzierung dahingehend gibt zu unterscheiden zwischen der Abgeltung aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und der Abgeltung aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist es vielmehr eher zufällig, ob die eine oder die andere Formulierung gewählt wird. Aus diesem Grund ist es dann auch nicht zulässig, aus der Wahl der Formulierung in der Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich der Parteien darauf zu schließen, dass aufgrund des Umstands, dass an dieser Stelle nicht auch Ansprüche aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwähnt sind, die Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbs und der Karenzentschädigung durch diese Regelung zu verneinen.

Auch die Höhe der im gerichtlichen Vergleich vom 19. Januar 2006 vereinbarten Abfindung ist kein geeignetes Auslegungskriterium, weil i. d. R. von Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Aufhebungsvergleichen und Aufhebungsverträgen auch Ansprüche erfasst werden, die die Parteien im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung nicht bedacht haben.

Der Kläger hat als unterlegene Partei nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage.

Ende der Entscheidung

Zurück