Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 1445/06
Rechtsgebiete: BetrAVG, BetrVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 8
1. Wird der Leistungsplan einer Unterstützungskasse ohne Mitbestimmung des Betriebsrates verändert (verbessert), gibt das dem Arbeitgeber kein Leistungsverweigerungsrecht.

2. Sagt ein Arbeitgeber Versorgung durch eine Unterstützungskasse zu, haftet er für die Ansprüche gemäß deren Leistungsplan, auch wenn er nicht an dessen Aufstellung beteiligt war.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Marburg vom 28.07.2006 - 2 Ca 60/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten betriebliche Altersversorgung verlangen kann.

Der am 22. April 1942 geborene Kläger stand vom 1. April 1957 bis zum 30. April 2005 in den Diensten der Beklagten.

Am 26. Februar 1963 sagte die Beklagte ihren Mitarbeitern und den einer Tochtergesellschaft schriftlich eine Altersversorgung zu. Diese lautet, soweit hier von Interesse:

Mit Stichtag und Wirkung ab 26. Februar 1963 ist für alle Mitarbeiter in Lohn oder Gehalt für unsere Firmen XXXXXXXXXXXX und XXXXXXXXXXXX vorgesehen als zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenhilfe:

DM 500,- ab einer Betriebszugehörigkeit von 3 Jahren

DM 1.000,- " " " 25 "

DM 2.000,- " " " 25 "

DM 2.500,- " " " 25 "

DM 3.000,- " " " 25 "

auszahlbar über die Firma selbst oder über die gemeinsame Unterstützungs- und Wohlfahrtskassen A.

a) bei Erreichung des 65. Lebensjahres b) bei vorzeitiger Arbeitsunfähigkeit bzw. Invalidität

c) bei vorzeitigem Ableben an die Hinterbliebene d) b. früherem Ausscheiden unter bes. Vereinbarung dieserh.

Es existiert eine Unterstützungskasse "A" in Form eines eingetragenen Vereins, deren Trägerunternehmen die Beklagte und das XXXXXXXXXXXX B waren. Mitglieder waren nach einer Satzung von 1985 (Anlage K2 zum Schriftsatz des Klägers vom 17. März 2006) Arbeitnehmer der Trägerunternehmen, die auch den Vorstand stellten.

In der Satzung heißt es weiter,

§ 12

Das Vermögen des Vereins ist durch freiwillige Zuwendungen der Firma A entstanden. Der Verein erhält auch künftig Mittel durch freiwillige Zuschüsse der Firmen A sowie der Firma B.

1980 hatte die Unterstützungskasse einen Leistungsplan durch seinen Vorstand, dem nur Belegschaftsmitglieder angehörten, festgelegt, nach dem beim Ausscheiden einer Altersrente von 8.000,- DM ab einer Betriebszugehörigkeit von 40 Jahren gezahlt werden sollte. Die Beklagte hatte die Unterstützungskasse in der Vergangenheit dotiert aber seit mindestens 10 Jahren keine Zuschüsse mehr gewährt, so dass das Insolvenzverfahren über die Unterstützungskasse eröffnet werden musste.

Die Beklagte hat dem Kläger bei seinem Ausscheiden den Betrag entsprechend der Staffel der Versorgungszusage von 1963 nämlich 1.278,24 Euro (2.500,- DM) zugezahlt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe Altersversorgung entsprechend dem Leistungsplan der Unterstützungskasse nämlich 8.000,- DM (4.090,33 Euro) zu. Die Differenz zum gezahlten Betrag macht der Kläger geltend.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.812,09 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Leistungsplan der Unterstützungskasse sei nicht wirksam, da der Betriebsrat an ihm nicht beteiligt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben mit Urteil vom 24. Juli 2006, auf das Bezug genommen wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Hinsichtlich der für ihre Zulässigkeit erheblichen Daten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06. Juni 2007 (Bl. 79 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte trägt vor, der Leistungsplan von 1980 sei nicht wirksam, da jedenfalls der Arbeitgeber diesem Leistungsplan nicht zugestimmt habe. Es handele sich um einen Vertrag zu Lasten Dritter, da nur Mitglieder der Belegschaft die Erhöhung des Leistungsplanes beschlossen hätten. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Beklagte ausscheidenden Mitarbeitern Beträge nach der Versorgungszusage 1963 gezahlt wurden andere Beträge, die sich zwischen diesen und denen des Leistungsplanes bewegt hätten. Dies sei individuell und unregelmäßig. Individuell ausgehandelt worden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Marburg vom 28. Juli 2006 - 2 Ca 60/06 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er verweist darauf, dass die Beklagte die Gründung der Unterstützungskasse mitgetragen habe und dem Leistungsplan aus dem Jahr 1980 niemals widersprochen habe.

Wegen weiteren Vorbringens wird auf die wechselnden Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu recht statt gegeben.

Der Kläger kann die im Leistungsplan der Unterstützungskasse vorgesehene Versorgung von 8.000,00 DM von der Beklagten verlangen. Gemäß § 1 Abs. 1 hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

Die Beklagte hat den Kläger wie allen anderen Arbeitnehmern 1963 Altersversorgung zugesagt und zwar zahlbar über sich selbst oder über die Unterstützungs- und Wohlfahrtskasse. Durch die Zusage von Altersversorgung durch die Unterstützungskasse und durch deren Errichtung und Ausstattung mit Geldmitteln hat die Beklagte dem Kläger Versorgung nach Maßgabe von deren Leistungsplan zugesagt. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des Leistungsplanes. Es kann dahin stehen, ob der Betriebsrat, sei es durch Zustimmung zum Leistungsplan oder sei es dadurch, dass er mindestens paritätisch im Vorstand der Unterstützungskasse vertreten war - wofür vieles spricht - den Leistungsplan mit bestimmt hat.

Die mangelnde Mitbestimmung des Betriebsrates ist nur erheblich, soweit dadurch Leistungen an Arbeitnehmer eingeschränkt werden. Sinn der Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG ist es, die Interessen der Arbeitnehmer zu wahren nicht aber bei Verletzung dieser Mitbestimmungsrechte dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht einzuräumen.

Unerheblich ist auch, ob die Beklagte an dem Leistungsplan von 1980 mitgewirkt hat. Sie hat eine Versorgung durch die Unterstützungskasse zugesagt und damit nach Maßgabe der jeweiligen Leistungsplanes. Verweist eine Versorgungszusage auf Leistungen durch Dritte und nach deren Versorgungsplan ist nicht erforderlich, dass der Zusagende auch Einfluss auf diese Regelungen hat. Es ist nichts ungewöhnliches, das Versorgung nach einem fremden Regelwerk etwa nach dem der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder oder nach dem Beamtenversorgungsgesetz zugesagt wird. Dementsprechend kann auch auf den Leistungsplan einer Unterstützungskasse verwiesen werden, in deren Entscheidungsgremien er nicht oder nicht mehr vertreten ist. Das gilt insbesondere für Gruppenunterstützungskassen wie im vorliegenden Fall.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn durch kollusives Zusammenwirken oder unter völliger Außerachtlassung der Interessen eines Trägerunternehmens ein Leistungsplan erstellt würde. Dafür gibt es hier aber keine Anhaltspunkte. Gegenüber der ursprünglichen Versorgungszusage wurden nach 17 Jahren die Einmalbeträge relativ moderat erhöht. Nämlich im Fall des Klägers von 2.500,- auf 8.000,- DM, was unter Berücksichtigung von Zinseszins einer 7 bis 8%igen jährlichen Steigerung entspricht. Das war gemessen an der Lohnetwicklung der damaligen Zeit nicht übermäßig viel. Seit dem erfolgte keinerlei Erhöhungen mehr. Auch das spricht dagegen, dass der von den Arbeitnehmern gestellte Vorstand Leistungspläne ohne Berücksichtigung der Interessen der Trägerunternehmen aufgestellt hätte.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da diese erfolglos blieb.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

Ende der Entscheidung

Zurück