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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: 8 Ta 49/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Verhandelt das Gericht über einen PKH-Antrag in materieller Hinsicht, muss es auch auf ein Fehlen der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinweisen. Geschieht dies nicht und wird auch keine Nachfrist gesetzt, kann der PKH-Antrag später nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass die erforderliche Erklärung nicht vor Instanzende vorgelegen habe.
Tenor:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 11. Januar 2007 - 2 Ca 6628/06 - wird aufgehoben.

Der Klägerin wird hinsichtlich des Klageantrags zu 1. Prozesskostenhilfe gewährt mit der Maßgabe, dass kein eigener Beitrag zu leisten ist und unter Beiordnung der Rechtsanwältin A.

Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Gründe:

I

Die Klägerin hat am 21. September 2006 Klage gegen die Beklagte eingereicht, mit den Anträgen:

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. Juni 2006 beendet ist, sondern bis zum 18. August 2006 fortbestand,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin den Lohn für Juli und August 2006 in Höhe von 1.848,50 € zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für diese Monate eine ordnungsgemäße Gehaltsabrechnung zu erstellen.

Gleichzeitig hat die Klägerin beantragt, ihr unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen und angekündigt, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen.

In der Güteverhandlung vom 13. Oktober 2006 wies die Vorsitzende die Klägerin hinsichtlich ihres Prozesskostenhilfegesuchs darauf hin, dass für die Klageanträge zu 2. und 3. keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgen könne, da diese Anträge kostenschonend für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. hätten gestellt werden können. Sodann schlossen die Parteien einen Vergleich mit einer 14-tägigen Widerrufsfrist, der nicht widerrufen wurde. Im November 2006 bat die Klägerin das Arbeitsgericht darum, über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden. Auf den Hinweis, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht sei, übersandte die Klägerin im Dezember 2006 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Unterlagen.

Mit Beschluss vom 11. Januar 2007 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurück. Es führte zur Begründung aus, dass die Prozesskostenhilfe nicht mehr gewährt werden könne, da die Instanz abgeschlossen sei. Über den Antrag hätte auch vor Beendigung der Instanz nicht positiv entschieden werden können, da die dafür erforderlichen Unterlagen bis zum Abschluss des Verfahrens nicht vorgelegen hätten. Da die Klägerin selbst die Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angekündigt habe, habe es auch keiner Fristsetzung durch das Gericht bedurft.

Gegen diesen der Klägerin am 18. Januar 2007 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 05. Februar 2007 beim Beschwerdegericht eingegangene sofortige Beschwerde.

Die Klägerin macht geltend, ihre Prozessbevollmächtigte sei davon ausgegangen, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits eingereicht worden sei, als sie in der Güteverhandlung nicht an deren Fehlen erinnert worden sei.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II

Auf die zulässige sofortige Beschwerde war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben und der Klägerin für ihren Antrag zu 1. Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Dem Arbeitsgericht ist zu folgen, wenn es ausführt, dass grundsätzlich nach Abschluss der Instanz rückwirkend Prozesskostenhilfe nur ausnahmsweise gewährt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn vor Abschluss der Instanz bereits positiv über den Antrag hätte entschieden werden können oder wenn eine über das Instanzende hinaus gehende Frist zum Nachreichen der erforderlichen Erklärungen oder Unterlagen gesetzt worden war. Auch ist das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, von sich aus die Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anzumahnen, wenn angekündigt wurde, dass sie nachgereicht werden (HLAG vom 03.04.2001; 9/2 Ta 337/00).

Etwas anderes muss aber gelten wenn - wie hier - das Gericht selbst das Prozesskostenhilfegesuch hinsichtlich seiner materiellen Begründetheit anspricht. In diesem Fall ist das Gericht auch verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass noch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlen, oder aber vor Abschluss eines Vergleichs das Prozesskostenhilfegesuch abschlägig zu bescheiden oder eine Nachfrist zu setzen. Wenn das Gericht mit einer Partei mündlich verhandelt und dabei auch das Prozesskostenhilfegesuch anspricht, kann es nicht anschließend untätig bleiben, bis der Rechtsstreit beendet ist, um sodann wegen fehlender Unterlagen das Prozesskostenhilfegesuch zurückzuweisen. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin noch vor Abschluss der Instanz durch Abschluss und Wirksamwerden des Widerrufvergleichs die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgereicht hätte, wenn das Gericht entweder die Klägerin auf deren Fehlen hingewiesen oder ihr eine Nachfrist gesetzt oder sofort - negativ - über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hätte. Die Klägerin ist dementsprechend zu stellen.

Die Prozesskostenhilfe konnte nur für den Antrag zu 1. gewährt werden, da - wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend in der Güteverhandlung ausgeführt hatte - die Anträge zu 2. und 3. ohne Nachteil für die Klägerin auch als Hilfsanträge für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. hätten gestellt werden können. Ansonsten hatte die Klage die erforderlichen Erfolgsaussichten. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass ihr Arbeitsverhältnis erst zu dem von ihr genannten Datum endete.

Nach den Daten der Erklärung der Klägerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse konnte die Klägerin auch nicht die Kosten der Prozessführung aufbringen.

Ende der Entscheidung

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