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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.11.2002
Aktenzeichen: 9 Sa 462/02
Rechtsgebiete: MTV Cockpit D, ArbZG, 2. DV LuftBO, EGV, Richtlinien 1975/117/EG, Richtlinien 2000/79 EG


Vorschriften:

MTV Cockpit D Nr. 5 a § 9
ArbZG § 20
2. DV LuftBO
EGV Art. 119
Richtlinien 1975/117/EG
Richtlinien 2000/79 EG
Kein Anspruch des teilzeitbeschäftigten Cockpitpersonals der D auf Vergütung nach der Mehrflugstundenstaffel des § 9 MTV Cockpit Nr. 5 a für Flugstunden unterhalb der Auslösegrenze von 73 bzw. 75 Flugstunden pro Kalendermonat
Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Urteil

Aktenzeichen: 9 Sa 462/02

Verkündet laut Protokoll am 07.11.2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 9 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 07. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am LAG Bram als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Haar und Guiard als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2002 - 19 Ca 6844/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Mehrflugstundenvergütung.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gelten kraft Tarifbindung die Tarifverträge des fliegenden Personals der D. Weiterhin gelten die von der zuständigen Personalvertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen, u. a. die Ergänzungsbetriebsvereinbarung Erziehungsteilzeit vom 20. Sept. 1996 (Bl. 31 - 33 d. A.) sowie der Zusatz zur Ergänzungsbetriebsvereinbarung - Erziehungsteilzeit vom 8. Mai 2000 (Bl. 35, 36 d. A.). Der Kläger ist nach Maßgabe dieser beiden Betriebsvereinbarungen seit dem 1. Jan. 2001 teilzeitbeschäftigt. Zunächst war für die Zeit vom 1. Jan. 2001 bis zum 31. Dez. 2002 eine Stundenzahl und entsprechende Vergütung von 56,5 % vereinbart. Dies wurde für 2001 geändert auf eine Stunden- und Vergütungsbasis von 46,67 %. Wegen des Inhalts der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen wird auf Bl. 34, 37 d. A. verwiesen. Ab dem 1. Juli 2002 gilt die Betriebsvereinbarung Eltern-Teilzeit Flugzeugführer/innen für das Cockpitpersonal vom 24. April 2002 (Bl. 113 ff. d. A.). Der Kläger ist nach Teil B Modell 2 mit neun Freistellungstagen und 70,41 % der Vergütung tätig. Nach § 7 Abs. 4 dieser Betriebsvereinbarung bleibt die Mehrflugstundenauslösegrenze des § 9 MTV Cockpit unberührt. Bei Modell 2 werden pro Freistellungstag wie bei einem Urlaubstag Flugstunden leistungs- und bezahlungswirksam angerechnet "(gemäß jeweils gültigem MTV)."

Nach § 9 Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal Nr. 5 a (MTV Cockpit Nr. 5 a), der ab 1. Jan. 2001 gilt, regelt sich die Mehrflugstundenvergütung ab 1. April 2001 wie folgt:

Gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erhalten die Mitarbeiter eine Mehrflugstundenvergütung.

A. Entstehen des Anspruchs

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 75 Mehrflugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

B. Berechnung der Mehrflugstundenvergütung

Für jeden Mitarbeiter wird ein Mehrflugstundensatz nach folgender Formel ermittelt:

...

Die Mehrflugstundenvergütung beträgt pro geflogener Mehrflugstunde

für die 76. bis zur 79. Flugstunde 125 %, für die 80. bis zur 85. Flugstunde 140 % und ab der 86. Flugstunde 150 %

dieses Mehrflugstundensatzes.

C. Berechnung von Flugstunden

a) Bei der Berechnung von Flugstunden werden die anfallenden effektiven Blockzeiten mit nachfolgendem Faktor multipliziert zu Grunde gelegt:

b)...

c) Für die Berechnung des Anspruchs auf Mehrflugstundenvergütung werden für jeden im Monat wegen Erholungsurlaub, unbezahlten Urlaubs oder gemäß § 15 ausfallenden Kalendertag 2,50 Flugstunden, im Monat jedoch insgesamt nicht mehr als 75 Flugstunden angerechnet.

d)...

Nach Protokollnotiz II zu diesem Tarifvertrag - Überleitungsregelungen - Ziff. II 1 gilt zwischen dem 1. Febr. 2000 und dem 31. März 2001 ein Auslösegrenze von 73 Stunden und folgende Staffel:

für die 74. und 75. Flugstunde 115 % für die 76. bis 79. Flugstunde 125 % für die 80. bis zur 85. Flugstunde 140 % und ab der 86. Flugstunde 150 % des Mehrflugstundensatzes.

Die Flugstundengutschrift gemäß § 9 C c) beträgt 2,43 Flugstunden, insgesamt jedoch nicht mehr als 73 Stunden im Monat. Diese Regelungen gelten nach der Protokollnotiz auch ab 1. Mai 2004.

In § 15 MTV Cockpit Nr. 5 a ist u. a. die Dauer des Sonderurlaubs eines Mitarbeiters aus bestimmten Anlässen (Eheschließung, Niederkunft der Ehefrau etc.) unter Fortzahlung der Vergütung und der Anspruch der Mitarbeiter auf Arbeitsbefreiung aus bestimmten Anlässen (Wohnungswechsel, Krankheit der Eltern etc.) geregelt.

Nach dem Zusatz zur Ergänzungsbetriebsvereinbarung - Erziehungsteilzeit vom 8. Mai 2000 bestand für den Kläger bei der von ihm gewählten Form der Teilzeitbeschäftigung (46,67 %) eine Verpflichtung von 11 Tagen pro Monat. Die maximale Flugzeit pro Monat betrug nach dieser Betriebsvereinbarung 44 Stunden auf der Kurzstrecke und 47 Stunden auf der Langstrecke. Der Kläger erhielt ab der 35. Flugstunde eine Mehrflugstundenvergütung, die sich aus der Summe der individuellen Grundvergütung, eventuelle SFO-Zulage und der Schichtzulage dividiert durch 34 berechnete, jedoch - unterhalb der tarifvertraglichen Auslösegrenze - keine Vergütung nach der Mehrflugstundenstaffel zwischen 15 und 150 %. Neben diesem Modell bestand bei der Beklagten ein Teilzeitmodell, bei dem die Arbeitnehmer zu einem Monat Arbeit verpflichtet waren und anschließend einen Monat Freizeit hatten.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, es verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 4 TzBfG, dass die zwischen 115 % und 150 liegende Mehrflugstundenstaffel auf sein Arbeitsverhältnis nicht angewandt werde, da er auf Grund der Teilzeitarbeit nicht über 75 Flugstunden pro Monat ableisten könne. Er würde nur dann gegenüber den Vollzeitmitarbeitern gleichbehandelt, wenn er bei Fliegen der höchstzulässigen Flugzeit (44 Stunden) die Hälfte von dem verdienen würde, was ein Vollzeitarbeitnehmer mit 88 Stunden verdiene. Es bestehe im Flugdienst die Besonderheit, dass die Arbeitszeit eben gerade nicht gleichmäßig auf die Kalendertage verteilt werde. Durch die Arbeitszeitregelung von 11 Tagen pro Kalendermonat ändere sich nichts an seiner Verpflichtung, arbeitstäglich bis zur höchstzulässigen Flugzeit zu arbeiten. Seine Belastung sei damit vergleichbar mit der Belastung eines Vollzeitarbeitnehmers. Auch die Zahl seiner Einsatztage könne genauso hoch sein, wie die eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Dabei sei im Flugverkehr eben gerade nicht die tagemäßige Belastung, sondern die Belastung in den jeweiligen Umläufen maßgebend. Er sei auch gegenüber den Arbeitnehmern, die nach dem Teilzeitmodell einen Monat arbeiten würden und dann einen Monat Freizeit gewährt bekämen, benachteiligt. Diese Arbeitnehmer hätten in keinem Fall eine höhere Belastung als er. Sie würden jedoch in ihren Monaten mit Einsatztagen zumeist die Auslösegrenze von 76 Stunden überschreiten und damit Mehrflugstundenvergütung erhalten. In den Monaten Januar 2001 bis Juni 2002 hätte er bei entsprechender Anwendung der für Vollzeitmitarbeiter geltenden Regelung über die Mehrflugstundenvergütung eine höhere Vergütung von EUR 7.349,47 brutto gehabt und verweist für die Berechnung dieses Betrages auf die von ihm erstellte Tabelle (Bl. 118 d. A.).

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei der Berechnung die Mehrflugstundenpauschale mit der Maßgabe der Vorschriften über Vollzeitbeschäftigung zu vergüten; die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.779,35 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 09.01.1998 (BGBl. I, S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, der Kläger werde gegenüber vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern nicht benachteiligt. Auch der Kläger würde ab der 76. Stunde die Mehrflugstundenvergütung erhalten. Diese knüpfe für ihre Gewährung lediglich an die Anzahl der geleisteten Flugstunden, nicht an die Zahl der Einsatztage an. Der Kläger werde gegenüber vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern nicht ungleich, sondern gerade gleich behandelt, da er für die gleiche Anzahl von Stunden das gleiche Entgelt wie Vollzeitmitarbeiter erhielte. Weiterhin bestünde, falls überhaupt eine Ungleichbehandlung vorliege, für diese ein sachlicher Grund. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien solle durch die Mehrflugstundenvergütung die grundsätzlich zu vermeidende Mehrarbeitsbelastung ausgeglichen werden.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 17. Jan. 2002 - 19 Ca 6844/01 - abgewiesen. Es hat angenommen, die Klage sei unbegründet. Der Feststellungsantrag zu 1) sei zulässig und hinreichend bestimmt. Die Klage sei jedoch unbegründet. Dem Kläger stehe nach den tarifvertraglichen Vorschriften erst ab der 76. Flugstunde eine Mehrflugstundenvergütung zu und nicht, wie von ihm begehrt, ab der 38. Flugstunde. Diese Regelung verstößt nicht gegen das in Art. 119 EGV und Art. 1 der Richtlinie Nr. 75-117-EWG vom 10.02.1975 verankerte Lohngleichheitsgebot, weil die teilzeitbeschäftigten Piloten für die gleiche Anzahl von Flugstunden auch die gleiche Vergütung erhalten. Für das vom Kläger angeführte Beispiel bedeute dies, dass ein teilzeitbeschäftigter Flugzeugführer für die Leistung von 44 Flugstunden pro Monat die gleiche Vergütung erhält, wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer mit 44 Flugstunden pro Monat. Sofern ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer über die Grenze für die Mehrflugstundenvergütung (76 Stunden pro Monat) hinaus Flugstunden leiste, erhalte auch der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer die Mehrflugstundenvergütung. Aus diesem Grund verstießen die Bestimmungen auch nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.

Abgesehen davon bestünde für eine etwaige Ungleichbehandlung auch ein sachlicher Grund. Tarifvertragliche Bestimmungen, die einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge allein davon abhängig machen, dass über ein bestimmtes Stundenvolumen hinaus gearbeitet wird, hätten, sofern kein anderer Anhaltspunkt besteht, im Wesentlichen den Zweck, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen. Die Regelung in § 9 a des Manteltarifvertrages Nr. 5 für das Cockpitpersonal knüpfe allein an die geleisteten Flugstunden pro Monat an. Es sei mangels anderer Anhaltspunkte deshalb davon auszugehen, dass durch die Mehrflugstundenvergütung allein die besondere Arbeitsbelastung pro Monat ausgeglichen werden soll.

Gegen dieses ihm am 4. März 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. April 2002 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Kläger ist unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens der Auffassung, das Arbeitsgericht sei nicht hinreichend auf die Bestimmungen des Manteltarifvertrages in Verbindung mit § 20 ArbZG und der 2. DV LuftBO eingegangen. Da die höchstzulässige Flugdienstzeit bis zu 14 Stunden betrage und die Arbeitszeit des Luftfahrtpersonals auf der Basis einer jahresmäßigen Betrachtung zu regeln sei, könne die Frage der Mehrarbeit nicht unter Zugrundelegung der vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidungen gelöst werden. Ein Arbeitnehmer in Vollzeit würde bei Arbeitsunfähigkeit in Teilen des Monats besser behandelt als der Kläger. Unter Belastungsgesichtspunkten könne es ebenso belastend sein, an 11 Tagen das hälftige Monatspensum abzufliegen als an 21 Tagen das volle Pensum. Eine gravierende Ungleichbehandlung bestünde auch gegenüber den Teilzeitarbeitnehmern, die einen Monat voll arbeiteten und einen Monat frei hätten. Es sei auch fraglich, ob die Mehrflugstundenvergütung nicht Ausdruck dafür sei, dass der Arbeitnehmer eine Einschränkung seiner Zeitautonomie hinnehmen müsse.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Mehrflugstundenvergütung nach § 9 MTV-Cockpit Nr. 5 a so zu berechnen, dass diese nicht erst ab der 76., sondern bereits ab der 35. Stunde gewährt wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 7.349,47 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Sept. 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie ist der Auffassung, in § 9 MTV Nr. 5 a hätten die Tarifvertragsparteien den Monatszeitraum als relevante Bemessungsgröße zugrunde gelegt. Aufgrund der Herabsetzung der Auslösegrenze erhalte der Kläger ab der 35. Flugstunde sogar eine höhere Vergütung als ein vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter. Die Mehrflugstundenvergütung bezwecke den Ausgleich einer zu vermeidenden besonderen Arbeitsbelastung. Es hätte den Tarifvertragsparteien frei gestanden, die Mehrflugstundenvergütung an die Überschreitung der regelmäßigen individuellen Arbeitszeit anzuknüpfen. Der Kläger sei zudem weniger belastet als ein Vollzeitmitarbeiter, weil er einen längeren Regenerationszeitraum habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 7. Nov. 2002 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs.2 ArbGG, 511 ZPO, und begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes keinen Bedenken, § 64 Abs.2 ArbGG. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs.1 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO, und damit insgesamt zulässig.

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein Interesse an alsbaldiger Feststellung der Anwendung der Mehrflugstundenstaffel auf sein Teilzeitarbeitsverhältnis, § 256 Abs. 1 ZPO. Die für den Zeitraum bis 30. Juni 2002 erhobene Zahlungsklage ist angesichts des Inkrafttretens der Betriebsvereinbarung Eltern-Teilzeit vom 24. April 2002 am 1. Juli 2002 nicht geeignet, die Frage der Anwendung der Mehrflugstundenstaffel für die restliche Zeit der Elternteilzeit zu klären. Eine Leistungsklage ist wegen der noch nicht feststehenden Anzahl der Flugstunden derzeit nicht möglich. Der für die zukünftige restliche Eltern-Teilzeit wirkende Feststellungsantrag ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass entgegen der Regelung in § 7 Abs. 4 Betriebsvereinbarung Eltern-Teilzeit vom 22. April 2002 die Auslösegrenze für die Mehrflugstundenstaffel nach § 9 A MW Cockpit Nr. 5 a für ihn bereits ab der 35. Stunde einsetzt. Das Arbeitsgericht hat - worauf verwiesen wird - den Antrag auch zutreffend für hinreichend bestimmt gehalten.

Die Feststellungs- und Zahlungsklage ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nicht begründet. Der Kläger hat über die gezahlte Mehrflugstundenvergütung hinaus keinen Anspruch hierauf. Nach § 9 A und B MTV Cockpit Nr. 5 und Nr. 5 a bestand bis 31. März 2001 ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung nur nach mehr als 73 Flugstunden pro Kalendermonat und ab 1. April 2001 nach mehr als 75 Flugstunden pro Kalendermonat. Sie beträgt ab 1. April 2001 für die 76. bis 79. Flugstunde 125 %, für die 80. bis 85. Flugstunde 140 % und ab der 86. Flugstunde 150 % des Mehrflugstundensatzes. Vom 1. Jan. bis 31. März 2001 begann die Staffel nach Ziff. II 2 der Protokollnotiz II zum MTV Cockpit Nr. 5 a bei 115 %.

Eine Reduzierung dieser Auslösegrenze für Mitarbeiter in Erziehungsteilzeit bzw. Elternteilzeit lässt der Tarifvertrag nicht zu. Für die Auslegung von Tarifverträgen als Normen gelten wie auch für Gesetze die Grundsätze der sog. objektiven Auslegung. Diese hat entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zunächst vom Wortlaut der Tarifnorm auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deshalb mitberücksichtigt werden muss, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Norm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden können (ebenso BAG Urteil vom 12. Sept. 1984 - 4 AZR 336/82 - EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 14). Verbleiben bei entsprechender Auslegung des Wortlauts und des Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfalle noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Beteiligten auf weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte und praktische Übung zurückgegriffen werden. Bei der Heranziehung dieser weiteren Auslegungsmittel gebietet die juristische Methodenlehre keine bestimmte Reihenfolge.

Im Zweifel ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einer vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG Urt. v. 13. Aug. 1986 - 4 ABR 2/86 - EzA a.a.O., Nr. 16).

Der Wortlaut von § 9 A und B MTV Cockpit Nr. 5 und Nr. 5 a ist eindeutig. Eine Reduzierung der Auslösegrenze hinsichtlich der Mehrflugstundenstaffel für Mitarbeiter, die in Erziehungs- bzw. Elternteilzeit beschäftigt sind, ist mit dem Tarifvertrag nicht zu vereinbaren. Die Tarifvertragsparteien haben diesen Sachverhalt für ausfallende Tage in § 9 C c) anders geregelt, indem nicht die Auslösegrenze anteilig reduziert wird, sondern für ausgefallene Tage eine Anrechnung von 2,5 bzw. 2,43 Stunden pro Kalendertag vorgesehen ist.

Die Bestimmung des § 9 A MTV Cockpit Nr. 5 und Nr. 5 a verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dass vergleichbare tarifliche Regelungen nicht gegen Art. 119 EGV und die Richtlinie 75/117/EWG verstoßen, hat der Europäische Gerichtshof durch Vorabentscheidung vom 15. Dezember 1994 (- Rs C-399/92, C-409/92, C-425/92, C-34/93, C-50/93, C-78/93 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Teilzeit) festgestellt. Für Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78/EG (Amtsblatt L 303 vom 2. Dez. 2000, S. 16) gilt nichts anderes. Auch das Bundesarbeitsgericht hat vergleichbare tarifliche Regelungen für rechtswirksam angesehen (BAG Urteil vom 23. April 1998 - 6 AZR 558/96 - Juris; BAG Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 - EzA § 611 BGB Mehrarbeit Nr. 6; BAG Urteil vom 30. Januar 1996 - 3 AZR 275/94 - Juris; BAG Urteil vom 20. Juni 1995 - 3 AZR 539/93 - AP § 1 TVG Tarifverträge: Nährmittelindustrie Nr. 1; BAG Urteil vom 20. Juni 1995 - 3 AZR 684/93 - BAGE 80, 173 = EzA Art. 199 EWG-Vertrag Nr. 33; Grobys DB 2001, 758, 759, 760; TzA-Buschmann, 2. Aufl., § 4 TzBfG Rz. 23). Davon im Streitfall abzuweichen besteht keine Veranlassung.

Art. 119 EGV ist unmittelbar anwendbares nationales Recht und gibt einem Arbeitnehmer einen unmittelbaren Anspruch gegen seinen Arbeitgeber (vgl. EuGH Urteil vom 7. Februar 1991 - Rs C-184/89 - "Nimz" - AP Nr. 25 zu § 23 a BAT; BAG Urteil vom 25. Juli 1996, a.a.O., zu II 1 a der Gründe). Das gemeinschaftsrechtliche Lohngleichheitsgebot hat auch Vorrang gegenüber Tarifverträgen. Dies folgt aus Art. 4 der Richtlinie 75/117/EWG, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts unvereinbare Bestimmungen in Tarifverträgen nichtig sind oder für nichtig erklärt werden (EuGH Urteil vom 27. Juni 1990 - Rs C-33/89 - "Kowalska" - AP Nr. 21 zu Art. 119 EWG-Vertrag; BAGE 73, 166, 170 = AP Nr. 42 zu Art. 119 EWG-Vertrag, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 25. Juli 1996, a.a.O., zu II 1 a der Gründe). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfasst Art. 119 EGV auch die sog. mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts. Eine solche liegt vor, wenn eine benachteiligende Regelung zwar unterschiedslos auf Männer und Frauen anzuwenden ist, sie aber erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts betrifft und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs C-170/84 - "Bilka" - AP Nr. 10 zu Art. 119 EWG-Vertrag; EuGH Urteil vom 31. Mai 1995 - Rs C-400/93 - AP Nr. 68 zu Art. 119 EWG-Vertrag; BAG Urteil vom 25. Juli 1996, aaO, zu I11 b der Gründe).

Eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung bei gleicher Anzahl von Flugstunden und gleicher Anzahl von geleisteten Mehrflugstunden nicht höher ist als diejenige der Teilzeitbeschäftigten (EuGH Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.). Leistet der Teilzeitbeschäftigte Flugstunden, die über 73 bzw. 75 Flugstunden hinausgehen, erhält er ebenso wie der Vollzeitbeschäftigte die Mehrflugstundenvergütung nach § 9 A und B MTV Cockpit Nr. 5 und Nr. 5 a. Aus den gleichen Gründen verstößt die tarifliche Regelung nicht gegen § 612 Abs. 3 BGB oder gegen Art. 3 Abs. 3 GG.

Bei der Arbeitszeitregelung des Klägers bis zum 30. Juni 2002 konnte er die Prozentsätze der Mehrflugstundenstaffel zwar nicht erreichen, da im Zusatz zur Ergänzungsvereinbarung - Erziehungsteilzeit - vom 8. Mai 2002 eine maximale Flugzeit von 44 Stunden auf der Kurzstrecke und 47 Stunden auf der Langstrecke geregelt war. Nach der Betriebsvereinbarung Elternteilzeit vom 22. April 2002 müssen die von ihm geleisteten Mehrflugstunden möglicherweise in weniger Tagen im Monat erbracht werden als dies bei Vollzeitbeschäftigten der Fall ist, um die Mehrflugstundenvergütung zu erhalten. Möglicherweise muss er unter Ausschöpfung der nach § 4 MTV Cockpit zulässigen Arbeits- und Flugdienstzeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten anteilsmäßig mehr Flugstunden ableisten, ohne nach § 9 MTV Cockpit Nr. 5 eine Mehrflugstundenvergütung beanspruchen zu können. Unterhalb der Auslösegrenze ist die Ausschöpfung der tarifvertraglich zulässigen Flugstundenzahl an den Beschäftigungstagen im Kalendermonat auch für Mitarbeiter in Erziehungs- oder Elternteilzeit rechtlich nicht zu beanstanden. Für die Auslösegrenze gibt es angesichts des Leistungszwecks, den die Regelung zulässigerweise verfolgt, einen sachlich einleuchtenden Grund. Die tarifliche Regelung über Mehrflugstundenvergütung verfolgt den Zweck, die Mitarbeiter gegen die Belastungen durch Flugstunden zu schützen, die über 75 bzw. 73 hinausgehen. Hätten die Tarifvertragsparteien damit auch ausgleichen wollen, dass der Flugzeugführer planwidrig Möglichkeiten einbüßt, über seine Freizeit zu verfügen, hätten sie diese Einschränkungen konsequenterweise auch den Teilzeitbeschäftigten zugestanden. Der Belastungsschutz als Zweck der unterschiedlichen Regelungen der Mehrflugstundenvergütung ist in der Tarifregelung jedoch deutlich dadurch zum Ausdruck gekommen, dass die Mehrflugstundenvergütung gestaffelt ist. Obwohl die maximale planmäßige Flugzeit für Vollzeitbeschäftigte nach § 4 Ziff. 3 Abs. 2 Satz 1 MTV Cockpit Nr. 5 pro Monat 88 Stunden betragen darf, setzt die Mehrflugstundenvergütung bereits ab der 76. Flugstunde ein. Sie steigt ab der 80. Flugstunde auf 140 % und ab der 86. Flugstunde auf 150 % des Mehrflugstundensatzes. Die Tarifvertragsparteien bringen damit zum Ausdruck, dass sie in der steigenden Flugstundenzahl eine steigende Belastung sehen, die jedoch noch nicht relativ bei Teilzeitbeschäftigten bei Überschreitung der vereinbarten Flugstunden steigt. Der Gesichtspunkt des Belastungsschutzes bildet einen sachlichen Grund für die getroffene Unterscheidung. Mangels einer sachwidrigen Ungleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter gegenüber Vollzeitbeschäftigten verstößt die tarifliche Regelung auch nicht gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 (BGBl I, 710) in der bis zum 31. Dez. 2001 geltenden Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Sept. 1996 (BGBl I, 1476) oder § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG vom 21. Dez. 2000 (BGBl I, S. 1966).

Der Kläger hat für die Vergangenheit auch keinen Anspruch aus § 9 A und B in Verbindung mit § 9 C c) MTV Cockpit Nr. 5. Eine Anrechnung wegen Erziehungsteilzeit ausgefallener Arbeits- oder Kalendertage findet nach dieser tariflichen Regelung nicht statt. Ein Tatbestand des § 15 MTV Cockpit Nr. 5 liegt nicht vor. Diese Tarifnorm regelt Sonderurlaub und zeitweilige Arbeitsbefreiung aus besonderem Anlass. Erziehungsteilzeit ist auch kein Unterfall des unbezahlten Urlaubs. Der Begriff des unbezahlten Urlaubs wird im Sprachgebrauch des Arbeitslebens üblicherweise nicht auf eine unbezahlte Freistellung des Arbeitnehmers angewandt, auf welche dieser einen gesetzlichen Anspruch hat. Unter unbezahltem Urlaub wird eine unbezahlte Freistellung verstanden, die auf einer freiwillig zustande gekommenen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beruht (BAG Urteil vom 6. Okt. 1993-10 AZR 547/92 - Juris; BAG Urteil vom 23. Aug. 1990-6 AZR 528/88 - EzA § 4 TVG Feinkeramische Industrie Nr. 1). Auch während des Erziehungsurlaubs erfolgt zwar keine Entlohnung durch den Arbeitgeber, anders als beim Erziehungsurlaub werden die Modalitäten des unbezahlten Urlaubs jedoch im allgemeinen einvernehmlich geregelt. Auf Erziehungsurlaub hatte ein Arbeitnehmer nach § 1 BErzGG in der im Jahr 2000 geltenden Fassung vom 31. Jan. 1994 (BGBl. I S. 180), geändert durch Gesetz vom 21. Sept. 1997 (BGBl. I 2390) einen Anspruch, wenn er die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllte. Dass die Tarifvertragsparteien Erziehungsurlaub nicht einbeziehen wollen, zeigt auch die Neufassung des ab 1. Jan. 2001 geltenden Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal. Obwohl die Streitfrage schon Gegenstand von Rechtsstreiten war, haben die Tarifvertragsparteien Elternzeit auch bei der Neufassung des Tarifvertrages nicht bei der Berechnung von Mehrflugstundenvergütung berücksichtigt. Protokollnotiz II (Überleitungsregelungen) Ziff. 5, besagt dass § 9 C c) auch ab 1. Mai 2004 in folgender Fassung gilt:

"Für die Berechnung des Anspruchs auf Mehrflugstundenvergütung werden für jeden Monat wegen Erholungsurlaubs, unbezahlten Urlaubs oder gemäß § 15 ausfallenden Kalendertag 2,43 Flugstunden, im Monat jedoch nicht mehr als 73 Flugstunden angerechnet."

Diese klare Festlegung steht auch einer ergänzenden Tarifvertragsauslegung entgegen.

In der Festlegung einer bestimmten Anzahl von Flugstunden pro Kalendermonat liegt schließlich kein Verstoß gegen die Bestimmungen der 2. DV LuftBO. Diese ist zwar nach § 20 ArbZG, wonach für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Besatzungsmitgliedern von Luftfahrzeugen anstelle der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes über Arbeits- und Ruhezeiten die Vorschriften über Flug-, Flugdienst- und Ruhezeit gelten, anwendbar und hat auch eine arbeitsschutzrechtliche Zielrichtung (BAG Urteil vom 24. März 1998 - 9 AZR 172/97 - EzA § 39 ArbGG 1979 Nr. 8). Durch die 2. DV LuftBO mit ihren Definitionen von Flugzeit, Flugdienstzeit, Beförderungszeit usw. und der Festlegung einer kalenderjährlichen Höchstdauer der Flugzeit in § 2 Abs. 2 ist eine kalendermonatliche Bemessungsgrenze für die Mehrflugstundenstaffel nicht ausgeschlossen. Auch ein Verstoß gegen die Richtlinie 2000/79/EG des Rates vom 27. Nov. 2000 (Amtsblatt L 302 vom 1. Dez. 2000, S. 57) über die Durchführung der zwischen der Vereinigung Europäischer Fluggesellschaften (AEA) und den Assocationen ETF, ECA, ERA, IACA geschlossenen Europäischen Vereinbarung vom 22. März 2000 über die Arbeitszeitorganisation für das fliegende Personal der Zivilluftfahrt und die Vereinbarung selbst liegt nicht vor. Diese enthalten keine Regelungen, die § 9 MTV Cockpit Nr. 5 entgegenstehen. Eine solche Regelung ergibt sich auch nicht aus Klausel 8 Abs. 2, nach der die jährliche Höchstarbeitszeit auf 2000 Stunden begrenzt ist, und Abs. 3, wonach die maximale jährliche Arbeitszeit so gleichmäßig über das Jahr verteilt werden sollte, wie dies in der Praxis möglich ist.

Die Kosten der erfolglosen Berufung trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, weil der Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal bundesweit gilt und hinsichtlich der Auslegung des § 9 A und C c) MTV Cockpitpersonal Nr. 5 Klärungsbedarf besteht. Der ab 1. Januar 2001 gültige MTV Cockpit Nr. 5 a hat an diesen Regelungen im Grundsatz nichts geändert. Die höchstrichterlichen Auslegungsergebnisse hinsichtlich anderer Tarifverträge können nicht ohne weiteres auf die Flugbranche übertragen werden.

Ende der Entscheidung

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