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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 9 TaBV 182/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 78a
Im Gemeinschaftsbetrieb, für den die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden ist, bleibt der Vertragsarbeitgeber, mit dem das Arbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 ArbGG zustande gekommen ist, für den Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 BetrVG antragsberechtigt.

Von einem freien Arbeitsplatz, auf dem das bisherige Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung weiterbeschäftigt werden kann, ist abgesehen von Missbrauchsfällen auch dann nicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber bei generellem Einstellungsstopp auf diesem Arbeitsplatz Leiharbeitnehmer beschäftigt und kein eigenes Personal einstellt.


Tenor:

Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. August 2006 - 8 BV 3/06 - werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 2) und 3) zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2).

Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Die Beteiligte zu 4) ist die Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Beteiligte zu 3) der Betriebsrat, der für den von der Beteiligten zu 1) und der A GmbH geführten Gemeinschaftsbetrieb gewählt ist. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist ebenfalls von den Auszubildenden (mindestens) beider Unternehmen gewählt worden (Wählerliste Bl. 202 ff. d. A.).

Der Beteiligte zu 2) absolvierte bei der Beteiligten zu 1) eine Ausbildung zum Energieelektroniker der Fachrichtung Betriebstechnik. Er war Mitglied der Auszubildendenvertretung. Mit Schreiben vom 16. Dez. 2005 an die zentrale Personalabteilung (BI. 5 d. A.) beantragte er gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG für die Zeit nach Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Am 18. Jan. 2006 bestand er die Abschlussprüfung. Am 19. Jan. 2006 schloss die Arbeitgeberin mit dem Beteiligten zu 2) einen Arbeitsvertrag ab, wonach er "unter dem Vorbehalt der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichtes, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Ausbildung festgestellt wird", in die Abteilung Jungfacharbeiter-Pool innerhalb des Bereichs Zentrale Personalfunktion eingestellt wird. Der Beteiligte zu 2) leistet ab dem 2. Jan. 2007 seinen Zivildienst ab. Er wurde in der Abteilung X Operation Test als Prüfstandselektroniker beschäftigt. Dieser Abteilung gehören neun weitere Elektriker an. Im ersten Quartal 2006 wurden in der Abteilung 5.687 Überstunden abgeleistet. Zum 31. März 2006 schied der Mitarbeiter der Abteilung B wegen Altersteilzeit aus. Die Arbeitgeberin hat die Stelle nicht neu besetzt. Von den Auszubildenden, die im Jahre 2006 ihre Ausbildung beendet haben, übernahm die Arbeitgeberin nur vier Modellbaumechaniker. Sie stellte nur Designer, Physiker, Mathematiker und Simulationsingenieure ein.

Die Beteiligte zu 1) hat Stellen als Prüfstandselektroniker, Prüfstandsmechaniker, Mechatroniker oder Betriebstechniker ausgeschrieben, zu deren Inhalt auf Bl. 114 bis 119 d. A. verwiesen wird. Der Beteiligte zu 2) hat als Energieelektroniker die für den Beruf des Prüfstandselektronikers oder Mechatroniker entsprechende Ausbildung. Seine Bewerbungen auf diese Stellen wurden abgelehnt.

Die Beteiligte zu 1) beschäftigt auf frei werdenden Stellen Leiharbeitnehmer der Fa. C. Mit Schreiben vom 6. Nov. 2006 (Bl. 120) forderten die Beteiligten zu 1) und 3) die Auszubildenden, die ihre Prüfung in 2007 beenden, auf, sich bei der D GmbH zu bewerben, wobei ein Einsatz bei der Beteiligten zu 1) zu ihren Bedingungen in Aussicht gestellt wurde. Im Jahre 2006 sind die Beschäftigten der Fa. C E und F an die Beteiligte zu 1) ausgeliehen gewesen. Ihr Einsatz wird bis Ende 2007 fortgesetzt. Alle 2006 und 2007 in der Abteilung des Beteiligten zu 2) tätigen Leiharbeitnehmer waren ganzjährig eingesetzt.

Mit ihrer am 19. Jan. 2006 beim Arbeitsgericht Darmstadt eingegangenen An€tragsschrift hat die Beteiligte zu 1) die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Auflösungsantrag sei begründet, weil bei ihr keine freien Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden hätten. Sie bilde nach dem sog. "Zukunftsvertrag" (Betriebsvereinbarung vom 17. März 2005) über Bedarf aus. Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen belaufe sich die Anzahl der bis 2007 abzubauenden Stellen auf rund 9.500. Ausscheidende Mitarbeiter würden in der Regel nicht ersetzt. Zwingender Bedarf werde nach dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Konzept "Interner Arbeitsmarkt" aus dem Personalüberhang gedeckt.

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,

das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG mit dem Beteiligten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen,

hilfsweise,

festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2) nicht zustande gekommen ist.

Die Beteiligten zu 2) - 4) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 2) bis 4) sind der Ansicht gewesen, Auflösungsgründe lägen nicht vor. Sie haben behauptet, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2) seien freie Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Darmstadt hat dem Auflösungsantrag durch Beschluss vom 23. Aug. 2006 - 8 BV 3/06 - stattgegeben, weil der Arbeitgeberin die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) nicht zumutbar sei. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses habe es im Betrieb keine freien Arbeitsplätze für Energieelektroniker gegeben. Die Stelle des ausgeschiedenen Mitarbeiters B sei nicht wieder besetzt worden. Ob durch Abbau von Überstunden ein Arbeitsplatz geschaffen werde, entscheide der Unternehmer frei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen den ihm am 23. Sept. 2006 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) am 9. Okt. 2006 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 20. Nov. 2006 ebenfalls per Telefax begründet. Der Beteiligte zu 3), dem der Beschluss am 13. Sept. 2006 zugestellt worden ist, hat seine am 6. Okt. 2006 eingelegte Beschwerde am 27. Okt. 2006 begründet.

Der Beteiligte zu 2) trägt vor, ausweislich der internen Stellenausschreibungen sei auch im Januar 2006 von offenen Stellen als Prüfstandselektroniker auszugehen gewesen. In den Jahren 2005 bis 2007 seien externe Einstellungen vorgenommen worden. Die Beteiligte zu 1) nutze ihre unternehmerische Freiheit durch die Anhäufung von Überstunden rechtsmissbräuchlich zur Umgehung des § 78 a BetrVG. Der Personalabbau bei der Beteiligten zu 1) falle weitaus weniger dramatisch aus als von ihr behauptet. Da eine Vielzahl der Beschäftigten Altersteilzeitvereinbarungen abgeschlossen hätte, seien zahlreiche Stellen wieder frei geworden.

Der Beteiligte zu 3) ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe § 78 a BetrVG nicht richtig ausgelegt. Dem Arbeitgeber seien organisatorische Bemühungen wie der Abbau von Überstunden zur Schaffung von Arbeitsplätzen zuzumuten.

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. Aug. 2006 - 8 BV 3/06 - die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise,

festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2) nicht zustande gekommen ist.

Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, antragsbefugt sei der Vertragsarbeitgeber, da es um ein Verfahren gehe, dass individualrechtliche Interessen des Auszubildenden zum Inhalt habe. Sie trägt vor, die vom Beteiligten zu 2) genannten Ausschreibungen seien lediglich interne und keine externen Ausschreibungen gewesen. Es seien hierfür keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen worden. Bei Ausbildungsende im Januar 2006 hätte es zudem keine internen oder externen Ausschreibungen gegeben. Diese resultierten aus dem 3. Quartal 2006. Durch den Personalabbau freiwerdende Arbeitsplätze würden grundsätzlich nicht mehr besetzt. Überstunden und der Aufbau negativer Zeitkonten seien normal und gehörten zum betrieblichen Alltag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 15. Februar 2007 und vom 26. April 2007 verwiesen.

II.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) sind statthaft und zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Antrag der Beteiligten zu 1), das nach § 78 a Abs. 2 BetrVG entstandene Arbeitsverhältnis gemäß § 78 a Abs. 4 BetrVG aufzulösen, ist begründet.

Die Beteiligte zu 1) ist allein antragsberechtigt, obwohl Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung von den Arbeitnehmern für den mit der A GmbH bestehenden Gemeinschaftsbetrieb gewählt worden sind. Im Anhörungstermin vom 26. April 2007 konnte nicht geklärt werden, ob die Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht auch noch von den insoweit wahlberechtigten Arbeitnehmern weiterer Unternehmen gewählt worden sind, da die Beteiligte zu 4) an keiner Anhörung teilgenommen hat. Jedenfalls haben die Jugendlichen und Auszubildenden beider Unternehmen eine gemeinsame Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt.

Den Auflösungsantrag konnte jedoch die Beteiligte zu 1) als Vertragsarbeitgeberin ohne die A GmbH stellen. Zwar besteht im Hinblick auf ihre Rechte aus der Führungsvereinbarung zur gemeinschaftlichen Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse im Bereich der Betriebsverfassung Gesamtgläubigerschaft. Anders als im Falle des § 428 BGB, nach welcher Vorschrift jeder der Gesamtgläubiger die Leistung verlangen kann, gilt dies nicht für Gestaltungsrechte. Diese können von den Gesamtgläubigern nur gemeinsam ausgeübt werden (vgl. BGH Urteil vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78 - NJW 1979, 2207, 2208; BGH Urteil vom 13. Juli 1972 - III ZR 107/69 - NJW 1972, 1711; OLG Braunschweig, Urteil vom 15. April 1981 - 3 U 119/80 - DB 1981, 1921; LG Marburg Urteil vom 25. Juli 2001 - 5 S 233/00 - Juris). Ebenso wie der Antrag auf Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat ( ebenso Hess. LAG Beschluss vom 9. Juni 2005 - 9 TaBV 186/04 -; LAG München Beschluss vom 26. August 1992 - 5 TaBV 43/92 - LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29 ) ist auch der Auflösungsantrag nach § 78 a BetrVG ein Gestaltungsrecht (BAG 7. Senat Beschluss vom 29. November 1989 - 7 ABR 67/88 - EzA § 78a BetrVG 1972 Nr. 20).

Daraus ergibt sich jedoch noch nicht automatisch, dass dieses Gestaltungsrecht nur gemeinsam von den am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen ausgeübt werden kann. Vielmehr muss danach differenziert werden, ob die beteiligten Unternehmen gemeinschaftlich in einer betriebsverfassungsrechtlichen Position betroffen sind oder nur ihre Stellung als Vertragsarbeitgeber berührt ist. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, im Gemeinschaftsbetrieb bestünde das Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung nach § 99 BetrVG ausschließlich gegenüber dem Vertragsarbeitgeber des betroffenen Arbeitnehmers. Die übrigen an dem Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen seien in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung nicht betroffen, da die Eingruppierung ausschließlich die vom Vertragsarbeitgeber geschuldete Leistung beträfe. Nur dieser könne und müsse ggf. seine in der Eingruppierung liegende Beurteilung korrigieren. Die anderen am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmer könnten dies mangels arbeitsvertraglicher Beziehungen zu dem Arbeitnehmer nicht. Daher sei im Gemeinschaftsbetrieb allein der Vertragsarbeitgeber Adressat des dem Betriebsrat bei der Eingruppierung zustehenden Mitbestimmungsrechts (BAG Beschluss vom 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - EzA § 99 BetrVG 2001 Nr. 3).

Auch bei einem Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG ist nur der Vertragsarbeitgeber betroffen. Dieses Verfahren, das die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses im Anschluss an den Abschluss der Ausbildung zum Gegenstand hat, dient dem Schutz der individual-rechtlichen Interessen des Jugend- und Auszubildendenvertreters gegenüber dem Arbeitgeber. In einem solchen Verfahren ist der Betriebsrat zu beteiligen, um das kollektive Interesse der Belegschaft an der Kontinuität der Amtsführung der Jugend- und Auszubildendenvertretung in das Verfahren einzubringen. Die Beteiligung des jeweiligen Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung dient jedoch ausschließlich dessen individual-rechtlichem Interesse an der Fortsetzung seiner Tätigkeit bei dem Arbeitgeber aufgrund eines Arbeitsverhältnisses, das infolge eines schriftlichen Weiterbeschäftigungsverlangens entstanden war (BAG Beschluss vom 5. April 2000 - 7 ABR 6/99 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 91). Die A GmbH kann die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses auch schon deshalb nicht beantragen, weil mit ihr keines zustande gekommen ist, sondern nur mit der Beteiligten zu 1) als Vertragsarbeitgeberin. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Beteiligten zu 1) ist für die A GmbH eine unmögliche Leistung, § 275 Abs. 1 BGB. Bilden die beteiligten Unternehmen zur einheitlichen Leitung des gemeinsamen Betriebes eine BGB-Gesellschaft, werden allein dadurch die Unternehmen nicht Arbeitgeber der aller in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer (BAG Urteil vom 5. März 1987 - 2 AZR 623/85 - EzA § 15 nF KSchG Nr. 38).

Der Arbeitgeberin war, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat und auf dessen Begründung ergänzend verwiesen wird, die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2) nicht zumutbar. Die Beschwerden führen zu keiner anderen Beurteilung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Ein Arbeitsverhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2) ist im Anschluss an dessen Berufsausbildungsverhältnis aufgrund des rechtzeitigen Weiterbeschäftigungsverlangens gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG zustande gekommen. Dieses ist jedoch aufzulösen, weil der Arbeitgeberin die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar im Sinne des § 78 a Abs. 4 BetrVG war. Zum maßgeblichen Zeitpunkt waren im Ausbildungsbetrieb keine freien Arbeitsplätze vorhanden, auf denen der Beteiligte zu 2) mit seiner durch die Ausbildung erworbenen Qualifikation beschäftigt werden konnte (BAG in st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 15. Nov. 2006 - 7 ABR 15/06 - Juris). Das gilt für den gesamten Betrieb G, der nach den Erörterungen im Anhörungstermin vom 26. April 2007 als Ausbildungsbetrieb angesehen werden muss. Eine gesonderte Organisationseinheit für die Ausbildung besteht nicht. Da der gemeinsame Betrieb der Beteiligten zu 1) und der A GmbH insgesamt der Ausbildungsbetrieb ist, kommt es hier nicht darauf an, ob die Weiterbeschäftigungspflicht im Rahmen des § 78 a Abs. 2 BetrVG nach den Wertungen des KSchG auf andere Betriebe des Unternehmens zu erstrecken ist (verneinend BAG Beschluss vom 15. Nov. 2006 - 7 ABR 15/06 - Juris).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Beschluss vom 12. November 1997 - 7 ABR 63/96 - EzA § 78a BetrVG 1972 Nr. 25), von der abzuweichen der Streitfall keine Veranlassung gibt, ist für die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung im Sinne des § 78 a Abs. 4 BetrVG auf den Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war kein Arbeitsplatz frei. Der Arbeitgeber muss zwar gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG ein mögliches Übernahmeverlangen und damit das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes berücksichtigen. Das gilt regelmäßig bei einer Besetzung, die innerhalb von drei Monaten vor dem vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses vorgenommen wird (BAG Beschluss vom 12. November 1997 - 7 ABR 63/96 - EzA § 78a BetrVG 1972 Nr. 25), sofern dem keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Auf die vorgelegten Ausschreibungen kann der Beteiligte zu 2) sich jedoch nicht mit Erfolg berufen. Für die Ausschreibung als Prüfstandselektroniker (ENG 166/2006), Elektroniker (ENG 164/2006) und Prüfstandsmechaniker / Mechatroniker, jeweils erstellt am 13. Nov. 2006, liefen die Ausschreibungsfristen bis zum 20. Nov. 2006 ab, für die Stelle als Betriebstechniker, erstellt am 29. Nov. 2006, lief die Frist am 21. Dez. 2006 ab. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bezüglich des Übernahmeverlangens unter Umständen elf Monate später freiwerdende Stellen zu berücksichtigen (BAG Beschluss vom 12. November 1997 - 7 ABR 73/96 - EzA § 78a BetrVG 1972 Nr. 26). Außerdem enthielten diese Ausschreibungen den Vermerk: "Einschränkungen: Nur zur Besetzung innerhalb der Mitarbeitergruppe". Es handelte sich mithin um interne Ausschreibungen und nicht um zusätzliche Stellen durch externe Einstellungen und auch insoweit nicht um freie Arbeitsplätze. Wenn sich zwar die Zuordnung der Stellen, nicht aber deren Anzahl ändert, und der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, diese Stellen mit den bisherigen Beschäftigten zu besetzen, gibt es keine freie Stelle (BAG Beschluss vom 28. Juni 2000 - 7 ABR 57/98 - Juris).

Eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beteiligten zu 1) lässt sich auch nicht aus den im ersten Quartal 2006 in der Abteilung 5.687 abgeleisteten Überstunden herleiten. Das Vorhandensein eines Arbeitsplatzes bestimmt sich nicht allein danach, ob Arbeitsaufgaben vorhanden sind. Entscheidet sich der Arbeitgeber, keine Arbeiten durch zusätzliche Arbeitnehmer verrichten zu lassen und hat er mithin keinen Einstellungsbedarf, so ist ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden (BAG Beschluss vom 28. Juni 2000 - 7 ABR 57/98 - Juris; BAG Beschluss vom 6. Nov. 1996 - 7 ABR 54/95 - EzA § 78 a BetrVG 1972 Nr. 24). Das gilt auch hinsichtlich der Entscheidung, ob durch den Abbau von Überstunden zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten geschaffen werden könnten (BAG a.a.O.). Für einen Missbrauchsfall besteht angesichts der durchgeführten umfangreichen Personalreduzierung kein Anhaltspunkt. Abgesehen von Einzelfällen innerbetrieblich nicht abdeckbaren Einstellungsbedarfs werden im gesamten Betrieb und nicht nur in der Abteilung des Beteiligten zu 2) keine Einstellungen vorgenommen.

Freie Arbeitsplätze in der Abteilung des Beteiligten zu 2) ergeben sich schließlich nicht daraus, dass die Arbeitgeberin während der Jahre 2006 und 2007 durchgängig mindestens zwei Leiharbeitnehmer auf Arbeitsplätzen einsetzt, die auch für den Beteiligten zu 2) in Frage kommen. Es wird zwar teilweise angenommen (etwa LAG Nürnberg Beschluss vom 21. Dez. 2006 - 5 TaBV 61/05 - DB 2007, 980; [BAG 7 ABR 13/07]), dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht unzumutbar sei, wenn ein dauerhafter Bedarf an seiner Beschäftigung bestünde. Maßgeblich sei der Beschäftigungsbedarf, nicht das Rechtsverhältnis von auf diesen Arbeitsplätzen eingesetzten Beschäftigten zum Arbeitgeber. Die vom Arbeitgeber getroffene Entscheidung, kein eigenes Personal einzustellen, sondern Leiharbeitnehmer zu beschäftigen, stünde dem Beschäftigungsbedarf deshalb nicht entgegen. Wie der Beschäftigungsbedarf umgesetzt wird, unterliegt jedoch bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs der Entscheidung des Arbeitgebers. Es ist Teil der Unternehmensfreiheit, ob der Beschäftigungsbedarf mit eigenem oder Fremdpersonal abgedeckt wird (ebenso LAG Hamm Beschluss vom 3. Nov. 2006 - 10 TaBV 42/06 - Juris). Dies darf zwar nicht dazu führen, die Beschäftigungspflicht des § 78 a BetrVG zu umgehen, etwa wenn nur in Einzelfällen Leiharbeitnehmer gerade auf den Arbeitsplätzen eingesetzt werden, die für das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung in Frage kommen. Dafür bestehen hier jedoch angesichts des flächendeckenden Personalabbaus und der grundsätzlichen Entscheidung, keine Neueinstellungen vorzunehmen, sondern den Personalbedarf durch internen Personalüberhang abzudecken, keine Anhaltspunkte.

Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist für die Beteiligten zu 2) und 3) nach §§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gesetzlich veranlasst, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen der Antragsbefugnis nach § 78 a Abs. 4 BetrVG im Gemeinschaftsunternehmen und der Frage der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bei gleichzeitigem Einsatz von Leiharbeitnehmern höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.



Ende der Entscheidung

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