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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 23.07.2009
Aktenzeichen: (2) 1 Ss 541/08 (11/09)
Rechtsgebiete: StGB, GlüStVtr BE


Vorschriften:

StGB § 284
GlüStVtr BE § 3
GlüStVtr BE § 21
GlüStVtr BE § 25 Abs. 1 S. 1
Zur Strafbarkeit des privaten Anbietens von Sportwetten: Jedenfalls während der Übergangszeit im Jahr 2008 (§ 25 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) hat für den GlüStV noch ein normativ begründetes Vollzugsdefizit bestanden, das einer strafrechtlichen Ahndung entgegensteht.
KAMMERGERICHT

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: (2) 1 Ss 541/08 (11/09)

In der Strafsache gegen

wegen unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels

hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin in der Sitzung vom 23. Juli 2009, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Kammergericht Weißbrodt als Vorsitzender,

Richter am Kammergericht Sandherr, Richter am Amtsgericht Hubrich als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt Köper als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Berlin,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. August 2008 wird verworfen.

Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten aus rechtlichen Gründen von dem Vorwurf des gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltens von Glücksspielen in zwei Fällen freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Angeklagte seit dem 7. November 2007 in den Räumlichkeiten der R'straße in Berlin und seit dem 11. Dezember 2007 in jenen der W'straße in Berlin als Gewerbetreibender Sportwetten an die in Österreich ansässige H. Sportwetten GmbH vermittelt. Das Amtsgericht hat weiter festgestellt: "Dies geschah jeweils durch Auslegen von Tippzetteln und Wettansetzungen, Wettlisten und Ergebnislisten in den beiden Räumlichkeiten, was den äußeren Rahmen für die Abhaltung der Sportwetten schaffte und auf diese Weise den Abschluss der Sportwetten ermöglichte. Durch die ausliegenden Wettprogramme und Spielansetzungen erhielten die Kunden die Möglichkeit, sich über die angebotenen Wetten zu informieren und konnten einen Tippzettel ausfüllen und zur Weiterleitung an die H. Sportwetten GmbH abgeben. Der Angeklagte, welcher wusste, dass er nicht die behördlichen Erlaubnisse für die Vermittlung von Sportwetten besaß, handelte in der Absicht, sich aus der Vermittlungstätigkeit eine nicht nur vorübergehende und nicht unerhebliche Einnahmequelle zu erschließen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren".

Gegen das freisprechende Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Revision. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das gemäß §§ 341 Abs. 1, 344, 345 StPO zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Der Angeklagte hat sich durch das festgestellte Verhalten nicht nach § 284 Abs. 1, 3 StGB strafbar gemacht. Ob er, was die Feststellungen des Amtsgerichts offen lassen, noch im Jahr 2008 seine Wettvermittlungsangebote aufrechterhalten hat, kann dahinstehen. Denn sowohl die im Jahr 2007 (vgl. unten 1.) als auch die gegebenenfalls im Jahr 2008 begangenen Teilakte der angeklagten Dauerdelikte (vgl. unten 2.) waren bzw. wären straffrei.

1. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276 = NJW 2006, 1261 - nachfolgend: "Sportwettenurteil") fehlt es für die im Jahr 2007 durch den Angeklagten verwirklichten Teilakte der angeklagten Dauerstraftaten an einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das staatliche Wettmonopol und damit auch für eine strafrechtliche Sanktion. Solange das bestehende Wettmonopol in seiner konkreten rechtlichen sowie in der Praxis realisierten Ausgestaltung nicht primär der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten diente, stellte ein strafbewehrter Ausschluss gewerblicher Wettangebote einen unverhältnismäßigen und unzumutbaren Eingriff in die Berufsfreiheit dar (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 29. Juli 2008 - 2 Ss 35/08 - bei juris; OLG München, Urteil vom 17. Juni 2008 - 5 St RR 28/08 - bei juris; im Ergebnis auch: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30. September 2008 - 1 Ws 152/07 - bei juris; HansOLG Hamburg ZfWG 2007, 295; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. Juli 2008 - 1 Ss 24/08 -).

a) Allerdings handelt es sich bei den durch den Angeklagten vermittelten Sportwetten um Glücksspiele und nicht lediglich um straflose Geschicklichkeitsspiele. Dabei kann offen bleiben, ob die Gewinnquoten zuvor festgelegt waren. Denn selbst wenn die an die Gewinner auszuzahlenden Quoten zuvor festgelegt sind, hängt die Entscheidung über den Gewinn insofern vom Zufall ab, als dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Nach dieser gleich lautenden Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 S. 2 des bis zum 31. Dezember 2007 in Berlin unmittelbar als Gesetz (GVBl. 2004, 141) geltenden Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland (LottStV) und in § 3 Abs. 1 S. 2 des aufgrund des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel vom 15. Dezember 2007 (GVBl. S. 604) seit dem 1. Januar 2008 ebenfalls als Gesetz geltenden Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) handelt es sich bei den durch den Angeklagten angebotenen Sportwetten um Glücksspiele. Der gegenüber dem LottStV ergänzte § 3 Abs. 1 S. 3 GlüStV und insbesondere die Legaldefinition der Sportwette in § 21 Abs. 1 GlüStV stellen dies nunmehr zusätzlich klar (vgl. zum Glücksspielbegriff auch BGH NStZ 2003, 372).

b) Auch liegt schon nahe, dass der Angeklagte durch seinen Geschäftsbetrieb nach § 284 Abs. 1 1. Var. StGB Glücksspiele dadurch veranstaltet hat, dass er verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels geschaffen und dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht hat (vgl. BGH NJW 2007, 3078; BGH NStZ 2003, 372; BayObLG NJW 1993, 2820). Hierzu reicht bereits das Aufstellen und Zugänglichmachen eines Spielplans als Vertragsangebot (vgl. OLG München NJW 2006, 3589). Aber selbst wenn lediglich die in Österreich konzessionierte Happybet Sportwetten GmbH als Veranstalter der durch den Angeklagten angebotenen Sportwetten anzusehen wäre, so hätte dieser jedenfalls Einrichtungen zur Veranstaltung eines Glücksspiels bereitgestellt (vgl. für das auch vorliegend durch das Amtsgericht festgestellte Weiterleiten von Wettdaten: BGH NStZ 2003, 372) und mithin auch insoweit objektiv tatbestandlich gehandelt (§ 284 Abs. 1 3. Var. StGB).

c) Ob der Angeklagte im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB auch "ohne behördliche Erlaubnis" gehandelt hat, ob also - wie von der ganz herrschenden Meinung (vgl. nur BVerwG NVwZ 2006, 1175; OVG Berlin-Brandenburg ZfWG 2006, 318) vertreten wird - eine innerstaatliche Erlaubnis am Sitz des Veranstalters oder Vermittlers - hier Berlin - erforderlich oder die Erlaubnis eines EU-Mitgliedstaates - hier Österreich - als ausreichend anzusehen ist, kann dahinstehen. Auch bei vollständiger Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestands verstieße die strafrechtliche Sanktionierung der abgeurteilten Tat jedenfalls gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht. Denn der bis zum 31. Dezember 2007 geltende, verfassungswidrige LottStV konnte nicht als gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Berufsfreiheit dienen. Ohne eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage kommt aber eine strafrechtliche Sanktion nach § 284 Abs. 1 StGB nicht in Betracht. Es würde ein bloßer Verwaltungsungehorsam bestraft. Dies wäre als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtsstaatswidrig (vgl. OLG München NJW 2008, 3151; vgl. HansOLG Hamburg aaO). Der Staat verhielte sich zudem willkürlich, wenn er einerseits die Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten unter Berufung auf ein mit der Verfassung unvereinbares Gesetz (LottStV) versagt und andererseits denjenigen bestraft, der ohne diese behördliche Erlaubnis einen grundrechtlich geschützten Beruf ausübt (vgl. OLG Bamberg aaO; HansOLG Hamburg aaO).

aa) Der bis zum 31. Dezember 2007 geltende LottStV war verfassungswidrig. Mit dem zum staatlichen Wettmonopol in Bayern ergangenen Sportwettenurteil vom 28. März 2006 hat das Bundesverfassungsgericht (aaO) das bayerische Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass ein staatliches Wettmonopol einen Eingriff in das durch Art. 12 Abs.1 GG geschützte Grundrecht der Berufsfreiheit darstelle. Beim Veranstalten und Vermitteln handele es sich nicht um Tätigkeiten, die von vornherein nur der öffentlichen Hand zugänglich und ihr vorbehalten seien. Ein staatliches Wettmonopol und damit ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG könnten allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn sie legitimen Gemeinwohlzwecken, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft dienten. Fiskalische Erwägungen stellten hingegen einen solchen Gemeinwohlzweck nicht dar. Für ein mit dem Verfassungsrecht zu vereinbarendes Wettmonopol seien eine gesetzliche Grundlage und eine tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols erforderlich, die hinreichend gewährleisteten, dass legitime Gemeinwohlzwecke erreicht würden. Diese Voraussetzungen erfülle das staatliche Wettmonopol in der Ausgestaltung des bayerischen Staatslotteriegesetzes nicht. Das im Rahmen des staatlichen Wettmonopols eröffnete Sportwettenangebot sei nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet. Das Staatslotteriegesetz enthalte keine entsprechenden materiellrechtlichen Regelungen und strukturellen Sicherungen, die dies hinreichend gewährleisteten. Diese Mängel in der konkreten Ausgestaltung von Sportwetten beträfen damit nicht nur den Vollzug des einfachen Rechts, sondern führten zu einem gesetzlichen Regelungsdefizit. Den an entsprechender beruflicher Tätigkeit interessierten Bürgern sei der Ausschluss gewerblicher Wettangebote durch private Wettunternehmen und damit eine Beschränkung des Grundrechts aus Art. 12 GG aber verfassungsrechtlich nur dann zumutbar, wenn das bestehende Wettmonopol auch in seiner konkreten Ausgestaltung der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten diene. Wolle der Gesetzgeber an einem staatlichen Wettmonopol festhalten, müsse er sich für die verfassungsgemäße Ausgestaltung konsequent an diesem Ziel durch materiellrechtliche und organisatorische Maßnahmen orientieren, indem etwa inhaltliche Kriterien für Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung entwickelt werden, wobei sich die Werbung für das Wettangebot zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken habe. Die Einzelausgestaltung müsse am Ziel der Suchtbekämpfung und damit verbunden am Spielerschutz ausgerichtet sein, etwa durch Vorkehrungen wie der Möglichkeit der Selbstsperre. Für eine verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung des Angebots von Sportwetten seien daher Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren, die über das bloße Bereithalten von Informationsmaterial hinausgehen, geboten (BVerfG aaO).

bb) Das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts ist nicht auf die Rechtslage im Bundesland Bayern beschränkt. Zwar betrifft es unmittelbar das bayerische Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999. Aufgrund der Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG (vgl. Benda/Klein Verfassungsprozessrecht 2. Aufl., Rdn. 1318; Lechner/Zuck BVerfGG 5. Aufl., § 31 Rdn. 30) gelten die tragenden Gründe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber auch für alle weiteren Bundesländer, in denen nach den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen ebenfalls der Staat das Monopol für die Veranstaltung von Sportwetten innehat, ohne dass die gesetzlichen Regelungen eine effektive Bekämpfung der Wettsucht gewährleisten (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO; HansOLG Hamburg aaO; OLG Karlsruhe aaO). Dies betrifft mithin auch das Bundesland Berlin während der Geltung des durch § 29 Abs. 2 GlüStV zum 1. Januar 2008 aufgehobenen LottStVs. Denn auch die Berliner Rechtslage stellte sich im Wesentlichen wie die Rechtslage in Bayern dar (ständige Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Oktober 2006 - 1 S 90.06 ; VG Berlin, Beschluss vom 5. Mai 2006 - 35 A 108.08 -, jeweils bei juris).

cc) Die Verfassungswidrigkeit des bis zum 31. Dezember 2007 geltenden LottStV steht einer Bestrafung des Angeklagten in Bezug auf die bis dahin begangenen Taten entgegen. Durch seine Verwaltungsakzessorietät verlangt § 284 StGB für eine Strafbewehrung eine tragfähige gesetzliche Grundlage. Hieran fehlt es. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht nach § 35 BVerfGG bestimmt hat, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltenden Regelungen des bayerischen Staatslotteriegesetzes dürften übergangsweise, längstens aber bis zum 31. Dezember 2007, angewandt werden, sofern damit begonnen werde, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen. Zwar hat es das Bundesverfassungsgericht mit dieser Fortgeltensanordnung ausdrücklich für zulässig erklärt, das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von privat veranstalteten Wetten weiterhin als verboten anzusehen und damit ordnungsrechtlich zu unterbinden. Hingegen hat es die weitergehende Frage offen gelassen - und ihre Prüfung und Beantwortung ausdrücklich den Strafgerichten übertragen, - ob diese ordnungsrechtlich verbotenen Wettveranstaltungen während der Übergangszeit auch als strafbar nach § 284 Abs. 1 StGB anzusehen sind. Auch in weiteren Entscheidungen hat es die Frage unbeantwortet gelassen (Nichtannahmebeschlüsse vom 19. Oktober 2006 - 2 BvR 2023/06 - und vom 4. Juli 2006 - 1 BvR 138/05 - jeweils bei juris). Die Frage ist im Ergebnis zu verneinen.

aaa) Eine strafrechtliche Verurteilung kann nicht auf die durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochene befristete und ausdrücklich auf das Ordnungsrecht beschränkte Fortgeltungsanordnung gestützt werden. Die Rechtfertigung für die auf der Grundlage von § 35 BVerfGG ausgesprochene Fortgeltungsanordnung liegt nämlich ausschließlich in dem legitimen gesellschaftspolitischen Ziel, den Übergang von der verfassungswidrigen zur verfassungsgemäßen Gesetzeslage zu sichern (vgl. Bethge in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge BVerfGG § 35 Rdn. 45) und - worauf das Amtsgericht zutreffend hinweist - ein rechtliches Vakuum zu vermeiden. Daher war es sachgerecht, während der Übergangszeit die Veranstaltung und Vermittlung von privaten Sportwetten ordnungsrechtlich und wettbewerbsrechtlich zu untersagen. Für dieses Erfordernis der Fortgeltung gibt es hingegen keine Entsprechung in dem grundrechtsintensiven Bereich des Strafrechts. Ein unabweisbares Bedürfnis für eine Strafbewehrung war nicht gegeben. Vielmehr bleibt für das Strafrecht maßgeblich, dass im Jahr 2007 der LottStV, das staatliche Sportwettmonopol und der damit verbundene Ausschluss privater Wettunternehmen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten gegen das Grundgesetz verstießen. Keineswegs hatte die Fortgeltungsanordnung zur Folge, dass das beanstandete Gesetz für die Übergangszeit als verfassungsgemäß anzusehen gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion jedenfalls bis zu einer grundrechtskonformen Neuregelung wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungsrechtlich ausgeschlossen war (so auch HansOLG Hamburg aaO).

Dass der Bundesgerichtshof (BGHSt 47, 138) im Zusammenhang mit dem durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 93, 121) für verfassungswidrig erklärten und mit einer umfassenden Weitergeltungsanordnung versehenen Vermögenssteuergesetz vom 17. April 1974 strafbare Verstöße weiter für möglich hielt, steht dem nicht entgegen. Zum einen hatte das Bundesverfassungsgericht in der zugrunde liegenden Entscheidung eine umfassende und nicht auf das Ordnungsrecht beschränkte Fortgeltung angeordnet, die ersichtlich auch das Strafrecht umfassen sollte. Zum anderen bestand für die Fortgeltung der Strafbarkeit auch ein unabweisbares Bedürfnis im Hinblick auf das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend abgeschlossenen Veranlagung (vgl. BVerfGE 93, 121, 148; BGHSt 47, 138 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. Juli 2008 - 1 Ss 24/08).

bbb) Das OLG Frankfurt am Main (aaO) hat für den hier maßgeblichen Zeitraum der Fortgeltung des LottStVs zutreffend darauf hingewiesen, dass die Strafbarkeit eines privaten Wettveranstalters von der dem Normunterworfenen im Ergebnis unzumutbaren Beantwortung der Frage abhinge, ob die staatliche Lotterieverwaltung das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Wettmonopols andererseits herzustellen im Begriff war. Das Bundesverfassungsgericht verlangte bereits für den Übergangszeitraum - bis 31. Dezember 2007 -, dass damit begonnen werde, das Sportwettenmonopol "konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten" und "umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären". Abgesehen davon, dass die Umsetzung dieser Vorgaben im Rahmen eines Strafverfahrens mit den dafür zur Verfügung stehenden strafprozessualen Beweismitteln unter Umständen nicht hinreichend zu klären ist (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO), würde dem Normunterworfenen die Klärung der Rechtsbegriffe ebenso unzumutbar überbürdet wie die Aufklärung seiner tatsächlichen Umsetzung durch den staatlichen Wettanbieter und dessen Berliner Aufsichtsbehörden. Denn nur hierdurch könnte er sich die erforderliche Gewissheit verschaffen, ob sein Verhalten strafrechtlich relevant ist oder nicht (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO; OLG Karlsruhe aaO; OLG München NJW 2008, 3151). Das Bundesverfassungsgericht hat keinen konkreten Maßnahmenkatalog aufgeführt, dem zu entnehmen wäre, unter welchen genauen Voraussetzungen das geforderte Mindestmaß an Konsistenz als hergestellt anzusehen ist. Der Begriff des "Mindestmaßes an Konsistenz" hat auch nicht etwa durch die Rechtspraxis oder die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in der Vergangenheit bereits eine hinreichende Konturierung erfahren. Dies gilt umso mehr, als die hierzu ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (vgl. für Berlin: OVG Berlin-Brandenburg ZfWG 2006, 318 und Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 1 S 99.08 - bei juris) nur die vom Bundesverfassungsgericht mit dem Sportwettenurteil ausdrücklich zugelassene ordnungsrechtliche Unterbindung der Vermittlung von Sportwetten betrifft, nicht aber die Frage der Strafbarkeit nach § 284 StGB. Während der Übergangszeit konnte damit schon nicht von einer hinreichenden Klarheit der Auslegung des Begriffs "Mindestmaß an Konsistenz" und dessen Anwendung auf die tatsächlichen Verhältnisse ausgegangen werden, dass dies eine zumutbare Bestimmbarkeit und damit eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten bewirken konnte (vgl. unten dd)). Neben dieser normativen Unklarheit wäre der private Wettanbieter in der Übergangszeit vor allem auch damit belastet worden, tatsächlich aufzuklären, welche Konsistenz herstellenden Maßnahmen durch die Verwaltung verfügt und effektiv vollzogen worden sind. Schon wegen der großen Anzahl der staatlichen Wettannahmestellen sind solche Feststellungen dem einzelnen Rechtsunterworfenen wenn nicht objektiv unmöglich so doch jedenfalls subjektiv unzumutbar (vgl. OLG München aaO). Aufzuklären wäre zum Beispiel, ob der staatliche Wettanbieter Oddset, wie durch das Bundesverfassungsgericht im Sportwettenurteil gefordert und nunmehr in § 5 GlüStV kodifiziert, eine auf Information und Aufklärung beschränkte oder eine offensive und auf Umsatzsteigerung ausgerichtete Werbung mit Aufforderungscharakter betreibt. Noch schwieriger gestaltete sich die Klärung der Frage, ob der staatliche Wettanbieter ein effektives Sozialkonzept entwickelt und umsetzt (§ 6 GlüStV). Eine zusätzliche Erschwernis ergäbe sich für den Normunterworfenen dadurch, dass er nicht nur das Verhalten des öffentlichen Wettanbieters aufzuklären und zu bewerten hätte, sondern auch die Maßnahmen der - ebenfalls staatlichen - Glücksspielaufsicht. Ob letztere ordnungsbehördlich effektiv einschreitet, wenn erstere ihre Produkte in einer nicht dem GlüStV entsprechenden Weise bewirbt, wäre für die Strafbarkeit ebenso bedeutungsvoll wie die Frage, ob die Länder die Suchtforschung ausreichend sicherstellen (§ 12 GlüStV). Diese unzumutbaren Verhaltensanforderungen mögen für die ordnungsrechtliche Durchsetzung einer Verwaltungsrechtslage grundrechtlich hinnehmbar sein. Einer strafrechtlichen Verurteilung stehen sie entgegen. Derart hohe Ansprüche sind vielmehr durch den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Form des Übermaßverbots ausgeschlossen (vgl. i. E. OLG München aaO).

dd) Die vorgenannten Ausführungen zeigen auch, dass während der Fortgeltung des LottStVs einer Strafbarkeit der Gesetzlichkeitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG entgegensteht. Die zur Strafbarkeit eines Verhaltens führenden Tatbestandselemente müssen danach bereits vor der Tatbegehung gesetzlich bestimmt sein. Der Gesetzgeber darf die Voraussetzungen der Strafbarkeit dabei nicht den Organen der vollziehenden Gewalt überlassen (vgl. BVerfGE 47, 109). Zwar kann die Exekutive auf die Strafbarkeit Einfluss nehmen, etwa durch den Erlass von Verwaltungsakten. Diese bedürfen ihrerseits einer rechtlichen Grundlage und sind daher im Grundsatz rechtlich voraussehbar. Hiervon ist aber nicht auszugehen, wenn die Anwendung des verwaltungsakzessorischen Straftatbestands allein vom tatsächlichen Verhalten Dritter abhängt (OLG Karlsruhe aaO), zum Beispiel ob und gegebenenfalls wie der staatliche Wettanbieter Werbung für von ihm angebotene Sportwetten betreibt.

ee) Für die durch den Angeklagten im Jahr 2007 begangenen Teilakte der angeklagten Dauerstraftaten steht einer Verurteilung auf der Grundlage des LottStVs auch Gemeinschaftsrecht entgegen, namentlich die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit und den Dienstleistungsverkehr (Art. 43, 49 EGV). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (NJW 2004, 139 - "Gambelli"; NJW 2007, 1515 - "Placanica") können Beschränkungen der Grundfreiheiten auf dem Gebiet der Wetttätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein; jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Die Beschränkung der Grundfreiheiten des EG-Vertrags durch ein staatliches Wettmonopol ist daher nur zulässig, wenn dieses tatsächlich dem Ziel dient, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern, und die Verfolgung fiskalischer Interessen nur als Nebenaspekt, nicht aber als vorrangiger oder gar eigentlicher Grund der strafbewehrten Monopolisierung erscheint (vgl. EuGH NJW 2004, 139). Wie das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt, war der LottStV nicht geeignet, die Bekämpfung der Wettsucht und die Begrenzung der Wettleidenschaft in ausgewogener und daher grundrechts- und gemeinschaftsrechtskonformer Weise zu gewährleisten. Da sie weder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt noch tatsächlich geeignet war, die Verwirklichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlziele zu gewährleisten, verstieß die durch den LottStV erfolgte Beschränkung der Dienst-leistungs- und Niederlassungsfreiheit gegen Art. 43, 49 EGV (ebenso OLG Karlsruhe, OLG München, HansOLG Hamburg jeweils aaO).

2. Das Amtsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Angeklagte auch noch im Jahr 2008 und mithin zeitlich unter dem Regime des neuen, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen GlüStVs Einrichtungen zur Veranstaltung eines Glücksspiels bereitgestellt hat. Etwaige weitere Tathandlungen wären durch die Anklage erfasst und durch das Amtsgericht abgeurteilt (vgl. unten a). Die Feststellungen waren im Ergebnis entbehrlich. Denn auch für den Fall, dass der Angeklagte das Wettbüro auch im Jahr 2008 betrieben hat, kommt eine Bestrafung nicht in Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob der jetzt geltende GlüStV, dem das Land Berlin durch Artikel I des Landesgesetzes über das öffentliche Glücksspiel vom 15. Dezember 2007 zugestimmt hat, und das Berliner Ausführungsgesetz (AGGlüStV) das staatliche Monopol rechtlich und faktisch an dem im Gemeinwohlinteresse liegenden Ziel der Suchtbekämpfung und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausrichten und daher mit dem Grundgesetz und mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich vereinbar sind. Denn der GlüStV und das AGGlüStV wiesen jedenfalls bis zum Auslaufen der in ihnen angelegten Übergangsfristen und damit während des hier alleine noch in Rede stehenden Tatzeitraums Vollzugsdefizite auf. Diese waren normativ angelegt (vgl. unten b, c). Damit fehlte es auch für durch den Angeklagten im Jahr 2008 gegebenenfalls noch begangene Teilakte an der verfassungsrechtlichen Grundlage für eine strafrechtliche Sanktion.

a) Sollte der Angeklagte auch nach dem 1. Januar 2008 in der durch das Amtsgericht festgestellten Weise fortgewirkt haben, so wäre auch dies als ein mit dem das Jahr 2007 betreffenden Tatgeschehen verbundener einheitlicher geschichtlicher Vorgang von der Anklage und dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten umfasst. Denn bei § 284 Abs. 1 StGB handelt es sich jedenfalls im Falle der hier sicher verwirklichten Tatbestandsalternative der Bereitstellung von Einrichtungen zum unerlaubten Glücksspiel um eine rechtliche Handlungseinheit im Sinne eines Dauerdelikts (vgl. BGH NStZ 1992, 595 [Einrichtung eines Gewerbebetriebs ohne Erlaubnis]). Ein Dauerdelikt liegt vor, wenn der Täter einen von ihm begründeten Zustand ununterbrochen aufrecht erhält oder durch tatbestandserhebliche Handlungen weiter verwirklicht (vgl. Fischer StGB 56. Aufl., Vor § 52 Rdn. 58). So liegt der Fall auch hier. Die Feststellungen des Amtsgerichts lassen erkennen, dass der Angeklagte die zur Durchführung des Spielbetriebes erforderliche Ausstattung nicht nur einmalig, sondern mit einer gewissen Dauer bereitgestellt hat. Die Eröffnung und dauerhafte Aufrechterhaltung des Glücksspielangebots wird hierdurch sachlichrechtlich zu einer Tat und zugleich zu einer Tat im prozessualen Sinne (§ 264 Abs. 1 StPO). Dass weder die Anklage der Staatsanwaltschaft noch das angefochtene Urteil mitteilen, bis wann der Angeklagte die Vermittlungstätigkeit ausgeübt hat, ist prozessual ohne Belang. Denn bei einer Dauerstraftat sind Gegenstand der gerichtlichen Aufklärung alle bis zur letzten den Schuldspruch betreffenden Tatsachenverhandlung begangenen Einzelhandlungen. Dies gilt selbst dann, wenn nur eine von ihnen Gegenstand der Anklage war (vgl. BGHSt 9, 324; 27, 115; BGH NStZ 1985, 325 [jeweils zur fortgesetzten Handlung]; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl., § 264 Rdn. 9).

b) Vollzugsdefizite eines Gesetzes festzustellen, ist in aller Regel als Tatfrage dem erkennenden Gericht vorbehalten. Ob beispielsweise die Werbeverbote des GlüStVs vollständig durchgesetzt werden, wäre ausschließlich durch das Tatgericht festzustellen. Etwas anderes gilt, wenn es sich um ein normativ angelegtes, strukturelles Defizit handelt. Hat das Vollzugsdefizit seinen Ursprung in der gesetzlichen Regelung, so ist seine Feststellung Rechtsfrage und mithin - auf die allgemein erhobene Sachrüge - Aufgabe des Revisionsgerichts. So liegt es hier.

c) § 25 Abs. 1 GlüStV sieht eine Übergangsfrist für die administrative Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags vor, so dass sich sein Regelungsgehalt erst nach Ablauf dieser Übergangsfrist zum 31. Dezember 2008 voll entfalten konnte. Nach § 25 Abs. 1 S. 1 GlüStV durften die bisher erlaubt tätigen Glücksspielanbieter ihre Tätigkeit bis zum 31. Dezember 2008 fortsetzen, ohne zuvor ein an den Anforderungen des GlüStV ausgerichtetes Erlaubniserteilungsverfahren nach §§ 4, 12 ff. GlüStV, 7 AGGlüStV durchlaufen zu haben. Für diese Anbieter war das durch den Vertrag angestrebte Ziel der nachhaltigen Bekämpfung der Spielsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft erkennbar nicht gewährleistet. Die Übergangsregelung betraf zwar nur die Veranstalter nach § 10 Abs. 2 GlüStV und mithin jene Anbieter, an denen die Länder zumindest maßgeblich beteiligt waren und nicht zum Beispiel gewerbliche Spielevermittler (§ 19 GlüStV). Dass private Veranstalter, die eine Alterlaubnis nach §§ 6 ff. LottStV erhalten hatten, von dieser Begünstigung ausgenommen wurden, mag dem ordnungsrechtlichen Präventionsmodell entsprechen und der Erreichung der in § 1 GlüStV genannten Allgemeinwohlziele - Verhinderung der Glücksspiel- und Wettsucht, Schaffung einer wirksamen Suchtbekämpfung, Jugendschutz, Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften, Abwehr von Begleitkriminalität usw. - dienen. Abgesehen davon, dass die Regelung erneut den Verdacht der Verfolgung fiskalischer Interessen nähren könnte, bleibt doch maßgeblich, dass während der Übergangszeit Veranstalter tätig werden durften, deren Erlaubnis sich ausschließlich nach den Anforderungen des eben nicht konsequent an den oben genannten Gemeinwohlzielen ausgerichteten und daher grundrechtswidrigen LottStVs richtete. So haben die nach dem neuen GlüStV zu erteilenden Erlaubnisse für Sportwetten nach § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Nr. 8 AGGlüStV Art und Zuschnitt der Sportwetten unter Berücksichtigung der durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Zielsetzungen zu regeln. Die Bestimmung der Art und des Zuschnitts einer Sportwette der Verwaltung zu überlassen, verstößt nach Auffassung einiger Verwaltungsgerichte gegen den Parlamentsvorbehalt (VG Berlin, Urteil vom 22. September 2008, 35 A 576.07 bei juris; VG Freiburg, Urteil vom 9. Juli 2008, 1 K 2130.06 bei juris). Jedenfalls aber steht für den hier noch in Rede stehenden Tatzeitraum im Jahr 2008 fest, dass die Inhaber von Alterlaubnissen den gemeinwohlorientierten Maßgaben einer Erlaubniserteilung nach dem GlüStV nicht unterworfen waren. Bis zum 31. Dezember 2008 konnte es daher an wirksamen Einsatzlimits, an Bestimmungen zum Jugendschutz und zur Gestaltung von Werbung der einzelnen Annahmestellen sowie an den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechenden Detailregelungen zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Wettangebote fehlen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 1 S 99.08 - bei juris). Nach § 25 Abs. 2 GlüStV wurde die Übergangsfrist des Absatz 1 zudem auf alle - also auch gewerbliche (vgl. Postel in: Dietlein/Hecker/Ruttig Glücksspielrecht § 25 Rdn. 16) - Spielvermittler erweitert. Schließlich ermöglichte es § 25 Abs. 6 GlüStV den Ländern, bis zum 31. Dezember 2008 entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV die Veranstaltung und Bewerbung von Lotterien im Internet zu erlauben. Von dieser Übergangserlaubnis waren durch § 25 Abs. 6 Nrn. 1 - 5 GlüStV nur besonders gefährdende Fälle ausgenommen. Indem die vertragsschließenden Länder die Erlaubnisfortgeltung und die Zulässigkeit von Internetlotterien bis 31. Dezember 2008 vereinbarten, gingen sie offenkundig selbst davon aus, dass die durch das Bundesverfassungsgericht angemahnte vollständige Konsistenz frühestens mit Erreichen dieses Stichtags zu erzielen sei. Jedenfalls während der Übergangszeit im Jahr 2008 hat daher für den GlüStV noch ein normativ begründetes Vollzugsdefizit bestanden, das entsprechend dem zur Fortgeltung des LottStVs Ausgeführten (vgl. oben 1.) einer strafrechtlichen Ahndung entgegensteht.

Während sich mithin die durch den Angeklagten im Jahr 2007 und unter der Geltung des LottStVs begangenen Teilakte der abgeurteilten Dauerstraftaten als Verstoß gegen eine verfassungswidrige und nur ordnungsrechtlich übergangsweise hinzunehmende Freiheitsbeschränkung darstellen, unterfallen die gegebenenfalls im Jahr 2008 begangenen Teilakte dem GlüStV, dessen Vollzug jedenfalls bis zum Auslaufen der in ihm angelegten Übergangsfristen nicht den durch das Bundesverfassungsgericht an eine Berufszugangsbeschränkung formulierten Anforderungen entsprach. Für beide Zeiträume ist daher eine Bestrafung des Angeklagten aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO.



Ende der Entscheidung

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