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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.05.2008
Aktenzeichen: (2/5) 1 Ss 375/06 (58/06)
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 333
1. Generell erlaubt sind jene Beziehungsverhältnisse, die Regeln befolgen, die zumindest auch der Vermeidung des Anscheins der Käuflichkeit dienen, also der Verhinderung der Beeinträchtigung des Vertrauens in die Objektivität der staatlichen Verwaltung. Verboten sind solche Zuwendungen die eine Befolgung von Regeln vermeiden oder umgehen, intransparent sind oder die im Rahmen von Austauschbeziehungen ausschließlich den privaten Nutzen des Empfängers oder dritter Personen, die diesem zuzuordnen sind, mehren, so dass die "Unlauterkeit" bejaht werden kann.

2. Zur Abgrenzung strafbarer von straflosen Verhaltensweisen ist eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich, die insbesondere den Gesamtzusammenhang, in dem die Zuwendung erfolgt ist bzw. erfolgen sollte, zu erfassen hat. Sofern dabei nach einer Gesamtschau die Möglichkeit nahe liegt, dass die Zuwendung einen sachlich gerechtfertigten und sozial akzeptierten anderen Beweggrund als den der illegitimen Beeinflussung der Dienstausübung hat (hier: Vertragsänderung nach § 313 BGB), ist eine Unrechtsvereinbarung (oder beim Anbieten ein auf eine solche Unrechtsvereinbarung abzielende Willensäußerung) als strafbarkeitsbegründender Tatbestandskern der Vorteilsgewährung nicht nachzuweisen.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: (2/5) 1 Ss 375/06 (58/06)

In der Strafsache

wegen Vorteilsgewährung

hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin in der Sitzung vom 28. Mai 2008, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Kammergericht Weißbrodt als Vorsitzender,

Richterin am Kammergericht Hees, Richter am Landgericht Dr. Kessel als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Berlin,

Rechtsanwältin als Verteidigerin,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2006 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Die Landeskasse Berlin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Vorteilsgewährung für schuldig befunden und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 200,00 Euro vorbehalten. Die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Berlin hat das Landgericht Berlin verworfen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des Urteils des Landgerichts Berlin und zur Freisprechung des Angeklagten. Die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin, die auf eine vorbehaltlose Verurteilung gerichtet ist, hat keinen Erfolg.

Entgegen dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin bedarf es der Zurückverweisung der Sache nicht. Der Senat kann vielmehr selbst abschließend entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO).

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

1. Im Jahr 1974 übernahm der Angeklagte die Geschäftsführung der von seinem verstorbenen Vater geleiteten Fabrik "Berliner L GmbH & Co. KG". Das von dem Angeklagten geführte Unternehmen war unter anderem Vermieter von Gebäudeteilen auf dem Grundstück G-straße in Berlin; ein Teil der dortigen Betriebsräume war an die X-Universität zum Zwecke der Forschung sowie der studentischen Ausbildung für den Fachbereich Pharmazie vermietet. In Absprache mit der X-Universität renovierte das Unternehmen des Angeklagten die entsprechenden Gebäudeteile und nahm nach deren Wünschen Ein- und Umbauten vor. Da sich die Renovierungs- und Umbaukosten im Rahmen der Mieteinnahmen amortisieren sollten und das Unternehmen des Angeklagten die in den jeweiligen Handwerkerrechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen wollte, wurde auf Wunsch des Angeklagten mit der X-Universität vereinbart, daß in dem Mietvertrag die Nettomiete und zusätzlich die jeweils gesetzlich gültige Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen werden sollten.

Die X-Universität erhob hiergegen keine Einwände, weil zwischen den Parteien Einvernehmen herrschte, daß die Nettomiete und die zusätzlich ausgewiesene Mehrwertsteuer zusammengerechnet den tatsächlich ausgehandelten Mietzins darstellte. Fortan zahlte die Mieterin diese Bruttomiete vereinbarungsgemäß.

In der Folgezeit machte der Angeklagte den Vorsteuerabzug aus den von seinem Unternehmen zu zahlenden Handwerkerrechnungen geltend und führte sodann die im Mietvertrag ausgewiesene Mehrwertsteuer an das zuständige Finanzamt ab. Am 26. Oktober 1999 erneuerte der Angeklagte letztmalig den Mietvertrag mit der X-Universität, vertreten durch deren Justitiar der Technischen Abteilung, den Zeugen B und dessen Vorgesetzten, den leitenden Baudirektor S.

Zum Jahresende 2002 kündigte die X-Universität den Mietvertrag, weil sie wegen des Zusammenschlusses mit der Freien Universität für den Fachbereich Pharmazie die gemieteten Räumlichkeiten nicht mehr benötigte. Wegen der Rückerstattung der Kosten für die Erstellung der - für den Vermieter nicht nutzbaren - Ein- und Umbauten und wegen der Aufwendungen für deren Beseitigung gab es zwischen den Mietvertragsparteien erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der von der Universität abschließend zu leistenden Ausgleichzahlungen. Nach mehreren Vergleichsverhandlungen, in denen sich der Zeuge B von dem Angeklagten unter Druck gesetzt fühlte, zahlte die X-Universität zu einem vom Landgericht nicht festgestellten Zeitpunkt etwa 200.000,00 Euro an das Unternehmen des Angeklagten.

2. Im Rahmen einer bei dem Unternehmen des Angeklagten in dem Jahr 2004 durchgeführten Steuerprüfung beanstandete das Finanzamt den im Mietvertrag vereinbarten gesonderten Ausweis der Mehrwertsteuer, weil die X-Universität als Anstalt des öffentlichen Rechts die Mieträume nicht unternehmerisch nutzte und deshalb zum - freilich von ihr nie in Anspruch genommenen - Vorsteuerabzug ihrerseits nicht berechtigt war. Das Finanzamt forderte von dem Unternehmen des Angeklagten daher eine Nachzahlung der im Mietvertrag ausgewiesenen, während des gesamten Vertragszeitraums entstandenen Mehrwertsteuer in Höhe von etwa 215.000,00 Euro, die es sofort fällig stellte. Der Angeklagte begehrte im Gegenzug jedoch die Rückzahlung der von ihm an das Finanzamt abgeführten Mehrwertsteuer und wollte insoweit eine Verrechnung vornehmen. Das Finanzamt war damit grundsätzlich einverstanden, bestand insoweit aber auf einer nachträglichen Änderung des bereits abgelaufenen Mietvertrags unter Mitwirkung der X-Universität. In dem neuen Vertragstext sollte die tatsächlich stets durchgeführte Bruttomietzahlung als solche auch als förmlich vereinbart ausgewiesen werden.

Aus diesem Grund versuchte der Angeklagte in der Folgezeit schriftlich, die X-Universität zu dieser nachträglichen Änderung des Mietvertrags dahingehend zu bewegen, daß der gesonderte Ausweis der Umsatzsteuer zu der Miete und den Nebenkosten rückwirkend beseitigt und die vereinbarte Bruttomiete im Vertrag ausgewiesen werden sollte - so, wie beide Parteien den Vertrag tatsächlich immer durchgeführt hatten. Die X-Universität lehnte mit Schreiben vom 6. April 2004 den Wunsch des Angeklagten auf Abschluß eines entsprechenden Nachvertrags, den sein Steuerberater in Abstimmung mit dem Finanzamt entworfen hatte, ab.

Der Angeklagte bat daraufhin um einen Termin mit dem leitenden Baudirektor S, der in dieser Angelegenheit letztendlich zu entscheiden hatte. An der für den 6. Mai 2004 verabredeten persönlichen Unterredung nahm allerdings wegen dessen Verhinderung der Justitiar B als dessen Vertreter teil.

Der Zeuge B zeigte sich nicht bereit, dem Angeklagten entgegenzukommen. Daraufhin bot der Angeklagte gegenüber B die Zahlung eines Betrages von 30.000,00 Euro an die X-Universität an, wenn der Nachtrag zum Mietvertrag (entsprechend der Forderung des Finanzamtes) unterzeichnet werden würde und schlug vor, die Zahlung an die X-Universität als Mietzinsrückzahlung zu deklarieren. Der Angeklagte sah in seinem Vorschlag eine "kaufmännische Lösung" seines Problems und hoffte, auf diese Weise gerichtliche Auseinandersetzungen mit der X-Universität vermeiden zu können. Der Zeuge B ging jedoch auch auf diesen Vorschlag nicht ein, gab dem Angeklagten aber zu verstehen, daß er dessen Vorschlag mit dem Zeugen S besprechen werde.

Nach dem Gespräch unterrichtete B seinen Vorgesetzten auch tatsächlich von dem Angebot des Angeklagten, und beide waren sich einig, dieses nicht anzunehmen. Aus Sicht des Zeugen S hätte es sich bei der von dem Angeklagten angebotenen Zahlung lediglich um einen "Geldkreislauf von einer Senatsverwaltung (Finanzen) zur nächsten (Wissenschaft)" gehandelt, in dem er keinen Vorteil erblickte und zudem befürchtete, der Angeklagte könne nach geleisteter Zahlung das Geld unter einem Vorwand von der X-Universität zurückverlangen.

Der Steuerberater des Angeklagten fand schließlich heraus, daß eine Änderung des Mietvertrags nicht erforderlich war, mithin auch keine Mitwirkung der X-Universität daran. Er setzte sich daraufhin mit dem Finanzamt in Verbindung, das die nachzuzahlenden Steuern mit dem Steuerguthaben des Unternehmens des Angeklagten verrechnete und einen überschießenden Betrag in Höhe von etwa 350.000,00 Euro an das Unternehmen des Angeklagten auszahlte.

Die Zeugen B und S verfolgten die Angelegenheit nicht weiter. B fertigte lediglich einen Vermerk über sein Gespräch mit dem Angeklagten am 6. Mai 2004. Dieser Vermerk gelangte nach eineinhalb Monaten an die Rechtsstelle der X-Universität, die Strafanzeige gegen den Angeklagten erstattete.

II.

Die Revision des Angeklagten hat mit der zulässig erhobenen Sachrüge Erfolg. Die Überprüfung des Urteils (§§ 333, 337, 341 Abs. 1, 344 StPO) ergibt, daß die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen keinen strafrechtlichen Vorwurf gegen den Angeklagten, insbesondere nicht den einer Vorteilsgewährung im Sinne des § 333 Abs. 1 StGB rechtfertigen.

1. a) Der Straftatbestand der Vorteilsgewährung gemäß § 333 StGB wurde durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz (KorrBekG) vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038), das am 20. August 1997 in Kraft getreten ist, wesentlich verschärft und erweitert. Danach macht sich nach dieser Vorschrift nunmehr unter anderem schon strafbar, wer einem Amtsträger für die Dienstausübung im allgemeinen einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, ohne daß es des Zusammenhanges mit einer konkreten Diensthandlung bedarf.

Dadurch sollten zum einen die Fälle, in denen durch die Vorteile nur das generelle Wohlwollen des Amtsträgers erkauft bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird, in den Tatbestand einbezogen sowie Beweisschwierigkeiten überwunden werden, die sich bei der Anwendung dieser Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung daraus ergaben, daß vielfach die Bestimmung des Vorteils als Gegenleistung für eine bestimmte oder zumindest hinreichend bestimmbare Diensthandlung aufgrund der Besonderheiten der Sachverhaltsgestaltungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar waren (vgl. BGH NJW 2004, 3569, 3571 mit weit. Nachw.). Zusätzlich wurden die Drittzuwendungen einbezogen und der Strafrahmen erhöht. Schutzzweck der Norm ist es, schon den Anschein der Käuflichkeit amtlicher Entscheidungen zu vermeiden (vgl. BGH NJW 2007, 3446, 3448).

Diese Ausweitung des Tatbestandes macht die Abgrenzung von strafbarem und straflosem Verhalten zum Teil schwierig und führt zu einer nicht unbedenklichen Unschärfe der Norm (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl., § 331 Rdn. 24). Eine sich allein auf den Wortlaut der Norm berufende Tatbestandsauslegung kollidiert bereits mit dem aus der Verfassung resultierenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu schon in seinem Beschluß vom 7. April 1964 (BVerfGE 17, 306) unter anderem folgendes allgemein ausgeführt:

"Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit verlangt - namentlich wenn er in Verbindung mit der allgemeinen Freiheitsvermutung zugunsten des Bürgers gesehen wird, wie sie gerade in Art. 2 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommt -, daß der Einzelne vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleibt; ist ein solcher Eingriff in Gestalt eines gesetzlichen Gebots oder Verbots aber unerläßlich, so müssen seine Voraussetzungen möglichst klar und für den Bürger erkennbar umschrieben werden (BVerfGE 9, 137 [147, 149]). Je mehr dabei der gesetzliche Eingriff elementare Äußerungsformen der menschlichen Handlungsfreiheit berührt, um so sorgfältiger müssen die zu seiner Rechtfertigung vorgebrachten Gründe gegen den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers abgewogen werden. Das bedeutet vor allem, daß die Mittel des Eingriffs zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet sein müssen und den Einzelnen nicht übermäßig belasten dürfen."

Die Strafbarkeit setzt deshalb - den Wortlaut einschränkend - zunächst voraus, daß der Vorteil allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung verknüpft wird (vgl. BGH NStZ 2005, 334, 335) bzw. - im Falle des bloßen Anbietens eines Vorteils - verknüpft werden soll (vgl. Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Auflage, § 333 Rdn. 3).

Das Vorliegen eines Äquivalenzverhältnisses allein reicht dabei zur Erfüllung des Tatbestandes jedoch nicht aus.

Mit Blick auf die Weite der Tatbestandsfassung und vielfältige - darunter auch neue - Kooperationsformen von Staat und Privaten ist eine teleologische Reduktion des Tatbestandes unumgänglich (vgl. Zieschang StV 2008, 253; speziell zur Drittmitteleinwerbung BGHSt 47, 295, 309; Ambos JZ 2003, 345 ff.). Dabei ist hinzunehmen, daß die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung der Tatbestände der Vorteilsannahme bzw. -gewährung zur Folge hat, daß die durch die Reform des Korruptionsrechts in den § 331 und § 333 StGB vorgenommene Ausweitung der Strafbarkeit nicht uneingeschränkt greifen kann (vgl. zur Fallgruppe der Wahlkampfspenden BGH NJW 2004, 3569, 3575).

Es besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, daß über das deskriptive Merkmal des Äquivalenzverhältnisses hinaus ein normatives Korrektiv erforderlich ist, um den Anwendungsbereich der Korruptionsvorschriften auf die tatsächlich strafwürdigen Fallgestaltungen zu beschränken. Dieses mit dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung beschriebene Korrektiv wird unterschiedlich definiert. Verlangt wird im Schrifttum zum Teil über das Bestehen eines Äquivalenzverhältnisses zwischen Vorteil und Gegenleistung hinaus eine Regelwidrigkeit (vgl. etwa Korte in MüKo, StGB, § 331 Rdn. 106; Heine in Schönke/Schröder, § 331 StGB Rdn. 4 f.) oder Unlauterkeit dieses Verhältnisses, während die Rechtsprechung auf den "bösen Anschein möglicher Käuflichkeit des Amtsträgers" abstellt (vgl. BGH NJW 2007, 3446, 3448; NStZ 2005, 334; Urt. v. 21. 6. 2007 - 4 StR 95/07, BeckRS 2007, 12151).

Abstrakt läßt sich sagen: Generell erlaubt sind jene Beziehungsverhältnisse, die Regeln befolgen, die zumindest auch der Vermeidung des Anscheins der Käuflichkeit dienen, also der Verhinderung der Beeinträchtigung des Vertrauens in die Objektivität der staatlichen Verwaltung. Verboten sind solche Zuwendungen die eine Befolgung von Regeln vermeiden oder umgehen, intransparent sind oder die im Rahmen von Austauschbeziehungen ausschließlich den privaten Nutzen des Empfängers oder dritter Personen, die diesem zuzuordnen sind, mehren, so daß die "Unlauterkeit" bejaht werden kann.

Ferner ist die Regelwidrigkeit nicht auf Normen in engerem Sinn beschränkt; Anhaltspunkte für oder gegen einen Anschein auf Käuflichkeit können sich auch aus Verhaltensregeln einschlägiger Organisationen oder des sozial Üblichen und von der Allgemeinheit Gebilligten ergeben (vgl. Heine in Schönke/ Schröder, § 331 StGB Rdn. 29).

b) Entschieden ist, daß entgegen dem Wortlaut der Vorschrift z.B. der regelgerechte Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages - der regelmäßig gegenseitig vorteilhaft sein sollte - nicht erfaßt wird (vgl. OLG Celle NJW 2008, 164, 165 = StV 2008, 251, 252 mit Anm. Zieschang; Korte in MüKo, § 333 StGB Rdn. 18). Auch das Aushandeln eines Rabattes für die von dem Amtsträger vertretenen Körperschaft ist kein Vorteil für die Dienstausübung, soweit er aufgabengerecht herausgehandelt, zum Bestandteil der Vereinbarung gemacht und dem Dienstherrn offen gelegt wird (OLG Celle aaO; Korte in MüKo, 331 StGB Rdn. 107).

Zur Abgrenzung strafbarer von straflosen Verhaltensweisen ist eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich, die insbesondere den Gesamtzusammenhang, in dem die Zuwendung erfolgt ist bzw. erfolgen sollte, zu erfassen hat. Sofern dabei nach einer Gesamtschau die Möglichkeit naheliegt, daß die Zuwendung einen sachlich gerechtfertigten und sozial akzeptierten anderen Beweggrund als den der illegitimen Beeinflussung der Dienstausübung hat, ist eine Unrechtsvereinbarung (oder beim Anbieten ein auf eine solche Unrechtsvereinbarung abzielende Willensäußerung) als strafbarkeitsbegründender Tatbestandskern der Vorteilsgewährung nicht nachzuweisen.

Auf der subjektiven Seite muß sich der (bedingte) Vorsatz demgemäß auch auf die Regelwidrigkeit des Äquivalenzverhältnisses beziehen. Bei öffentlich-rechtlichen Verträgen entfällt daher der Vorsatz, wenn z.B. der Vertragspartner einer Stadt davon ausgeht, daß der Stadt die Leistung aufgrund des Vertrages zusteht, auch wenn dieser gegen das Koppelungsverbot verstößt oder die Leistungen nicht angemessen sind (Korte in MüKo, § 333 StGB Rdn. 21).

2. Die somit gebotene einschränkende Auslegung des § 333 Abs. 1 StGB führt vorliegend zur Straflosigkeit des Angeklagten.

a) Zwar ist die X-Universität eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 2 Abs. 1 BerlHG); ihre Wirtschaftsverwaltung ist eine staatliche Angelegenheit (§ 2 Abs. 3 BerlHG), und ihre damit befaßten Mitarbeiter sind - unabhängig von ihrem dienstrechtlichen Status - Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstaben b) oder c) StGB; denn auch die fiskalische Verwaltung (z.B. die Beschaffung der für den Universitätsbetrieb erforderlichen Räume) ist eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung (vgl. Fischer, § 11 StGB Rdn. 22). Die von dem Angeklagten im Hinblick auf die von ihm gewünschte nachträgliche Vertragsanpassung angebotene Zahlung an die X-Universität in Höhe von 30.000,00 Euro wäre für diese, also einen "Dritten" im Rechtssinne, auch unbestreitbar (entgegen den vom Landgericht festgestellten Bedenken des Zeugen S) ein Vorteil gewesen; denn sie wäre deren selbstverwaltetem Haushalt zugute gekommen.

b) Von einem illegitimen Beeinflussungsversuch des Entscheidungsprozesses der Amtsträger und dem dadurch erweckten Anschein der Käuflichkeit der Verwaltung kann aber schon objektiv nicht gesprochen werden. Dagegen spricht zunächst die völlige Offenheit des Angebots und das Fehlen jedes individuellen Vorteils für die auf der Seite der X-Universität handelnden Personen. Ferner hatte der Angeklagte gerade nicht "Klimapflege" betrieben, sondern sich zuvor durch sein standhaftes Verhandeln um eine möglichst hohe Ausgleichszahlung bei den für den Vertragspartner Handelnden unbeliebt gemacht. Entscheidend ist jedoch, daß die Handlungsweise des Angeklagten in § 313 BGB eine gesetzlich vorgesehene Grundlage hatte.

aa) Eine staatliche Stelle, die Universität, hatte zur Befriedigung ihres Raumbedarfes mit dem Unternehmen des Angeklagten einen privatrechtlichen Vertrag geschlossen, in dem sich beide gleichberechtigt gegenüberstanden. Alle Vertragsbestandteile waren zuvor in freier Entscheidung beider Parteien ausgehandelt worden. Ein besonders stark ins Auge springendes Element des freien Aushandelns eines in beiderseitigem Fordern und Nachgeben zu bestimmenden Wertes bot die Vereinbarung, mit der sich die Universität anläßlich der Beendigung des Vertrags zu einer Ausgleichszahlung in Höhe von 200.000 Euro verpflichtet hatte. Nun kann ein Vertrag nicht nur während seines Bestehens oder bei seiner Auflösung Pflichten auslösen, sondern auch bereits während der Vertragsverhandlungen (vgl. "culpa in contrahendo", § 311 BGB) als auch nach seiner Beendigung, da sich die Vertragsparteien nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenseitige Rücksichtnahme schulden und Verträge, namentlich bei Dauerschuldverhältnissen - wie im Streitfall offenbar geworden - auch nach ihrer Abwicklung Rechtsfolgen zeitigen können (vgl. Westermann in Erman, BGB 12. Aufl., Einl. zu § 241 Rdn. 20; Schmidt-Kessel in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB 3. Aufl., § 241 Rdn. 30). Die von der Universität mitverantwortete - aufgrund eines beiderseitigen Rechtsirrtums - verfehlte Vertragsgestaltung war durch eine andere staatliche Stelle, nämlich das zuständige Finanzamt, als rechtswidrig erkannt und der Angeklagte aufgefordert worden, diesen Mangel unter Mitwirkung der erstgenannten staatlichen Stelle zu korrigieren, wollte er nicht - wirtschaftlich grundlos - erheblichen finanziellen Schaden nehmen, was für ihn unzumutbar (vgl. Roth in MüKO, BGB 5. Aufl., § 313 Rdn. 68; Hohloch in Erman, § 313 BGB Rdn. 27) war.

Dies ist die Lage, die der Gesetzgeber in § 313 Abs. 2 BGB geregelt hat. Häufig wird nur eine, nämlich die nachteilig betroffene Partei irrtumsbefangen (vgl. Roth aaO Rdnrn. 5, 6) sein. Die Rechtsfolge, daß derjenige, der den Nachteil zu befürchten hat, die Anpassung des Vertrages verlangen kann, tritt indes umso eher ein, wenn sich beide geirrt haben (vgl. Hohloch aaO Rdn. 31); denn dann ist es ausgeschlossen, daß die konkrete Fassung der Vereinbarungen auf einer gewollten Risikoverteilung (vgl. Roth aaO Rdnrn. 28 ff.) beruht. Ein besonders häufiges Beispiel des Anspruchs auf eine nachträgliche Vertragsänderung stellt der Irrtum über die steuerrechtliche Lage dar (vgl. Roth aaO Rdnrn. 180, 253).

bb) Beide Parteien hätten in dem Vertrag, der als rechtliche Grundlage der regelmäßigen Zahlungen aus einem Dauerschuldverhältnis umsatzsteuerrechtlich eine Rechnung darstellt, nicht den gesonderten Ausweis der Mehrwertsteuer vereinbaren dürfen: Einnahmen aus Vermietung sind grundsätzlich steuerfrei (§ 4 Nr. 12 UStG). Nur wenn an einen Unternehmer vermietet wird, darf der Vermieter - wie hier geschehen - für die Umsatzsteuer optieren. Wirtschaftlich bietet ihm diese Möglichkeit den Vorteil, sein bei den von ihm für die Herstellung und Herrichtung des Mietobjekts zu leistenden Zahlungen entstehendes Vorsteuerguthaben gegenüber dem Finanzamt - zeitlich regelmäßig früher als die Abführung der auf der Miete lastenden Steuer - abzurufen. Eine solche Vorgehensweise war im Streitfall aber nicht erlaubt. Denn die X-Universität ist kein Unternehmer und zur Geltendmachung von Vorsteuer nicht berechtigt. Der gesonderte Ausweis der Mehrwertsteuer im Mietvertrag setzte sie indes in die Lage, ein in Wahrheit nicht bestehendes Vorsteuerguthaben geltend machen. Für diese Gefahr für das Steueraufkommen haftet der Aussteller der Rechnung (derzeit: § 14c Abs. 2 UStG).

cc) Die auf Seiten der X-Universität verantwortlichen Mitarbeiter weigerten sich jedoch, den Anspruch auf nachträgliche Anpassung des Vertrages an die steuerliche Rechtslage, entsprechend dem tatsächlich durchgeführten Vertragsablauf zu erfüllen, obwohl die Anpassung vom Finanzamt verlangt worden war.

Die Zeugen B und S glaubten nämlich - ob berechtigt oder nicht -, die Universität habe bei der Verhandlung der Ausgleichszahlung für die Beendigung des privatrechtlichen Mietvertrages schlecht abgeschnitten. Ferner verstanden sie auch den steuerrechtlichen Hintergrund nicht, was sich aus der Äußerung des Zeugen S über den Geldkreislauf zwischen zwei Senatsverwaltungen erhellt. Erst diese Blockadehaltung zwang den Angeklagten zu überlegen, ob er den langwierigen zivilgerichtlichen Weg einschlagen sollte, seinen Anspruch durchzusetzen oder ob er - so seine Sicht einer "kaufmännischen Lösung" - einen Teil der aufgrund seines Verhandlungsgeschicks erlangten 200.000 Euro Ausgleichzahlung vergleichsweise zurückgibt. Denn die Mitarbeiter der X-Universität waren ja augenscheinlich wegen des Verlaufs und des Ergebnisses der Verhandlungen über den aus ihrer Sicht ungünstigen vorangegangenen Vergleich über die Ausgleichszahlung nicht kooperationsbereit, so daß es nahelag, diesen nachträglich zugunsten der Universität zu ändern und 30.000,00 Euro zurückzugewähren. Auf nichts anderes wäre das Angebot des Angeklagten der "Mietzinsrückzahlung" hinausgelaufen.

Er erstrebte keine bevorzugte Behandlung, sondern im Rahmen eines - bis auf eine fehlerhaft vereinbarte steuerrechtliche Regelung - ordnungsgemäß begründeten und weitgehend bereits abgewickelten Rechtsverhältnisses einen Interessenausgleich, auf den er einen Anspruch hatte. Das Angebot des Angeklagten stellte dabei keine sachwidrige Verknüpfung eines Lebenssachverhaltes mit einem anderen dar. Gegenstand seiner Verhandlungen mit der X-Universität war stets nur das Mietvertragsverhältnis und dessen Abwicklung. Eine regelwidrige Einflußnahme auf die Entscheidungsträger, die durch die Strafvorschrift verhindert werden soll, war nie zu befürchten.

dd) Der Angeklagte war nicht deshalb, weil die für seinen Vertragspartner handelnden Personen Amtsträger waren, gezwungen, zunächst ein Zivilgericht einzuschalten und sich gegebenenfalls erst vor dessen Schranken zu vergleichen. Die X-Universität erkannte den Anspruch auf Vertragsänderung offen und hartnäckig nicht an. Der Angeklagte war also entweder auf eine gerichtliche Durchsetzung oder auf einen Vergleich angewiesen. Gemäß § 779 BGB ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Dabei kann sich die Ungewißheit auch auf die Möglichkeit der Verwirklichung eines Anspruchs beziehen. Wollte man derartiges in den Anwendungsbereich des § 333 Abs. 1 StGB einbeziehen, wäre letztlich jedes Vergleichsangebot gegenüber einem Amtsträger tatbestandsmäßig, obwohl die ZPO ausdrücklich vergleichsfreundlich angelegt ist und insbesondere auch außergerichtliche Streitbeilegungen fördern will (§ 278 Abs. 1, Abs. 6 ZPO) und davon natürlich auch den Staat, wenn er als Privatrechtssubjekt auftritt, nicht ausnimmt. Darüber hinaus gilt für den Streitfall, daß der Anspruch auf eine Vertragsänderung nach § 313 BGB zwar gerichtlich durchsetzbar gewesen wäre, der Gesetzgeber aber die einverständliche Lösung durch die Parteien als gleichwertig bewertet (vgl. Roth aaO Rdnrn. 79, 80).

ee) Im Nachhinein hat sich durch die Nachforschungen des Steuerberaters des Angeklagten herausgestellt, daß das Finanzamt gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Rückgabe einer zu Unrecht die Mehrwertsteuer ausweisenden Rechnung (vgl. BFHE 171, 369; BFH DStR 2001, 1068; BB 2001, 1026) im Streitfall nicht auf der Anpassung des Vertrages hätte beharren dürfen, als klar war, daß die Universität von dem Ausweis der Vorsteuer keinen Gebrauch gemacht hatte und dies auch nicht zu befürchten war, wodurch die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt war. Denn für den Angeklagten standen im Zeitpunkt seines Angebots an die Amtsträger allein die Rechtsauffassung des Finanzamts und dessen fällige Zahlungsaufforderung drohend vor ihm. Zudem ist dem Steuerverfahrensrecht die Besonderheit eigen, daß das Bundesministerium der Finanzen häufig die seinen Vorstellungen nicht entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als ausschließlich für den Einzelfall geltend erklärt und die Finanzämter anweist, sie nicht zu beachten, so daß sich der Bürger nicht einfach auf diese Rechtsprechung berufen kann, sondern gezwungen ist, auch seine Angelegenheit vor Gericht aufwendig durchzufechten (vgl. Lang DRiZ 1992, 365). Die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungshandelns ist seit langem umstritten (vgl. Rüchardt, StB 2007 Nr. 11, I - juris; Spindler StB 2006, 1, 5; Lange DB 2005, 354; ders. NJW 2002, 3657). Teilweise wird die Nichtbeachtung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung sogar für haftungsbegründend (vgl. OLG Koblenz NVwZ-RR 2003, 168; Kessler/Eicke, DStR 2006, 1914) oder gar strafbar (vgl. Brete ZSteu 2008, 60) erachtet, gleichwohl aber mit bindender Wirkung für die nachgeordneten Finanzämter in ständiger Übung - zuletzt gerechtfertigt von der Bundesregierung im Jahre 2005 (BT-Drs. 15/4614) - praktiziert. Im Streitfall ist zwar kein Bestehen eines Nichtanwendungserlasses festgestellt. Aber das Finanzamt hatte die Rechtsprechung des BFH gegenüber dem Angeklagten - aus welchen Gründen auch immer - nicht berücksichtigt, als es auf der Änderung des Vertrages bestand. Unter diesen Umständen war dem Angeklagten das Festhalten an dem unrichtigen Vertragstext mithin unter keinem Gesichtspunkt zuzumuten.

3. Die Straflosigkeit des Angeklagten folgt hier noch aus einer weiteren Überlegung. Straflos, da gerechtfertigt, handelt nach § 333 Abs. 3 StGB, wer erst leistet, wenn die Leistung genehmigt ist (vgl. Fischer, § 333 StGB Rdn. 11). Daraus folgt, daß der die Leistung nur Anbietende straflos bleiben muß, wenn er sie gerade von der vorherigen Genehmigung abhängig macht. Zwar hatte der Angeklagte sein Angebot nicht förmlich unter dem Vorbehalt der Prüfung und Genehmigung durch die zuständigen Stellen der X-Universität gemacht. Ein ausdrücklicher Vorbehalt ist allerdings nicht immer erforderlich. Auch aus den Umständen kann sich beim Anbieten eines Vorteils ein konkludenter Vorbehalt ergeben. Soweit der Geber offen handelt und sich darauf verläßt, daß der Amtsträger einen (angebotenen) Vorteil zurückweist oder genehmigen läßt, den er nicht oder nicht ohne Genehmigung annehmen darf, liegt in der Regel ein konkludenter Vorbehalt vor (vgl. Korte in MüKo, § 333 StGB Rdn. 30). Daraus, daß nach den Feststellungen des Landgerichts der Zeuge B dem Angeklagten zu verstehen gab, daß er dessen Vorschlag mit seinem Vorgesetzten S besprechen werde, wovon der Angeklagte auch von vornherein ausgehen mußte, folgt, daß er auf die Genehmigungsfähigkeit seines Vorschlages vertraute und diese Genehmigung auch anstrebte. Anders wäre die Zahlung und deren Verbuchung auf einem Konto der X-Universität auch kaum denkbar gewesen.

III.

1. Da Entscheidungsreife gegeben ist, weil nicht ersichtlich ist, daß ein anderer Tatrichter neue - eine Strafbarkeit des Angeklagten begründende - Tatsachen feststellen könnte, konnte der Senat selbst abschließend auf die Freisprechung des Angeklagten durchentscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO).

Die Revision der Staatsanwaltschaft mußte erfolglos bleiben, da sie nur den Rechtsfolgenausspruch betraf.

2. Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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